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"LOTs" - Die neuen Nachbarn

Das Austrian Liaison and Observation Team bei EUFOR "ALTHEA"

Das Österreichische Bundesheer stellt seit 22. November 2004 den Kompaniekommandanten und 29 Soldaten aller Dienstgrade der multinationalen Composite Coy der Multinational Task Force North (MNTF "N") der Mission EUFOR "ALTHEA" in Bosnien und Herzegowina. Die Tätigkeit der österreichischen Kameraden ist weit gestreut - von der Arbeit im Kompaniekommando bis hin zum LOT.

Die Geburtsstunde

Ab Ende September 2004 wurden die Arbeitsplätze für die Composite Coy (CompCoy - zusammengesetzte Kompanie; während das LOT-Personal die Kompanie abgekürzt "Coy" nennt, verwenden die Kommanden z. B. das Kommando der MNTF N die Bezeichnung "Company" - beides ist richtig) für "ALTHEA" (Name der Mission, griechische Göttin der Heilkunst) EUFOR (EU-Force), also der Folgeoperation zur vormaligen SFOR-(Stabilization Force-)Mission ausgeschrieben.

Die erste Hürde war die Aufstellung selbst - der für die Aufstellung verantwortliche Unteroffizier hatte nur knapp einen Monat Zeit, um das geeignete Personal für diese Aufgabe zu finden. Daher waren die österreichischen Teile der multinationalen Kompanie erst zwei Wochen vor der Verlegung wirklich komplett.

Am 18. Oktober 2004 um 0800 Uhr traf der Großteil des Kontingentes in der Landwehr-Kaserne in St. Michael ein. Nach der Begrüßung durch das zuständige Ausbildungspersonal begann sofort die übliche AMA (Allgemeine Militärische Ausbildung) mit sämtlichen Belehrungen, Unterricht in spezieller Selbst- und Kameradenhilfe für den Einsatz im Ausland, dem Waffen- und Schießdienst inklusive Scharfschießen, der Hauptdichteprüfung der ABC-Selbstschutzausrüstung und dergleichen mehr.

Ab der zweiten Woche galt es, die einsatzspezifische Vorbereitung zu absolvieren. Da es sich zum ersten Mal um einen Einsatz einer österreichisch geführten Composite Coy, bestehend aus dem Kommandanten und seinem Stellvertreter, dem Versorgungstrupp, zwei Analyse Teams, LOTs (Liaison and Observation Teams) und VTs (Verification Teams) handelte, war die Ausbildung sehr umfangreich. Es konnte nur auf wenige Erfahrungen in einem ähnlichen Einsatz in Mazedonien (FYROM - Former Yugoslavian Republic of Macedonia) zurückgegriffen werden.

Die Aufgaben der Mitglieder der Composite Coy konnten nur grob erahnt werden. Wir wussten jedoch, dass es in Richtung Verbindungen mit den örtlichen Behörden, Ämtern, aber auch mit der Zivilbevölkerung aufnehmen und halten gehen würde. Die Ausbildung hatte daher Inhalte der Observer- und CIMIC-(Civil Military Cooperation-)Kurse zum Thema, die durch militärische und zivile Fachleute vorgetragen wurden.

Weiters war klar, dass gerade bei der engen Zusammenarbeit mit Menschen anderer Religionen viel an Vorwissen und Fingerspitzengefühl in Bezug auf Sitten, Gebräuche, Feiertage und dergleichen mehr abverlangt werden würde. Mit Vorträgen über die Geschichte und Kultur in Bosnien und Herzegowina wurden auch das Land und seine Kultur besser kennen gelernt.

Vom 5. November bis zum 8. November 2004 wurde ein Erkundungsteam unter Führung des Kompaniekommandanten in den Einsatzraum entsandt. Ziel war die Kontaktaufnahme mit den dort noch eingesetzten US-Streitkräften. Ein weiterer Grund war die Verdichtung des Lagebildes und die Abklärung noch offener Fragen. Vieles blieb dennoch ungewiss.

Die letzte Woche der Vorbereitung bot im Rahmen einer dreitägigen Abschlussübung noch einmal Gelegenheit, das Erlernte in die Praxis umzusetzen.

Am 18. November 2004, genau einen Monat nach der Formierung, verlegte das Kontingent zum Zentrum Einsatzvorbereitung (ZEV) nach Götzendorf, wo am Folgetag die offizielle Verabschiedung stattfand.

Das Vorkommando verlegte am 20. November 2004, der Rest am 22. November 2004 mit dem Zug nach Camp EAGLE BASE in Tuzla/Bosnien und Herzegowina. Die jeweiligen Dienststellen wurden bezogen, und bis zur offiziellen Kommandoübergabe von SFOR an EUFOR, am 1. Dezember 2004, wurde die Arbeitsbereitschaft hergestellt.

Die Kompanie

Die Composite Coy besteht aus mehreren Elementen verschiedener Nationen. Österreich stellt insgesamt 30 Mitarbeiter, verteilt auf das Kommando, die Analyseteams und auf die einzelnen LOTs in den LOT-Häusern.

Der Kommandant ist taktisch für zwei Bereiche verantwortlich: Verifikation und LOT. Die Verifikation ist zuständig für die Überprüfung der Einhaltung des GFAP (General Framework Agreement on Peace) durch die Streitkräfte Bosniens und Herzegowinas. Diese Teams überprüfen beispielsweise Kasernen, gemeldete WSS (Weapon Storage Sites - Waffenlager) oder ASS (Ammunition Storage Sites - Munitionslager). Die LOTs hingegen kümmern sich fast ausschließlich um zivile Institutionen und deren Angelegenheiten.

Dislokation

Das Hauptquartier (CompCoy HQ) befindet sich im Camp EAGLE BASE, die LOT- Häuser selbst sind über die gesamte AOR (Area of Responsibility) der MNTF "N" verteilt.

Arbeitszeiten

Im Einsatz ist man prinzipiell 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche im Dienst. Die Intensivstunden gliedern sich wie folgt:

CompCoy HQ: Mo bis Fr: 0800 Uhr bis 1800 Uhr; Sa: 0800 Uhr bis 1500 Uhr; So: Dienst mit geringer Inanspruchnahme. Bisher ist es nie möglich gewesen, unter diesen Mindestdienstzeiten zu bleiben; es ist üblich, täglich die eine oder andere Stunde mehr im Intensivdienst zu stehen, speziell Samstags. Die Sonntage sind meist "frei", es war jedoch nicht erst einmal der Fall, dass verspätete Befehle vom MNTF "N" HQ, am Sonntag einlangend, bis Montag früh umgesetzt und weitergeleitet werden mussten.

LOT-Haus: Mo bis So: 0000 Uhr bis 2400 Uhr. Ein regulärer Arbeitstag dauert dort ungefähr von 0800 Uhr bis 2200 Uhr und umfasst:

- Morgen-Briefing; - Patrouillen/Meetings; - Anfahrtswege (teilweise über mehrere Stunden); - Berichte schreiben; - Abend-Briefing.

"Walk-Ins", wenn also Einheimische unsere Kameraden in den LOT-Häusern aufsuchen, kennen natürlich keine Uhrzeit. Personen (oder besser deren Informationen) sind nicht minder von Bedeutung, weil die Menschen mitten in der Nacht kommen oder die Infos von eventuell Betrunkenen stammen - Gegenteilige Erfahrungen haben dies bereits bestätigt. Sonntag wäre für die LOTs ebenfalls als Regenerationstag gedacht, das Duty-Team (siehe unten "LOT-Dienst") ist jedoch auch an diesem Tag regulär im Dienst.

Das LOT-Konzept

Der Auftrag der LOTs besteht im Wesentlichen aus den drei Teilbereichen - SA (Situational Awareness), - Verbindung halten und Beobachten sowie - CIMIC, die allerdings ineinander übergreifen.

Die Märzunruhen 2004 im Kosovo brachen aus, weil der Kontakt zur Bevölkerung nicht ausreichend gegeben war. Es war bekannt, dass es Unruheherde gab, es war aber nicht bekannt, wann und wo es zu Ausschreitungen kommen würde. Um dies in Zukunft vermeiden zu können und diese Lücke zu schließen, gibt es nun LOTs, welche quasi als Indikatoren für ihre Task Force agieren. Durch ihre Anwesenheit unmittelbar in der Bevölkerung und den ständigen Kontakten zu lokalen Politikern, Behörden, Ämtern, aber auch zu den Mitgliedern der NGOs (Non Governmental Organisations) und erst recht zur Bevölkerung in den Straßen selbst, wissen sie über die aktuelle Lage in ihrer AOR bestens Bescheid und sind mit ihren Berichten für die SA der gesamten Task Force verantwortlich.

Probleme, Ängste und Reibungsstellen können durch die enge Verknüpfung von Militär und Bevölkerung rechtzeitig erkannt und gezielt kontrolliert werden. Die Maßnahmen reichen von einfachen Gesprächen über verstärkte Kontrollen oder erhöhte Präsenz (z. B. durch das Manoeuvre Battalion der Task Force) bis hin zu Maßnahmen auf politischer Ebene.

Der dritte Teilbereich ist die direkte Unterstützung der Einheimischen. Zwar spricht man hier noch immer von CIMIC, jedoch von einem fortgeschrittenen Stadium. Es geht dabei nicht mehr darum, Schulen einzurichten und Brücken oder Brunnen zu bauen, sondern vorrangig ist, dass dem Staat schrittweise geholfen wird, sich selbst zu organisieren. Beispielsweise werden Lösungsansätze für Probleme angeboten, Kontaktadressen zu Organisationen weitergegeben, oder behördliche Prozesse überwacht.

So kann im übertragenen Sinn gesagt werden: Wenn SFOR einst das "Kind Bosnien und Herzegowina" an der Hand geführt und ihm so einiges abgenommen hat, so ist EUFOR nun der gestrenge Vater, der nur noch zusieht und nötigenfalls korrigierend eingreift.

Solche Aufgaben aus oder in Kasernen wahrzunehmen, wäre unmöglich und sinnlos; daher befinden sich die Teams in den so genannten LOT-Häusern.

Das LOT-Haus

Die LOTs befinden sich also nicht im Camp, sie sind in zivilen angemieteten Häusern untergebracht und leben mitten unter der Zivilbevölkerung. Wichtig ist, dass sich dieses Haus nicht wesentlich von anderen, normalen Häusern unterscheidet; es soll ein Haus inmitten der Bevölkerung sein, keine kleine Kaserne und kein Stützpunkt. Es gibt keine Sandsackstellungen an den Hausecken, es gibt keine Stachelbandrollen um das Haus und auch keine Torwache.

Es ist gleichermaßen Arbeits- als auch Unterkunftsbereich, d. h. im Erdgeschoß, nahe des Einganges, befindet sich beispielsweise ein "Walk-In-Room", also ein Raum wo Gespräche mit der Zivilbevölkerung stattfinden; vergleichbar mit einem Büro des Bürgerservice. Die Einheimischen können hier ihre Beschwerden und Bitten vorbringen.

Weiters gibt es einen "Ops-Room" (Operations-Room); hier werden die Berichte für das übergeordnete Kommando erstellt sowie erhaltene Informationen aufgearbeitet und dem vorgesetzten Kommando übermittelt.

Alle anderen Räume sind mit einem herkömmlichen Familienhaus vergleichbar, vom Wohnzimmer über Küche, Bad bis zum WC. Zusätzlich gibt es in einigen LOT-Häusern auch Fitnessräume.

Das Team

Ein Team besteht derzeit aus drei Offizieren, drei Unteroffizieren und zwei Chargen. Es gliedert sich in drei Trupps, wobei immer ein Offizier mit einem Unteroffizier einen Trupp bildet, die Chargen sind Kraftfahrer. Diese Besetzung hat sich bis jetzt als nicht praktikabel erwiesen. Eine bessere Lösung wären vier Offiziere und vier Unteroffiziere, die optimale Besetzung wären jeweils fünf Offiziere und Unteroffiziere. Für letzteren Organisationsplan müssten allerdings Häuser mit entsprechender Raumaufteilung zur Verfügung stehen; die derzeitigen Häuser sind von ihrer Kapazität her mit acht Personen ausgelastet. Diese Forderung nach Personalaufstockung liegt in der Tatsache begründet, dass immer ein Team im Haus für eventuelle "Walk-Ins" zurückbleiben muss, meist ein Team entweder im Urlaub oder auf "96-hours" (Recreation - Erholung im Einsatzraum) ist und so noch drei Teams für die eigentlichen Aufgaben übrig blieben. Krankheitsbedingte Ausfälle könnten so ebenfalls leichter verkraftet werden.

Ausrüstung

Prinzipiell verlegen LOTs mit dem Kampfanzug III in den Einsatzraum. Sie haben an Bewaffnung zusätzlich zum Sturmgewehr 77 die Pistole 80 (P 80) mit, wobei diese als Standardbewaffnung während des Intensivdienstes am Mann getragen wird und das Sturmgewehr nur für eine eventuelle Eskalation vorgesehen ist (generell ist die P 80 zum Selbstschutz ausreichend). Langwaffen werden, wie die Erfahrungen der Amerikaner als unsere Vorgänger gezeigt haben, als abschreckend betrachtet und wirken sich auf das Gesprächsklima und somit auf die Informationsgewinnung äußerst negativ aus.

UKW- (Ultrakurzwellen-)Funkgeräte sind aufgrund der weiten Entfernungen zwischen Kompanie und LOT, aber auch innerhalb des LOTs sinnlos, gearbeitet wird vorrangig mit dienstlichen Mobiltelefonen, drei Stück pro LOT. Auch dies garantiert keine 100-prozentige Verbindung, gerade im Grenzbereich zu Serbien oder in den ländlichen Regionen gibt es kaum brauchbare Verbindungen.

Weiters verfügt jedes LOT über drei PCs (zwei Standgeräte des ÖBH, ein Laptop der finnischen Signal Coy), zwei zur Erstellung und einen mit Internetanschluss zum Senden der täglichen Berichte per E-Mail.

Die Fahrzeuge sind ebenfalls nicht ÖBH-Gerät, sondern zivile geleaste Hyundai "Santa Fe" und "Terracan". Bis auf kleine Mängel sind die Fahrzeuge in einem brauchbaren Zustand und für den Einsatz geeignet.

Zum sicheren Bewegen im Gelände sind die GPS-Geräte (Global Positioning Systems) - eines pro Trupp - unumgänglich. Sie sind in Kombination mit einer aktuellen Minenkarte im großflächig verminten Land ein absolutes Muss, um die Gefahr eines Minenunfalles so gering als möglich zu halten.

LOT-Dienst

Dienst im Haus - Duty: Wie erwähnt, bleibt immer ein Trupp im Haus (LOT-Duty). Dieser ist unter anderem für die "Walk-Ins" zuständig. Die Personen und deren vorgebrachte Wünsche, Bitten und Beschwerden sind sehr vielfältig:

- Ein älterer Mann zum Beispiel hat Probleme mit dem Bürgermeister, will daher das LOT darauf aufmerksam machen, dass der Bürgermeister korrupt und in das Netz der Organisierten Kriminalität (OK) verstrickt ist.

- Eine Frau beschwert sich, dass ihre Wohnung durch einen Wasserrohrbruch zerstört wurde; die Firma, welche die Leitungen verlegt hat, will den Schaden aber nicht bezahlen.

- Eine ältere Dame will nur mitteilen, dass sie glücklich ist, dass jetzt Österreicher und nicht mehr Amerikaner hier sind, und sie sich freuen würde, wenn dass Team öfter bei ihr patrouilliert, da sie alleine lebt und seit dem Krieg sehr verängstigt ist.

- Ein Nachbar kommt vorbei und will "die neuen Nachbarn" zum Kaffee einladen.

- Ein weiterer Mann gibt zu verstehen, dass er neben seinem Haus ein UXO (Unexploded Ordnance) gefunden hat und nicht weiß, was er damit machen soll.

Auch administrative Belange und Tätigkeiten, vergleichbar mit denen eines herkömmlichen Hausmeisters, gehören zu den Aufgaben des Duty. Gerade diese Tätigkeiten dürfen auf Dauer nicht unterschätzt werden. Die teils fehlende, teils mangelhafte Infrastruktur macht dies nicht gerade leichter. Stromausfälle über mehrere Stunden, daher kein oder wenn, dann kaltes, unreines Wasser sowie der Ausfall der Heizung sind an der Tagesordnung. Einkäufe und Besorgungen, von Milch über Reinigungsgerät bis hin zu Möbelstücken, müssen von einem Team, das sich auf Patrouille befindet, mit erledigt werden. Kurz gesagt: Das LOT ist in fast allen Belangen auf sich selbst gestellt.

Patrouillen-Dienst: Die verbleibenden Teams befinden sich unterwegs auf Patrouille in ihrer AOR oder bei diversen Meetings, also der eigentlichen Arbeit der LOTs.

Patrouillen dienen dem Zeigen von Präsenz. Sie dürfen keineswegs mit "Show of Force"-Patrouillen verglichen werden. Als LOT bewegt man sich mit einem zivilen Auto oder zu Fuß durch die Straßen der Dörfer und Städte; man lächelt, winkt und grüßt die Passanten. Dies hat einerseits den Zweck, gesehen zu werden und Vertrauen zu schaffen, andererseits aber auch, um eventuell angesprochen zu werden oder von sich aus Probleme zu erkennen.

So wird man als "LOT-Member" schnell einmal zu einem Feuerwehrmann und hilft beim Löschen eines in Brand geratenen Kleinkraftfahrzeuges, zieht mit seinem Geländewagen ein im Schnee steckendes Auto wieder auf die Straße oder versorgt eine kleine Schürfwunde bei einem Kind, das sich gerade bei einem Sturz verletzt hat. All diese Tätigkeiten sind nicht "Good-will"-Aktionen, sondern ein unbedingtes Muss, um sich der Bevölkerung anzunähern und zu erreichen, dass sich die Menschen einem selbst gegenüber öffnen. Dies ist die Vorraussetzung, um wirklich die Stimmung in der Bevölkerung beurteilen und somit teilweise sogar positiv beeinflussen zu können.

Die Meetings werden mit der Bevölkerung auf den Straßen, mit alten Bauern, Schulklassen, Bürgermeistern, aber auch mit Mitarbeitern der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und des UNHCR (Office of the United Nations High Commissioner for Refugees) abgehalten.

Schauermärchen, die bei diversen Vorbereitungen zu hören sind, was nicht alles bei solchen Meetings zu essen oder zu trinken wäre, und dass man nur akzeptiert wird, nachdem die ganze Flasche des selbst gebrannten Schnapses leer ist, entsprechen nicht (ganz) der Realität. Es stimmt, dass die Leute in Bosnien und Herzegowina sehr gastfreundlich und auch sehr trinkfest sind. Es ist auch wahr, dass hier zu Lande Hirn, frisch aus dem Tierschädel geschnitten - roh, halb gefroren - eine Spezialität ist und auch meist hochprozentiger Schnaps (auch um 0900 Uhr morgens) auf dem Tisch steht. Es wird allerdings verstanden und akzeptiert, wenn man nicht alles, was einem serviert wird, dankend verzehrt.

Herausforderungen für die österreichischen Soldaten

In einer Kompanie mit Soldaten aus acht verschieden Nationen (Finnland, Griechenland, Irland, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Türkei) zusammen zu arbeiten, ist alles andere als einfach und muss von allen im Einsatz befindlichen Kameraden mit Geduld und Engagement bewältigt werden.

Sprache

Die offizielle Arbeitssprache ist Englisch. Der Ausbildungsstand ist allerdings sehr unterschiedlich und reicht von Nativespeaker bis zum Kameraden mit minderen Schulkenntnissen. Was beim Sprechen bereits auffällt, bestätigt sich letztlich auch beim Schriftverkehr.

Ausbildungsstand

Wie das Niveau der Sprache, ist auch der Ausbildungsstand sehr unterschiedlich. Was auch darauf zurückzuführen ist, dass das LOT-Konzept an sich relativ neu ist, und es daher kaum Erfahrungswerte gibt.

Arbeitstechniken

Nach dem Motto "andere Länder, andere Sitten" hat jedes Land seine eigene Art und Weise, Aufträge zu erfüllen. Die jeweilige Arbeitsweise zu einem Gesamten zusammenzufügen, bedarf es einiges an Geschick und Geduld. Zu koordinieren gilt es zum Beispiel unterschiedliche Befehlsstrukturen, Tag- und Nachtrhythmen oder aber auch verschiedene Sichtweisen betreffend die Urlaubsregelungen.

Sanitätsversorgung

Auch diese ist von Haus zu Haus unterschiedlich geregelt. Österreich ist beispielsweise die einzige Nation, die mit ihren beiden Häusern an die Krankenhäuser vor Ort angewiesen ist. Nur im Notfall stünde ein Hubschrauber für die Abholung bereit.

Versorgung aus der Heimat

Zusatzausrüstung

Österreich als Framework-Nation der CompCoy ist für die EDV-Ausstattung des CompCoy HQ verantwortlich. Tatsächlich ist das derzeitige Equipment gerade für die österreichischen Teile des HQ ausreichend. Mit infrastruktureller Unterstützung Finnlands und Schwedens kann aber die geforderte Arbeitsleistung innerhalb der vorgesehenen Zeit erbracht werden.

Eine entsprechende Anzahl an zusätzlichen USB-Sticks zum Beispiel würde einen rascheren externen Datenaustausch ermöglichen. So hat zum Beispiel jedes Teammitglied der Schweden ein eigenes dienstliches Mobiltelefon (ebenfalls einen eigenen USB-Stick) . Die Verbindung bei Arbeiten außerhalb des Camps stellt eine unumstößliche Sicherheitsgrundlage dar.

Einsatzdauer

Erst zu Beginn des dritten Monats im Einsatzraum erfuhr das Kontingent definitiv, dass seine Rotation nicht sechs, sondern acht Monate dauert - persönliche (familiäre) Flexibilität war gefragt.

Nobody is perfect

Generell ist der Einsatz bei AUCON/EUFOR aber als positiv zu beurteilen. Gerade für junge Offiziere, Unteroffiziere und Chargen ist es wichtig, in einer ständig flexibler und multinationaler werdenden Arbeitswelt neue Erfahrungen zu sammeln und mit Schwierigkeiten umgehen zu lernen. Dahingehend wirken sich Probleme und Erfahrungen aus diesem Einsatz auch persönlichkeitsbildend aus.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Leutnant Mag. (FH) Alexander Gstrein, Jahrgang 1980, Einrückungstermin Oktober 1998; 2003 Ausmusterung an der Theresianischen Militärakademie, Jahrgang Hadik. Seit 2004 Jägerkompaniekommandant im Jägerbataillon 24; derzeit Analyseoffizier in der CompCoy HQ/MNTF "N"/EUFOR "ALTHEA" in Bosnien und Herzegowina.

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