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Das Jubiläumsjahr 2005 - Internationale Beziehungen des Bundesheeres

Österreich ist vor zehn Jahren der NATO-Partnerschaft für den Frieden (NATO-PfP) beigetreten. Diesem Schritt kam vor allem politische Signalwirkung zu, eröffnete aber gleichzeitig den Zugang für die internationale militärische Kooperation, die dem Österreichischen Bundesheer bis zu diesem Zeitpunkt verschlossen war. Die multilaterale Zusammenarbeit hatte sich zuvor auf die Teilnahme an friedenserhaltenden Operationen der Vereinten Nationen beschränkt. Mit dem PfP-Beitritt stand Österreich die militärische Beteiligung an Operationen der NATO mit Partnern offen. Zu einem Zeitpunkt, als es in der Europäischen Union den Vertrag von Amsterdam noch nicht gab, also die spätere Entwicklung der ESVP nicht einmal Ansätzen erkennbar war, kam dieser Möglichkeit der internationalen Entwicklung besondere Bedeutung zu. Die Angebote der NATO, das Bundesheer im Rahmen der Instrumente der Partnerschaft an internationale Standards heranzuführen, wurden rasch und intensiv genutzt.

Die Beteiligung an der Operation IFOR in Bosnien schon im darauf folgenden Jahr war ein erster Test für das Bundesheer, der erfolgreich bestanden wurde. Es folgten die Beteiligungen an KFOR und SFOR, die ebenfalls erfolgreich weitergeführt bzw. abgeschlossen werden konnten. Die Fähigkeiten des Bundesheeres wurden regelmäßig in allen diesen Operationen anerkannt. Dieser wesentliche Fortschritt auf dem Weg in die internationale Einbindung des Bundesheeres konnte nur durch die Vereinbarung und Überprüfung von Standards im Rahmen der NATO-PfP erzielt werden.

Mehr als 10 000 Angehörige des Bundesheeres aller Dienstgrade haben im Verlauf dieser zehn Jahre Ausbildungsgänge durchlaufen, die im Rahmen der Partnerschaft angeboten wurden. Jährlich bietet Österreich zwischen 25 und 30 Aktivitäten an und nimmt selbst an bis zu 450 Aktivitäten teil. Diese Zahlen illustrieren das Ausmaß, in dem die Partnerschaft die Entwicklung des Bundesheeres beeinflusst.

Interoperabilität, eines der zentralen Schlagworte der Partnerschaft und des Reformprozesses für das Bundesheer, ist immer weiter zu entwickeln. Daher hat Österreich weiterhin starkes Interesse am Fortbestand der Instrumente, die im Rahmen von NATO-PfP angeboten werden.

Vor zehn Jahren ist auch der Beitritt zur Europäischen Union erfolgt. Zum Zeitpunkt des Beitritts war die ESVP noch nicht entwickelt, erst der Vertrag von Amsterdam (1998) brachte den Aufbau der verteidigungspolitischen Dimension der EU in Gang.

Zu keinem Zeitpunkt in dieser Entwicklung war es sinnvoll, die hier angesprochenen Entwicklungsstränge, NATO-PfP und ESVP, voneinander losgelöst zu betrachten. Der vorrangige sicherheitspolitische Handlungsrahmen Österreichs ist die ESVP. Hier kann sich Österreich als Mitglied einbringen, während das in der NATO-PfP nur in dem Maße möglich ist, als die NATO Mitwirkungsfelder für Partner eröffnet.

Durch die weitgehende Überschneidung der NATO- und EU-Mitgliedschaften ist es für EU-Mitglieder, die nicht der NATO angehören, in besonderem Maß notwendig, ihre Standpunkte in der EU so zu vertreten, dass der fehlende Zugang zu Informationen der NATO, über die 19 andere am Tisch verfügen, nicht zum Nachteil für die Entwicklung des eigenen Stellenwertes in der ESVP wird. In der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle, wird dieser Informationsbedarf allerdings durch die NATO-PfP abgedeckt.

Dieser Zusammenhang wird durch die so genannten Berlin-Plus-Vereinbarungen wesentlich verstärkt. Hier geht es darum, dass die EU, so weit die NATO nicht als Organisation an der Durchführung einer Operation interessiert ist, diese Operation unter Rückgriff auf NATO-Mittel durchführen kann. Die bisherigen Operationen "CONCORDIA" (FYROM/Mazedonien) und "ALTHEA" (Bosnien) sind Beispiele für diesen Mechanismus.

Über die Beziehungen hinaus, die zwischen EU und NATO für den Zweck derartiger Operationen vereinbart wurden, sind für Nicht-NATO-Staaten in der Union alle Zugänge besonders hilfreich, die sich aus der NATO-Partnerschaft ergeben. So verfügt Österreich sowohl im strategischen Kommando der NATO in Europa (SHAPE) über Offiziere in den NATO-Strukturen und über solche in den EU-NATO-Verbindungszellen für "ALTHEA". Gleiches gilt für das operative Hauptquartier der NATO in Neapel im Rahmen der gleichen Operation.

An dieser engen Verschränkung zwischen ESVP und NATO wird sich in absehbarer Zukunft nichts ändern. Eine Änderung würde einen gänzlich anderen Zugang maßgebender EU-Mitgliedstaaten zur politischen Rolle der EU und zur Realität einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erfordern. Im Grunde ist derzeit keiner dieser Akteure bereit, konsequent auf eine Politik der EU hinzuarbeiten, die ein geschlossenes Vertreten gemeinsamer Interessen ermöglicht. So lange das nicht der Fall ist und, sofern es überhaupt dazu kommt, eine solche Entwicklung nur langfristig angelegt sein kann, wird die ESVP nur im engen Zusammenhang mit der NATO bzw. mit der NATO-PfP entwickelt werden können. Das erfordert auch für Österreich einen zukunftsorientierten Ansatz für die Partnerschaft, der die oben dargestellten Instrumente aufrechterhält, wobei Österreich gleichzeitig auch die Bereitschaft zeigen sollte, zu neuen Wirkungsfeldern der Partnerschaft beizutragen, wie etwa der Krisennachsorge.

Autor: Brigadier Wolfgang Wosolsobe

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