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Psychologie: Wir greifen über rechts an - oder doch über links?

Entscheidungen treffen wir jeden Tag, und zwar unzählige. Das beginnt möglicherweise bei der Wahl des Frühstücks und des Weges in die Arbeit, geht über viele Entscheidungen im Berufsalltag und endet etwa bei der Wahl des Fernsehprogramms am Abend oder der Auswahl der Bettlektüre. Viele Entscheidungen trifft man nahezu unbewusst. Oder wie oft überlegen Sie selbst, ob Sie als Fußgänger bei einer roten Ampel stehen bleiben oder nicht? Solche Entscheidungen treten nur in den Vordergrund und werden uns damit bewusst, wenn zusätzlich relevante Informationen auf uns einwirken.

Entscheidungen sind immer dann zu treffen, wenn Personen zumindest zwei Alternativen zur Verfügung stehen. Entscheidungen fallen uns auch nicht immer gleich leicht - die Schwierigkeit liegt beispielsweise in der Anzahl der zur Verfügung stehenden Alternativen, von den Konsequenzen und vom eigenen Wissen und der Motivation ab. Für welches Mittagsmenü Sie sich heute entscheiden, wird Ihnen eher leicht fallen, zumal die Alternativen begrenzt sind und die Entscheidung keine Konsequenzen nach sich zieht.

Ein Bataillonskommandant, der den Auftrag hat, ein bestimmtes Angriffsziel zu nehmen, muss aus einer Vielzahl von Alternativen wählen. Vor allem wird seine Entscheidung maßgeblich zur Zielerreichung beitragen. Die Konsequenzen sind ebenfalls gravierend, geht es doch letztendlich um Menschenleben. Solche Entscheidungen fallen uns naturgemäß schwerer. Ebenso wird es uns gehen, wenn unsere Entscheidungen massive Auswirkungen auf unsere finanziellen Ressourcen haben, wie beim Kauf einer neuen Küche, eines Autos oder einer Wohnung.

Bei allen Entscheidungen sind wir bisher davon ausgegangen, dass wir sämtliche Handlungsalternativen kennen und dann die für uns vorteilhafteste Variante auswählen. Dieser theoretische Ansatz ist zwar wichtig, leider trifft diese Voraussetzung in den wenigsten Fällen zu. Meist werden durch uns Entscheidungen getroffen, ohne dass wir alle Möglichkeiten, also sämtliche Handlungsalternativen, kennen. Und noch ein Faktor drängt sich in diesem Zusammenhang auf - die Zeit. Selbstverständlich wird man bei genügend großer Zeitreserve möglichst alle Handlungsvarianten eruieren. Gerade im Einsatz oder bei Übungen werden allerdings Entscheidungen unter großem Zeitdruck und auch unter Ungewissheit von uns verlangt. Bei erfahrenen Einsatzkräften wird daher der Entscheidungsprozess oft erheblich verkürzt. Üblicherweise wird aufgrund des Zeitfaktors nur eine Alternative detailliert beurteilt und dann ausgewählt. Dass diese Art der Entscheidungsfindung auch ihre Fallen haben kann, liegt auf der Hand.

Glücklicherweise haben wir Gegenstrategien entwickelt. Heuristiken, dass sind Abkürzungen im Denkprozess, ermöglichen es uns, auch unter Zeitdruck und dem Nicht-vorhanden-Sein aller Handlungsalternativen Entscheidungen zu treffen. Manchmal spielen uns diese Heuristiken allerdings Streiche. Dazu ein Beispiel, bei dem es um den so genannten Ankereffekt geht: Beantworten Sie für Sich zwei Fragen: Beträgt der Einsatzradius des Kampfpanzers "Leopard" 2 ohne Zusatzbetankung mehr oder weniger als 43 000 km? Und wie groß ist der Einsatzradius des Kampfpanzers ohne Zusatzbetankung? Klarerweise haben sie bemerkt, dass der angegebene Einsatzradius viel zu hoch angegeben ist, und haben Ihre Schätzung vermutlich weit unter dieser Zahl angesetzt. Hätte ich Ihnen allerdings nur 98 km statt der 43 000 km angeboten, wäre ihr Schätzwert sehr wahrscheinlich auch niedriger gewesen. Meine, wenn auch völlig unrealistische Zahl hat ihr Antwortverhalten maßgeblich beeinflusst.

Wir haben aber noch eine wichtige Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen - nämlich aus dem Bauch! Immerhin sind dort unsere Eingeweide von rund 100 Millionen Nervenzellen umgeben - das sind mehr als unser Rückenmark besitzt. Denken Sie doch einmal an eine besonders schwere Prüfungssituation­ und fühlen dann in Ihren Bauch hinein. Nach vielen solchen Prüfungen wird das unangenehme Gefühl geringer werden. Sie haben, oder besser Ihr Bauch hat dazugelernt! Ihr Bauchgefühl ist also trainierbar und kann Ihnen, wenn es über einen großen Erfahrungsschatz verfügt, bei Entscheidungen eine Hilfe sein.

Entscheidungen unter Zeitdruck und Ungewissheit sind oft fehlerbehaftet. Das muss uns allen klar sein. Die Entscheidungsqualität kann aber erhöht werden, indem wir uns entweder mehr Zeit nehmen (wenn überhaupt möglich) oder aber die Entscheidung nicht alleine treffen, sondern beispielsweise innerhalb der Stabsarbeit.

Major dhmfD Ing. Mag. Stefan Rakowsky

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