Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Aus der Truppe: 30 Jahre AUSBATT/UNDOF

"Leadershiptraining" für unser Kaderpersonal

Seit 30 Jahren beteiligt sich Österreich durch­gehend mit einem Infan­terie­ba­taillon an der UN-Mission UNDOF (Uni­­­ted­ Na­tions Disengagement Ob­server Force). Stationiert im Nahen Osten an der Waffenstillstandslinie zwischen Syrien und Israel auf den Golan­hö­hen, haben sich mittlerweile mehr als 26 000 österreichische Soldaten aller Dienstgrade für zumindest sechs Monate an diesem Einsatz beteiligt und ihr Wissen und Können eingebracht. Dabei handelt es sich zu einem Viertel um Be­rufskader und zu drei Vierteln um Soldaten aus dem Reserve- und Milizstand.

Rahmenbedingungen

Bei der Mission UNDOF handelt es sich um eine Chapter VI "Peacekeeping" Mission mit einem "weichen" Mandat ("observe and report"). Das Bataillon besteht aus einer Stabskompanie, welche im rückwärtigen Bereich der AOL (Area of Limitation) stationiert ist, und drei Lini­en­kompanien, welche mit je vier bis sechs Stützpunkten ( je Stützpunkt zwischen neun und 15 Mann) den Waffenstillstand in der AOS (Area of Separation) überwachen. Die Mindest-Einsatzdauer beträgt sechs Monate, die Soll-Einsatzdauer zwölf Monate, ca. zehn Prozent bleiben 18 Monate lang vor Ort. Bei jeder halbjährlichen Rotation, wechselt ungefähr die Hälfte des Verbandes.

Herausforderung Rotation

Die Rotation stellt höchste Ansprüche an alle, egal ob man Neuankömmling ist oder sich schon sechs Monate lang im Einsatzraum befindet. Es werden nur einzelne Positionen bzw. Funktionen und nicht gesamte Organisationsele­mente ausgetauscht. Daher gilt es für das Führungspersonal aller Ebenen, in kürzester Zeit aus einem inhomogenen Gebilde ein möglichst homogenes Element zu formieren, das ohne Qualitätsverlust oder gar Unterbrechungen die an die Einheit gerichteten Aufträge fortführt. Das verlangt von allen Beteiligten - vor allem am Beginn - neben viel Engagement bei der Ausbildung im Einsatzraum auch viel Fingerspitzengefühl bei der Menschenführung. Dies umso mehr, als gerade auf jene Soldaten, welche noch nie an einem Auslandseinsatz teilgenommen haben, eine Vielzahl von zusätzlichen Belastungen hereinbricht.

Ersteinsatz

Jene, die sich im Ersteinsatz befinden, müssen in den ersten Wochen elementare Erfahrungen bewältigen: die (oft erstmalige) Trennung von der Heimat und von der Familie, damit verbunden auch irrationale Ängste vor der Bewältigung der gestellten Aufgaben, die Länge des Einsatzes, und das intensive Zusammenleben mit den Kameraden. Dazu kommt speziell im Nahen Osten noch das ge­wöhnungsbedürftige Klima mit Extremen sowohl im Sommer bei Temperaturen bis +50°C als auch im Winter, wo es am Mount Hermon auf bis -25°C abkühlen kann und das bei Wind­ge­schwin­digkeiten bis 200 km/h. Vor körperlichen Auswirkungen wie z. B. Kreis­lauf­pro­blemen und Durchfallerkran­kun­gen sind auch gut durchtrainierte Soldaten nicht gefeit - und im Ausland krank zu sein, ist wieder eine ganz spezielle Erfahrung. Während dieser ersten Einsatzwochen gilt es für die Kommandanten, den Neulingen unterstützend unter die Arme zu greifen und sie, oft mit viel Feingefühl, in den Einsatz einzuweisen.

Land und Leute

Für die meisten ist die orientalische Kultur sehr fremd, hier ist auch ein gewisses Maß an Eigeninitiative und Offenheit dem Neuen gegenüber gefragt, um Vorurteile abbauen und positive Eindrücke mit nach Hause nehmen zu können. Aber auch die Force und das Bataillon haben ihren Beitrag zu leisten, indem sichergestellt wird, dass das Bereisen der zur Mission gehörenden Länder in der Freizeit ermöglicht wird und die Soldaten damit Gelegenheit haben, einen persönlichen Eindruck von der Geschichte und der Kultur der Region zu bekommen. Nur so können die Hintergründe des Konfliktes auch verstanden werden. Dabei muss selbstverständlich den Sicherheitsbedürfnissen Rechnung getragen werden. Im Moment wird dies, trotz aller Probleme der Staaten im Nahen Osten vor allem durch das sehr offene und freundliche Entgegenkommen sowohl der Zivilbevölkerung wie auch der öffentlichen Institutionen aller beteiligten Staaten ermöglicht. Dies resultiert nicht zuletzt aus dem hervorragenden Ruf, den sich das Österreichische Bundesheer und seine Soldaten in den 30 Jahren am Golan erworben haben. Und viele sind überrascht, welche Freundlichkeit ihnen entgegenschlägt, wenn sie sich als "Nemsawi" (Österreicher) zu erkennen geben.

Alltäglicher Dienst

Der Dienst auf den Stützpunkten im 24- Stunden-/7- Tage -Zyklus ist vor allem am Anfang anstrengend. Und üben lässt sich diese Situation in Österreich vorab nur sehr beschränkt. Daher sind vor allem die Kommandanten der Stützpunkte auch im Hinblick auf eine klare Befehlsgebung und eine gerechte Diensteinteilung gefordert. Geschieht dies nicht, resultiert daraus ein Ungleichgewicht bei der Freizeit und somit ein Höchstmass an Unzufriedenheit. Da­rüber hinaus haben die Kommandanten aller Ebenen während des gesamten Einsatzes immer wieder zwei die Sicherheit betreffende Punkte im Besonderen im Auge zu behalten, nämlich die, auch nach über 30 Jahren noch immer latente Minengefahr und die Gefahr im orientalischen Straßenverkehr.

Kameraden aus fremden Armeen

Nachdem die Force sich derzeit aus Angehörigen von sechs Nationen zusammensetzt, besteht für jeden einzelnen Soldaten die Chance, abgesehen von den Mission-Ländern, noch weitere Nationen und Kulturen kennen zu lernen. Man misst sich im gewünschten fairen Wettstreit bei diversen Veranstaltungen, schließt Freundschaften und bekommt Einblick in die Arbeitsweise anderer Armeen. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Fremd­­­spra­chen­kennt­nisse durch die im Bereich AUSBATT durchgeführte Mischung bis zur Zugs­­ebene (bei STS - Special Task Ser­vice) auf allen Ebenen wesentlich verbessert werden können.

Faszination Auslandseinsatz

Auch ein Einsatz in einer Mission, welche schon seit 30 Jahren besteht und in vielen Bereichen aus Routinearbeit besteht, stellt noch immer große Ansprüche an alle Beteiligten . Gerade für jene, welche sich aus den verschiedensten Gründen nicht für einen Einsatz in einer Mission mit einem robusten Mandat (Chapter VII - "Peace En­force­­ment") entschließen können, bietet sich hier die Möglichkeit, Führungserfahrung zu sammeln und das in der Theorie Erlernte in die Praxis umzusetzen. Für viele bedeutet dies den Einstieg in die Faszination Auslandseinsatz und in weiterer Folge den Einstieg in andere Missionen. Trotz teilweise gravierender Unterschiede in den Anforderungen bei den einzelnen durch Österreich beschickten Einsätzen haben sie doch alle eines gemeinsam: Im Sinne eines "praktischen Leader­ship­trainings" unter Einsatzbe­dingungen erweitert es den Horizont sowohl in persönlicher wie auch militärischer Hinsicht, bietet die Möglichkeit Erfahrung zu sammeln sowie daran zu reifen!

Oberstleutnant Gerd Schrimpf

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle