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Logistik in Friedensunterstützenden Einsätzen

Konzepte, Vorgaben, Möglichkeiten, Beispiele

Die Zielsetzungen, Orte, Partner und Dauer österreichischer Auslandseinsätze sind grundverschieden. Deshalb ist auch die Logistik - aufbauend auf ein Grundkonzept und auf internationale Vorgaben - dem jeweiligen Einsatz anzupassen. Nur so wird die erforderliche Einsatzbereitschaft des entsandten Kontingentes sichergestellt, ohne dass die Kosten dafür explodieren. Dies zeigen konkrete Beispiele aus Albanien, dem Kosovo und Afghanistan.

"Österreich beabsichtigt im Rahmen der Vereinten Nationen und internationaler regionaler Organisationen an friedenssichernden Operationen weiterhin und vermehrt teilzunehmen." Diese klare Feststellung stammt aus dem Einsatzkonzept des Bundesheeres. "... Entsprechend der verfassungsmäßigen Bestimmung des Österreichischen Bundesheeres sollen vermehrte Auslandseinsätze auf eine möglichst breite Basis im Österreichischen Bundesheer abgestützt werden ... Planung und Vorbereitung von Truppenbeistellungen für Auslandseinsätze werden von den hierfür zuständigen Dienststellen des BMLV wahrgenommen. Bezweckt wird die Übereinstimmung mit dem Einsatzkonzept des Österreichischen Bundesheeres, die Koordinierung aller Anstrengungen und Beiträge, die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, die Erstellung von Vorgaben und Richtlinien für den Einsatz sowie die Analyse von Einsatzmöglichkeiten ..." führt dieses Konzept weiter aus. Es bildet die Grundlage für alle logistischen Planungen, erfolgt doch die Versorgung eines Kontingentes im Einsatz, gleich ob im Inland oder im Ausland, auf der Basis verfügter konzeptioneller Vorgaben.

Das Logistikkonzept

Um Verfahren und Strukturen zur Herstellung der geforderten Einsatzbereitschaft zu schaffen, entstand - aufbauend auf dem Einsatzkonzept - 1998 das Logistikkonzept. Sein Ziel liegt "in der Festlegung der grundsätzlichen Gestaltung eines den militärischen Anforderungen Rechnung tragenden, ökonomisch und ökologisch verträglichen Teilsystems des Österreichischen Bundesheeres, das den Erfordernissen der Einsatzunterstützung im Frieden und im Einsatz Rechnung trägt." Die Kernbereiche der Logistik sind die materielle Sicherstellung des Einsatzes, das Sanitätswesen, das Verkehrs- und Transportwesen sowie territoriale Aufgaben im Rahmen der Logistik. Logistik ist aber niemals Selbstzweck, sie hat sich vielmehr an den Herausforderungen der Operation und Taktik zu orientieren. Daraus ergeben sich konkrete Forderungen an das logistische System des Österreichischen Bundesheeres, nämlich - die logistische Sicherstellung der geforderten Durchhaltefähigkeit, - eine der Operationsführung angepasste Mobilität und Flexibilität sowie - eine Orientierung an den neuen Aufgaben im Rahmen internationaler Organisationen bzw. Einsätze.

Unter Berücksichtigung der finanziellen Restriktionen, der politischen Vorgaben sowie der multinationalen Anstrengungen bei der Vereinheitlichung der Logistikverfahren zur Erreichung der Kompatibilität und Interoperabilität nennt das Konzept die Grundsätze, nach denen die Logistik für Auslandseinsätze mit österreichischer Beteiligung zu planen ist:

- Primat der militärischen Operation; - gemeinsame Verantwortlichkeit der Staaten; - ausreichende logistische Kräfte und Mittel vor, während und nach der Operation; - einfache logistische Verfahren; - Sicherstellung der richtigen Güter zur richtigen Zeit am richtigen Ort; - Wirtschaftlichkeit; - Transparenz und Überschaubarkeit logistischer Abläufe.

Für den Auslandseinsatz sieht das Logistikkonzept ein Drei-Ebenen-Modell vor: Eine logistische Basis in Österreich, eine logistische Basis im Einsatzraum und die erforderlichen Logistikelemente bei der eingesetzten Truppe vor Ort. All das unter dem Leitgedanken: "Einfache logistische Verfahren im Rahmen der Truppenlogistik tragen wesentlich zum operativen Erfolg bei. Die Zentrallogistik hat hiefür die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Eine Trennung zwischen Einsatz- und Friedenslogistik hat zugunsten angepasster Abläufe, die sich am militärstrategischen Reaktionsmodell orientieren, zu entfallen."

Vorgaben von "außen"

Die Logistikkonzeption der NATO:

Das Österreichische Bundesheer orientiert sich aufgrund seiner Teilnahme am NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden sowie an NATO-geführten Auslandseinsätzen auch an deren Logistikkonzept einschließlich der diesbezüglichen logistischen Grundsatzdokumente. Daraus lassen sich folgende Grundsätze für multinationale Logistik ableiten:

- die gemeinsame Verantwortung der Staaten für die Logistik; - die grundsätzliche Befehlsgewalt des die NATO-Operation führenden Kommandanten; - die Notwendigkeit zur Kooperation; - die erforderliche Koordination der logistischen Anstrengungen; - die Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen; - eine Transparenz der logistischen Verfahren; - eine auftragsbezogene Flexibilität.

Um die Probleme in diesem Bereich so gering wie möglich zu halten, existieren bei der Partnerschaft für den Frieden auch für die Logistik so genannte Interoperabilitätsziele.

Einsatzbezogene Abkommen:

Zur konkreten bi- bzw. multinationalen Zusammenarbeit für einen Einsatz werden Abkommen zwischen den beteiligten Staaten geschlossen. Rechtliche, verfahrensmäßige und finanzielle Grundlagen sind - gleichsam in einem Grundsatzabkommen - im Memorandum of Understanding (MoU) festgelegt, "Details" bzw. Durchführungsbestimmungen im Technical Agreement (TA).

Aufbau und Ablauf

Die Formierung:

Die Grundsatzplanungen für einen Auslandseinsatz werden im Bundesministerium für Landesverteidigung durchgeführt. Dem folgen eine erste logistische Lage- und Kostenbeurteilung sowie die erste logistische Weisung zur Formierung und Entsendung des Kontingentes einschließlich der Materialstruktur.

Solange das Kontingent formiert wird, ist das formierungsverantwortliche Kommando (das normalerweise nicht das Kommando für Internationale Einsätze ist) dem Bundesministerium für Landesverteidigung direkt nachgeordnet und vorgesetzte Dienststelle des aufstellungsverantwortlichen Kommandos, bei dem das Kontingent dann konkret zusammengeführt wird.

Die Führung ab der Entsendung:

Erst mit der Entsendung übernimmt das Kommando für Internationale Einsätze (KdoIE) - als vorgesetztes Kommando aller österreichischen Kontingente im Ausland - die Verantwortung und Führung des Kontingentes. Auch die Kompetenzen für Anforderungen, Nachbeschaffungen sowie lokale Bedarfsdeckungen sind weitgehend an das KdoIE delegiert. Das Auslandskontingent fordert jene Güter, die nicht von einer Nation bereitgestellt bzw. im Einsatzraum lokal beschafft werden, beim KdoIE an.

Die diesem Kommando zugeführten bzw. von diesem beschafften Güter werden danach zum Kontingent transportiert - z. B. durch bundesheereigene bzw. angemietete Luftfahrzeuge oder zivile Speditionen. Aufgrund der teils komplexen Transportwege kann es im Normalfall bis zu drei Wochen dauern, bis beantragte Güter im Einsatzraum eintreffen. Zum Vergleich: in Österreich dauert es durchschnittlich zwei Arbeitstage. Den langen Transportzeiten beim Auslandseinsatz wird u. a. durch erhöhte Autarkie der im Einsatz stehenden Truppe gegengesteuert und so deren Einsatzbereitschaft sichergestellt.

Beispiel ATHUM/ALBA

Im April 1999 wurde das Kontingent ATHUM/ALBA (Austrian Humanitarian Contingent/Albania) entsandt, um in Albanien gemeinsam mit dem Österreichischen Roten Kreuz ein Flüchtlingslager mit einem Feldspital zu betreiben. Im Schnitt stellten 430 österreichische Soldaten sowie rund 60 Mitarbeiter ziviler Organisationen den Lagerbetrieb zur Aufnahme der aus dem Kosovo vertriebenen Menschen sicher. Täglich teilte das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees - UNHCR) dem Kontingent 150 bis 180 Flüchtlinge zu. Einerseits waren damit eine geordnete Registrierung und die medizinische Erstuntersuchung der aufzunehmenden Menschen sichergestellt, andererseits konnte - dem sukzessiven Lageraufbau entsprechend - im Vergleich zu anderen Lagern relativ früh mit der Aufnahme begonnen werden. Im Gleichklang mit der Aufnahme der Flüchtlinge wurde die Kapazität der Sanitäranlagen, der Verpflegungszubereitung und der Unterkünfte stetig vergrößert. Ziel war die Aufnahme von 5 000, später sogar 7 000 Menschen.

Im Feldspital waren 92 Personen eingesetzt; diese rekrutierten sich nicht nur aus dem Aktiv- und Milizpersonal des Bundesheeres, sondern auch aus österreichischen Spitälern. Das Feldspital behandelte im Durchschnitt (zusätzlich zur medizinischen Erstuntersuchung der neu aufzunehmenden Personen) täglich 150 bis 170 Patienten, an manchen Tagen sogar bis zu 260. Prophylaktische Impfungen verringerten das Risiko des Ausbrechens von Epidemien. Die meisten Flüchtlinge befanden sich in einem psychisch und physisch schlechten Zustand und waren dadurch für Krankheiten und Verletzungen besonders anfällig.

Die logistischen Maßnahmen beim Kontingent ATHUM/ALBA erfolgten in drei Stufen:

- Formierung; - Verlegung und Errichtung des "Österreich-Dorfes"; - Sicherstellung der Anschlussversorgung.

Formierung

Nach Festlegung der organisatorischen Struktur und der damit verbundenen materiellen Ausstattung wurde dem in Wien, Klosterneuburg, Wiener Neustadt und Graz aufzustellenden Kontingent das Gerät zugeführt. Bei der Formierung nach dem VOREIN-Prinzip (VOREIN - Vorbereitete Einheiten) wurde den einzelnen Elementen von ATHUM/ALBA das benötigte Gerät zugeschoben (Bringversorgung). Das Gerät mit Priorität 1 stammte vor allem aus Beständen der Heeresebene, das mit Priorität 2 von der Truppe. Was für diesen Einsatz benötigt wurde, aber nicht in ausreichender Zahl im Bestand des Bundesheeres war, wurde in kürzester Frist beschafft. Dazu musste allerdings für diesen konkreten Einsatz das normierte Ausschreibungsverfahren außer Kraft gesetzt werden.

Vor allem für die Transportleistungen unter Zeitdruck (Materialtransport, Personaltransport, Verladetätigkeit) wurde das Versorgungsregiment 3 (Zwölfaxing) dem Kommando für Internationale Einsätze (damals noch in Wien-Stammersdorf) für die Dauer der Formierung auf Zusammenarbeit angewiesen. Dieses Regiment legte mit zwei Großraumbussen, 15 Lastkraftwagen sowie Spezialfahrzeugen bzw. -gerät allein in den ersten zehn Tagen rund 8 000 km zurück.

Für das Feldspital, welches in Graz formiert wurde, konnte mit Masse auf vorhandenes Gerät zugegriffen werden. Das Gerät für die gynäkologische Ambulanz und die Kinderambulanz musste allerdings erst beschafft werden, da diese aufgrund des bisherigen Auftrages nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich waren. Zusätzlich stellte die Universitätsklinik Innsbruck gemeinsam mit der Firma Siemens ein Durchleuchtungsgerät "C-Bogen Siriterm" unentgeltlich zur Verfügung. Mit diesem Gerät konnten Röntgenaufnahmen vom Feldspital in Shkodra (Albanien) mittels Satellitenverbindung direkt nach Innsbruck übermittelt werden. Dort wurden sie von Spezialisten analysiert und so die optimale Behandlung eingeleitet.

Insgesamt bestand das erforderliche Großgerät u. a. aus rund 60 LKW/MTW, drei Betriebsmittel-LKW, 35 Kleinfahrzeugen, 20 Anhängern, 75 Containern, 80 Zelten, sieben Aggregaten, sieben Feldküchen bzw. Küchencontainern und drei Trinkwasseraufbereitungsanlagen. In Summe waren rund 5 000 t Material zu bewegen.

Verlegung und Errichtung des "Österreich-Dorfes"

Die Verlegung nach Albanien erfolgte mit angemieteten Transportflugzeugen der Typen C-130 "Hercules" bzw. Ilyushin Il-76 und kombiniertem Eisenbahn- und Schiffstransport. Angemietete Fähren transportierten Personal und Gerät von Koper bzw. Rijeka zum albanischen Hafen Durres. Zum raschen Transport vor allem der vielen Container in den Einsatzraum Shkodra (im Nordwesten von Albanien) wurden 40 zivile LKW eingesetzt. Weiters war in dieser Phase der Verlegung und Errichtung die Autarkie speziell bei der Verpflegung und den Betriebsmitteln sicherzustellen.

Sicherstellung der Anschlussversorgung

Nach der Errichtung des "Österreich-Dorfes" ging es um die Anschlussversorgung. In Abstimmung mit dem Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) erfolgte der Transport der für das "Österreich-Dorf" benötigten Güter inklusive Verpflegung grundsätzlich durch das ÖRK. Das Bundesheer sorgte für die Anschlussversorgung jener Güter, die für den Betrieb des Basiscamps und des Feldspitals notwendig waren. Dazu nutzte das Bundesheer bei den Gütern, die aus Österreich zugeführt wurden, die angemieteten Transportflugzeuge und führte zwei bis drei Anschlussversorgungsflüge pro Woche durch. In der Phase der Errichtung des Camps erfolgte je nach Verfügbarkeit der Landegenehmigungen sogar täglich ein Versorgungsflug. Die Anschlussversorgung mit Betriebsmitteln lief über Verträge mit zivilen Firmen vor Ort, sodass keine Einschränkung für den Fahr- bzw. Flugbetrieb gegeben war. Frischobst, Frischgemüse und Molkereiprodukte wurden am lokalen Markt beschafft. Um auch bei unvorhersehbaren Ereignissen den Auftrag weiter erfüllen zu können, wurde in allen logistischen Bereichen eine grundsätzliche Autarkie von zumindest sieben Tagen angestrebt. Aufgrund der kurzfristigen Auslösung dieser humanitären Hilfsoperation kam es - trotz des Einsatzes mehrerer Kontingente westlicher Nationen in Albanien - versorgungsmäßig zu keiner Zusammenarbeit mit anderen Kontingenten. ATHUM/ALBA war demnach logistisch autark!

Beispiel AUCON/KFOR

Formierung

Auf Basis der vom damaligen Generaltruppeninspektor genehmigten organisatorischen Struktur von AUCON/KFOR (Austrian Contingent/Kosovo Force) wurde dem beim Jägerbataillon 17 (Strass) aufzustellenden Hauptkontingent bzw. dem an der Pioniertruppenschule (Klosterneuburg) aufzustellenden Aufbaukontingent das Gerät zugeführt. Auch diese Formierung erfolgte nach dem VOREIN-Prinzip. Im Gegensatz zur Formierung von ATHUM/ALBA, die unter einem enormen Zeitdruck stattfand, gab es bei diesem Kontingent drei Monate Vorlaufzeit bis zur Entsendung. Für die Gerätezusammenführung sorgten Heereskräfte bzw. zivile Firmen, letztere vor allem bei Gütern, die erst aufgrund dieses Einsatzes beschafft werden mussten. Zivil beschafftes Großgerät - z. B. die Büro- und Unterkunftscontainer für das österreichische Kontingent - brachten zivile Transportunternehmen direkt in den Einsatzraum. Das entspricht auch der Vorgangsweise anderer Streitkräfte im Kosovo.

Verlegung und Errichtung des "Camp Casablanca"

Die Verlegung erfolgte wieder mit Transportflugzeugen der Typen C-130 "Hercules" bzw. Ilyushin Il-76 und im kombinierten Eisenbahn- und Schiffstransport. Die angemieteten Fähren transportierten Personal und Gerät von Koper bzw. Rijeka zum griechischen Hafen Thessaloniki. Zur raschen Verbringung vor allem der vielen Lagercontainer in den Einsatzraum Suva Reka wurde mit einem zivilen österreichischen Frächter ein Vertrag abgeschlossen und das Gerät dann mit den LKW dieses Frächters in den vorgesehenen Raum transportiert. In der Verlegungsphase stützte sich die Logistik von AUCON/KFOR speziell in den Bereichen Verpflegung, Betriebsmittel und Feldpostwesen auf deutsche Logistikelemente ab. Der Vorteil: die eigene "Logistikschiene" konnte parallel dazu ohne Zeitdruck eingerichtet werden.

Sicherstellung der Anschlussversorgung

Nach der Errichtung des Großteils des österreichischen "Camps Casablanca" in Suva Reka war die eigenständige Anschlussversorgung sicherzustellen. Der Transport jener Güter, die aus Österreich und der Slowakei (für das in AUCON/KFOR integrierte slowakische Pionierelement) nachgeschoben wurden, erfolgte über das Kommando für Internationale Einsätze (damals in Götzendorf). Die Anschlussversorgung aus der Heimatbasis erfolgte je nach Priorität entweder mit einem angemieteten Transportflugzeug (zuerst L-100-30 "Hercules", danach Casa CN-235) oder am Landweg durch ein ziviles Transportunternehmen. Das Schweizer Element SWISSCOY führte seine Güter selbstständig in den Kosovo nach.

In Banski Rid, nahe dem Flughafen Skopje (Mazedonien), befindet sich unter dem Kommando eines Contracting Officers das "National Support Element" (NSE) als logistische Basis außerhalb des unmittelbaren Einsatzraumes. Es stellt im Zusammenwirken mit den anderen eingesetzten Nationen die Zuführung der Güter unmittelbar zum Bedarfsträger sicher, vor allem mit dem Sondertransportzug von SWISSCOY. Weiters sorgt das österreichische NSE für die unmittelbare logistische Bedarfsdeckung mit Gütern aus dem Einsatzraum (z. B. Frischobst, Milchprodukte). Gemeinsam mit den NSE anderer Nationen tätigt es auch lokale Beschaffungen für den Einsatz in Mazedonien und Griechenland. Dies kommt meist billiger und bewirkt eine deutliche Reduzierung der Transportkosten für die Anschlussversorgung.

In mehreren Bereichen stützt sich AUCON/KFOR (zumindest zum Teil) auf die Logistik anderer Streitkräfte:

- Trinkwasserversorgung (durch SWISSCOY); - Sondertransporte (durch SWISSCOY); - Betriebsmittel (SWISSCOY in Verbindung mit der Role Specialist Nation Frankreich, die alle Nationen im Einsatzraum mit Betriebsmitteln versorgt); - Sanitätswesen (AUCON/KFOR betreibt eine trilaterale Ambulanz unter Abstützung auf das rund 20 km entfernte deutsche Feldlazarett in Prizren).

Die logistische Kooperation mit anderen Armeen regeln Technical Agreements zwischen den betroffenen Verteidigungsministerien. Vorgesehen ist dabei auch eine Kostenrückerstattung ("cost reimbursement") bzw. eine Kostenteilung ("cost sharing").

Beispiel AUCON/ISAF

Formierung und Entsendung

Ende 2001 wurde angeordnet, ein österreichisches Wach- und Sicherungskontingent für Afghanistan unter primärer Abstützung auf die Logistik der deutschen Bundeswehr zu formieren. Dieses Kontingent mit der Bezeichnung AUCON/ISAF (Austrian Contingent/International Security Assistance Force) war gemäß Nationalratsbeschluss mit 75 Soldaten limitiert.

Das von Deutschland geführte multinationale Einsatzkontingent ISAF bestand aus deutschen, dänischen, niederländischen und österreichischen Einheiten. Das deutsche Kontingent übernahm ab dem Flughafen Köln/Wahn die gesamte Logistik für AUCON/ISAF, Ausnahmen gab es nur bei der Materialverwaltung sowie bei der Materialerhaltung jener Fahrzeug- und Gerätetypen, die nicht in der deutschen Bundeswehr eingeführt sind. Deshalb verfügte das österreichische Kontingent nur über einen Wirtschaftsunteroffizier, einen Kraftfahrzeugmechanikerunteroffizier sowie einen Nachschubunteroffizier/Kraftfahrunteroffizier. Mit diesem geringen Anteil an eigenem Logistikpersonal, der Übernahme der Anschlussversorgung durch die deutsche Bundeswehr ab Köln/Wahn sowie der grundsätzlichen Sicherstellung der Logistik im Einsatzraum durch die deutschen Kräfte (von der Bargeldversorgung über die Munitionslagerung bis zur "normalen" Truppenlogistik) war AUCON/ISAF logistisch total von einer anderen Nation abhängig - im Gegensatz zur Autarkie von ATHUM/ALBA.

Anschlussversorgung von AUCON/ISAF

Die Anschlussversorgung erfolgte in Österreich über das Kommando für Internationale Einsätze in Götzendorf, von wo aus der Transport der Güter nach Köln/Wahn erfolgte. Ab dort war allein die deutsche Bundeswehr für den Weitertransport nach Kabul zuständig, und damit das leistungsfähige Logistiksystem eines großen NATO-Staates. Allerdings kam Österreich, als im Verhältnis zum deutschen Kontingent kleiner "Junior Partner", dadurch in Abhängigkeiten, die die österreichische Verantwortung für dieses Kontingent beeinträchtigten. So lag z. B. Munition von AUCON/ISAF drei Wochen in Köln/Wahn, bis sie nach Kabul weitertransportiert wurde. Das lag auch daran, dass drei Monate nach Einsatzbeginn noch immer kein akkordiertes Abkommen für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und Österreich vorlag. Durch die Abstützung auf die deutsche Logistik wurde jedenfalls - bei einer festgelegten Obergrenze von 75 österreichischen Soldaten - ein überproportional großes eigenes Logistikelement zu Lasten der personellen Stärke des taktischen Elementes vermieden.

Der Weg zu den erforderlichen Standards

Festlegung der Materialstruktur

Verschiedene Maßnahmen können die Logistik bei künftigen Friedensunterstützenden Einsätzen verbessern. Sobald die Einheiten, die das Österreichische Bundesheer künftig als Kräfte für Internationale Operationen (KIOP) bereithält, feststehen, sollte eine Planung und Festlegung der Materialstruktur dieser Elemente unter Berücksichtigung des Einsatzes im Ausland erfolgen. Dadurch können - auf Basis der verfügten Strukturen - notwendige Beschaffungen mit Priorität im Voraus eingeleitet werden, und das Gerät wäre im Bedarfsfall bereits verfügbar. Denn selbst bei "einfachen Gütern" (wie z. B. Kugelschutzwesten) liegt die Vorlaufzeit oft bei drei Monaten und darüber - auch bei freihändiger Beschaffung. Erst dann kann sie das Unternehmen in der erforderlichen Anzahl und Qualität bereitstellen.

Unverzichtbar ist auch eine entsprechende Voraus-Budgetierung dieser Einsätze, um die materiellen Anforderungen plangemäß erfüllen zu können, und zwar ohne Beeinträchtigung anderer budgetierter Vorhaben des Ressorts. Dazu ein Anhaltswert: ein Soldat in einem Friedensunterstützenden Einsatz wie AUCON/KFOR "kostet" (bei Vollkostenrechnung) pro Halbjahr rund 30 000 Euro im "laufenden Betrieb". In den ersten sechs Monaten - also in der Anfangsphase - liegen die Kosten noch weit höher, bedingt durch die zusätzliche Beschaffung von Gerät, die Verlegung in den Einsatzraum und den Lageraufbau.

Ausbildung für den multinationalen Einsatz

Ein wesentlicher Schritt ist eine zielgerichtete Ausbildung. Neben standardisierten Leistungsniveaus in Englisch (für Offiziere grundsätzlich Leistungsstufe "C", für Unteroffiziere und Chargen Leistungsstufe "B") und der Fortbildung in der Fremdsprache sollte für das einschlägige Fachpersonal der internationale Logistikkurs beim Kommando für Internationale Einsätze und eine fachbezogene Fortbildung an ausländischen Bildungsstätten verpflichtend sein, z. B. der "NATO-Logistikkurs für Offiziere" in Aachen (Deutschland), der finnische Logistikkurs in Lahti (Finnland) oder der "Multinational Joint Logistic Center Course" an der NATO-Schule in Oberammergau (Deutschland). Das dort erworbene Wissen muss danach bei multinationalen Übungen (z. B. "STRONG RESOLVE", "COOPERATE SUPPORT") gefestigt und vertieft werden. Erst dann wird Österreich über genug Logistikpersonal mit multinationalem Background verfügen.

Autor:Oberstleutnant des Generalstabsdienstes Thomas Ahammer, Jahrgang 1966. Nach der Offiziersausbildung Ausmusterung zum Heeresaufklärungsbataillon; Verwendung als Zugskommandant und Fernmeldeoffizier; 1991 bis 1994 Verwendung als S1/S5 beim Fliegerabwehrbataillon 1; 1994 bis 1997 Absolvent des 14. Generalstabskurses. Ab 1997 Hauptreferatsleiter Einsatzzentrale/Logistik in der Quartiermeisterabteilung im BMLV tätig; ab 2002 Dienst in der Abteilung Strukturplanung und seit 2003 deren stellvertretender Leiter.

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