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Gefahrgüter im Lufttransport

Fast jeder hat Ähnliches schon erlebt: Beim Flug in den Urlaub sind Dinge wie ein Behälter mit Feuerzeugbenzin, Gaskartuschen für den Campingkocher oder dergleichen verboten. Diese Beschränkungen entspringen nicht der Willkür der Betreiber von Luftfahrzeugen, sondern entsprechen internationalen Richtlinien.

Beim Transport mit Luftfahrzeugen stellen viele Frachtgüter und Gegenstände, ebenso wie im Straßenverkehr oder beim Eisenbahntransport, Gefahrgüter dar. Der Hauptunterschied besteht darin, dass im Luftverkehr ein wesentlich höherer Prozentsatz der zu transportierenden Frachtgüter als Gefahrgüter eingestuft wird, und dass zu transportierende Gefahrgüter im Schadensfall an Bord von Luftfahrzeugen meist weit größere Auswirkungen haben als die gleiche Menge dieser Güter beim Transport auf der Straße oder auf der Schiene.

Als Beispiel soll ein simpler CO2-Feuerlöscher dienen: Da sich darin komprimiertes Gas befindet, ist der Feuerlöscher ein Druckbehälter (die internationale Gefahrguteinstufung und Bezeichnung hiefür lautet: "UN 1044, Feuerlöscher mit verdichtetem oder verflüssigtem Gas"). Gemäß der für den Straßentransport gültigen Vorschrift ADR (Accord europeen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route) gilt dieser Feuerlöscher, sofern er nach den geltenden Vorschriften des Herstellerlandes produziert, befüllt und verpackt wurde, für den Straßentransport nicht als Gefahrgut (ADR 2003 3.3.1; SV 594). Soll eben dieser Feuerlöscher jedoch als Frachtgut im Lufttransport versandt werden, gilt er in jedem Fall als Gefahrgut, sofern er nicht Teil eines anderen Frachtgutes ist, welches für sich ein Gefahrgut darstellt (z. B. ein Dieselaggregat mit dazugehörigem Feuerlöscher).

Anders als im Straßentransport ist beim Lufttransport die Markierung, Kennzeichnung sowie die Dokumentation aller Güter (Versendererklärung und Luftfrachtbrief) in vollem Umfang erforderlich.

Um den Feuerlöscher als Einzelgut mit einem Luftfahrzeug transportieren zu können, muss gewährleistet sein, dass er "… über eine für die Aufnahme des Löschgases unter dem hiefür vorgesehenen Druck konzipierte Stahlflasche oder sonstiges Druckgefäß …" verfügt und nach den geltenden Vorschriften des Herstellerlandes hergestellt und befüllt ist. Der Nachweis dafür sind die Prüfstempel auf dem Druckkörper und den Ventilen sowie eine gültige Prüfplakette mit dem Datum der letzten periodischen Überprüfung (alle zwei Jahre fällig). Feuerlöscher, bei denen das Datum der periodischen Überprüfung bereits überschritten wurde, dürfen erst nach absolvierter Wiederholungsprüfung per Luftfracht versandt werden.

Diese Vorgangsweise erscheint auf den ersten Blick vielleicht etwas übertrieben, ist jedoch gerade bei militärischen Lufttransporten, wo oftmals Passagiere und Fracht räumlich nicht getrennt im Luftfahrzeug befördert werden, relevant. Wenn aus diesem Feuerlöscher während des Fluges aufgrund eines defekten Ventils Gas austritt, kühlt dieses beim Ausströmen aufgrund des durch die Expansion entstehenden Energieverlustes stark ab. Dies kann für die Passagiere eine Gefährdung bedeuten und bei ihnen möglicherweise Panikreaktionen hervorrufen, was wiederum die Flugsicherheit erheblich beeinträchtigen könnte.

Aus diesen Gründen wurden von der International Civil Aviation Organisation (ICAO) für den Transport von gefährlichen Gütern "Technical Instructions" (ICAO-TI) zur sicheren Handhabung von Gefahrgütern im Zivilluftverkehr herausgegeben.

Die ICAO ist jene Teilorganisation der United Nations (UN), die für die Zivilluftfahrt zuständig ist. Somit sind die ICAO-TI in jedem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen gültig.

Internationale Regeln für den Transport gefährlicher Güter

In den ICAO-TI wurde auf die Einteilung der Gefahrgüter des "UN-Comittee of Experts for the Transportation of Dangerous Goods" zurückgegriffen, auf der schon die Gefahrguttransportvorschriften für den Straßen- und Eisenbahntransport in Europa und den USA fußen. Die vom UN-Comittee herausgegebene Einteilung besagt, dass alle bekannten zu transportierenden Gefahrgüter in einem Katalog, dem Orange Book, erfasst sind, in dem jedem Gefahrgut bzw. jeder Gruppe von Gefahrgütern (Sammelbegriff für Gefahrgüter mit ähnlichem Gefährdungspotenzial) eine vierstellige Nummer und zur näheren Beschreibung die so genannte "Richtige Versandbezeichnung" zugeteilt ist (wie am Beispiel des Feuerlöschers: UN 1044, Feuerlöscher mit verdichtetem oder verflüssigtem Gas).

Bei UN-Nummern, welche eine Gefahrgutgruppe repräsentieren, sind für den Versand zur näheren Bestimmung des vom Versandstück ausgehenden Gefährdungspotenzials zusätzlich zur Angabe der Klassifizierung (Hauptgefahr und falls zutreffend die Nebengefahr) auch die beiden Hauptgefahrenauslöser anzugeben. Die Gefahrgüter werden in neun verschiedene Gefahrenklassen eingeteilt, mit einer weiteren Unterteilung in Unterklassen, wo dies erforderlich erscheint (siehe unten).

Eine weitere Unterteilung erfolgt durch Einführung von Verträglichkeitsgruppen bei Stoffen und Gütern der Klasse 1 (Explosivstoffe) hinsichtlich deren Zusammenladbarkeit im jeweiligen Transportmittel.

Bei den Stoffen bzw. Stoffgruppen, welche in die Gefahrenklassen 3, 4, 5.1, 6.1 und 8 fallen, erfolgt ebenfalls eine weitere Unterteilung durch die Definition von drei Verpackungsgruppen, entsprechend dem von ihnen ausgehenden Gefahrenpotenzial. Den Verpackungsgruppen wird durch unterschiedliche Anforderung an die Widerstandsfähigkeit des bei der Verpackung verwendeten Materials Rechnung getragen.

Unterteilung der gefährlichen Güter des Comittee of Experts for Transportation of Dangerous Goods of the United Nations

Klasse 1: Explosivstoffe

Unterklasse 1.1: Artikel und Substanzen mit Massenexplosionsgefahr Unterklasse 1.2: Artikel und Substanzen mit der Gefahr, dass abgeprengte Stücke fortgeschleudert werden, aber keiner Massenexplosionsgefahr Unterklasse 1.3: Artikel und Substanzen mit Feuergefahr und/oder kleiner Explosionsgefahr, aber keiner Massenexplosionsgefahr Unterklasse 1.4: Artikel und Substanzen ohne bedeutende Gefahr Unterklasse 1.5: Sehr unempfindliche Substanzen mit einer Massenexplosionsgefahr Unterklasse 1.6: Äußerst unempfindliche Artikel, welche keine Gefahr zur Massenexplosion aufweisen Klasse 2: Gase

Unterklasse 2.1: Entzündbare Gase Unterklasse 2.2: Nicht entzündbare, nicht toxische Gase Unterklasse 2.3: Toxische Gase Klasse 3: Entzündbare Flüssigkeiten

Klasse 4: Entzündbare Feststoffe; selbstentzündliche Stoffe; Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser entzündbare Gase bilden

Unterklasse 4.1: Entzündbare Feststoffe Unterklasse 4.2: Selbstentzündliche Stoffe Unterklasse 4.3: Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser entzündbare Gase bilden Klasse 5: Entzündende (Oxidierende) Substanzen und organische Peroxide

Unterklasse 5.1: Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe Unterklasse 5.2: Organische Peroxide Klasse 6: Toxische und infektiöse Stoffe

Unterklasse 6.1: Toxische Stoffe Unterklasse 6.2: Infektiöse Stoffe Klasse 7: Radioaktive Stoffe

Klasse 8: Ätzende Stoffe

Klasse 9: Verschiedene gefährliche Güter

Anmerkung: Hinsichtlich der Zusammenladefähigkeit von Explosivstoffen der Unterklassen 1.1-1.6 wird den Explosivstoffen zusätzlich zu UN-Nummer und richtiger Versandbezeichnung eine Verträglichkeitsgruppe zugeordnet (Verträglichkeitsgruppe A, B, C, D, E, F, G, H, J, K, L, N, S).

Bei den Klassen 3, 4, 5.1, 6.1 und 8 wird dem jeweiligen Gefahrgut zur Klasse und UN-Nummer und richtiger Versandbezeichnung zur betreffenden Verpackung und Zusammenladung eine Verpackungsgruppe zugeordnet (Verpackungsgruppe I, II, III).

Internationale Regeln für den Lufttransport gefährlicher Güter

Durch die ICAO-TI wurden die vorhandenen Regeln an die besonderen Erfordernisse im Luftransport durch Mengenbeschränkungen pro Transportgebinde für Passagier- sowie für Frachtmaschinen und durch die Vorschreibung von zu verwendenden Normverpackungen für nahezu jede UN-Nummer angepasst. Die Klassifizierung, die UN-Nummer, die richtige Versandbezeichnung (Proper Shipping Name), die Mengenbeschränkungen für Passagier- und Frachtflugzeug sowie die Verpackungs- bzw. Verträglichkeitsgruppe wurden in Tabellenform im Kapitel "Identifizierung" der "Internationalen Regelungslage für den Lufttransport von gefährlichen Gütern" festgehalten. (Dieses Kapitel ist auf blauem Papier gedruckt.) Die Spezifikation der Verpackung ist im Kapitel "Verpacken" zusammengefasst (Druck auf gelbem Papier), wobei jedes Gefahrgut seinen Niederschlag in der Verpackungsvorschrift findet.

Eine weitere Anpassung an die Erfordernisse des Lufttransportes erfolgt durch die Unterteilung der Gefahrgüter in:

- für den Lufttransport verbotenes Gefahrgut (Kapitel "Identifizierung"); - Gefahrgüter, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit nur in Frachtluftfahrzeugen befördert werden dürfen, nicht aber in Passagierluftfahrzeugen; - Gefahrgüter, die in Passagier- und Frachtluftfahrzeugen transportiert werden dürfen; - "Versteckte Gefahren" (Gegenstände oder Substanzen, die gefährliche Güter darstellen, die äußerlich nicht erkennbar in Frachtstücken enthalten sind. So würde beispielsweise der vorhin genannte Feuerlöscher in einem nicht als Gefahrgut gekennzeichneten Versandstück mit der Bezeichnung "Ersatzteile" zur versteckten Gefahr.

Grundsätzlich gilt, dass beim Lufttransport von gefährlichen Gütern die zu transportierenden Mengen pro Verpackungseinheit kleiner sind und dass alles strenger und präziser geregelt ist als bei den Verkehrsträgern Straße und Schiene.

Weiters müssen alle im Luftverkehr verwendeten Verpackungen bei einem hiezu zertifizierten Institut "baumustergeprüft" werden.

Ausbildung für den internationalen Lufttransport von gefährlichen Gütern Ein weiteres Spezifikum des Lufttransportes von Gefahrgütern ist die intensive Ausbildung des damit befassten Personals. Sie ist wesentlich umfangreicher als im Straßen- bzw. Eisenbahntransport.

Alle Personen, die mit dem Lufttransport von Fracht oder Passagieren beschäftigt sind, müssen gemäß den ICAO-TI auf dem Sektor "Gefahrgut im Lufttransport" entsprechend ihrer Tätigkeit ausgebildet sein. Die ICAO sieht zwölf verschiedene Ausbildungsstufen (siehe unten) vor.

Diese umfassen sowohl das fliegende Personal als auch das Bodenpersonal. Auch jene Stellen, die mit der Planung und Ablaufsteuerung von Fracht und Passagieren beschäftigt sind, müssen über entsprechend geschultes Personal verfügen.

Die Lehrinhalte für die verschiedenen Ausbildungsstufen sind in den ICAO-TI normiert. Jeder Kurs schließt mit einer Prüfung ab. Weiters ist jeweils nach 24 Monaten ein Wiederholungskurs zu absolvieren, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Hauptziel der Ausbildung ist das Erkennen und Einordnen von Gefahrgütern sowie deren richtige Behandlung bei allen im Lufttransport erforderlichen Tätigkeiten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die vorhin erwähnten versteckten Gefahren bei der Annahme von Frachtstücken sowie der Überprüfung der Richtigkeit von Deklarationen/Klassifizierungen bei der Annahme von Gefahrgutsendungen gelegt, da ein Zwischenfall mit Gefahrgut rasch zu großem Personen- und Sachschaden sowohl in der Luft (Absturz) als auch am Boden (Brandgefahr) führen kann.

Personalkategorien betreffend die Ausbildung für den Lufttransport von Gefahrgütern gemäß ICAO-TI

1. Versender, Agenten des Versenders, einschließlich Personal von Luftverkehrsgesellschaften, die als Versender handeln sowie Personal von Luftverkehrsgesellschaften, die Gefahrgut als COMAT (Dienstfracht/Dienstpost) bereitstellen 2. Verpacker 3. Personal von Spediteuren, die an der Behandlung von Gefahrgut beteiligt sind 4. Personal von Spediteuren, die an der Behandlung von Fracht (andere als Gefahrgut) beteiligt sind 5. Personal von Spediteuren, die an der Behandlung, Lagerung und Beladung von Fracht beteiligt sind 6. Luftverkehrsgesellschaften und Frachtabfertigungs-Agenten, die Gefahrgut annehmen 7. Luftverkehrsgesellschaften und Frachtabfertigungs-Agenten, die Fracht (andere als Gefahrgut) annehmen 8. Peronal von Luftverkehrsgesellschaften und Frachtspediteuren, das für Handhabung, Lagerung und Beladung von Fracht und Gepäck verantwortlich ist 9. Personal der Passagierabfertigung 10. Flugbesatzung/Piloten und Personal, das mit der Beladungsplanung betraut ist 11. Flugbegleiter (ohne Piloten) 12. Personal der Sicherheitskontrolle, das mit der Überprüfung von Passagieren und deren Gepäck und Fracht beauftragt ist

Regeln für den Transport von Gefahrgütern im kommerziellen Luftverkehr

Um gegenüber dem UN-Rechtstext der ICAO-TI eine für den Bereich des kommerziellen Airline-Betriebes leichter handhabbare Unterlage zu haben, hat der internationale Verband der Fluglinien, die International Air Transport Association (IATA), ihre Dangerous Goods Regulations (IATA-DGR) als Handbuch herausgegeben.

Dessen Inhalt entspricht zu etwa 98 Prozent den ICAO-TI, ist jedoch übersichtlicher strukturiert und um einige flugbetriebliche Belange ergänzt. So sind z. B. die Formulare in den IATA-DGR abgebildet, und deren Verwendung ist für alle Mitglieder der IATA-DGR zwingend vorgeschrieben.

Regeln für den Transport von Gefahrgütern im militärischen Luftverkehr Die ICAO-TI bzw. die IATA-DGR betreffen eigentlich nur den Bereich der Zivilluftfahrt. In jenen Rechtsakten, die die Schaffung der ICAO vorsahen, wurden jedoch auch die Definitionen "Staatsluftfahrzeug" (somit auch Militärluftfahrzeug) sowie "Privatluftfahrzeug" (Zivilluftfahrzeug) festgelegt. Hierin wurde postuliert, dass die Mitgliedstaaten bei der Erlassung von Vorschriften für Staatsluftfahrzeuge gebührend Rücksicht auf die Sicherheit des Zivilluftverkehrs zu nehmen haben.

Die Vorschriften, die von einem Mitgliedstaat für seinen Luftraum erlassen wurden, haben auch für jedes Luftfahrzeug eines anderen Mitgliedstaates, welches sich in diesem Luftraum bewegt, Geltung.

Die Richtlinien der NATO (STANAG) zum Lufttransport von gefährlichen Gütern im militärischen Bereich nehmen die ICAO-TI als Grundlage. Die Deutsche Bundeswehr hingegen nimmt in ihren "Richtlinien zum Lufttransport Gefährlicher Güter" (RLGG Luft) die IATA-DGR zur Grundlage, da diese leichter handhabbar ist und im Gegensatz zur ICAO-TI auch in deutscher Sprache verfügbar ist.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Ing. Herwig Senoverschnik, Jahrgang 1971. 1985 bis 1990 Besuch der Höheren Technischen Bundeslehranstalt, Fachrichtung Maschinenbau, 1996 Verleihung der Standesbezeichnung Ingenieur. Wehrdienst 1990 bis 1991 beim Landwehrstammregiment 32 und beim Panzergrenadierbataillon 9. Seit August 1992 Techniker beim Kommando Luftstreitkräfte/Materialstab Luft. 1996 Ausbildung zum Leitenden Militärluftfahrttechniker; 2001 Gefahrgutausbildung für den Lufttransport nach ICAO-TI/IATA-DGR, Personalkategorie 3; 2002 Ausbildung zum Gefahrgutbeauftragten für Straße und Schiene.

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