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Spezialeinsatzkräfte in Crises Response Operations

Spezialeinsatzkräfte stehen nicht zuletzt aufgrund der Terroranschläge vom 11. September und des darauf folgenden Kampfes gegen den Terrorismus zur Zeit hoch im Kurs. Der Kampf gegen Terroristen, aber auch der Einsatz gegen subkonventionelle Konfliktparteien bei internationalen Friedenseinsätzen stellten diese "öffentlichkeitsscheue" Waffengattung ins Rampenlicht. Auch das Österreichische Bundesheer hat die Bedeutung und den Bedarf dieser Teilstreitkraft erkannt und liegt mit der Schaffung des Kommandos Spezial­einsatzkräfte (KdoSEK) voll im internationalen Trend.

Spezialeinsätze

Die Definition und Bezeichnung von Special Operations (Spezialeinsätzen oder Sondereinsätzen) birgt eine Vielzahl an Interpretations- und Ver­ständigungsproblemen in sich. Sehr oft wird zur Aufwertung von konventionellen Truppen und Einsätzen von Spezialeinsatzkräften oder Spezialein­sätzen gesprochen, die bei genauer Betrachtung keine sind. Spezialeinsätze sind definiert als Einsätze von Truppen (Spe­zialeinsatzkräf­ten), die be­sonders organisiert, gegliedert, ausgebildet und aus­­­gerüstet sind.

Die Besonderhei­ten der Einsätze erfordern zumeist ei­ne verdeckte und geheime Durchfüh­­r­ung und Überwachung. Spezial­ein­sätze unterschei­den sich von konventionellen Operationen sowohl im Aus­maß der körperlichen, der persönlichen und politischen Ri­siken, als auch in den Einsatztech­niken und in der jeweiligen Art der Durchführung.

Zur Beurteilung von Spezialein­sätzen müssen zwei wesentliche Kriterien hinterfragt werden:

  • Wird der Einsatz von der strategischen/operativen Führungsebene direkt geführt und hat er damit entsprechende Ziele und Auswirkungen?
  • Handelt es sich tatsächlich um Spe­zialeinsatzkräfte, wobei sich die besondere Gliederung und Organisa­tion hauptsächlich auf die C3-Struktur (Command, Control, Com­mu­ni­cations) bezieht, die auf weitreichende Ver­bindungsmittel und neueste (und damit überraschend einzusetzende) Waffensysteme zurückgreifen sowie spezielle Insertion- (Verbringen von Kräften in den Einsatzraum) und Extraction-Verfahren (Herausziehen von Trup­penkräften) beherrschen?

Spezialeinsatzkräfte für Friedenseinsätze

Eignung

Hinsichtlich der Eignung von Spe­zialeinsatzkräften für den Einsatz im Rahmen von Friedensmissionen gab es in der Vergangenheit durchaus konträre Ansichten. Aufgrund der gängigen Einschätzung (Einzelkämpfer, eher offensives Einsatzspektrum, hohes Ag­gressionspotential usw.) wurde ihre Eignung für Friedensoperationen durchaus in Frage gestellt. Die Einsätze bewiesen jedoch rasch die hohe Flexibilität und Effi­zienz dieser Truppe für derartige Aufga­ben. Die Entwick­lung der Friedensoperationen von zunächst reinen Peace­­­keeping Missions (Friedenserhaltung) über Peace Support Operations (Friedensunter­stüt­z­ung) bis zu robusten Peace En­force­ment Operations (Friedensschaffung und Friedens­durch­setzung) kam dabei dem Einsatzspek­trum von Spezialeinsatz­kräften entgegen. Eine hohe Beweglichkeit, die verstärkte Versorgungsautarkie, die weitreichenden Verbindungsmittel, das diskrete Vorgehen und die hohe Kampfkraft prädestinieren diese Truppe für besondere Aufgaben bei Friedensoperationen.

Die Anzahl der Soldaten ist jedoch aufgrund der intensiven und langen Ausbildung limitiert und kann auch nicht rasch und willkürlich vergrößert werden. Spezialeinsatzkräfte können daher nicht, wie konventionelle Kräfte, nach Truppenstärke und Normgliederung (Zug, Kompanie etc.) eingesetzt werden. Sie sind für jeden Einsatz adäquat zu formieren.

Diese personelle Einschränkung bedingt auch ihren schwergewichtsmäßigen Einsatz und ein klares Ziel. Auf keinen Fall dürfen Spezialeinsatzkräfte für konventionelle Aufgaben "missbraucht" werden, da dies zu einer starken Ab­nützung und damit zur Herabsetzung ihrer Einsatzbereitschaft führt.

Einsatzaufgaben

Spezialeinsatzkräfte können in multinationalen Friedensmissionen sehr flexibel und vielseitig eingesetzt werden. Dabei ist sowohl der abgesetzte/vorgestaffelte als auch der ergänzende Einsatz zu anderen Teilen/Truppen möglich. Um in Friedensmissionen den Konsens zwischen Streitparteien zu schaffen und zu fördern, sind jene militärischen Handlungen am erfolgreichsten, die einen direkten Einfluss auf die Streitparteien haben. Der Einsatz von Spezialeinsatzkräften kann dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Die primären Einsatzformen stellen Spezialaufklärung (Special Re­con­naissance - SR), Kommandounternehmen (Direct Action - DA) und Militärische Unterstützung (Military Assistance - MA) dar. Daneben können Spezialeinsatzkräfte auch zur Unterstützung von Such- und Rettungseinsätzen sowie Evakuierungsoperationen herangezogen werden.

Spezialaufklärung
Spezialaufklärung erfolgt meistens:
  • gegen Aufklärungsziele hoher Priorität;
  • als Wegbereiter/Vorauskräfte für nachfolgende Einsätze. Dabei wird der Zeitraum von der Unterzeichnung einer Einverständniserklärung (der Konfliktparteien zur Friedensoperation) bis zum Einsatz der Hauptstreitkräfte abgedeckt;
  • zur Unterstützung der einsatzführen­den Kommanden in der Beurteilung des Ersteinsatzes aufgrund von Meldungen, Informationen und Beurteilungen;
  • zur Aufklärung der militärischen oder zivilen Lage in abgelegenen oder abgetrennten Gebieten bzw. vor Eintreffen anderer Behörden (z. B. UNHCR);
  • Zur Beobachtung und Verifizierung eingesetzter Kräfte und/oder deren Bewegungen;
  • zur Verifizierung verschiedenster Waffen­still­standsverletzungen an Kon­fron­tationslinien.
Kommandounternehmen
Mit dem Ansatz auf genau definierte Ziele von strategisch/operativer Bedeutung komplettieren Kommandounternehmen die Kapazität konventioneller Streitkräfte.

Militärische Unterstützung
In ihrer Rolle als Wegbereiter/Vorauskräfte können Spezialeinsatzkräfte die einfließenden Hauptkräfte auf den ersten Kontakt mit den Streitparteien bzw. auf erste Verhandlungen vorbereiten. In gefährlichen Räumen bzw. Situationen wird der militärische Per­so­nenschutz durch die Spezialeinsatzkräfte sichergestellt. Ebenso sind Verbindungen zu den Streitparteien (Liaison Contact - LC) aufrecht zu erhalten. Durch Spezialeinsatzkräfte werden Spezialisten (z. B. Ärzte) mit besonderen Insertionsmethoden (z. B. Fall­schirm­tandemeinsatz) in abgelegene/abgetrennte Gebiete gebracht. Durch Markieren von Absetzzonen wird das Verbringen von humanitären Hilfsgütern in abgelegene/abgeschnittene Gebiete unterstützt.

Zukünftige Entwicklungen

Sowohl das NATO/PfP-CJTF-Konzept (Partnership for Peace-Combined Joint Task Force) als auch das Europäische HTF-Konzept (Headline-Goal Task Force) sehen den Einsatz von Spezialeinsatzkräften in zukünftigen Friedensoperationen vor. Die Umsetzung in einer Combined Joint Special Operation Task Force (CJSOTF) soll die Koordination und Zusammenfassung multinationaler Spezialeinsatzkräfte unter einheitlicher Führung ermöglichen. Bereits bei einer CJSOTF-Gliederung kann im Zuge der Force Generation (multinationale Streit­kräftebildung) auf die spezifischen Kapazitäten und Möglichkeiten einzelner nationaler Spezialeinsatzkräfte (sprachliche, geographische, aus­bildungs- und ausrüstungsmäßige Eignungen) zurückgegriffen werden. Dabei gewonnene Synergieeffekte gewährleisten insgesamt eine enorme Kampfwertsteigerung und bieten zusätzlich ein Einsparungspotential, da in Zukunft nicht mehr "jeder alles können und daher ausbilden" muss.

Multinationale Spezialeinsätze erfordern, wie alle Spezialeinsätze, eine präzise umfangreiche Planung, ein reibungsloses Zusammenspiel in der Durchführung, eine permanente Kontrolle und das Vertrauen in eingeschliffene Führungsstrukturen. Dazu sind das gegenseitige Kennen und das daraus erwachsene Vertrauen un­verzichtbar. Das Miteinander-Üben und eine bis zu einem gewissen Maß gegebene gemeinsame Ausbildung (Führungsausbildung) sind dabei äußerst förderlich. Diese Prozesse lassen sich vermutlich nie ganzheitlich verwirklichen und sie werden laufend zu betreiben und zu adaptieren sein. Übungen und Einsätze zeigen jedoch, dass die Zusammenarbeit der einzelnen Spezialeinsatzkräfte in Friedensoper­a­tionen bereits jetzt ausgezeichnet funktioniert.


Autor: Major Kurt Radner ist Leiter der Führungsabteilung des Kommandos Spe­zialeinsatzkräfte und seit 16 Jahren in verschiedenen Funktionen beim Jagdkom­mando tätig. Er ist Mitglied im Headline Goal Task Force-Expertenpool und des NATO/PfP-CJTF-Expertenpools. Zuletzt war Major Radner bei mehreren internationalen Übungen als J3/J5 im Bereich Special Operations eingesetzt.

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