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Das Festungsmuseum Heldsberg in der Schweiz

Bekanntlich wird der Schweiz nachgesagt, sie habe keine Armee, sondern sie sei eine. Und sie habe keine Festungen, sondern sie sei eine einzige Festung. Das mag zwar etwas übertrieben sein, hat aber einen wahren Kern. Noch heute betreibt die Schweizer Armee unzählige moderne Bunker und andere ähnliche Anlagen. Über 50 "entklassifizierte" (freigegebene) Festungen werden derzeit von privaten Vereinen als Museen betrieben und sind der Öffentlichkeit zugänglich. Eine davon ist das Artilleriewerk Heldsberg bei St. Margrethen, eine klassische Anlage aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Mit vier Geschützen, sieben Maschinengewehren, 1 000 Meter Stollen und 200 Mann Besatzung im Hauptwerk sowie 400 Mann in den Außenbunkern war sie für die damalige Zeit eine der größten eidgenössischen Grenzfestungen.

Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich und dem Anschluss Österreichs im Frühjahr 1938 fühlte sich die Schweiz auch aus dem Osten bedroht. Daher wurde noch im selben Jahr die Festung Heldsberg geplant und von 1939 bis 1941 errichtet. Sie sollte einerseits die Rheinübergänge bis Montlingen (ca. 15 km südwestlich von Dornbirn) schützen und andererseits Landungsunternehmen vom Bodensee her verhindern. Als einziges Artilleriewerk in diesem Bereich ausgelegt, war es mit seinen vier 7,5-cm-Geschützen allerdings schon für die damalige Zeit sehr schwach bestückt. Immerhin konnte eine der Kanonen bis in den Bregenzer Bodensee-Hafen wirken.

Doch schon bald nach der Fertigstellung verlor die Festung einen Teil ihrer ursprünglichen Bedeutung. Die neue Verteidigungsdoktrin sah nämlich vor, dass sich die Bevölkerung und die Armee im Falle eines Angriffes in den Schweizer Alpenraum, das "Reduit", zurückzögen. An der Grenze sollte nicht verteidigt, sondern nur mehr hinhaltender Widerstand geleistet werden. Bekanntermaßen trat dieser Fall aus strategischen und auch aus finanzpolitischen Gründen nicht ein: Die Deutsche Wehrmacht, die über den Heldsberg trotz strenger Geheimhaltung bestens informiert war, griff nicht an.

Nach 1945 änderte sich die schweizerische Verteidigungsdoktrin neuerlich. Nun hieß es wieder: Verteidigung an der Grenze. Die Festung Heldsberg spielte in dieser Planung allerdings keine große Rolle mehr, wurde auch nicht wesentlich modernisiert und zeigt daher heute noch das Bild eines Schweizer Weltkriegs-Werkes. Militärisch nutzte man sie dennoch bis 1989. Danach kaufte die Gemeinde St. Margrethen die "aus der Geheimhaltung" entlassene Festung und übergab sie 1993 dem "Verein Festungsmuseum Heldsberg" zur Erhaltung und zum Betrieb eines Museums. Man feiert in St. Margrethen heuer also das 20-jährige Jubiläum einer zivilen und erfolgreichen Nutzung.

Die Führung durch das Werk beginnt in der Festungskantine, auf Schwyzerdütsch "Festungsbeiz" genannt. Diese ist übrigens der einzige Raum, der für den Museumsbetrieb verändert wurde. Von dort führt die Tour zuerst zu den Mannschaftsunterkünften: Stockbetten mit grauen Armeedecken und rot-weiß-karierten "Heidi-Polstern". Dort sieht man auch die Mannesausrüstung eines eidgenössischen Soldaten während des Zweiten Weltkrieges. Weiter geht es durch die Führungsbunker für die Geschütze, die Unterkünfte für Offiziere, Unteroffiziere und den Festungskommandanten sowie durch das Krankenrevier und den Operations-(OP-)Raum. Überall wurde versucht, die kahlen Räumlichkeiten durch uniformierte Schaufensterpuppen und allerlei Ausrüstungsgegenstände aufzulockern. Ein Raum ist dem Fernmeldegerät der Schweizer Armee bis in die jüngste Vergangenheit gewidmet.

Nach der Besichtigung der so genannten Kaserne führt der Weg durch die Stollen zu den Kampfständen, die entweder mit Maschinengewehren oder 7,5-cm-Kanonen bestückt waren. Während die Kanonen noch weitgehend dem Original vor 70 Jahren entsprechen, wurden die Maschinengewehre in den 50er-Jahren gegen neuere Modelle (MG 51) ausgetauscht. Begangen werden können im Prinzip alle Teile der Anlage. Da sich die Kampfstände aber über mehrere Ebenen verteilen, und man eine steile und lange Treppe überwinden muss, um in die tiefer gelegenen Sektionen zu gelangen, wird mit regulären Führungen nur ein Teil besichtigt. Was aber dem Bild, das man gewinnt, keinen Abbruch tut - gleicht doch ein Kampfstand dem anderen. Interessant ist es, einen der Kampfstände von außen zu betrachten, wurde er doch nach dem Zweiten Weltkrieg - ebenso wie der Festungseingang - als schmuckes Häuschen getarnt. Der Weg durch die Stollen führt an den Munitionsbunkern vorbei, die heute dazu genützt werden, Waffen, Uniformen und Geschütze der Schweizer Armee der letzten 200 Jahre auszustellen.

Schließlich wird noch das Herz der Festung Heldsberg besichtigt: der Maschinenraum mit seinen riesigen Dieselmotoren zur Gewinnung von Strom und Wärme zur Beheizung der Anlage sowie den großen Filtern, um die Festung vor Giftgas sicher zu machen.

Um die Führung mitzumachen, sollte man halbwegs fit sein, da doch immer wieder Leitern und Stufen zu überwinden sind. Insgesamt ist die Festung Heldsberg absolut sehenswert. Sie ist nicht nur baulich und technisch beeindruckend. Der Museumsverein hat mit viel Engagement und Liebe zum Detail ein "militärhistorisches Kleinod" geschaffen. Selbst dunkle Seiten der Schweizer Geschichte während des Zweiten Weltkrieges werden zumindest am Rande angesprochen wie der Umgang mit jüdischen Flüchtlingen, oder die gar nicht so kleine nationalsozialistische Bewegung innerhalb der Schweiz.

Adresse:

Obere Heldsbergstraße 5, CH-9430 St. Margrethen (Markierte Parkplätze beim Restaurant Schäfli, Zufahrt bis zur Festung ist nicht möglich).

Öffnungszeiten:

Anfang April bis Ende Oktober jeden Samstag von 13 bis 18 Uhr, Führungen sind auch außerhalb dieser Zeiten möglich.

Eintritt:

Erwachsene: 11 Franken, mit Audioguide 15 Franken; Schüler (6 bis 16 Jahre: 6 bzw. 10 Fran­ken; Führungen für Erwachsene 12,50 Franken/Person, Schüler 7,50, Mindestteilnehmerzahl 12 Erwachsene oder Mindestverrechnung von 150 Franken.

Homepage: www.festung.ch


Mag. Uwe Schwinghammer

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