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Manöver "SCHUTZ 04" (Kommentar)

Das Übungsvorhaben "SCHUTZ 04" wurde als das "Richtige Manöver zur Richtigen Zeit" bezeichnet. Dies entspricht auch meiner persönlichen Auffassung. Ging es doch gesamtheitlich gesehen auch darum, Inlandsaufgaben des Österreichischen Bundesheeres wie sie unser Wehrgesetz vorsieht und sich in den Empfehlungen der Bundesheerreformkommission wiederfinden, zu üben, um sie im Anlassfall zu bewältigen. Insbesondere standen die Aufgaben des Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes und des militärischen Verfahrens "Raumschutz" im Vordergrund der Übungstätigkeit.

Das Manöver, die Reformkommission und die aktuelle internationale Bedrohung

Das Manöver selbst war Höhepunkt einer fast zweijährigen Thematisierung dieser Aufgaben, die im vollen Spektrum der Methoden taktischer Ausbildung dargestellt wurden. Entsprechend gut war die Eindringtiefe verschiedener Ebenen in diese vor allem rechtlich komplizierte Materie. Durch die teilweise Zeitgleichheit mit der Reformkommission einerseits und auch durch die internationale Entwicklung andererseits entstand eine reizvolle Aktualität. Verschiedene Erscheinungsformen des "asymmetrischen Krieges" erreichten das sich zum Teil zu sicher fühlende Europa und lösten auch in Österreich erhebliche Betroffenheit aus. Jüngste Ereignisse - wie z. B. die gewaltsame Besetzung einer Schule verbunden mit entsprechenden politischen Forderungen - sollen zwar nicht in eine Altagshysterie führen, aber die Frage ob ein Staat seine inländischen Sicherheitsbemühungen erhöhen soll und Potential bereitstellen soll, dürfte beantwortet sein. Die Überlegung ob die Mitwirkung des Bundesheeres zur Bewältigung von Sicherheitserfordernissen, die sich aus den Formen von asymmetrischen Kriegen ergeben, strukturbegründend seien, wirkt angesichts jüngster Entwicklungen blass. Die Leistung derartiger Assistenzen erfordert wahrscheinlich - besonders in den Formen des Objektschutzes - neben der entsprechenden materiellen Ausstattung eine hohe Mannschaftsstärke, ein Umstand, der zu berücksichtigen ist. Viele jüngere Beispiele aus der internationalen Welt demonstrieren dies. Hierbei ist nicht nur der anspruchsvolle und gefährliche Dienst von Spezialeinheiten zu sehen, sondern die Gesamtaufgabe, die umfangreiche Sicherungen, Überwachungen und Sperrungen notwendig macht. Es ist naheliegend, dass man hier auch an Truppen denkt, die aus einer Milizkomponente, aus einer "National Guard" oder einer Reservekomponente kommen.

Zusammenwirken mit der Exekutive in sicherheitspolizeilichen Aufgaben

Das Zusammenwirken mit der Exekutive in der Vorbereitung und der Durchführung des Manövers "SCHUTZ 04" war sehr interessant und fruchtbringend. Beginnend bei den Absprachen auf ministerieller Ebene und den folgenden strategischen Weisungen wurden die Führungsstellen des Bundesministeriums für Inneres (Führungsstab, Einsatzstab) und die Gefechtsstände eingerichtet und betrieben. Sodann wurde die inzwischen aufmarschierte Truppe mit den entsprechenden Teilen der Exekutive zusammengeführt, um Assistenz zu leisten. Im gesamten Übungsraum wurden über 200 verschiedene Szenarien dargestellt und gemeinsam geübt. Dazu haben die Angehörigen der Exekutive wertvolle Ausbildungsarbeit in der Bewältigung sicherheitspolizeilicher Aufgaben für uns Soldaten geleistet. Überdies konnten sehr viele Erfahrungen unserer Kadersoldaten aus den Auslandseinsätzen eingebracht werden, wie z. B. bei "Temporary Checkpoints", bei "Crowd- and Riotcontrol" oder "Escorting". Auf dem Gebiet des Objektschutzes mussten wir gleichsam wieder auf den Geschmack kommen, konnte man doch irgendwie feststellen, dass dieses Thema mental dem Konzept Raumverteidigung zugeordnet wurde und somit nicht aktuell erschien. In der Durchführung des Objektschutzes hat sich dann das vorhandene umfangreiche Basismaterial sehr bewährt. Manche Vorurteile und emotionale Sichtweisen (z. B. Eisenbahnen kann man nicht überwachen etc.) sind inzwischen durch praktische Beispiele zwischen Sevilla und Moskau längst wiederlegt.

Raumschutz

Wurde in der ersten Woche des Manövers "SCHUTZ 04" primär der sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsatz geübt, so stand in der zweiten Woche das militärische Verfahren "Raumschutz" auf dem Prüfstand. Erstmals wurde dieses Verfahren in dieser Größenordnung praktisch zur Anwendung gebracht und man konnte dadurch auf geringe Erfahrung zurückgreifen. Entsprechend wenig fundiert und oberflächlich werden auch immer wieder diesbezügliche Debatten geführt, einige Diskutanten meinen sogar - unter Verzicht auf Erfahrung - man könnte das Verfahren "Raumschutz" schlicht und einfach streichen. Die Nachbereitung des Manövers "SCHUTZ 04" zeigt, dass die isolierte und alleinige Anwendung des Verfahrens "Raumschutz" nicht nur wenig wahrscheinlich erscheint, sondern auch zu wenig zweckmäßig. Wahrscheinlich und günstig erscheinen in verschiedenen Räumen Kombinationen mit dem Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz. Es wäre auch in dieser Frage ratsam das vorhandene Instrument "Raumschutz" besser auszuloten und bereit zu halten. Eine Mehrzahl an Instrumenten war schon oftmals nützlich und hat dem Bundesheer Vorteile gebracht. Man denke an verschiedene Möglichkeiten der Assistenzleistung, die legistisch gesehen aus der Monarchie stammen und in Streitkräften anderer Staaten gar nicht möglich sind.

Mängel und Schwächen

Das Manöver "SCHUTZ 04" hat wieder verschiedene Rüstungs- und Ausstattungsschwächen des Bundesheers aufgezeigt. Besonders hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf Schwächen am Fernmeldesektor, in der Kfz-Ausstattung (einschließlich leicht gepanzerter Fahrzeuge), in der Nachtsichtausrüstung und auf Mängel in der persönlichen Schutzausrüstung. Gut bewährt haben sich die mechanisierten Truppen, vereinen sie doch in ihren Kampffahrzeugen die Faktoren Beweglichkeit, Schutz, Verbindung und Feuerkraft. Sowohl bei "Temporary Chekpoints", die mit Kampffahrzeugen gebildet wurden, wirkten sie sehr respekteinflössend als auch bei Übungsepisoden, die im scharfen Schuss dargestellt wurden. Auch die vorhandene Nachtsichttechnik konnte erfolgreich zur Anwendung gebracht werden.

Bewährung

Für das junge Kommando der Landstreitkräfte war das Manöver "SCHUTZ 04" die erste große Volltruppenübung und damit auch Gelegenheit zur Bewährung. Hierzu wurde ein Teil des Kommandos in den Übungsraum verlegt. Das Bilden der verschiedenen Stabszellen, das Herstellen der Betriebsbereitschaft verschiedener Computernetze und das rasche Herstellen der Verbindungen stellten eine erste Herausforderung dar. Angesichts der Praxis wirken auch hier Fragen der Verlegbarkeit des Kommandos der Landstreitkräfte eher theoretisch, die Notwendigkeit der praktizierten Teilverlegbarkeit liegt auf der Hand. Die Steuerung, Überwachung und Auswertung des Manövers waren sehr interessant und erfolgreich. Für sehr viele Stabsmitglieder sind die gewonnenen Erfahrungen unersetzbar wertvoll.

Die Luftstreitkräfte

Eine sehr wichtige Stabszelle war die AOCC (Air Operations Coordination Cell). Mit dieser Zentrale war die Abstimmung mit den Luftstreitkräften gegeben und die praktische Führung möglich. Mit großem Engagement und hoher Fachkompetenz haben somit die Luftstreitkräfte das Manöver "SCHUTZ 04" mitgetragen. Das Bereithalten und der Einsatz von Luftfahrzeugen aller Art ist in derartigen Szenarien sehr erfolgsträchtig und in vielen Lagen (z. B. internationale Konferenzen, Großveranstaltungen) zwingend.

Internationales Interesse und Berichterstattung

Im Gefolge von EU-Beschlüssen (z. B. Solidarleistung), von EU-Planungsgrundlagen (z. B. Europes Book on Defence) und von aktuellen Ereignissen war das hohe internationale Interesse vorhersehbar und für das Manöver "SCHUTZ 04" sehr erfreulich. Die Fragen aus dem Kreis der internationalen Besucher waren sehr intensiv und zum Teil auch schon recht detailliert. Öfters wurde auch Interesse an Zusammenarbeit bekundet und unsere soliden Rechtsgrundlagen bewundert.

Nicht zuletzt aufgrund der Aktualität der Übungsthemen war das mediale Echo auf das Manöver "SCHUTZ 04" sehr stark. Die Berichterstattung, sowohl in den Printmedien, als auch in den elektronischen Medien war nicht nur sehr umfangreich, sondern auch sehr gut recherchiert und konstruktiv. Die Manöverteilnehmer trafen zudem auf reges Interesse der Bevölkerung, eine sehr angenehme Tatsache und ein großer Beitrag zum wehrpolitischen Erfolg des Bundesheeres.

Ableitungen für die Ausbildung

Nach den Auswertungen und den Abschlussberichten - das Manöver "SCHUTZ 04" wurde intensiv kontrolliert - gilt es nun die Ableitungen für die Ausbildung zu treffen und umzusetzen. In die Zukunft des Bundesheeres blickend erscheint neben manchen Unwägbarkeiten eines klar: Die Möglichkeiten zum Üben in möglichst vielen Methoden und Facetten in Verbindung mit genug iederholungen bleibt auch in Zukunft Basis von erfolgreichen Einsätzen jeder Art.

Generalleutnant Edmund Entacher, Kommandant Landstreitkräfte

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