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"School Initiative 2003"

Vertrauensbildung zwischen jugendlichen Angehörigen ehemaliger Konfliktparteien im Kosovo

Nicht erst seit heute verhindern Hass und Misstrauen zwischen Kosovo-Albanern und Kosovo-Serben einen gemeinsamen Neubeginn. Deshalb hat im Jahre 2003 der Kommandant der Multinationalen Brigade Südwest in seinem Befehlsbereich die "Schulinitiative 2003" ins Leben gerufen, um den Dialog zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppierungen anzukurbeln und Vertrauen zu schaffen.

In diesem Beitrag wird ein vom Verfasser im Kosovo initiiertes Projekt für die Vertrauensförderung bei Jugendlichen zur Schaffung von Voraussetzungen für einen friedlichen Kosovo beschrieben. Der Autor konnte dabei als Projektoffizier insbesondere auf seine Erfahrungen als Experte für Persönlichkeitsbildung während seiner Tätigkeit als Lehrtrainer für Führungsverhalten im Österreichischen Bundesheer zurückgreifen. (In den folgenden Ausführungen sind aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit Bezeichnungen wie "Schüler", "Lehrer" oder "Trainer" ausschließlich geschlechtsneutral zu verstehen; Anm.)

Am Anfang war die Idee

Der Autor beschäftigte sich mit der Frage: "Was könnten wir Soldaten unternehmen, um zusätzlich zu humanitärer und materieller Hilfe für das Kosovo auf das Verhalten der sehr passiv wirkenden Bevölkerung im Lande einzuwirken und sie so für ein aktives Miteinander beim Aufbau ihres multiethnischen Landes zu befähigen?" Bereits nach einem ersten Kontaktgespräch des Kommandanten der Multinationalen Brigade Südwest (MNB SW) mit Jugendlichen in einer Mittelschule äußerte er den Wunsch, dass die Angehörigen der KFOR ihre Bemühungen um die Jugend des Kosovo intensivieren sollen. Ihm erschien es vielversprechend für die Entwicklung des Kosovo, die an den Verbrechen der Vergangenheit unschuldige junge Generation für den gemeinsamen multiethnischen Aufbau des eigenen Landes zu schulen und dabei zu begleiten.

Ausgangssituation und Absicht

Die seit Kriegsende laufende materielle Hilfe der internationalen Gemeinschaft erleichtert die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation des Landes außerordentlich. Dennoch gibt es infrastrukturell weiterhin Probleme, welche nicht zuletzt in der florierenden Organisierten Kriminalität des Landes begründet sind.

Um die internationale Mission im Sinne der UN-Resolution 1244 zu erfüllen und ein friedliches Kosovo zu schaffen, muss auch in immaterielle Dinge investiert werden. Nur Einstellungs- und Verhaltensänderungen innerhalb der Bevölkerung ermöglichen auf lange Sicht eine friedliche multiethnische Zukunft des Landes, damit ehemalige Nachbarn trotz all der Gräueltaten der jüngsten Vergangenheit wieder in Frieden und mit gegenseitigem Verständnis Seite an Seite leben können. Bis zum heutigen Tag verhindern Hass und Misstrauen vor allem zwischen Kosovo-Albanern und Kosovo-Serben einen gemeinsamen Neubeginn.

Das Kosovo ist fast so groß wie Oberösterreich. Geschätzte 3 500 Personen gelten nach dem Konflikt nach wie vor als vermisst, und dies erschwert natürlich ein Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen. Immer noch wird der Angehörige der jeweils anderen Ethnie verdächtigt, Blut an den Händen zu haben, auch wenn er vielleicht vor dem Krieg als friedfertiger Nachbar erlebt wurde. Diese Last der nicht bewältigten Vergangenheit liegt schwer auf nahezu allen Familien.

Trotz dieser schwierigen Ausgangssituation für ein gemeinsames Bemühen um eine friedliche Zukunft war es höchst an der Zeit, zumindest in diese Richtung einmal aktiv zu werden. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, nach Nothilfe und dem Produzieren primärer Sicherheit, die vom Krieg gezeichnete Bevölkerung zu einem Neubeginn zu ermutigen und sie bei den ersten Schritten an der Hand zu nehmen oder einfach an ihrer Seite zu stehen.

In diesem Sinne hat der Kommandant der MNB SW in seinen Direktiven für die Brigade die "Schulinitiative 2003" angeordnet, um neben der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Lande den Dialog zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppierungen anzukurbeln und Vertrauen zu schaffen.

Beschreibung des Projektes

Der Auftrag umfasste die Planung und Durchführung der Schulinitiative unter Einbindung aller Task Forces (Einsatzverbände) der MNB SW in Verbindung mit einer seriösen Beurteilung der Ausgangssituation, der Absicht und der Realisierungsmöglichkeiten. Der Entschluss war, die Schulinitiative in Form von multiethnischen Schülerworkshops ("Pupils Workshops" - PWS) innerhalb der gesamten AOR (Area of Responsibility) der MNB SW umzusetzen. Alle Beteiligten, Interessierten und Neugierigen wurden mit Hilfe von Projektbeschreibungen vom Anbeginn des Projektes an informiert. Die Knappheit und Klarheit dieses Papiers trug zu einer allgemein sehr hohen Akzeptanz der Initiative bei. Dies ist für den Erfolg derart außergewöhnlicher Vorhaben von großer Bedeutung.

Der J9-Abteilung (verantwortlich für CIMIC/civil-military cooperation) der Brigade wurde die Verantwortung für die Grobplanung und Koordinierung der Schulinitiative sowie für die Durchführung des Train-the-Trainer-(TTT-)Seminars übertragen. Die unterstellten Verbände hatten die Detailplanung und Umsetzung der Pupils Workshops innerhalb ihrer Area of Responsibility selbstständig zu organisieren. Die Workshops sollten von den verantwortlichen Verbänden in der Dauer von jeweils drei Stunden - geplant und moderiert durch eigene Trainerteams (je ein Offizier und ein Unteroffizier) - in Schulen innerhalb der zugewiesenen Großgemeinde durchgeführt werden. Insgesamt waren zunächst etwa 11 000 Schüler im Alter von 14 bis 18 Jahren, aufgeteilt auf Gruppen zu etwa 30 Jugendlichen (mindestens zwei ethnische Gruppierungen!), im Zeitraum vom 24. März bis zum 1. Juni 2003 zu erfassen.

Der Lernprozess war in Einzel- und Gruppenarbeiten sowie durch Schülerpräsentationen anzuregen. Aus dem Bereich "Entwicklung des Kosovo - Herausforderungen in diesem Zusammenhang und Möglichkeiten der Mitwirkung der jungen Generation" sollten Themen vorgesehen werden, die bei den Schülern persönliche Betroffenheit erzeugen müssten. Die gewählten Methoden würden vorrangig dem affektiven (gefühlsbetonten) Lernen mit dem Zweck der Einwirkung auf Verhaltensweisen dienen. Kognitives (die Erkenntnis betreffendes) Lernen hätte nur Platz, um Basiswissen für Diskussionen zu vermitteln. Die angewandten Methoden müssten von Aktivierung, Offenheit, gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt sein, um schon im Pupils Workshop beispielgebend für die zu übenden Verhaltensweisen zu wirken.

Im anschließend noch näher zu erläuternden Trainerleitfaden kam schließlich zum Ausdruck, das Seminar wäre dann ein Erfolg, wenn die eingebundenen Schüler innerhalb des dreistündigen Pupils Workshops in multiethnischen Arbeitsgruppen aktiv zusammenarbeiteten. Weiters müssten dazu die (Betroffenheit auslösenden) Themen in einer für manche vermutlich neuen Atmosphäre diskutiert und präsentiert werden. Die Schüler sollten die positiven Auswirkungen gegenseitiger Akzeptanz und Toleranz sowie des persönlichen Engagements auf die erfolgreiche Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen erkennen und spüren!

Einleitende Maßnahmen zur Umsetzung des Projektes

Eine der ersten Sofortmaßnahmen galt der Auswahl jener Schulen innerhalb der AOR, in denen diese Pupils Workshops durchgeführt werden sollten. Während man in Österreich jederzeit auf rasch verfügbare Daten zurückgreifen könnte, welche die notwendigen Entscheidungsgrundlagen beinhalten würden, musste im Einsatzland erst einmal mühsam Material gesammelt werden. Das seit Anfang 2003 nicht mehr durch UNMIK (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) geführte Ministerium für Bildung und Erziehung war leider nicht in der Lage, konkrete Auskünfte über Schulen, wie Schülerzahlen oder die ethnische Zusammensetzung der einzelnen Klassen, zu erteilen. Diese Grundlagenarbeit musste vorerst auch von KFOR-Soldaten bewältigt werden.

Parallel dazu entstand der Brigadebefehl für die Schulinitiative. Dieser regelte alle Details der Einbindung, Koordination und materiellen Sicherstellung innerhalb der 11 000 Mann starken, von elf Nationen gestellten Brigade.

Neben den rein organisatorischen Tätigkeiten zur Sicherstellung der PWS verlangte dieser für militärische Begriffe unkonventionelle Ausbildungsgang auch eine ganz besondere Vorbereitung der Trainer. Ein TTT-Seminar wurde notwendig, da für diese Art von beziehungs- und prozessorientierter Ausbildung nicht auf geschulte Offiziere und Unteroffiziere nach dem Muster der Führungsverhaltenstrainer im Bundesheer zurückgegriffen werden konnte. Diese sehr praktisch angelegte Schulung ließ die Trainerteams am eigenen Leib spüren und erleben, was sie in weiterer Folge in ihren Workshops selbst initiieren und moderieren sollten und steigerte deren Selbstvertrauen angesichts dieser ungewöhnlichen Aufgabenstellung.

Train-the-Trainer-Seminar

Dieser Veranstaltung lagen zwei Ideen zugrunde: Die dreizehn Trainerteams wurden vom Projektleiter eindrücklich und persönlich über alle organisatorischen Details der Schulinitiative informiert. Im Vordergrund stand jedoch das praktische Üben der PWS mit den Trainern.

Hiezu wurden alle Trainer zuerst mit einem schriftlichen, sehr übersichtlich gestalteten Trainerleitfaden beteilt. Dieser Leitfaden stellte das Drehbuch für eine erfolgversprechende Organisation und Moderation ihrer eigenen PWS dar. Darüber hinaus war dieser Rote Faden dazu geeignet, zusätzliche Sicherheit für diese herausfordernde Tätigkeit in einem unbekannten Aktionsfeld zu geben. Am Prozess orientierte Beziehungsarbeit bedeutet nun einmal Neuland für Soldaten, die für stark zielgerichtetes Auftragsdenken ausgebildet sind!

Dem Leitfaden konnten folgende Hilfestellungen entnommen werden:

- Checkliste für die Trainervorbereitungen (Akzeptanzgewinnung etwa durch ein Gespräch mit dem Schuldirektor, Einladung der Lehrer als potenzielle Multiplikatoren sowie der mit Jugendfragen befassten Vertreter aus der öffentlichen Verwaltung, Berücksichtigung von notwendigen, aber zeitraubenden Übersetzungstätigkeiten, Vorbereitung der Schulungsräume und des Moderationsmaterials).

- Wie eröffne ich den Workshop? (Welcome, Einleitung, Warming Up, Gruppenbildung, Reaktion und Interventionen auf Killerphrasen); wie den Hauptteil? (Organisatorisches und Inhaltliches für die Einzelarbeit, die Gruppenarbeiten und die abschließenden Präsentationen unter Einsatz von aktivierenden Methoden, ohne die Schüler zur Zusammenarbeit zu zwingen).

- Wie schließe ich den Workshop ab? (Zusammenfassung, Kommentare der Gäste, Rückmeldung durch das Trainerteam, Dank an die Lehrer).

- Anhang (Hinweise auf die Zeitleiste für Sofort- und Begleitmaßnahmen durch abstellende Verbände sowie auf diverses Informationsmaterial).

Nach der Einführung in den Trainerleitfaden begann der praktische Teil des TTT-Seminars. Dafür stellten die 24 Trainer (Offiziere und Unteroffiziere) eine PWS-Schulklasse dar. Begonnen wurde mit dem Warming Up. Die dazu gezielt ausgewählte Übung ("Blumenwiese") war auf die Mehrsprachigkeit der Schulklassen abgestimmt und sollte in weiterer Folge auf spielerische Art für Aktivität, Wettkampf, Spaß, Vertrauensbildung und Durchmischung der multiethnischen Großgruppe sorgen. Da es nicht auszuschließen war, dass während der nach dem Zufallsprinzip vorgenommenen Formierung von Arbeitsteams mit verschiedenen ethnischen Gruppen Widerstände aufkämen, wurde an dieser Stelle auf das Problem der Killerphrasen als Äußerung von Widerstand eingegangen. Die Trainerteams erhielten für solche Fälle Reaktions- und Antwortmöglichkeiten angeboten. Alle erwähnten Optionen für entsprechendes Trainerverhalten verband die bedingungslose Akzeptanz der mit diesen Verhaltensweisen und Bemerkungen der Schüler zum Ausdruck gebrachten Widerstände. Diese sollten nicht beschwichtigt und keinesfalls bekämpft werden. Den Trainern wurde geraten, Zweifel und Bedenken ernst zu nehmen, zum Thema zu machen und einzeln oder in der Gruppe aufzuarbeiten. Andernfalls würden diese Aversionen immer wieder als Störfaktoren auftauchen und eine wirkungsvolle und angenehme Lern- und Arbeitsatmosphäre nachhaltig verhindern. Anstatt zu den Angriffen Stellung zu nehmen, sollte der Trainer die Schüler selbst damit konfrontieren, indem er Fragen an sie stellte. Es wird hier anhand von zwei Beispielen gezeigt, welche Möglichkeiten den Trainern dabei empfohlen wurden:

- "Ich sehe keinerlei Sinn in solchen Workshops!" - "Wenn ihr keinen Sinn in einer solchen Veranstaltung seht, was erwartet ihr von derartigen Workshops? Was müsste hier passieren, dass es für euch o. k. wäre?" - "Die anderen (ethnischen Gruppen) sind schuld an allem Leid und haben Blut an ihren Händen!" - "Ihr meint, die anderen seien schuld an allem und hätten Blut an ihren Händen! ... Wir können hier diese Anschuldigung nicht beweisen. Aber angenommen, ihr hättet Recht, was könnten wir hier und jetzt in diesem Workshop tun (oder müssten wir hier auf alle Fälle verhindern), um einen Neustart zu ermöglichen?" Auch die einfache Weigerung, sich einer Gruppe mit Vertretern anderer Ethnien anzuschließen, könnte als non-verbale Killerphrase bewertet werden. Mit solchen Einwänden von Seiten der Schüler war zwar nicht von vornherein zu rechnen, doch ausschließen durfte man sie eben auch nicht. Nach der Wappnung der Trainer für den "Worst Case" wurde die erste Aufgabe für die Schüler (Einzelaufgabe) behandelt. In fünf Minuten sollte jeder für sich die Frage beantworten, die in der Muttersprache der anwesenden Schüler auf der Pinwand vorbereitet war: "Du weißt, die Zukunft des Kosovo zu gestalten, ist eine große Herausforderung. Was müsste deiner Meinung nach am dringendsten für die Weiterentwicklung deines Landes getan werden? Schreibe deine Antwort auf die ausgegebene Moderationskarte." Mittlerweile wäre durch das Trainerteam die Aufgabenstellung für die erste Gruppenarbeit - wiederum visualisiert auf der Pinwand - vorzubereiten: "Welche sind nach Meinung eurer Gruppe die drei dringendsten Maßnahmen, die für die Weiterentwicklung eures Landes in Angriff zu nehmen wären? Diskutiert diese Frage in eurer Arbeitsgruppe innerhalb der nächsten fünfzehn Minuten." Die zweite Gruppenaufgabe lautete: "Was könnt ihr - die Mitglieder der Arbeitsgruppe - beitragen, um die drei dringendsten Maßnahmen zu unterstützen, für die ihr euch vorher entschieden habt? Diskutiert diese Frage und präsentiert eure Beiträge im Anschluss an der Pinwand. Zur Verdeutlichung zeichnet eure Gedanken mit Symbolen auf die Moderationskarten. Zeichnungen sind am ehesten für alle, auch Anderssprachige, verständlich. Zeit: 30 Minuten." Diese Auseinandersetzung mit der Frage des persönlichen Beitrages war ganz besonders bedeutsam - als eine Reaktion auf die mehrheitliche Teilnahmslosigkeit gegenüber dem Entwicklungsprozess in diesem Lande.

Für die fünfminütigen Präsentationen sollte der Trainer den Schülern sehr konsequent Kürze, Prägnanz und den Einsatz von grafischen Symbolen abverlangen, weil doch jede Äußerung mindestens zwei Mal zu übersetzen wäre: in die Sprache der zweiten ethnischen Gruppe und in die Sprache des Trainerteams. Aufkeimenden Diskussionen sollte an dieser Stelle aufgrund der Aussichtslosigkeit dreisprachiger Wortgefechte kein Platz zugestanden werden. Diskussionen nach den Präsentationen erschienen günstiger.

Für diesen Abschnitt der Darbietung der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen war die Anwesenheit der Vertreter der öffentlichen Verwaltung geplant, weil diese in relativ kurzer Zeit positive Eindrücke von "ihrer" Jugend gewinnen sollten. Die Zusammenfassung durch das Trainerteam nach der letzten Schülerpräsentation sollte die Kernaussagen der Schüler über ihre Beiträge zu einem besseren Kosovo verdeutlichen. Danach stand eine Einladung an die Gäste am Programm, kurz zu den Schülern zu sprechen und erlebtes Engagement, gezeigte Offenheit und bewiesenen Respekt untereinander zu kommentieren. Darüber hinaus hätte es einen ganz besonderen Wert, das große Vertrauen in die Fähigkeiten der Jugend zu artikulieren, bei der Gestaltung des Landes aktiv und erfolgreich mitzuwirken.

Der Workshop wäre dann durch das Trainerteam mit Rückmeldung an die Schüler und ein Dankeschön an die anwesenden Lehrer abzurunden. Der Trainerleitfaden schlug hiezu folgendes Statement an die Schüler vor: "Ihr habt während dieses Workshops gezeigt, dass ihr nicht nur willens, sondern vor allem auch sehr gut in der Lage dazu seid, die Zukunft eures schönen Landes mit zu gestalten! ..." Der Dank an die Lehrer sollte diesen vor allem Mut machen, an die Fähigkeiten ihrer Schüler zu glauben und sie - ähnlich wie in diesem Workshop - zu aktivieren: "Alles Gute für Sie als Lehrer, denen diese Schüler anvertraut sind! Viel Erfolg bei der Wahrnehmung dieser großen Verantwortung, und seien Sie sich dessen bewusst, dass Sie in weiterer Folge die Multiplikatoren in dieser Schulinitiative sein werden!" Wie immer wieder zu hören war, fühlten sich die Trainerteams sehr gut für diese Herausforderung vorbereitet. Das gab ihnen von Anfang an jenes oben angesprochene angenehme Sicherheitsgefühl mit überaus positiven Auswirkungen auf das Arbeitsklima in den Workshops. Bekanntlich geht es den Schülern normalerweise gut, wenn es auch dem Lehrer gut geht (pädagogische Grundweisheit!).

Erfahrungen aus den ersten Workshops mit Schülern

Die ersten Eindrücke in den Pupils Workshops waren erfreulich. Die Workshops waren von intensiver, freudiger und effektiver Mitarbeit der Schüler geprägt - angeleitet hiezu von sehr engagiert und professionell moderierenden Trainerteams und unterstützt von äußerst einfühlsamen Übersetzern.

Dass es den Offizieren und Unteroffizieren unterschiedlicher Nationen in der Rolle des nicht-direktiven Trainers fallweise schwer fiel, vorrangig die Schüler arbeiten und Problemlösungen vorbringen zu lassen, ist allzu natürlich. Es ist gerade bei ersten Trainereinsätzen schwierig, drei Stunden lang dem Druck Stand zu halten, die eigene Meinung äußern und Schülermeinungen immer wieder kommentieren zu wollen. So verlangten die Schüler in ihrem Respekt vor den Soldaten permanent nach Bestätigung. Eigene Produkte zu kreieren, ist schließlich auch mit größerer Mühe verbunden, aber für die Einleitung von Verhaltensänderungen wesentlich mehr wert als gute Tipps und Ratschläge, mit denen Erwachsene den Kindern und Jugendlichen ohnedies pausenlos in den Ohren liegen.

Im organisatorischen Bereich mussten von Beginn an in zwei Verwaltungsbezirken durch wenig kooperationsbereite Verantwortliche für Bildung und Erziehung Einschränkungen hingenommen werden. Ihnen war offensichtlich die nicht den realen Verhältnissen entsprechende, zahlenmäßig gleiche Vertretung der Minderheiten in den multiethnischen Workshops ein Dorn im Auge.

Erste Ergebnisse der Projektumsetzung

Eine erste begleitende Evaluierung der Qualität der PWS noch im April 2003 ergab folgendes Bild: Die meisten PWS fanden in "Höheren Schulen" (Secondary Schools) statt. Nahezu alle teilnehmenden Schüler waren sehr engagiert, aufgeschlossen und respektvoll gegenüber Trainern sowie Mitschülern. Sie zeigten sich überaus kooperativ und kreativ. In mehr als zwei Drittel der Fälle waren Schuldirektoren und/oder Lehrer anwesend, so dass eine Weiterführung dieser Art von Workshops erwartet werden konnte. Die Einbindung der verantwortlichen Vertreter der Verwaltungsbezirke in Jugendangelegenheiten war anfangs nicht umsetzbar und musste vom Nachfolger des Projektleiters weiter betrieben werden. Etwa 70 Prozent der nötigen Trainerinterventionen waren durch den Leitfaden und das TTT-Seminar vorbereitet worden, die übrigen erforderten Spontanreaktionen in eher unvorhergesehenen Trainingssituationen. Angemessene Infrastruktur und Störungsfreiheit waren überwiegend gegeben. Die Übersetzer waren in allen Fällen hilfreich.

Schlussbemerkungen

Die "Schulinitiative 2003" der Multinationalen Brigade SW in Form der multiethnischen Schüler-Workshops könnte - optimistisch betrachtet - in ein bis zwei Generationen positive Auswirkungen zeigen. Voraussetzung ist allerdings ein fortgesetztes Engagement der Akteure dieser breit angelegten vertrauensbildenden Maßnahme, auch wenn keine raschen und sofort messbaren Zwischenergebnisse eingefahren werden können.

Der Soldat einer multinationalen Brigade ist zwar nicht von vornherein prädestiniert für diese Arbeit, aber in diesem speziellen Fall zum Handeln gezwungen. Seine Flexibilität in Verbindung mit dem Willen, Land und Leute im Einsatzland dort zu unterstützen, wo sie es am dringendsten brauchen, geben ihm vielleicht den Mut und die Kraft, auch in diesem ungewohnten Terrain wirkungsvoll zu operieren.

Eine inhaltliche Weiterentwicklung des Workshops und die laufende Überarbeitung des Leitfadens für Trainer, basierend auf Fallbeispielen aus den Pupils Workshops sollten bereits parallel zur Durchführung erfolgen. Dasselbe gilt für die begleitende Supervision (Aufsicht) der im Schnellverfahren eingeschulten Trainerteams. Andernfalls bestünde die Gefahr des Totlaufens dieser mit Sicherheit wirkungsvollen Schulinitiative. Der organisierte Einsatz von österreichischen Trainern für Führungsverhalten bei der Durchführung, Weiterentwicklung und Trainerbegleitung/Supervision würde die Wirksamkeit derartiger PWS vervielfachen. Dies bedürfte zumindest zusätzlicher Maßnahmen in der Zusammensetzung der österreichischen KFOR-Kontingente.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberstleutnant Andreas Schnetzer, Jahrgang 1959. Ausmusterung zum Infanterieoffizier 1981; bis 1993 bei der Truppe in Verwendungen als Zugskommandant, Ausbildungsoffizier, Kompaniekommandant und Mob-Offizier. 1993 Versetzung an die Heeresunteroffiziersakademie (damals HUOS), Einteilung als Kommandant der 2. Lehrkompanie und Leiter der Lehrabteilung 1 (UOLG); seit 1997 Leiter der Lehrabteilung 3, Akademischer Wehrpädagoge, Lehrtrainer Führungsverhalten und Schulungsleiter Ausbildungsmethodik. Auslandseinsatz bei AUCON 7/KFOR vom Herbst 2002 bis zum Frühjahr 2003 als Verbindungsoffizier in einer multinationalen Brigade. Ab Dezember 2004 Verwendung als Stabsoffizier in der J9-Abteilung des Eurocorps in Strassburg/Frankreich.

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