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Die Österreichische Jan Mayen-Expedition 1882/83

Der Staat Norwegen wird heuer 100 Jahre alt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts existierten kaum historische Gemeinsamkeiten zwischen Norwegen und Österreich, bestanden doch zwischen den beiden Ländern weder machtpolitische noch dynastische Verbindungen - das verhinderte schon der geografische Abstand. Dennoch gab es Berührungspunkte. Einer davon war die Beobachtungsstation auf Jan Mayen. Sie wurde errichtet, als Österreich-Ungarn noch zu den Seemächten zählte und das aufstrebende Norwegen noch ein Teil Schwedens war. Dieser indirekte Kontakt war rein wissenschaftlicher Natur. Den Anlass dazu lieferte das Erste Internationale Polarjahr 1882.

Die Insel Jan Mayen

Jan Mayen ist eine 377 km2 große arktische Vulkaninsel. Sie liegt zwischen Island und Spitzbergen auf 71° nördlicher Breite östlich von Grönland und westlich von Nordnorwegen. Die Insel hat eine Länge von 54 Kilometern und eine Breite zwischen drei und 15 Kilometern. Die höchste Erhebung ist der Beerenberg, mit 2 277 Metern Höhe der höchste Berg Norwegens außerhalb des Festlandes. Der Beerenberg ist ein Vulkan, der zuvor 1818 und letztmals 1970 ausbrach. Wahrscheinlich bereits von den Wikingern gesichtet und später wieder in Vergessenheit geraten, wurde die Insel 1607 von Henry Hudson (wieder)entdeckt. Ihren Namen hat sie (seit 1614) nach dem niederländischen Seefahrer Jan May. In einer aus einer Amsterdamer Kartenwerkstatt stammenden holländischen Seekarte aus dem Jahr 1610, die sich im Museum in Bergen befindet, ist die Insel jedenfalls bereits eingezeichnet.

1611 wurde die Insel zur Basis der holländischen Walfänger. Der Walfang war dort relativ einfach, da die Wale in die Bucht hineinschwammen. Die Fangschiffe gingen an den flachen Stränden vor Anker, die Fangboote wurden zur See gelassen, die Meeresriesen in der Bucht harpuniert und an Land gezogen. Hier wurden sie geflenst (mit Schneidewerkzeugen abgespeckt) und die Speckstücke zu Tran gekocht. Weil dafür nur Kupferkessel zum Sieden und Fässer für den Transport des Trans nach Holland erforderlich waren, entstanden entlang der Küste mehrere Walkochereien. Bald aber kam Holland mit den Engländern in Konflikt, die ähnliche Absichten hatten. Die Eigentumsrechte auf die Insel wechselten daraufhin immer zu jenen, die ihre Walfangschiffe durch die jeweils stärkere Kriegsflotte sichern konnten. Schließlich beteiligten sich auch die Dänen und Basken an diesem Konkurrenzkampf.

Im Winter 1633/34 versuchten sieben holländische Walfänger erstmals, auf Jan Mayen zu überwintern, starben aber nach acht Monaten an der Mangelerkrankung Skorbut. Sie hinterließen ein ergreifendes Tagebuch, das hinsichtlich der österreichischen Vorbereitungen der Expedition für deren Überwinterung/Überleben wegweisend sein sollte und eingehend studiert wurde.

1614 hielten sich auf Jan Mayen noch ca. 1 000 Menschen auf, danach ging der Walfang zu Ende. Ab 1840 kamen Norweger zur Seehundjagd. Gejagt wurden auch Weiß- und Blaufüchse. Bei einer Abschussrate bis 1926 von ca. 260 Füchsen pro Jahr, befanden sich allerdings bald mehr Jäger als Füchse auf der Insel.

Zwischen 1873 und 1882 besuchte zwar eine norwegische Nordmeerexpedition die Insel, die erste größere wissenschaftliche Expedition war aber jene Österreich-Ungarns 1882/83.

Seit 1921 befinden sich eine meteorologische und eine Rundfunkstation auf Jan Mayen. 1929 wurde die Insel von Norwegen annektiert und 1931 Teil des Königreiches. 1941 errichteten elf Soldaten der auf Seiten der Alliierten kämpfenden "Norwegian Brigade" eine Funk- und Wetterstation, die u. a. arktischen Geleitzügen das Weter melden sollte. 1970 entstand eine Satelliten-Konsolstation. Außer den Meteorologen und gelegentlichen Besuchen von Wal- und Robbenfängern ist die Insel, deren Gewässer reich an Fischen und Robben sind, unbewohnt und ein Naturparadies der Arktis. Allerdings ist auch ein NATO-Stützpunkt vorhanden, der u. a. der Radionavigation dient (Long Range Navigation - LORAN-C).

Internationale Polarkonferenzen

Linienschiffsleutnant Karl Weyprecht hatte - in einer Zeit, in der sich die Presse in Wien über Österreich-Ungarns "Kolonisationspläne bei den Eisbären" mokierte (während andere Großmächte in Afrika und Asien profitabel expandierten) - bei seiner Expedition von 1872 bis 1874 das Kaiser-Franz-Joseph-Land entdeckt und damit weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Er schlug eine internationale Erforschung der Arktis vor, deren wissenschaftliche Erkenntnisse Vorrang vor geografischen Entdeckungen haben sollten. Das führte im Oktober 1879 zur ersten Internationalen Polarkonferenz in Hamburg, die alle Seefahrernationen umfasste, darunter auch Österreich-Ungarn und Norwegen, das damals ein Teil Schwedens war. Eine zweite Polarkonferenz im August 1880 in Bern brachte schon konkretere Beschlüsse, und bei der dritten Polarkonferenz im August 1881 in St. Petersburg wurden bereits die zu errichtenden Beobachtungs- und Forschungsstationen der Teilnehmer festgelegt. In der Arktis und der Antarktis sollten 1882/83 insgesamt 49 Forschungsstationen errichtet werden, die von ca. 700 Menschen betrieben werden sollten.

Norwegen sollte z. B. in Bossekop, Alta, auf Staatskosten eine meteorologische Station unter Assistent A. Steen einrichten und Österreich-Ungarn sollte auf Jan Mayen Untersuchungen unter der Leitung von Linienschiffsleutnant Emil Edler von Wohlgemuth durchführen. Die Kosten trug als Sponsor Hans Graf von Wilczek. Die wissenschaftlichen Forschungen sollten Meteorologie, Beobachtung des Erdmagnetismus, Polarlicht- und Spektralbeobachtungen, Botanik, Zoologie und Mineralogie umfassen.

Ursprünglich war der Initiator dieser Bewegung auch als Leiter des österreichischen Forschungsteams vorgesehen. Aber Linienschiffsleutnant Karl Weyprecht konnte diesen Triumph nicht mehr erleben, er starb an den Folgen seiner polaren Strapazen bereits am 29. März 1881 im Alter von 41 Jahren.

Gediegene Vorbereitung

Unter der Führung von Linienschiffsleutnant Emil von Wohlgemuth nahmen 14 Offiziere und Mannschaften aus der Monarchie, die zum Großteil an der Adria ansässig waren, freiwillig an der Expedition teil, darunter auch ein Arzt.

Im k.u.k. Seearsenal in Pola wurde eine komplette Wohnanlage in Spitzbogenkonstruktion - wie sie acht Jahrzehnte später der Architekt des Aga Khan, Ernst May, im arabischen Raum für Siedlungen verwenden sollte - aus Holz gefertigt. Die Teile wurden markiert, zerlegt und verpackt.

Der Proviant wurde für zwei Jahre bemessen. Gegen Skorbut hatte man 200 Liter Limonensaft, Fruchtkonserven und 200 Dosen Moltebeeren (eine orange, brombeerenähnliche, skandinavische Beerenart) gefasst.

Bei der Polarbekleidung berücksichtigte man die Erfahrungen der Österreichisch-Ungarischen Polarexpedition von 1872 bis 1874. So bestand z. B. die Pelzkleidung aus Rentierfell, weil dieses auch bei großer Kälte geschmeidig blieb.

Zahlreiche Schusswaffen standen für Jagd und Selbstschutz zur Verfügung, davon drei aus Uchatius-Bronze für jene Offiziere, die an magnetischen Instrumenten den Dienst versehen sollten.

Die Messinstrumente stammten zum Teil vom Hydrographischen Amt der k.u.k. Kriegsmarine.

Eines der drei mitgeführten Boote war aus Tromsø, es hatte schon an Weyprechts Nordpolexpedition teilgenommen. Die anderen beiden wurden speziell in Bergen gebaut: ein Walboot und ein Fischerboot für vier Ruderer. Die neu gebauten Boote, die je 100 kg wogen, aber sechs- bis achtmal soviel tragen konnten, erwiesen sich bald als unverzichtbar.

Emil Edler von Wohlgemuth

2. Mai 1843: Geburt in Lemberg als Sohn eines k.k. Obersten; 3. Mai 1859: Aufnahme als Provisorischer Marinekadett in Fiume (Rijeka); 1859 bis 1866: Dienst auf den Schiffen "Bellona", "Elisabeth" und "Fantasie"; 1866: Zweiter Offizier auf S.M.S. "Möwe", Teilnahme an einem Artillerieoffizierskurs; 1870: Beförderung zum Linienschiffsleutnant Zweiter Klasse; 1873: Beförderung zum Linienschiffsleutnant Erster Klasse; 1871 bis 1873: Teilnahme an der Ersten Ostasienreise der Korvette "Fasana"; 1876 bis 1881: Dienst auf den Schiffen "Adria", "Custozza", "Greif" und "Andreas Hofer"; 16. Oktober 1881: Beurlaubung und Betrauung mit der Leitung der Beobachtungsstation auf Jan Mayen; 1884: Beförderung zum Korvettenkapitän; 1886: Beförderung zum Fregattenkapitän; 1885 bis 1887: Flügeladjutant bei Kronprinz Rudolph; 1887 bis 1889: Teilnahme an der Zweiten Ostasienreise der "Fasana" (21 400 Seemeilen); 1891: Beförderung zum Linienschiffskapitän; 1894: Übertritt in den Ruhestand; 28. Jänner 1896: Tod in Wien (Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof).

Die Fahrt der "Pola"

Die Einschiffung in Pola endete am 2. April 1882 und S.M.S. "Pola" stach unter der Schiffsleitung von Korvettenkapitän Müller in See. Durch die Meerenge von Gibraltar ging es nach Gravesend, das man am 29. April - nach einem Zwischenstopp bei Lissabon aufgrund stürmischer See - erreichte. Hier schiffte sich auch Linienschiffsleutnant von Wohlgemuth, der Expeditionsleiter, ein. Die Weiterfahrt erfolgte am 7. Mai und am 11. Mai gelangte S.M.S. "Pola" nach Bergen, wo Proviant und Kohle ergänzt wurden. In Bergen stiegen Graf Wilczek und andere Expeditionsmitglieder zu, und am 25. Mai nahm das Schiff Kurs auf Jan Mayen.

Treib- und Packeis auf 69°10’ N erzwangen allerdings das Anlaufen von Tromsø, wo Graf Wilczek wieder von Bord ging. Am 22. Juni erfolgte eine weitere Ausfahrt, aber eine dichte Eisbarriere verhinderte jede Annäherung an Jan Mayen. Erst am 13. Juli konnte S.M.S. "Pola" in der Marie-Muss-Bucht Anker werfen.

S.M.S. "Pola"

S.M.S. "Pola" war ursprünglich ein dreimastiger Quersegelschoner, der als Versorgungsschiff eingesetzt wurde. Ihr Stapellauf erfolgte 1870 in Pola (dort befand sich das k.u.k. Seearsenal). 1881 zur Bark umgetakelt, war das Schiff 53,36 m lang, an der breitesten Stelle 9 m breit und hatte einen Tiefgang von 3,8 bis 4,6 m. Die Besatzung bestand aus 70 Mann, das Gesamtgewicht (beladen) betrug 1 240 Tonnen, die Rahsegelfläche 968 m2. Die Dampfmaschinen konnten ca. 1 000 PS liefern und sorgten damit für maximal 10,4 Knoten Fahrt.

Die erste Reise des Schiffes in die Arktis begann am 2. April 1882 in Pola. Nach 10 469 Seemeilen Fahrt lief S.M.S. "Pola" am 25. November 1882 wieder in Pola ein. Die zweite Reise in die Arktis begann am 6. Mai 1883 ebenfalls in Pola. Die Rückkehr nach Pola erfolgte am 26. Oktober 1883. Danach wurde das Schiff für den Einsatz im Roten Meer umgerüstet.

Der Winter in der Arktis

Die Ausschiffung von Mannschaft und Material - darunter 200 Tonnen wissenschaftliche Geräte und Materialien - sowie der Aufbau der vorfabrizierten Holzbauten dauerten unter Mitwirkung der Schiffsbesatzung bis zum 16. August. Danach trat das Schiff mit 120 Tonnen Sandballast die Heimreise an, die nach einigen Zwischenstopps am 25. November in Pola endete.

Zur Überwinterung waren vor allem die Unterkünfte wichtig. Die Steinpfeiler wurden in Asphalt und in Schamotteziegel eingemauert. Die Doppelwände des Wohnhauses wurden mit Holzfasern vollgestampft und der Fußboden mit einer Asphaltzwischenlage wasserdicht gehalten. Die Wandverkleidung der Schlafräume bestand aus Kork, der Außenschutz der Holzbauten aus Asphaltplatten und Dachpappe. Bei einer durchschnittlichen Innentemperatur von 9,7° C brauchte man pro Ofen sechs bis acht kg Holz pro Tag. Obwohl nachts nicht geheizt wurde, sank die Temperatur bei den Bettstellen nie unter den Gefrierpunkt. Das Wohnhaus, das auch als Küche Verwendung fand, brauchte bei 14 Stunden Feuerung nur 24 bis 30 kg Steinkohle pro Tag. Ein Luftumzug verband die Dachböden und sorgte gleichzeitig für das Vorwärmen der Mannschaftsquartiere.

Die zahlreichen Arbeitsstätten waren von den 16 x 5,5 m großen Wohnräumen aus begehbar. Sie lagen auf einer Anhöhe parallel zur Küste mit Blick nach Süden. Hier waren auch die Temperaturmessstellen aufgereiht. Im Osten befanden sich Lagerhäuser, im Nordwesten ein kleines astronomisches Observatorium und darüber ein Blockhaus für die Windmessung. Etwa 100 Meter westlich des Wohnblocks befand sich das Bootshaus und auf halbem Weg dorthin die Schreinerei.

Die Mannschaft war mit der Beschaffung von Trinkwasser und von Treibholz zum Heizen sowie mit Instandsetzungsarbeiten voll beschäftigt. Außerdem gab es Jagden und wissenschaftliche Exkursionen zur Beschaffung biologischer, botanischer und mineralogischer Proben.

Die Berichte zeugen von der Schwierigkeit, genießbares Trinkwasser aus Schnee und Eis zu gewinnen - vor allem aufgrund des ständigen Windes, der die Meersalzkristalle überall hinwehte.

Im Zuge der Expeditionen wurden auch andere mögliche Orte für Unterkünfte und Forschungen untersucht.

Die gut gegen Kälte und Feuchtigkeit isolierten Unterkünfte, die abwechslungsreiche Nahrung, die verordnete Bewegung sowie die militärische Disziplin sorgten für ein reibungsloses Zusammenleben und Arbeiten und damit für das Gelingen der Expedition. Edler von Wohlgemuth schrieb dazu: "... der erste Theil der Polarnacht gehörte zu den angenehmsten Zeitepochen des Aufenthaltes auf Jan Mayen; er brachte kaltes, trockenes Wetter und Belustigungen wie das Segeln mit Eisbooten auf der glatt gefrorenen Lagune, das Schnee- und Schlittschuhlaufen, das Eisschießen und der gleichen". Jedenfalls gelang so die erste Überwinterung von Menschen auf Jan Mayen!

Die Rückführung der Mannschaft begann am 6. Mai 1883. Am 30. Juni erreichte S.M.S. "Pola" Reykjavik und am 4. August warf sie in der Marie-Muss-Bucht wieder Anker. Zwei Tage nach ihrem Eintreffen nahm man Abschied von der Insel. Die Wohnstätten wurden intakt zurückgelassen. Ebenfalls zurückgelassen wurden Lebensmittel- und Kohlevorräte für eventuelle spätere Besuche von Walfängern.

Am 19. August erreichte das Schiff Hamburg. Nachdem die Expeditionsteilnehmer dort von Graf Wilczek begrüßt worden waren, reisten sie mit der Bahn nach Hause weiter. S.M.S. "Pola" lichtete am 9. September Anker und lief am 26. Oktober 1883 wieder in Pola ein.

Alle Teilnehmer kehrten heil und gesund zurück, beladen mit wertvollen Proben und im Besitz neugewonnener wissenschaftlicher Daten.

Die wissenschaftliche Tätigkeit

Linienschiffsleutnant Emil Edler von Wohlgemuth schrieb und zeichnete die stündlich getätigten Beobachtungen meteorologischer Verhältnisse auf, ebenso die Verhältnisse des Eises, das Aussehen des Polarlichtes und die Ergebnisse der magnetischen Messungen. Als Referenz diente die geografische und topografische Lage von Pola.

Nach der Rückkunft verfasste Wohlgemuth einen präzisen Vorbericht, dem eine dreibändige Dokumentation und Ausarbeitung der Funde durch Wissenschafter folgte:

Band I: Astronomische Beobachtungen, topografische Aufnahme und Beschreibung von Jan Mayen und Beobachtung der Gletscherbewegung, meteorologische Beobachtungen (siehe unten), Messung von Temperaturen und Salinität (Salzgehalt) des Nordmeeres, chemische Untersuchung der Salzwasserproben, Ebbe- und Flutbeobachtung.

Band II: Polarlicht- und Spektral-Beobachtungen (Das Polarlicht - die Aurora Borealis - wurde zeitlich erfasst, beschrieben und skizziert sowie später lithografisch dokumentiert.) sowie Beobachtung des Erdmagnetismus. (Wie aus der Größe der Labors zu schließen ist, wurden diese Messungen besonders eingehend durchgführt.) Band III: Zoologie, Botanik und Mineralogie. Wie an Hand der Beschreibungen feststellbar ist, erwies sich die Vegetation als sehr dürftig,. Zugvögel hielten nur kurzzeitig auf der Insel. Die Seefauna wurde bis in eine Tiefe von 250 bis 300 m durch Schleppnetze erforscht. Fünf Polarfüchse wurden erjagt.

Beispiele für die meteorologischen Messungen

Zwischen Juli 1882 und Ende Juni 1883 wurden 1869 Stunden Nebel, 2 282 Stunden Regen und Schneefall, 951 Stunden Schneetreiben und 438 Stunden Windstille ermittelt, der Rest war von Stürmen erfüllt.

Sonnenschein gab es insgesamt 488,2 Stunden, Polarlicht insgesamt 561 Stunden.

Die maximale Lufttemperatur im Oktober 1882 betrug 8,6° C, die minimale Lufttemperatur im Dezember 1882 -30,6° C.

Die durchschnittliche Meerestemperatur betrug -1,71° C im März 1883 und 2,97° C im Juli 1883.

Die durchschnittliche Bodentemperatur in 1,56 Meter Tiefe betrug 0° C im September 1882 und -2,07° C im April 1883.

Der Luftdruck betrug 755 mm im Jahresmittel, die Luftfeuchtigkeit 89,3 %.

Die Niederschlagsdauer betrug insgesamt 2 347 Stunden, die Windstärke maximal 34 m/s und im Mittel 7,9 m/s.

Das Zweite Internationale Polarjahr

50 Jahre nach dem Ersten Internationalen Polarjahr sandte das inzwischen zum kleinen Binnenland degradierte Österreich auch zum Zweiten Internationalen Polarjahr (1932/33) eine, wenn auch wesentlich kleinere Expedition nach Jan Mayen. Diese ging von Tromsø aus und erreichte in fünf Tagen das Eiland, das bereits seit 1921 eine norwegische Radiostation beherbergte. Drei Wissenschaftler, Ing. Fritz Kopf (Leitung), Dr. Kanitscha und Dr. Töllner, verbrachten 14 Monate auf der Insel und kehrten mit einer reichen Ausbeute an wissenschaftlichem und fotografischem Material nach Österreich zurück. Es zeigte sich, dass trotz arktischer Witterung bei Orkanen von mehr als 150 km/h die Gebäude der ehemaligen k.u.k. Polarstation nach 50 Jahren aufgrund der soliden Bauweise noch immer standen - die Küche war sogar noch funktionsfähig!

Noch heute erinnern Reste der Hütten und Ausrüstungsgegenstände in einem Museum auf Jan Mayen an die Wohlgemuth-Expedition. Auf Landkarten großen Maßstabes finden sich Namen wie Weyprechtbreen (ein Gletscher), Kapp Wien, Rudolfs Fjelltoppen (eine Bergspitze) und Stationsbucht. Das jedenfalls ist geblieben!

Aus heutiger Sicht

Vor 120 Jahren waren weder die höchsten Berge bestiegen, noch hatte man die Pole erreicht. Auf den Landkarten befanden sich noch zahlreiche weiße Flecken (für unerforschtes Gebiet). Und wer auf einer Expedition war, hatte jeglichen Kontakt zur Heimat und zur zivilisierten Welt verloren. Umso höher sind die Taten eines Weyprecht und Wohlgemuth sowie deren Männer aus heutiger Sicht zu schätzen. Ihr Pionier- und Forscherdrang hat jedenfalls die Kenntnis der Geophysik der Arktis beträchtlich erweitert.

Was hatte aber das weit entfernte Österreich-Ungarn von diesen arktischen Forschungsreisen? Das Wettrennen zur Erreichung der Pole war damals voll im Gange und stand im Mittelpunkt des Interesses. Weil Österreich-Ungarn nicht nur eine europäische Großmacht, sondern auch eine Seemacht war, konnte es da aus Prestigegründen kaum zurückstehen, insbesondere nach dem fast unerwarteten Erfolg der Entdeckung des Kaiser Franz Joseph Landes - wobei auch Österreich den Nordpol im Visier hatte.

Als Seemacht musste Österreich Flagge zeigen. Eine Besitznahme von Jan Mayen kam aufgrund der Unwirtschaftlichkeit ohnedies nicht in Frage. Die Erfahrung der ersten erfolgreichen Überwinterung, die wissenschaftliche Erforschung und die gesammelten Erkenntnisse waren aber dennoch ein großer Erfolg für Österreich-Ungarn. Während Schiffe Österreich-Ungarns aufgrund von Taten- und Forschungsdrang die Weltmeere durchkreuzten und den Erdball umrundeten, befassten sich andere Länder mit der Eroberung und Konsolidierung von Kolonien - und gerieten bald in Konflikte um Interessensphären. In Österreich-Ungarn stellte man damals fest, dass sich außereuropäische Besitzungen schon aufgrund der notwendigen Basen und der enormen Logistik einfach nicht lohnen würden. Außerdem hielt der Balkan mit seinen Wirrnissen die Monarchie fest im Griff. Den Wettlauf um Kolonien hatte man nicht - wie andere Entwicklungen - verschlafen. Man wollte dabei einfach nicht mittun!

___________________________________ ___________________________________ Neubearbeitung eines Beitrages aus Norwegen - Österreich, Nr. 2 und 3/2004.

Autor: DI Helmut W. Malnig, Jahrgang 1933. Matura und Ausbildung in Wien und im Ausland. Tätig als Analyst, Systemingenieur und Projektmanager auf dem Energiesektor, der Wehrtechnik und in der Luft- und Raumfahrt im In- und Ausland (BRD, Kanada). Mehrere Veröffentlichungen (Wärmeübertragung) und Patente (Wehrtechnik) sowie Beiträge über technisch-kulturhistorische Themen. Seit 1997 im Ruhestand.

Literatur und Quellen:

Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, Die Österreichische Polarstation Jan Mayen. Karl Gerold’s Sohn, Wien 1886/87, Österreichisches Staatsarchiv Ma 8.

Horst Mayer und Dieter Winkler, Als Österreich die Welt entdeckte. Edition S, Österr. Staatsdruckerei, Wien 1991.

F. Bilzer, S.M.S. "Pola": Schiffstypenblatt Nr. 52. In Marine - Gestern, Heute 1988, S. 71.

Georg Pawlik, Emil Edler von Wohlgemuth. In Marine - Gestern, Heute 1988, S. 41.

Armand Schweiger von Lerchenfeld, Von Ocean zu Ocean. Hartleben, Wien 1895.

Ferdinand Silas, Expédition Autrichienne á l’ile Jan-Mayen. Libr. Mil., Paris 1887.

Privatarchive von Georg Pawlik und Prof. Dieter Winkler; Österreichisches Staatsarchiv Ma 8.

Vidar’s Jan Mayen homepage - Thorbjørn Braset.

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