Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

30 Jahre UNDOF

Einsatzgedanken zum Jubiläum

Manche meinen, der Einsatz der Österreicher am Golan in Syrien sei eine vergessene Mission. Einer ist gar überzeugt, "dass die UN-Mission seit mindestens 25 Jahren tot sei". Andere sagen, die Mission sei notwendig, doch stagniere sie, weil politische Erfolge ausbleiben. Und ein Unteroffizier, der erstmals am Golan Dienst versieht, zeigt sich deprimiert über die Realität: "Ich dachte, wir kommen hierher, um zu kontrollieren. Dabei sind wir die Kontrollierten!"

Veränderungen und Stillstand

Die United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) ist heuer 30 Jahre alt. "Es hat sich vieles verbessert", sagen die "Alt-Golanis", jene, die immer wieder in den Einsatz gehen. Sie meinen in erster Linie ihr Gastland: "Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass heute fast jeder syrische Haushalt Satellitenfernsehen hat." Wenn "Alt-Golanis" hinauf ins Einsatzgebiet der ersten Kompanie fahren, zur Spitze des Mount Hermon, wo die Österreicher auf 2 814 Metern Seehöhe die weltweit höchstgelegene UN-Position besetzen, dann stellen sie fest, dass die Terrassenkulturen der Obstgärten im Arnetal wieder einige Meter höher gezogen sind. Der Mount Hermon liegt in direkter Nachbarschaft zur nächsten Mission UNIFIL (United Nations Interim Forces In Libanon) im angrenzenden Libanon. Das in diesem Raum so kostbare Wasser wird nun auch auf syrischer Seite immer sorgfältiger aufgefangen und für die Landwirtschaft verwendet. Die in den 70er Jahren von den Österreichern in die steinige Öde von Camp Faouar gepflanzten Palmen, Öl-, Eukalyptus- und Kiefernbäumchen rauschen inzwischen mächtig im Wind. Die Bewohner der Dörfer rundum haben es nachgemacht und zu Füßen des Mount Hermon eine Grünzone geschaffen.

Das Umfeld von UNDOF verändert sich sichtbar. Die politische Situation hingegen blieb in den vergangenen 30 Jahren gleich. Zu beiden Seiten der von der Mission überwachten AOS (Area of Separation) - der entmilitarisierten Zone auf syrischem Boden - hat sich nichts verändert. Syrien und Israel sind sich in der Frage der israelisch besetzten Golan-Höhen in all der Zeit um keinen Millimeter näher gekommen. Fast scheint es, als könnten beide Parteien mit diesem Status auch ganz gut leben. Damit leben heißt: Aufrechterhalten der Feindbilder und leben mit der Waffenstillstandslinie - der ruhigsten Grenzlinie Israels übrigens!

Ein Erfolg von UNDOF?

Immerhin hat es in den letzten 30 Jahren entlang der 75 Kilometer langen AOS keine kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten mehr gegeben. Das ist nicht selbstverständlich in dieser unruhigen Region des Nahen Ostens. Wenn die Österreicher beim Morgensport durchs Nachbardorf in fröhliche unbekümmerte Kindergesichter schauen, erkennen sie mitunter den Wert der eigenen Anwesenheit: Nicht spektakulär, aber nachhaltig wirksam. "Wenn sie sich nicht sehen, schießen sie nicht aufeinander", soll der erste österreichische Bataillonskommandant bei der Festlegung der Pufferzone über die beiden Kontrahenten gesagt haben. Seit 1974 wird das UNDOF-Mandat nach sechs Monaten von den UN jeweils um ein weiteres halbes Jahr verlängert.

Nicht nur Gutes

Es hat sich aber auch einiges verschlechtert, sagen die "Alt-Golanis" und meinen damit in erster Linie den eigenen Einsatz. Sie erzählen von den anfänglichen Pioniertagen, als vieles auf kurzem Weg unbürokratisch erledigt wurde. Erlebtes verklärt die Distanz mehrerer Jahre. Allerdings erstickt heute die unübersichtliche UN-Bürokratie tatsächlich einiges an Engagement und Arbeit. Selbst unbedeutende Ankäufe müssen ausführlichst begründet werden, Beschaffungsanträge mit siebenfachem und siebenfarbigem Durchschlag eingereicht werden. Mit Budgetangelegenheiten sind bis zu vier verschiedene Abteilungen im Hauptquartier beschäftigt. Beantragte Güter kommen oftmals erst, wenn der Anfordernde nach Einsatzende bereits wieder in der Heimat ist. Die Österreicher behelfen sich dabei "auf kurzem Dienstweg" im eigenen Bereich mit vertrautem Improvisieren.

Deutlich verschlechtert hat sich die Situation beim Crossing (Überqueren der Grenzen) zwischen den beiden formal noch immer im Kriegszustand befindlichen Staaten. Die Formalitäten an den Checkpoints auf der einzigen Straßenverbindung zwischen Syrien und Israel haben sich vermehrt. Nur UN-Personal darf sie benützen. Früher war das Crossing eine Sache weniger Minuten, heute muss man mindestens eine halbe Stunde dafür einplanen.

Wer kontrolliert wen?

Die eingangs zitierte Skepsis des Unteroffiziers gegenüber den strengen Kontrollen bestätigt sich auf unwirtlichen Metern kahlen Bodens gebirgiger Hochebene. Da ist einmal der syrische Checkpoint zu passieren: Aussteigen und Ausweisüberprüfung durch den syrischen Liaison-Offizier. Nächste Station ist der Checkpoint der UN-Militärpolizei. Sie übt eine Art Vorkontrolle aus, um etwaigen Beschwerden durch einen der beiden Staaten zuvorzukommen, sollte Verbotenes im Auto gefunden werden. Zweite Ausweiskontrolle - Belehrung - Blick ins Auto.

Dritter Halt beim zum Grenzübergang ausgebauten Checkpoint der Israelis. Das Auto muss zu einer Mechanikergrube gefahren werden. Alle Türen und die Motorhaube sind zu öffnen. Ein israelischer Soldat untersucht das Auto von unten und innen, selbst die Plombe des Reservereifens wird überprüft. Weder offene Wasserflaschen noch Lebensmittel, nicht einmal eine einzelne Banane, dürfen eingeführt werden. Wieder eine Ausweiskontrolle. Das Gepäck muss durch den Röntgenapparat.

Bei der Fahrt in die Gegenrichtung beschränkt sich die Kontrolle der Israelis auf die Ausweise, hingegen ist man auf syrischer Seite wieder genauer: Nichts mit hebräischen Schriftzeichen darf eingeführt werden. Kein Heiligenbildchen aus Jerusalem, kein T-Shirt mit Wäschemarke in "Hebro". Selbst wenn man im PX-Shop des Nachbarcamps auf der anderen Seite der Waffenstillstandslinie eine Flasche des berühmten Golan-Weins kauft, muss das Etikett mühsam mit dem Messer abgeschabt werden. Dies alles war früher einfacher - und nichts deutet darauf hin, dass es in Zukunft wieder besser wird.

Beschwerlich aber ehrlich

Vieles war in den Anfangsjahren beschwerlicher, etwa wenn man im LKW Steyr 680 über staubige, holprige Straßen auf Recreation (Erholung im Einsatz) gefahren ist. Heute tut man das im klimatisierten UN-Reisebus auf breiten asphaltierten Highways.

Wenn österreichische Journalisten auf Besuch kommen, ist häufig jener bekannte Tageszeitungsredakteur dabei, der 1975 selbst am Golan gedient hat. Jedes Mal erzählt er die Geschichte vom Campesel Ali, der in die hinter der Küchenbaracke zum Salatwaschen aufgestellte Wanne gefallen war, nachdem ihm die Soldaten Alkohol zu trinken gegeben hatten.

Heute hat der Speisesaal im Camp eine Nirosta-blitzende Großküche, wo die österreichischen Köche täglich drei Menüs anbieten, vom Straußensteak bis zur Sachertorte. Die Lebensmittel kommen großteils aus Europa. War es anfangs eine willkommene Abwechslung, wenn die Kameraden Speck und Salami vom Urlaub in der Heimat mitbrachten, erscheint das heute als keine Sensation mehr.

Auch Esel gibt es kaum mehr zu beobachten. Deren tragende Rolle war bis vor wenigen Jahren allerdings ein zentraler Inhalt der Beobachtungen im Einsatzraum: Schmugglerkarawanen von täglich bis zu 200 Eseln, voll beladen mit Stahl, Ölfässern, Zigaretten und Baustoffen, quälten sich übers Gebirge vom Libanon nach Syrien und zurück. Die erste Kompanie beobachtete, notierte und meldete. Heute wird kaum noch geschmuggelt.

Freizeit und Recreation

Die größten Veränderungen des Einsatzbildes hat es in den 30 Jahren wohl im Bereich des Mount Hermon gegeben: Wenn abends über dem Libanon die Sonne ins Mittelmeer zu gleiten scheint, haben die Soldaten des Stützpunktes "Hermon Hotel" oft gar keinen Blick mehr für das gelbrote Schauspiel am Horizont. Eifrig wird im Internet gesurft, werden auf elektronischem Weg Bücher, Kameras und Videospiele an den Einsatzort bestellt.

Waren anfangs Bücher, Kartenspiel und Vorführungen mittels Schmalfilmprojektor die einzige Abwechslung im Alltag der UNDOF-Mission nach Dienst, haben dies heute die Satellitenprogramme von Radio und Fernsehen sowie das Internet nahezu gänzlich ersetzt. Telefongespräche in die Heimat sind billig und müssen nicht mehr umständlich vermittelt werden. Zeitungen lassen sich elektronisch durchblättern, man wartet nicht mehr auf die mehrere Tage alten Neuigkeiten aus der Heimat, bis sie endlich mit dem Flugzeug Syrien erreichen. Auf dem Luftweg ist Damaskus inzwischen täglich mit der Heimat verbunden, oft kommen Angehörige von Soldaten für kurze Zeit auf Besuch.

Man legt sich nach Dienst an den Pool oder fährt nach Damaskus, streift dort durch den Souk, setzt sich ins Straßencafé und bestaunt die sich betont westlich gebenden Mädchen. Golanerfahrene Soldaten geben Adressen an ihre Kameraden weiter, wo man in der Hauptstadt die günstigsten Wasserpfeifen erstehen oder sich den besten Maßanzug anfertigen lassen kann. So hat sich im Lauf der Zeit ein ökonomischer Mikrokosmos für UN-Personal entwickelt, der aufwändige Eigenrecherchen unnötig macht.

Regelmäßig werden aus Österreich Künstler zu Welfare-Auftritten zur Golan-Mission geflogen. Auch hier zeigt sich, dass mit den neuen individuellen Freizeitangeboten große Konkurrenz erwachsen ist. Die Auswahl ist vielfältiger geworden. Neue Generationen sind herangewachsen, auch in den beiden Gastgeberländern, vertraut mit der Präsenz der weißen Autos und vertraut mit den Uniformierten und den blauen Baretten.

Im zehn Fahrminuten vom Camp entfernten Ort Khan Arnabe haben sich im Lauf der Jahre Geschäftsleute aus Damaskus angesiedelt, die den Soldaten anbieten, was sie brauchen: Frisiersalons, Läden für Sportbekleidung, aber auch Geschäfte, die alles auf Wunsch anfertigen - von den militärischen Namensschildern über Visitenkarten bis zu individuell bedruckten T-Shirts. Auch Juweliere sind in das Dorf gezogen.

Gut bezahlter Urlaub?

Die Winter auf dem Mount Hermon sind nach wie vor hart, mit Temperaturen von bis zu Minus 25 Grad, Stürmen mit bis zu 200 Stundenkilometern und Sichtweiten von unter einem Meter. Dann muss der Patrouillenweg per GPS geortet werden. Mehrtägig eingeschneit zu sein, ist für die Mannschaften in den kalten Monaten keine Seltenheit. Schneeschmelzanlagen erleichtern die Wassergewinnung gegenüber früher, als von den mit Kerosin erwärmten Behältern stets ein dicker Ölfilm abgeschöpft werden musste, bevor das Wasser verwendet werden konnte. Man wohnt nicht mehr in engen Vier-Mann-Zimmern, außerdem hat man jederzeit Gelegenheit zum Duschen. Früher hingegen durfte man nur zwei mal pro Woche den Brausehahn betätigen.

Das andere Extrem sind weit über 30 Grad Plus, ohne einen einzigen Regentag im Sommer. Die Belastungen "am Berg", im Bereich der ersten Kompanie, sind am härtesten. Da sind sich alle einig. Dort benötigt es schon ein besonderes Naturell, wenn es gilt, lange und auf engem Raum miteinander auszukommen; besonders wenn das Wetter es so will. "Einmal Berg und nie wieder" oder "einmal Berg, immer Berg", heißt es.

Dienst bleibt Dienst

Am wenigsten hat sich vermutlich der Dienst geändert, leitet er sich doch aus dem seit 30 Jahren unveränderten Mandat des Genfer Übereinkommens zwischen den Konfliktparteien ab. Danach hat UNDOF den Waffenstillstand und die Waffenstillstandslinie zu überwachen. Jahr für Jahr, Tag für Tag, betreiben die Besatzungen der Stützpunkte Checkpoints, beobachten das Gelände und führen Patrouillen durch - zu Fuß oder im Auto, im Winter am Berg auch mit Schiern. 400 Kilometer zu Fuß und doppelt so viele motorisiert - das ist die Monatsstatistik der UNDOF.

Häufigstes Problem sind weiterhin die Schafhirten, die mit ihren Herden dem von den Israelis hinter der Waffenstillstandslinie errichteten technischen Zaun nicht näher als 100 Meter kommen dürfen. Fast täglich übertritt irgendwo jemand dieses Verbot. Dann muss eine Patrouille losgeschickt werden, um den Hirten zurückzurufen. Reagiert er nicht, wird ein syrischer Liaison-Offizier alarmiert, der es in der eigenen Sprache versucht. Erschwert werden diese Aktionen dadurch, dass es den UN-Soldaten zur eigenen Sicherheit nicht erlaubt ist, befestigte Wege oder gekennzeichnete Pfade zu verlassen, weil die Minengefahr nach dem Krieg von 1973 immer noch besteht. Die Räumung würde viele Jahre dauern, abgesehen davon, dass das nicht Aufgabe der UNDOF ist.

Routine

In den 30 Jahren ist der Auftrag zur Routine geworden, Angst vor Bedrohung, vor einer Änderung des politischen Schwebezustands ist nicht spürbar. Man hat sich eingerichtet, ein kleines Österreich geschaffen, mit reichem Vereinsleben und den hauseigenen Medien: Dem vierteljährlich erscheinenden "AUSBATT-Splitter", dem ebenso oft von der Force herausgegebenen "Golan-Journal" und dem campeigenen Sender "Radio Gecko", der jeden Abend Programm für die Bewohner der militärischen Siedlung unterhalb des Mount Hermon macht.

Das AUSBATT, und damit auch die slowakischen Soldaten, die seit 1998 eine Kompanie im österreichischen Bataillon stellen, ist das einzige Kontingent, das nicht auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie Truppenteile stationiert hat. Anders als Kanada, Polen oder Japan. Dadurch sind die österreichischen Soldaten stark vom arabischen Syrien geprägt.

So leben die knapp mehr als 1 000 UNDOF-Mitarbeiter nicht eingesponnen im Kokon, sondern unterhalten vielfältige Kontakte zur Außenwelt. Ob das nun der Geschäftsmann vor den Toren von Camp Faouar ist, der seit nunmehr 29 Jahren von den Österreichern selbst komplizierteste Bestellungen aufnimmt und täglich knapp vor sechs Uhr Früh mit dem 25 Jahre alten VW-Bus aus Damaskus zu seiner kleinen Verkaufshütte angerumpelt kommt. Oder ob es die humanitären Aktionen sind, die das Rote Kreuz organisiert und UNDOF am Gate abwickelt. Mehrmals im Jahr dürfen Drusen - eine alte islamische Sekte, deren Siedlungsraum seit bald zwei Generationen von der Waffenstillstandslinie zerschnitten wird - zum Studium, zwecks Heirat oder zur medizinischen Behandlung die sonst hermetisch abgeriegelten Seiten wechseln. Eine umständliche Prozedur, aber ein Hauch von Menschlichkeit an der kalten Grenze.

Medizinische Versorgung

Es ist auch die medizinische Erstversorgung, die UNDOF der Bevölkerung näher bringt. Für die Orte der Umgebung steht das vom AUSBATT betriebene Medical Center für Notfälle zur Verfügung. Verbrennungen, Knochenbrüche und andere Verletzungen - jedem wird geholfen. Es vergeht kaum eine Woche, dass nicht eine Familie mit einem am Arm oder Oberkörper verbrühtem Kind am Camptor steht und nach einem Arzt verlangt - und die österreichischen Soldaten helfen.

Offizielle Besuche

Regelmäßig erhält UNDOF auch offiziell angemeldete Besuche. Oft mehrmals in der Woche werden Interessierte von außen über den Einsatz der Golan-Truppe informiert, werden Generäle, Politiker, Diplomaten, Attachés oder Journalisten durch die Zone geführt. Die von den Israelis 1974 zerstörte Stadt Quneitra wird besucht, man wirft einen Blick auf das Gate, die Nahtstelle zwischen den beiden verfeindeten Staaten, und lässt sich in die Berge chauffieren. An manchem Freitag, dem arabischen Feiertag, kommen die drusischen Familien von hüben und drüben an der Waffenstillstandslinie zusammen, um sich über den technischen Zaun der Israelis hinweg mit dem Megaphon die neuesten Nachrichten aus dem jeweiligen Dorf zuzurufen. Dieses Family Shouting wird weiter existieren, solange es die Trennung der eng untereinander verbundenen Drusen infolge der israelischen Okkupation geben wird.

30 Jahre UN-Einsatz

Hochbetrieb herrschte auf den Golan-Höhen zu Pfingsten dieses Jahres, als offiziell des 30-jährigen Einsatzes gedacht wurde. Jane Holl Lute, Assistentin für friedenserhaltende Missionen beim UN-Generalsekretär, war der höchstrangige Gast seitens der Vereinten Nationen. Viele Gäste von auswärts kamen und zeigten ihre Wertschätzung für die Truppe in Syriens Südostecke. Bei der offiziellen Gedenkfeier wurde von der ersten Kompanie ein mehr als mannshohes Monument (siehe Foto) errichtet. Es gehört zu den Spezialitäten des österreichischen Kontingentes, aus Kriegsrelikten, die sich rund um die Stützpunkte und entlang der Patrouillenwege finden, so genannte Splitterkreuze oder andere Gegenstände zu schweißen.

Die 30-Jahrfeier zeigte ein überzeugendes Bild der internationalen Gemeinschaft: Sportbewerbe wurden ausgetragen, jedes Kontingent stellte seine speziellen Fertigkeiten zur Schau und die Küchen von Österreich, Polen, Kanada, Japan und der Slowakei tischten heimische Spezialitäten auf.

Der Pfingstgottesdienst bei UNDOF war, eingebunden in das Jubiläum, symbolhaft wie kaum anderswo auf der Welt anlässlich dieses Kirchenfestes. Die Seelsorger aus Österreich und Kanada feierten mit Soldaten der fünf Truppen stellenden Nationen einen ökumenischen Gottesdienst - in mehreren Sprachen und doch in der Einigkeit einer großen Familie. Eine Fotoausstellung im Hauptquartier zeigte von der Heeresbild- und Filmstelle ausgesuchte Schwarzweißfotos aus den ersten Einsatztagen von UNDOF am Golan im Jahr 1974. Filmvorführungen erinnerten ebenfalls an die Tage der "Golan-Pioniere".

Modernisierung

Die Veränderungen der Infrastruktur haben auch eine Veränderung der Mission erzwungen. In einem drei Jahre andauernden Modernisierungsprogramm soll den neuen Bedingungen Rechnung getragen werden. Lebten zu Beginn des Einsatzes an die 5 000 Menschen in der Zone, sind es heute zehnmal so viele. Dies bedeutet, dass auf der syrischen Seite verstärkt Straßenbau betrieben wird, der Hausbau voranschreitet, ja ganze Dörfer aus dem Boden gestampft werden.

Ein Stützpunkt, der anfangs ideal am Ortsrand lag, befindet sich heute in der Dorfmitte, Checkpoints sind obsolet geworden, wenn ein Stück weiter der Verkehr über eine völlig neue Straße rollt. Dies führte zum Entschluss, UNDOF künftig mobiler und flexibler einzusetzen. Statt bisher 30 Stützpunkte wird es künftig nur mehr 17 geben. Das bedeutet aber nicht, dass die Force schrumpft, das Personal wird vielmehr auf die verbliebenen Stützpunkte konzentriert. In Zukunft werden mehr Patrouillen mit Fahrzeugen abgewickelt.

Gleichzeitig sind Unterkünfte, Büros und Lager zu erneuern und den geänderten Gegebenheiten anzupassen. Viele Neuankömmlinge möchten die Mission neu erfinden, ihr persönliches Umfeld grundsätzlich anders gestalten als die Vorgänger. Dann bricht so etwas wie kindlicher Spieltrieb hervor, es wird um- und aufgegraben, gemeißelt, umgestellt, gezimmert und verputzt. Gegen Ende der eigenen Rotation setzt ein anderes bemerkenswertes Phänomen ein. Man möchte sich in der Mission verewigen, etwas schaffen, das mit dem eigenen Namen verbunden ist, seien es ein initiiertes Gebäude oder neue Strukturen.

Einer der Kernpunkte des UNDOF-Modernisierungsprogramms ist die Integration. Um unnötige parallele Abläufe zu vermeiden, ist eine Zusammenführung von ziviler und militärischer Seite vorgesehen. Knapp 42 Millionen US-Dollar kostet UNDOF jährlich, eine vergleichsweise billige UN-Mission.

Wer sind die Golanis?

Viele Neuerungen werden von außen in die UNDOF getragen. Derzeit noch gering an Zahl erobern Soldatinnen den Auslandseinsatz. Bei den Kanadiern Normalität, bei Slowaken und Japanern noch unbekannt, ist Polen damit ähnlich weit wie Österreich: Seit kurzem sind Soldatinnen bei jeder Rotation mit dabei. Und innerhalb kürzester Zeit ist ihre anfangs ungewohnte Anwesenheit zur Normalität des Soldatenalltags geworden.

50 000 Friedenssicherer waren in den letzten drei Dezennien am Golan. Nach wie vor sind es aber dieselben Charaktere wie vor 30 Jahren, die es ins Ausland zieht: Die Abenteurer, die beruflich Kalkulierenden, die "Bausparer", die sich im Einsatz nur wenig gönnen, und die Lebenskünstler. Sie alle bilden AUSBATT, bilden UNDOF. Nach wie vor üben sie ihre Jobs verlässlich aus und pflegen Kameradschaft, jene schwer zu definierende, aber besonders in einer Mission täglich spürbare Form der zwischenmenschlichen Beziehung, auf der sich der Erfolg einer Truppe aufbaut.

Wie lange noch?

Die Österreicher stellen sich auf eine Reihe weiterer Jahre ein. Sollte es tatsächlich in absehbarer Zeit zu einem Friedensschluss zwischen Israel und Syrien kommen, wird eine internationale Friedenstruppe noch wichtiger sein als bisher. Und selbst die Übergangsperiode wird lange dauern.

All jene, die am Golan Dienst getan haben, konnten unschätzbare Erfahrungen aus einem an Kultur, Geschichte, aber auch tragischen Verwicklungen reichen Teil der Welt mit nach Hause nehmen. Man kehrt als ein anderer zurück, erfahrener geworden, weltoffener und toleranter - heim aus dem Intensivkurs einer Lebensschule, die jedem Soldaten empfohlen werden kann. Letztlich profitiert aber auch das Heimatland vom Erfahrungsschatz seiner Auslandsgeher: Im Kampf gegen Ausländerhass, Vorurteile und Spießbürgertum.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Major der Miliz Dr. Stefan May, Jahrgang 1961. 1979 bis 1988 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Seit 1985 abwechselnd als freier oder angestellter Journalist tätig. Zuletzt ORF-Korrespondent für Radio und Fernsehen sowie freier Journalist in Berlin. In seiner Mob-Funktion ist er Feldzeugoffizier beim Militärkommando Wien. Seit Dezember 2003 ist er Presseoffizier der UN-Mission UNDOF am Golan und ist dort unter anderem für die vierteljährlich englischsprachig erscheinende Zeitschrift "Golan-Journal" verantwortlich.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle