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Wehrdienst: Alles bleibt besser!

Die politischen Parteien atmen auf, denn das Thema "Allgemeine Wehrpflicht" ist wieder aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit, aber vor allem der Medien, verschwunden. Die entscheidende Frage ist jedoch: Wie geht es weiter mit dem Heer oder genauer mit dem Wehrdienst? Überall war und ist Unbehagen zu spüren, denn vieles - so die allgemeine Auffassung - läuft nicht rund und zur Zufriedenstellung, vor allem der per Gesetz verpflichteten Staatsbürger. Was tun in dieser für alle Beteiligten unangenehmen Situation?

Nach dem Grundsatz "Not macht erfinderisch" glaubt die Politik, den Schlüssel zur Lösung der Probleme gefunden zu haben. Das Zauberwort heißt "Attraktivität des Wehrdienstes". Kaum geschaffen, scheint dieser Begriff überall nur Freunde gefunden zu haben. Bei den Betroffenen (Wer will es nicht besser und schöner haben?), bei den Politikern (bitte möglichst ohne neue und weitere Kosten) und bei den Medien (klingt gut und lässt sich im harten Informationsgeschäft gut verkaufen). So gesehen wäre allen geholfen, und es wären keine weiteren Veränderungen notwendig.

Dem ist allerdings nicht so. Der neue Verteidigungsminister hat rasch herausgefunden, was besonders wichtig ist. Zu wissen, wie die Stimmung bei der Truppe ist, wo den Soldaten der Schuh drückt. Also gab er eine Meinungsumfrage unter den Wehrdienstleistenden in Auftrag - und siehe da, das Ergebnis ist ernüchternd und war im Prinzip voraussehbar. Womit sollen also die Monate als Soldat attraktiver gestaltet werden? Was wünschen sich daher unsere Vaterlandsverteidiger? Im unausweichlichen Ranking steht an erster Stelle mehr Sold für die Soldaten. Danach kommen bessere Kasernen und Unterkünfte, viel mehr Training mit Waffen, mehr Schießübungen, ein sinnvoller Dienst geschlossener Einheiten im Gelände, besseres Material und mehr Ressourcen. Also eine Menge Dinge, die dabei nicht unlogisch sind. (Wo gibt es denn noch so etwas, dass Rekrut A beim Abrüsten Rekrut B seine getragenen Schuhe weitergibt?) Die Wunschliste der jungen Männer und Frauen in Uniform ist noch länger. Was sollten also die Konsequenzen aus diesen Befragungen sein? Wie will man jetzt den Wehrdienst (Erste Änderungen bzw. Maßnahmen will man noch im Herbst - wahrscheinlich vor den Wahlen - umsetzen.) "attraktiver" machen?

Voran ein kleines Beispiel: Fährt man ein älteres Auto und muss mit Schrecken erste Rostflecken am geliebten Mobil feststellen, weiters bemerken, dass die Bremsen nicht mehr gut greifen und die Polsterung mangelhaft geworden ist, verliert man leicht seine Freude, und die "Attraktivität" des einstmals strahlenden Modells lässt nach. Der Ausweg: Man benötigt viel Geld für die Reparatur, oder man kauft einen Neuwagen. Egal wie, Geld muss auf den Tisch. Will man den Wehrdienst hierzulande "attraktiver" machen, muss man in den militärischen Apparat investieren. Es gibt noch viele andere Probleme im täglich Dienstbetrieb: Wie soll der Wehrdienst für die Soldaten attraktiver gestaltet werden, wenn z. B. in einer Kompanie mehr als ein Viertel ärztliche Befreiungen besitzt und eine geschlossene Übung der Einheit nicht möglich ist, weil der Soldat dies oder das nicht mitmachen darf. Ein Beispiel und kein Einzelfall: Rekrut Christoph D. ist befreit vom Laufen, Springen, Sport, Heben und Tragen über 15 kg, Stehen in der Einteilung, Marsch und hat weitere zwei Einschränkungen. Erste Frage: Was macht der junge Mann eigentlich beim Militär? Er wird notgedrungen Systemerhalter - diese will man doch abbauen? Von solchen "medizinischen Einschränkungen" sind in der Einheit A (ist bekannt) sage und schreibe 31 Mann (!) betroffen. Wie soll man da einen einheitlichen Dienstplan erstellen, attraktiv noch dazu?

Weitere Fakten, die nahezu unglaublich erscheinen: Junge Soldaten, die heutzutage zur Vaterlandsverteidigung aufgerufen werden, üben kaum oder nur sehr eingeschränkt den Nahkampf (kein Körperkontakt erlaubt), es gibt kein Handgranaten-Werfen, und Belehrungssprengen finden nicht statt (außer bei Pionieren). Unzählige Erlässe legen eine sinnvolle und geregelte Ausbildung lahm. Der Dienstbetrieb wird mit Schwergewicht zu einer Verwaltungsangelegenheit umfunktioniert, Einsätze gegenüber gewalttätigen Demonstranten werden nur in der Theorie geübt, Fußball darf nur eingeschränkt auf dem Dienstplan stehen (keine Wettkämpfe!). So sieht gegenwärtig die Attraktivität des Wehrdienstes aus.

Noch ein Beispiel gefällig? Eine Wiener Kaserne liegt in der Parkpickerl-Zone, hunderte Wehrdiener dürfen das große Areal nicht für die Abstellung ihres Fahrzeuges benützen. Dennoch haben 25 Mitglieder eines Tennisklubs eigene Parkplätze in der Kaserne. Von wegen Attraktivität! Ohne mehr Geld wird’s kaum gehen, den jungen Menschen einen attraktiveren Dienst zu gestalten. Jeder Schuss, jede Übung, jeder höhere Sold, jede bessere Unterkunft etc. kosten Geld, das offensichtlich nicht da ist - wirklich? Es bleibt nur die Absicht: Alles bleibt besser!

Professor Walter Seledec

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