Wehrpflicht
In Österreich besteht gemäß Art. 9a Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) die allgemeine Wehrpflicht für alle männlichen Staatsbürger bei gleichzeitigem Recht auf Verweigerung der Erfüllung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen mit Verpflichtung zur Leistung eines Ersatzdienstes (Zivildienst). Grundsätzlich soll dabei der Wehrdienst die Regel und der Zivildienst die Ausnahme sein. Nach wie vor besteht daher die primäre Pflicht jedes Staatsbürgers darin, im Rahmen des Bundesheeres der Wehrpflicht nachzukommen.Zweck und Dauer
Welche Staatszwecke der moderne Staat sich auch immer setzen mag, eines seiner Hauptanliegen bleibt stets, sich durchzusetzen und seine Souveränität zu bewahren. Die Erfüllung der Selbsterhaltungspflicht ist die Voraussetzung für jede andere staatliche Tätigkeit.Die Wehrpflicht als die auf dem Verhältnis Staat - Rechtsunterworfener beruhende objektive Verpflichtung des Bürgers zur Leistung von Diensten an den Staat zum Zwecke der Selbstbehauptung ist eine der wichtigsten Bürgerpflichten und nur dem eigenen Staate gegenüber zu erfüllen. Sie ist die Entsprechung zum Recht des Bürgers auf Schutz durch den Staat.
Rechtlich stellt die Wehrpflicht die auf dem Gesetz beruhende abstrakte Verpflichtung aller männlichen Staatsbürger dar, als Soldaten Wehrdienst zur Verteidigung des Rechts und der Freiheit des Staatsvolkes zu leisten und sich dafür ausbilden zu lassen. Aus dieser Verpflichtung folgt die unverzügliche Heranziehbarkeit der Staatsbürger zu einem Einsatz durch die Staatsführung. Auf ihr baut das Gesamtsystem unserer militärischen Landesverteidigung auf.
Historisch gesehen war das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht im neuen österreichischen Bundesheer zunächst nur einfachgesetzlich normiert und wurde 1975 - zwanzig Jahre nach der Wiedererlangung der Wehrhoheit - auf verfassungsrechtlicher Ebene festgelegt.
Nach § 10 des Wehrgesetzes 2001 sind alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechts von der Vollendung des siebzehnten Lebensjahres an bis zur Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres wehrpflichtig. Offiziere, Unteroffiziere sowie Spezialkräfte auf den Gebieten der Technik, des Sanitätswesens, des Seelsorgedienstes und der Fremdsprachen sind darüber hinaus bis zum Ablauf des Jahres, in dem sie das fünfundsechzigste Lebensjahr vollenden, wehrpflichtig.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Wesen der Wehrpflicht gemäß B-VG auf die Pflicht zur Leistung eines Dienstes für den Staat im Rahmen des Einsatzes abstellt und sich daraus folgende Teilpflichten mit der dafür notwendigen Ausbildung der Wehrpflichtigen ergeben.
Teilpflichten
Mit der Wehrpflicht sind* die Stellungspflicht,
* die Pflicht zur Leistung des Präsenzdienstes,
* die Pflichten im Milizstand sowie
* bestimmte Melde- und Bewilligungspflichten
verbunden.
Stellungspflicht
Nach § 18 WG 2001 besteht die Verpflichtung der Wehrpflichtigen, sich zur Feststellung ihrer geistigen und körperlichen Eignung zum Wehrdienst Stellungskommissionen zu stellen und sich hierbei den erforderlichen ärztlichen und psychologischen Untersuchungen zu unterziehen. Dabei ist auch eine Blutabnahme zulässig.Von der Stellungspflicht bestehen Ausnahmen zugunsten bestimmter Funktionsträger gesetzlich anerkannter Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Grundsätzlich sind die Wehrpflichtigen in dem Kalenderjahr zur Stellung heranzuziehen, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden.
Präsenzdienstpflicht Der Präsenzdienst ist eine auf der allgemeinen Wehrpflicht beruhende, öffentlichrechtliche Dienstleistung eigener Art. Gemäß § 19 WG 2001 sind folgende Präsenzdienstarten vorgesehen:
* Grundwehrdienst,
* Truppenübungen,
* Kaderübungen,
* freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste,
* Wehrdienst als Zeitsoldat,
* Präsenzdienst auf Grund einer Verfügung des Bundesministers für Landesverteidigung oder des Bundespräsidenten zur Heranziehung von Wehrpflichtigen des Miliz- und des Reservestandes im Falle eines Einsatzes (Einsatzpräsenzdienst),
* außerordentliche Übungen,
* Präsenzdienst im Falle eines vorläufigen Aufschubes der Entlassung (Aufschubpräsenzdienst) und
* Auslandeinsatzpräsenzdienst.
Meldepflichten
Die Meldepflicht besteht hinsichtlich der Verlegung des Aufenthaltes des Wehrpflichtigen in das Ausland für mehr als sechs Monate und der Rückverlegung des Aufenthaltes in das Inland.Ebenso besteht eine Meldepflicht während sechs Monaten nach vollständiger Leistung des Grundwehrdienstes hinsichtlich jeder Änderung des Hauptwohnsitzes. Darüber hinaus bedürfen diese Wehrpflichtigen zum Verlassen des Bundesgebietes in der Dauer von mehr als drei Tagen einer Bewilligung. Diese gilt als erteilt, wenn das Verlassen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des schriftlichen Antrages untersagt wird.
Pflichten im Milizstand
Als Pflichten im Milizstand sind insbesondere die Pflicht zur Befolgung von Weisungen des Leiters einer Freiwilligen Milizarbeit, spezielle Übernahme-, Verwahrungs- und Rückgabepflichten hinsichtlich Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen sowie das Verbot parteipolitischer Betätigung bei bestimmten Tätigkeiten im Milizstand zu erwähnen.Gesetzliche Änderungen
Die erwähnten Teilpflichten sind auf einfachgesetzlicher Basis im Wehrgesetz 2001 festgelegt. Eine Anpassung der Inhalte an zeitgemäße Erfordernisse ist grundsätzlich möglich. Änderungen dürfen jedoch nicht zur Aushöhlung des verfassungsrechtlich vorgegebenen Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht führen.Mag. Christoph Ulrich, ELeg