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Bosniens treue Söhne

Das bosnisch-herzegowinische Infanteriere­gi­ment Nr. 2 - die Elitetruppe der k.u.k. Armee

Das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment Nr. 2 hat sich bei der Schlacht um den Monte Meletta-Fior 1916 durch herausragende Tapferkeit ausgezeichnet. Zu Recht gilt es heute als ein Eliteregiment der k.u.k. Armee. Die Soldaten dieses Verbandes, die Bosniaken, stammen aus Bosnien-Herzegowina, das von 1878 bis 1918 bei Österreich-Ungarn war, zuerst okkupiert und dann im Jahre 1908 annektiert.

Als Gedenktag des Regimentes wurde der 7. Juni 1916 mit der opfervollen Erstürmung des Monte Meletta-Fior in den Sieben Gemeinden (Italien) festgelegt. Die jährliche Meletta-Gedenkfeier, die in Folge durch das Ausbildungsregiment 10, das Landwehrstammregiment 54, das Kommandoba­tail­lon 1 und nun vom ZIK (Zentrum Internationale Kooperation) des Kommandos Internationale Einsätze in Graz zusammen mit der Österreichischen Gesellschaft für Bosnisch-Her­ze­gowinische Beziehungen seit etwa 40 Jahren gestaltet wird, gibt Zeugnis von dieser besonderen Überlieferungspflege.

Bosnien-Herzegowina

Im 7. Jahrhundert war das Gebiet von Bosnien-Herzegowina Siedlungsgebiet slawischer Stämme, die sich mit den romanisierten Illyrern vermischten; im 12. Jahrhundert beanspruchte Ungarn die Oberhoheit, im 15. Jahrhundert hatten die einheimischen Fürsten bedeutende Macht, doch wurden Bosnien 1463 und Herzegowina 1482 Teil des Osmanischen Reiches; seit 1580 war Bosnien-Herzegowina ein Pa­schaljk (Gebiet unter Führung eines Paschas); ein erheblicher Teil der Bevölkerung wurde moslemisch. Der Aufstand von 1875 führte zur Intervention Russlands, der Berliner Kongress von 1878 aber stellte Bosnien-Herzegowina (bei nomineller Oberhoheit des Osmanischen Reiches) unter öster­reichische Verwaltung. Die Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina setzte sich damals aus Kroaten, die zumeist Katholiken waren, Serben, die Orthodoxe waren und Muselmanen zusammen. Ziel war es, das bisher unter türkischer Hoheit regierte Land neu zu ordnen. Da Widerstände zu erwarten waren, wurde eine Okkupationsarmee in der Stärke von etwa 230 000 Mann an den Grenzen zusammengezogen. In kurzer Zeit, aus mehreren Richtungen antretend, wollte man die Inbesitznahme des Landes, vor allem der Hauptorte, ermöglichen. Der Hauptstoß der am Montag, dem 29. Juli 1878 - also vor 125 Jahren - beginnenden Okkupation war auf die Eroberung der Landeshauptstadt Sarajewo gerichtet. Den österreichischen Truppen standen aber nicht nur die Schroffheit und Unwegsamkeit des Landes entgegen, sondern auch der Mut und die Entschlossenheit eines Großteils der Bevölkerung, die militärischen Widerstand leisteten.

Feldzeugmeister Josef Freiherr Phi­lippovic von Philippsberg war Kommandant dieser k.k. Okkupationsarmee. Hadzi Loja, von 1878 bis 1880 der ideologisch religiöse Führer der Gegner im Raum Sarajewo, lieferte gemeinsam mit dem Mufti von Taz­lirdza, Mehmed Nuredin Semsikadic, im Raum der Posawina den öster­reichischen Truppen schwere Gefechte. Darin waren bis zu 8 000 Mann verwickelt. Beim Gefecht bei Jaice zeigten sich besonders die Schwierigkeiten des Vormarsches mit schwerem Gerät, da für ein weiteres Vorankommen der Magljen-Pass zu überschreiten war. Es gab kaum brauchbare Straßen, und die Okkupationsarmee sah sich den Widerstand leistenden Insurgenten, bestehend aus nicht abgezogenen Türken und Einheimischen, gegenüber. In­fan­terieangriffe gegen verteidigende Aufständische waren in den gebirgigen Gegenden Bosnien-Herzegowinas nebst der Versorgung der eigenen Truppen äußerst schwierig. Eine erbeutete Insurgentenfahne mit dem Halbmond aus dem Okkupationsfeldzug sowie ein Win­chester-Gewehr der Insurgenten befinden sich noch heute im Heeresge­schicht­lichen Museum in Wien.

Wer jedoch glaubt, dass die Okkupation von Bosnien-Herzegowina ein "Blumenfeldzug" gewesen wäre, der irrt: Der Kampf in den Straßen von Sarajewo soll besonders grässlich gewesen sein. Obwohl sich die Insurgenten mit ihren Anführern anfänglich vehement zur Wehr setzten, wurde Bosnien-Herzegowina letztlich besetzt.

In der Folge schuf Österreich ein leistungsfähiges Schul- und Sanitätswesen, ermöglichte eine gute wirtschaftliche Entwicklung und konnte durch die funktionierende Verwaltung die Sympathie der Bevölkerungsmehrheit gewinnen. Die formelle Annexion von Bosnien-Herzegowina durch Österreich-Ungarn 1908 löste allerdings eine europäische Krise aus. Das annektierte Gebiet wurde keiner Reichshälfte zugeteilt, sondern als "Reichsland" vom gemeinsamen Finanz­mi­nis­terium verwaltet. Nach der Verfassung von 1910 erhielt Bosnien-Herzegowina eine eigene Landesregierung mit Landeschef und Landtag. Aus der Opposition in Teilen der Bevölkerung entstanden die Organisationen "Junges Bosnien" und "Crni Ruk" ("Schwarze Hand"), die 1914 am Attentat an Erzherzog Franz Ferdinand beteiligt waren.

Der Aufbau des bosnisch-herzegowinischen Militärs

Kurz nach der Okkupation wurde ein neues Wehrgesetz erlassen. Man begann vorerst mit der Aufstellung der Feldgendarmerie. Dann wurden in den vier Er­gänzungsbezirken zuerst Kompanien und danach Bataillone aufgestellt. Diese Bataillone wurden 1894 in Regimenter zusammengefasst. So entstanden die bosnisch-her­ze­go­wi­nischen In­fan­teriere­gi­men­ter 1, 2, 3 bzw. 4 und ab 1902 auch die dazugehörigen bos­nisch-herzegowinischen Feldjägerbataillone 1 bis 4. Als Ergänzungsbezirke wurden Sarajewo für das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 1, Banja Luka für das bos­nisch-herzegowinische Infanterieregiment 2, Tuzla für das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 3 und Mostar für das bosnisch-her­zegowinische Infanterieregiment 4 festgelegt. Das bosnisch-her­ze­go­winische Infanterieregiment 1 war in Wien, das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 2 in Graz und Lebring, das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 3 in Budapest, und das bosnisch-herzegowinische In­fanterieregiment 4 in Wien und Triest. Die bosnisch-herzegowinischen Feld­jägerbataillone waren vorerst in Wien und in Wiener Neustadt stationiert. Das jeweils IV. Bataillon dieser Regimenter befand sich als Aufstellungsstab in den Ergänzungsbezirken. In der bosnisch-herzegowinischen Landeshauptstadt Sarajewo befand sich das Kommando des XV. Armeekorps.

Der Wehrdienst dauerte durchgehend drei Jahre und neun weitere Jahre in der Reserve - ein Freikaufen war möglich. Während des Ersten Weltkrieges wurden noch weitere Verbände aufgestellt. Erste Reformen waren auch bei den bosnisch-herzegowinischen In­fanterieregimentern 1 bis 4 durch den Krieg zu erkennen. Die neu aufgestellten bosnisch-herzegowinischen In­fanterieregimenter (Infanteriere­gi­ment 5 bis Infanterieregiment 8) bestanden nur noch aus jeweils drei Bataillonen, von welchen die bereits existierenden Formationen ein oder zwei Bataillone inklusive der Feldjäger abzugeben hatten. Eine Besonderheit stellte das Orientkorps dar. Dies war ein verstärktes Regiment, das - 1918 aufgestellt - anstelle der verbündeten Türkei zum Schutz der Bagdad-Bahn (Orient-Express) in Palästina zum Einsatz kommen sollte. Durch die laufende Kriegsentwicklung war der vorgesehene Einsatz aber überholt. Das Orientkorps wurde unter Oberstleutnant im Ge­neralstabsdienst (i. G.) Stefan Duic im Juni 1918 bei der Piave-Offensive und gegen Kriegsende in der letzten Offensive der k.u.k. Truppen in Albanien eingesetzt.

Die Bosniaken galten als Elitetruppe und wurden auch meist als solche in schwierigen Lagen verwendet. Vergessen werden darf dabei jedoch nicht jenes Offizierskorps, das diese einheitliche und im Gefecht so vorzügliche Truppe geschmiedet hat. Es waren zum größten Teil deutschsprechende Offiziere. Junge Reserveoffiziere, die vorerst keine kroatischen Sprachkenntnisse hatten, wurden mit dieser schwierigen Führungsaufgabe betraut. Klugheit, Takt und Anpas­sungsfähigkeit, Strenge wo es Not tat, ein Eingehen auf, ja ein Aufgehen in der fremden Denkart halfen, diese schwierige Aufgabe zu lösen, nicht zuletzt eine ehrliche Liebe zu diesem Volk. Es war nicht nur der "Fez" (Kopfbedeckung), der sie aus der übrigen Armee heraushob - die einheitliche Mannschaft machte auch aus dem Offizierskorps eine starke und entschiedene Einheit, die bis zum Ende durchhielt.

Besonderheiten der Adjustierung

Das Bild des bekannten Malers Alexander Pock aus dem Jahr 1930 zeigt einen Major, einen lässigen Oberleutnant und einen Fähnrich bei den Bosniaken, im Hintergrund marschieren Mannschaften. Besondere Kennzeichen der Bosniaken waren als Kopfbedeckung der alizarinrote Fez und die lichtblaue Bundhose, ein Relikt der Pluderhose des Osmanischen Reiches, mit zwei Abschlussknöpfen. Offiziere nicht mohammedanischer Religion trugen manchmal auch den "Tschako" (Kopfbedeckung). Anfänglich verfügten sie über halbhohes Schuhwerk mit Gamaschen, später über Stiefel. An den gelben Knöpfen des lichtblauen Uni­formrocks waren die Nummern des jeweiligen Regimentes abzulesen. Der Mantel war blaugrau. Die goldene Feldbinde der Offiziere wurde bis in die sechziger Jahre in ähnlicher Form auch von den Offizieren des Österreichischen Bundesheeres getragen. Mit der Ausrüstung, dem Tornister und dem Steyr Mannlicher M-95 Gewehr sowie der späteren Uniform in hechtgrau, sind die Bosniaken in den Ersten Weltkrieg gezogen. Der graue Fez, wie er im Einsatz getragen wurde, hatte besonders im Gebirge den Zweck der Tarnung.

Religionen

Die Religionsausübung war frei und tolerant. Die mohammedanischen Bosniaken gingen zum Freitagsgebet (Dzuma) vermutlich in eine Moschee. Die Bosniaken, welche der serbisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft angehörten, huldigten zumeist in Kirchen oder bei einem Feldgottesdienst ihrem Gotte. Aber auch für Katholiken, wie es die Bosniaken kroatischer, her­zegowinischer oder auch deutscher Herkunft waren, war der allwöchentliche Gottesdienst heilige Soldatenpflicht. Nur wenige Juden oder Protestanten hat es in den bosnisch-her­zegowinischen Infanterieregimentern gegeben, aber auch sie hatten die Möglichkeit zur Pflege ihres Glaubens. Das zeigte, dass die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft keine Voraussetzung war, den beliebten Fez zu tragen. Es gibt nämlich Bilder, auf denen Bosniaken mit Fez, vermutlich christliche oder serbisch-orthodoxe, ein Schwein grillen und verzehren.

Auch heute noch sind bei den Me­letta-Gedenkfeiern die hohe Geistlichkeit der Katholiken, der Protestanten, nor­maler­weise auch der Orthodoxen, des Islams und des Judentums anwesend.

Das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 2 in Graz und Lebring

Die "Josephinische" Dominikanerkaserne in Graz war 20 Jahre lang (1894 bis 1914) die Unterkunft der Zweier-Bosniaken. Sie hatte damals das modernste Badehaus (vermutlich das heutige Bad zur Sonne). Das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 2 hatte eine Regimentsmusik unter der Leitung von Hauptmann Eduard Wagnes, von der man behauptete, dass sie zum damaligen Zeitpunkt besser gewesen wäre als jene des Infanterieregimentes 27, da die Bosniaken, aufgrund der Entfernung, in ihrer Freizeit nur selten nach Hause fahren konnten. Die Grundstruktur der Kaserne ist sehr gut erhalten geblieben und ist derzeit als steirisches Landesschülerheim in Verwendung. Von 1915 bis 1918 verlegte das bos­nisch-her­zegowinische Infanterieregiment 2 in das Ausbildungslager nach Lebring, dem später auch ein Lazarett und ein Gefangenenlager angeschlossen waren. Dort gab es ausreichend Platz, einen eigenen Bahnhof und vor allem ein Murkraftwerk für den notwendigen elektrischen Strom. Einige Zeichnungen und Relikte des damaligen Lagers kann man in der Marktgemeinde Lebring sehen.

Das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment 2 im Ersten Weltkrieg

Das bosnisch-herzegowinische In­fanterieregiment 2 kämpfte schon 1912 mit Teilen im Balkan-Krieg; im Ersten Weltkrieg war es unter anderem 1914 bei Zloczow, Grodek, Lem­berg und Przemysl, 1915 in den Karpaten, am Bukva, Monte San Michele, Plava und Isonzo, 1916 auch auf der Busa Alta, 1917 am Ortigara, Monte Co­lombaro, Isonzo, Roncis, Susans und San Rocco und 1918 mit Teilen in Albanien, am Tagliamento, am Piave und in Asiago eingesetzt.

Krieg gegen Italien - Der Angriff auf den Monte Meletta-Fior

Der 1824 Meter hohe Monte Me­letta-Fior, auf dem noch heute die Spuren des Ersten Weltkrieges zu sehen sind, ist heute im Sommer ein Alm- und im Winter ein schönes Skigebiet. Die Erstürmung des Monte Meletta-Fior in den Sieben Gemeinden (Italien) war durch Nebel und Schlecht­wetter stark behindert, sodass die eigene Artillerie nicht voll wirksam werden konnte. Der Monte Meletta-Fior wurde von zwei italienischen Regimentern und zwei Brigaden verteidigt. Die Skizze zeigt die Bereitstellung des bosnisch-her­ze­gowinischen Infanterieregimentes 2 und des Infanteriegegimentes 27 zur Erstürmung des Monte Meletta-Fior.

Vom Westen her betrachtet liegt der Monte Castelgomberto (1 778 Meter) links flankierend zum Monte Meletta-Fior. Die 11. Infanteriebrigade war der Eliteverband der 6. Infanteriedivision, die zum III. Korps gehörte und wurde 1916 von Oberst De Brunfout befehligt. Bei den Angriffen in den Raum der Sieben Gemeinden betrat diese Brigade am 27. Mai 1916 um 1115 Uhr zum ersten Mal Feindesland. Sie bestand aus zwei Bataillonen des In­fanterieregimentes 27 und aus drei Bataillonen des bosnisch-her­ze­go­winischen Infanterieregimentes 2. Das zeitweilig dazugehörige Feldjägerbataillon 9 wurde zu dieser Zeit an die 12. Infanteriebrigade und die restlichen zwei Bataillone des Infanteriere­gimentes 27 als Divisionsreserve abgegeben. Zuerst wurden den brav kämpfenden Italienern am 30. Mai durch das Infanterieregiment 27 der Monte Cebio, und durch die Zweier- Bosniaken, unterstützt durch mehrere Ge­birgsbatterien, der Monte Fiara entrissen. Nun konnte man darangehen, die Vorbereitungen zum Angriff auf das Meletta-Massiv, welches aus den Wetterscheiden Monte Meletta di Gallio, Cina Meletta di Dietro und dem flankierend vorgelagerten Trabanten - dem Monte Castelgomberto - besteht, einzuleiten. Als Angriffsziele wurden für die Bosniaken der Monte Meletta-Fior und für das Infanterieregiment 27 der Monte Castelgomberto festgelegt. Nach einer kurzen Neugliederung vor Schlachtbeginn war die 1. Infanteriebrigade der südliche Nachbar der eingeschobenen 8. Gebirgsbrigade. Am 2. Juni sollte der Angriff durch eingeleitetes Artillerievorbereitungsfeuer mit einem zusätzlichen 30,5-cm-Mörser beginnen und am nächsten Tag der infanteristische Angriff auf das Meletta-Massiv erfolgen. Jedoch wurde aufgrund des zu schwachen Steilfeuers und der Witterungsunbilden ein Halt befohlen. Der 4. Juni war durch erfolglose Gegenangriffe der Italiener auf die links eingesetzte 8. Gebirgsbrigade gekennzeichnet. Das Wetter spielte verrückt: Wie an den beiden vorangegangenen Tagen gab es Sonnenschein mit Hochnebel, spät nachmittags Gewitter und in der Nacht Dauerregen mit Schneefall in den höheren Lagen. Der neuerliche Angriff auf das zusammengehörende Bergmassiv des Monte Cas­telgomberto und des Monte Me­letta-Fior war für den 5. Juni, 1300 Uhr, geplant, an welchem vormittags sogar in den tieferen Lagen zehn Zentimeter Neuschnee lagen.

Der erste Teil des Angriffs bestand darin, dass bis zur Mittagszeit die Bereitstellungen zu beziehen waren. "Unter dem Wirkungsschie­ßen der Artillerie hätte die Annäherung an die Angriffsziele zu erfolgen und danach war auch tunlichst einzubrechen befohlen". Da das eigene Wirkungsfeuer keine befriedigenden Erfolge erzielte, stoppten Teile des Infanteriere­gi­mentes 27 und gruben sich am Monte Cas­telgomberto ein.

Die andere Kampfgruppe unter Oberst­leutnant i. G. Stefan Duic hätte zu diesem Zeitpunkt am Monte Me­letta-Fior hingegen die besten Angriffsbe­din­gungen gehabt. Um 2030 Uhr setzte eigenes Trommelfeuer ein. Dabei landeten jedoch zwei Mörsergranaten und einige leichtere Kaliber in den Reihen der Bosniaken, was den Vormarsch verlangsamte. Der um 2045 Uhr eingeleitete Angriff wurde eingestellt, da das Abwehrfeuer der Italiener gut saß und die lähmende Enttäuschung über die eigene Artillerie groß war. Oberstleutnant i. G. Stefan Duic meldete an die Division, dass selbst der schneidigste Infanterieangriff keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der nächste Angriff war für den nunmehr 6. Juni um 0800 Uhr vorgesehen, jedoch hemmte dichter Nebel die gesamte Bewegung und die Beobachtung des Ar­til­leriefeuers. Somit verstrich dieser Tag mit Sicherung, Aufklärung und Ver­sor­gungs­­tätigkeiten. Der 7. Juni musste die Entscheidung bringen. Das Einschießen der nunmehr verstärkten Artillerie dauerte bis 1000 Uhr, das anschließende Wir­kungsschießen und die Vorbereitung zum Angriff bis 1100 Uhr.

Der letzte Akt der Meletta-Schlacht hatte begonnen, wobei die Bosniaken und die Steirer ihre eisernen Klammern in das Meletta-Massiv legten. Am Nachmittag tobte die Schlacht gegen den kampferprobten Feind. Bis 1920 Uhr gingen die Schussgeplänkel und Gegenstöße dahin, um 2000 Uhr wurde endlich zum Entscheidungsschlag ausgeholt. Der Opfermut feldgrauer Fußsoldaten warf die Würfel, und um 2040 Uhr konnten die ersten Meldungen über die erfolgreiche Eroberung des Monte Meletta-Fior abgesetzt werden. Schwer waren die Opfer des Ringens um den Berg, durch dessen Eroberung die ersten Breschen in die letzte Hauptverteidigungslinie des Feindes geschlagen wurden. Die Erstürmung des Monte Meletta-Fior hat den Zweier-Bosniaken 208 Gefallene und etwa 800 Verwundete an Opfern, das waren etwa 35 Prozent des Bestandes, abverlangt. Diese heldenhafte Erstürmung des stark befestigten Berggipfels war ein Musterbeispiel an Tapferkeit dieser Elitetruppe - getreu der Devise von Kaiser Franz Joseph I: "Viribus uni­tis!” ("Mit vereinten Kräften!"). Oberst­leutnant i. G. Stefan Duic, der Sieger der Schlacht am 7. Juni 1916, erhielt dafür von Kaiser Franz Joseph das Ritterkreuz des österreichisch-kaiserlichen Leo­pold­ordens mit Kriegsdekoration.

In einem Gutachten des Öster­reichischen Kriegsar­chivs aus dem Jahr 1932 wurde der entscheidende Erfolg der Eroberung des Mon­te Me­letta-Fior eindeutig dem bosnisch-herzegowinischen In­fan­terie­regi­ment 2 zugesprochen. Das Infanteriere­giment 27 unterstützte durch einen gewaltigen Flankenschutz.

Ein Gemälde von Friedrich Eberl, gemalt im Felde 1917, zeigt die überlebenden Kameraden vom Monte Meletta-Fior, welche sich am Grazer Hauptplatz ihrer gemeinsamen Taten erinnern und sich darüber freuen.

Für die damaligen Angehörigen der 11. Infanteriebrigade wurde ein gemeinsames Abzeichen (Infanterie­regiment 27 und Infanterie­re­gi­ment 2) geschaffen. Der strahlende Adler auf dem Gipfel, darunter drei Almhütten, links unterlegt im kaisergelb des In­fan­terie­re­gimentes 27 und rechts im alizarinrot des bos­nisch-her­ze­go­winischen In­fan­te­riere­gi­men­tes 2. Dieses Abzeichen wurde besonders gerne auf der Kappe oder auf dem Fez getragen. Ein solches Beispiel anhand einer Offiziers­­kappe eines Angehörigen des In­fanterieregimentes 27 befindet sich im heutigen Grazer Garnisonsmuseum.

Höchste Ehren für deren Tapferkeit

Kaiser Karl inspizierte häufig die vielfach ausgezeichneten Zweier-Bosniaken. Das bos­nisch-herzegowinische In­fan­terieregiment 2 war das meist­ausge­zeich­nete und vermutlich tapferste öster­rei­chische Regiment im Ersten Weltkrieg. Seine Soldaten bekamen insgesamt 42 Goldene, 590 Große Silberne, 1 937 Kleine Silberne und 4 300 Bronzene Tapferkeitsmedaillen, 310 weitere hohe Orden für Offiziere. Hauptmann Goj­komir Freiherr von Glogovac blieb der einzige Maria-Theresienritter eines Bosniakenregimentes.

Die Meletta-Gedenkfeier

Viele Bosniaken kommen noch heute zum Meletta-Gedenken. Leutnant a. D. Max Closs war der letzte noch lebende Bosniakenoffizier, der bis ins hohe Alter an dieser Gedenkfeier teilnahm. Er ist 1990 in Graz verstorben.

Die eigentliche Meletta-Gedenkfeier mit Kranzniederlegung findet heute unter reger Anteilnahme der Öffentlichkeit beim Kriegerdenkmal am Lebringer Bosniakenfriedhof statt. Höhepunkt sind die Gedenkansprachen, die simultan in Bosnisch und Italienisch übersetzt werden. Denn alljährlich finden sich auch italienische Gäste ein, die in militärischen Diensten stehen oder standen. Ebenso kommen auch Abordnungen der bosnisch-her­ze­gowinischen Armee. Kränze und geschmückte Gräber bezeugen, dass die toten Soldaten des Ersten Weltkrieges nicht vergessen sind.

Der Bosniakensonntag

Alljährlich am letzten Sonntag im Oktober veranstalten die Steier­mär­kische Landesregierung, der Öster­reichische Ka­meradschaftsbund, das Österreichische Schwarze Kreuz/Kriegsgräberfürsorge und die Marktgemeinde Lebring den "Bo­s­niakensonntag". Das Militär und die Vertreter der Österreichischen Gesellschaft für Bosnisch-Herzegowinische Beziehungen sind immer herzlich eingeladen. Nach der Kranzniederlegung trifft man sich zu Gesprächen, um die Verbundenheit der Soldaten beider Länder zu dokumentieren.

Der Bosniakenfriedhof

Der Soldatenfriedhof von Lebring - heute Bosniakenfriedhof genannt - liegt dort, wo im Ersten Weltkrieg der Ersatztruppenkörper der Zweier-Bosniaken sowie ein Gefangenenlager und ein Lazarett stationiert waren. Er wird vom Land Steiermark und der Bevölkerung von Lebring betreut. 805 Bosniaken erlagen hier ihren Verwundungen. Somit liegen hier die meisten Bosniaken außerhalb bosnisch-herzegowinischer Grenzen begraben. Den Bosniaken des bosnisch-her­ze­go­wi­nischen Infanteriere­gi­men­tes 2 sind die Gedenktafeln links und rechts des Einganges gewidmet. Ein stets offenes Holztor lädt jedermann ein. Dahinter erkennt man sofort die in geordneten Reihen friedlich nebeneinander stehenden Kreuze der Christen und die Grabmäler der Bosniaken. Wenn man die Namen durchforstet, findet man dort das Kreuz eines Christen namens Spasoje Delic. Wie paradox, der moslemische General Rasim Delic war im Jugoslawien-Krieg Armee­kommandant und Chef des Generalstabes der Bosniaken. Er erhielt den bosnischen "Orden der Freiheit" (höchste Auszeichnung des Krieges 1992 bis 1995) und war bis zu seiner Pensionierung Kommandant des Vereinigten Kommandos der Föderation Bosnien-Herzegowina. Unweit von Spasoje Delic ein moslemischer Bosniake na­mens Alija Talic - der serbisch-orthodoxe General Momir Talic war im selben Krieg Chef des Generalstabes der Re­publika Srpska und kam 1999 vor das Kriegsverbrechertribunal nach Den Haag. Historischer Zufall? Die Kreuze der Italiener befinden sich in der Südostecke des Bos­niaken­fried­hofes, im Westen stehen die Kreuze der Russen - alles ehemalige Feinde, im Tode friedlich vereint. Deren Nachfahren, gemeinsam und mit Bedacht sich gegenseitig respektierend, sind bei fast jeder Meletta-Gedenkfeier anwesend.

1998 enthüllte dieser General a. D. Rasim Delic, Armee der Föderation Bosnien-Herzegowina, gemeinsam mit General a. D. Karl Majcen, Öster­reichisches Bundesheer, eine in Visoko (Bosnien-Herzegowina) gefertigte Marmor-Stele. Sie erinnert an die tapferen Taten des bosnisch-herzegowinischen Infanteriere­gi­mentes 2. Soldaten des ehemaligen Kommandobataillons 1 und Soldaten der Armee von Bosnien-Herzegowina enthüllten das Denkmal. Davor reichten sich die höchsten Militärs von Bosnien-Herzegowina und Österreich die Hände (siehe Foto auf der nächsten Seite).

Was blieb?

Drei Märsche

"Die Bosniaken kommen!" Diesen Regiments- und Defilierungsmarsch hat Eduard Wagnes als Kapellmeister der Zweier-Bosniaken komponiert. Derzeit ist es der Traditionsmarsch des Fernmeldebataillons 1 in Villach. Mit diesem Marsch erfolgte auch die Defilierung bei der Wachablöse des bosnisch-herzegowinischen Infanterieregimentes 1 in Wien, wo die Einser-Bosniaken mit klingendem Spiel durch das Burgtor hinaus marschierten. Zu Ehren der heldenmütigen Taten des 7. Juni 1916 am Monte Meletta-Fior komponierte Eduard Wagnes, der dem bosnisch-herzegowinischen Infanterieregiment 2 angehörte, den "Meletta-Marsch". Als besonderen Gruß an Bosnien-Herzegowina schrieb er letztendlich den Marsch "Bosna Selamljik".

Vier Denkmäler

Im Jahr 1902 wurde der Bosnien-Obelisk in Graz zur Erinnerung an die Okkupation und als Denkmal für die Gefallenen eingeweiht. Unter ihnen waren auch Angehörige des Infanterieregiments 27 "König der Belgier", des Grazer Hausregimentes. Der Bosnien-Obelisk steht an der Kreuzung Joan­neumring/Neutorgasse/Ra­detz­kystraße/Wielandgasse. Der Doppeladler auf der Spitze ist - vermutlich aus politischen Gründen - verschwunden.

Ein Denkmal in Banja Luka (siehe Bilder rechts), dem Ergänzungsbezirk des bosnisch-her­zegowinischen In­fanteriere­gi­men­tes 2, erinnert an die Okkupation; davor Soldaten mit dem Fez, dem besonderen Kennzeichen der bosnisch-her­ze­gowinischen Truppen. Im Oktober 2002 wurde das Denkmal in einer Kaserne in Banja Luka mit Hilfe von Major Radomir Stefanovic, Armee der Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina, wiedergefunden. Dabei wurde berichtet: "Die Kaserne wird geschleift und um das Denkmal eine Wohnanlage gebaut. In einem dazugehörigen Park solle es nach Restaurierungsarbeiten neu aufgestellt werden".

Seit 1918 steht ein Denkmal bei Flitsch (Bovec) im Koritnica-Tal, im heutigen Slowenien, auf einem Sol­datenfriedhof. Es zeigt einen Kaiser­schützen und einen Bosniaken des bosnisch-her­ze­go­wi­nischen In­fan­teriere­gi­men­tes 4. Dieses Denkmal ist dem Andenken aller Soldaten und tapferen Verteidigern, die gegen die Angriffe der Italiener erfolgreich waren, gewidmet.

In der Ehrenhalle neben der Gar­nisonskirche in Graz erinnert ein Gedenkstein an die Zweier-Bosniaken. Dieser Stein aus dem Jahre 1965 zeugt auch davon, dass das bosnisch-her­zegowinische Infanterieregiment 2 von 1895 in Graz und von 1915 bis 1918 in Lebring stationiert war und verkündet der Nachwelt die Tapferkeit dieses altösterreichischen Verbandes bei der Erstürmung des Monte Meletta-Fior am 7. Juni 1916.

Ein Gebäck

"Bosniakerln" sind kleine Brotwecken, die, zu Ehren der tapferen Bosniaken, auf den Geschmack südländischen Gaumens abgestimmt sind. Sie werden noch heute nach altem Rezept aus 70 Prozent Roggen- und 30 Prozent Weizenmehl hergestellt und sind mit Kümmel speziell gewürzt. Auch das ist ein Zeichen der Verbundenheit diesem Verband gegenüber.

Eine Gasse in Graz

In den achtziger Jahren wurde, auf Initiative der Nachfahren der Zweier-Bosniaken und des damaligen Land­wehr­stammregimentes 54, durch den damaligen Bürgermeister Alexander Götz und durch die Stadtgemeinde Graz im Bezirk Strassgang eine Gasse "Zweierbosniakengasse" genannt.

Zwei Fahnenbänder

Das erste Fahnenband stifteten 1989 die Nachfahren der Zweier- Bosniaken dem damaligen Land­wehrstammre­giment 54 als Ausdruck der besonderen Verbundenheit zur Garnison Graz. Dieses Fahnenband des nunmehrigen Zentrums Internationale Kooperation (ehemals Kommandobataillon 1) wird zu gegebenem Anlass bei Aus­rück­ungen mit der Fahne mitgeführt. Im Jahr 2000 stiftete der Präsident von Bosnien-Herzegowina, Alija Izet­be­govic, aus Freundschaft gegenüber dem Österrei­chischen Staat und dem Öster­reichischen Bundesheer ein weiteres Fahnenband. Dieses wurde dem damaligen Kommandoba­tail­lon 1 zur Aufbewahrung und gefälligen Verwendung überlassen.

Ein Truppenmuseum

2002 wurde das Truppenmuseum des ehemaligen Kommandobataillons 1 wiedereröffnet. Es gilt als Tochter des Grazer Garnisonsmuseums, das bereits durch den Gefreiten d. Res. Mag. Erik Hilzensauer begonnen, dann vom Gefreiten d. Res. Mag. Franz Rauscher eingerichtet und neu gestaltet wurde und dem bosnisch-herzegowinischen Infanterieregiment 2 natürlich einen besonders hohen Stellenwert zumisst. Aber nicht allein für die Soldaten des heutigen Zentrums Internationale Kooperation sind die Schaustücke im Truppenmuseum, das gegen Voranmeldung besichtigt werden kann, von regem Interesse.

Drei Vereine

Die drei selbstständigen und eigenverantwortlichen Vereine, die gemeinsam mit dem Österreichischen Bundesheer die Meletta-Gedenkfeier ausrichten, sind: Die Österreichische Gesellschaft für Bosnisch-Herzegowinische Beziehungen (ÖGBHB) in Graz, die Gesellschaft Bosnisch-Herzegowinisch-Öster­rei­chischer Freundschaft (GBHÖF) in Sara­jewo und die Gesellschaft Bo­snisch-Herzegowinischer Studenten in Österreich (GBHSÖ).

Ein Ausblick

Das bosnisch-herzegowinische In­fanterieregiment 2 - das Grazer Regiment - steht heute für alle bosnisch-herzegowinischen Regimenter, die in vorbildlicher Treue zu ihrem Eid sowie zu Kaiser und König, unter schwersten Verlusten aber mit unverminderter Tapferkeit und Wirksamkeit, bis zum letzten Tag der kriegerischen Auseinandersetzung und der Existenz der öster­reichischen Monarchie, gedient haben. 40 Jahre, von 1878 bis 1918, ist Bosnien-Herzegowina gemeinsam mit Österreich-Ungarn ein Stück des Weges mitgegangen. Auch heute noch kann man Spuren dieses Weges finden. Viele Straßen, Bahnen und öffentliche Gebäude wurden in diesem Zeitabschnitt in Bosnien-Herzegowina gebaut, und parallel wurde auch eine funktionierende Verwaltung geschaffen. Heute sollten wir an diese alte Tradition und Überlieferungspflege anknüpfen, Verbindendes suchen, Toleranz üben und Beiträge für die Friedenserhaltung verwirklichen. Damit wäre dem gültigen Traditionserlass auf vielleicht etwas andere Weise sicherlich mehr als nur Rechnung getragen. Denn mit Fug und Recht darf man behaupten, dass das bos­nisch-herzegowinische Infanterieregiment 2 das Eliteregiment der k.u.k. Armee war. So schrieb Hauptmann Sigmund Gandini bereits im Jahre 1931: "Wie immer man sich auch zum Soldatentum und zum kriegerischen Geschehen stellen mag, eines ist gewiss, wir Österreicher haben guten Grund, uns der (treuen) Söhne von Bosnien-Herzegowina dauernd und dankbar zu erinnern".


Autor: Oberstleutnant Reinhard Stradner, Jahrgang 1959. Einrückungstermin IX/1978 in Fehring, danach bis 1981 Zugskom­mandant beim LWSR 53. Nach der Offiziers­aus­bildung von 1982 bis 1985 an der The­re­sianischen Militärakademie Verwendungen als Ausbildungsoffizier, Kompaniekom­mandant, Kraftfahroffizier, S2 und S5 sowie Mobilmachungsoffizier beim LWSR 54 und beim Kommandobataillon 1. Drei Auslandseinsätze auf den Golan-Höhen/Syrien und in Israel. Seit 2002 Referatsleiter für ver­trauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen der Abteilung Verifikation des Zentrums Internationale Kooperation (Internationale Rüstungskontrolle im Rahmen der OSZE) im Kommando für Internationale Einsätze in Graz.

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