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Aus der Truppe: "Fernmelderei" versus Führungsunterstützung

Keine Technologie war in den letzten zehn Jahren größeren Veränderungen ausgesetzt als die Informations- und Kom­munikationstechnologie (IKT). Vor allem bei der zivilen Nutzung der Kom­mu­ni­kationstechnologie konnte durch die immense Verbreitung des Mo­biltelefons erst­mals jedermann an nahezu jedem Ort eine Verbindung über weite Entfernungen gegen geringes Entgelt aufbauen. Diese Entwicklung hat aber auch vor der militärischen Nutzung der IKT nicht halt gemacht, wie uns der intensive dienstliche Gebrauch des zivil-mobilen Telefonnetzes beweist.

Für das Führungsgrundgebiet 6 (Führungs­unterstützung) lassen sich folgende Entwicklungen ableiten:

  • Zivile Netzbetreiber besitzen aufgrund neuer Technologien die Fähigkeit, mobile Kom­munikationsstruk­turen für bestimmte Szenarien rasch errichten zu können.
  • Die Bedienung moderner Kom­muni­kationssysteme ist bedeutend einfacher geworden, weshalb kürzere Ausbildungs­zeiten für das Bedienpersonal ermöglicht werden. Oft kann der Bedarfsträger selbst die Bedienung der Systeme übernehmen. Parallel dazu ist jedoch der Aufwand für Planung, Errichtung und Betrieb von IKT-Netzen erheblich gestiegen, womit in diesen Bereichen sowohl der Personalstand als auch die dafür notwendigen technischen Systeme noch bedeutend aufgestockt werden müssen.
  • Schließlich ist bei militärischen Über­tragungsbedürfnissen ein Trend hin zu vermehrten Datenaufkommen festzustellen. Die Notwendigkeit von Sprachverbindungen wird jedoch weiterhin bestehen. Technisch gesehen wird in Zukunft auch diese Betriebsart digital als Datenverbindung errichtet werden.
  • Die Notwendigkeit, auch als Kleinstaat, im Rahmen internationaler Verpflichtungen weltweite militärische In­for­mations­über­tragung in Form von Daten und Sprache in die Heimat sicherstellen zu müssen, stellt das Österreichische Bundesheer vor eine große Herausforderung.

Vergleicht man diese Anforderungen der militärischen Führung mit unserer bestehenden IKT-Struktur, besteht nicht nur in den vorhandenen Organisationen, sondern auch in der gegenwärtigen Ausstattung der Truppe ein erheblicher Handlungsbedarf. Genügte es früher, den Fernmeldeeinsatz für den eigenen Verband zu planen und durch die zugehörigen Fernmeldekräfte umzusetzen, so sind heute die G6/S6 Organisationen gefragt. Sämtliche Teilbereiche der Führungsunterstützung (In­for­mationsübertragung, Infor­ma­tions­ma­nage­ment und -verarbeitung, Infor­ma­tionssicherheit und elektronischer Kampf) sind abzudecken.

Mit den vorhandenen Personalstruk­turen in unseren Organisationsplänen konnte daher nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Erste Schritte wurden bereits mit der Implementierung der G6/S6 Organisation bei einigen Verbänden gesetzt. Leider sind diese Änderungen noch längst nicht abgeschlossen, wodurch Verbände, die noch ältere Strukturen in ihren Organisationsplänen vorfinden, zwar Fernmeldeplanungen, jedoch keine Führungsunterstützungsaufgaben wahrnehmen können.

Die bisherige Monopolstellung der Führungsunterstützungstruppen in der Fähig­keit des Errichtens mobiler Kom­munikationsnetze für alle Anlassfälle ist neu zu überdenken. Bereits jetzt werden konkrete Angebote der Zusammenarbeit ziviler Netzbetreiber an Sicherheitsor­ganisationen (auch an das Bundesheer) gestellt, die sich mit dem Errichten solcher Netze für bestimmte Szenarien der Umfassenden Landesverteidigung beschäftigen. Noch müssen einige Mängel in der Zuverlässigkeit und Sicherheit derartiger Mobilfunknetze überbrückt werden, langfristig gesehen ist es jedoch für militärische Anbieter (Fernmeldekräfte) nahezu unmöglich, finanziell mit den zivilen mithalten zu können. Müssen doch durch unsere Kräfte andere Qualitätskriterien (militärische) zur Anwendung kommen.

Allerdings ist auch in unserer Organisation ein Umdenken notwendig. Einer­seits wird die reine Bedienung der Systeme einfacher, während die Planung, Programmierung und Vorbereitung der Systeme für den Einsatz komplexer werden. Daher muss der Personaleinsatz in unseren Organisationsplänen weg vom reinen Bedienpersonal hin zu Planungska­pa­zitäten und System­ma­nagementbe­treuung gehen.

Als eindeutige Schwachstelle unserer derzeitigen IKT-Geräteausstattung müssen der veraltete Truppenfunk (Ausnahme TFF-41), die mangelnde Daten­über­tragungsfähigkeit im Mobilbereich sowie die fehlende Ausstattung für den operativen elektronischen Kampf beurteilt werden. Gerade diese fehlenden Kapazitäten werden aber leider auch vermehrt im Rahmen von internationalen Einsätzen eingefordert. Dies sollte jedoch nicht als Wehklagen, sondern als Aufforderung für einen sofortigen Handlungsbedarf verstanden werden. Besonders Daten­über­tra­gungskapazitäten für unsere Fachinfor­m­ations­systeme, aber auch für eine Lage­darstellungsmöglichkeit, sind nicht nur über IFMIN, sondern auch über bewegliche (Funk)-Führungsmittel im Ultrakurzwellen- als auch Kurzwellenfunkbereich dringend erforderlich. Hierbei gilt es, die Informationsübertragung so sicher zu machen, dass auch eine Übertragung der 3. Verarbeitungsebene über Funk ermöglicht werden kann. Handlungsbedarf besteht auch für unsere Kurzwellensysteme. Jedes unserer HF-Systeme hat unterschiedliche Vor- und Nachteile, die auf die verschiedenen Einsatzszenarien unterschiedlich abgestimmt werden können. Auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden, muss seitens der Truppe auf die zuverlässige Überlagerung für IFMIN bestanden werden. Gerade diese Überlagerungsfähigkeit bei Ausfall eines Über­tragungssystems stellt eines der Stärken militärischer Übertragungsnetze dar.

Aus diesen Gründen ist im Zuge einer eingehenden Beurteilung eine maßgeschneiderte Organisation der noch vorhanden Fernmeldekräfte zu erarbeiten, die die Aufträge der vorgesetzten Kommanden unverzüglich, sicher und verlässlich erfüllt.

Oberstleutnant Christian Wally

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