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Kosovo - eine rasche Lösung für die Statusfrage

Österreich hat etwa 810 Soldaten am Balkan im Friedenseinsatz, davon rund 530 (von 17 500 insgesamt) bei den KFOR-Truppen im Kosovo. Die mehrheitlich von albanischstämmigen Menschen bewohnte und seit dem Ende des Krieges 1999 von der UNO als Protektorat verwaltete Provinz von Serbien-Montenegro ist gefährlich instabil.

"Noch ist alles ruhig im Kosovo. Noch. Ich wage nicht vorauszusagen, was passiert, wenn die Statusfrage anders ausgeht, als sich das die Albaner vorstellen", meinte der österreichische Kommandant der Task Force Dulje, Oberstleutnant Franz Baumgartner. Im April d. J. bezeichnete er die Lage gegenwärtig als "ruhig, aber nicht stabil". Wie die tragischen Ereignisse im März 2004 zeigten, kann es jederzeit erneut zu einem Gewaltausbruch kommen. Während der Unruhen wurden 110 serbische Häuser, 65 Kirchen und Klöster zerstört, und 28 Menschen kamen dabei zu Tode. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat man erkannt, wie dramatisch die Situation noch immer ist.

Der Koordinator des Balkan-Stabilitätspaktes, Erhard Busek, hatte bereits vor einigen Monaten im Presse-Interview gewarnt: "Wenn es auf dem Balkan noch eine abgezogene Handgranate gibt, dann ist das das Kosovo. Es gibt dort eine Arbeitslosenrate von 50 bis 60 Prozent und die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt. Wenn diese Menschen keine Arbeit bekommen, greifen sie erst recht wieder zu den Waffen." Aber nicht nur das Wirtschaftsproblem, vor allem die schwelende Status-frage nannte Busek natürlich als einen Grund für die Explosivität der Lage. Man hat sich nach dem Ende des Eingreifens der NATO im damaligen Jugoslawien mit der Formel Standards vor Status beholfen. Das bedeutet, dass, bevor über eine von den Kosovaren geforderte Unabhängigkeit verhandelt wird, bestimmte Voraussetzungen, wie Minderheitenschutz und Aufbau eines demokratischen Rechtsstaates, von diesen zu erfüllen seien. Dass diese Vorstellung am Anfang richtig gewesen ist, bezweifelt wohl kaum jemand. Allmählich aber wurde es "zur Verlegenheitslösung, weil man nicht gewusst hat, welche Alternativen man vorschlagen soll", meinte Busek.

Doch nun nähert man sich einer Weiterentwicklung: Im Mai wurde ein Bericht eines UN-Sondergesandten über den Status - die Implementierung von Standards im Bereich Minderheitenschutz, Rückkehr der Vertriebenen und demokratische Institutionen - an den UN-Generalsekretär abgegeben. Im Sommer soll es zu einer Bewertung dieses Berichtes und dann im Herbst - je nach dem Ergebnis - zu Verhandlungen über eine Lösung kommen. Ausgeschlossen wird dabei eine Rückkehr in die Verhältnisse vor 1999 ebenso wie die sofortige volle Unabhängigkeit des Kosovo oder der Anschluss der Provinz an ein anderes Land.

Die Standpunkte der betroffenen Parteien - also jene Serbiens und des Kosovos - liegen weit von einander entfernt. Die albanische Mehrheitsbevölkerung verlangt die staatliche Unabhängigkeit mit voller Souveränität, einer eigenen Armee und einem Sitz in der UNO. Serbien lehnt dies strikt ab. Serbien will dem Kosovo nicht mehr als eine Autonomie zugestehen, in keinem Fall aber die von den Albanern geforderte staatliche Selbständigkeit. "Eine Unabhängigkeit des Kosovo kommt für uns nicht in Frage. Dadurch würde der gesamte Balkan destabilisiert", erklärte Serbiens Präsident Boris Tadic im Presse-Interview vom März 2005. Nach all der Gewalt müsse man für das Kosovo eine friedliche Lösung finden, die für Serben und Albaner akzeptabel ist, so Tadic weiter.

Gescheitertes multiethnisches Konzept

Die Internationale Balkan-Kommission (eine Expertengruppe, der ehemalige Staats- und Regierungschefs angehören) kommt zu einer dramatischen Einschätzung der Lage im Kosovo: Das Konzept einer multiethnischen Gesellschaft in Kosovo ist gescheitert, der internationalen Gemeinschaft ist es auch sechs Jahre nach Kriegsende nicht gelungen, Sicherheit und Entwicklung in der Provinz zu gewährleisten. Der gegenwärtige Status quo sei nicht nur unvollkommen, heißt es weiter in dem Bericht, seine Aufrechterhaltung könne die Region in eine neue Phase sehr gefährlicher Instabilität führen. Notwendig sei eine schnelle Lösung der Statusfragen und der anderen offenen Probleme. Die Kommission schlägt die Unabhängigkeit des Kosovo in vier Phasen vor: In den ersten zwei Phasen soll das Kosovo als unabhängige Entität ohne volle Souveränität, in der dritten Phase als EU-Beitrittskandidat anerkannt werden und in der vierten Phase soll das Kosovo dann eine geteilte Souveränität in der EU erhalten. Die Lösung müsse für die ganze Region akzeptabel sein. Dieses Konzept sei auch in Belgrad auf Interesse gestoßen, sagte der frühere italienische Ministerpräsident Giuliano Amato, der Vorsitzende der Kommission. In der serbischen Führung wachse die Einsicht, dass man sich durch eine starre, kompromisslose Haltung in dieser Frage isoliere und damit nur verlieren könne, fügte er bei.

Der EU-Erweiterungskommissar, Olli Rehn, erklärte am 20. April in Brüssel, dass er den Bewohnern des Kosovo weitere finanzielle Hilfen und Unterstützung auf dem Weg nach Europa in Aussicht stelle, wenn Minderheitenschutz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet seien. Ziel ist "der Aufbau eines wirklich multiethnischen Kosovo, in dem sich alle Bürger gleich sicher und gleich behandelt fühlen können".

Dass dies ein sehr fernes Ziel ist, zeigen die heutigen Zustände: Ohne die internationalen Friedenstruppen würde es zu einer Massenvertreibung der serbischen Minderheit kommen. Der gegenseitige Hass sitzt viel zu tief!

Autor: Brigadier i.R. Prof. Dr. Horst Mäder

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