Luftraumüberwachung
Im folgenden Beitrag werden die Aufgaben und die Organisation der Österreichischen Luftraumüberwachung (LRÜ) mit geschichtlicher Entwicklung dargestellt.Nach allgemeiner Definition sind bei der militärischen Luftraumüberwachung durch die Luftstreitkräfte folgende Aufgaben wahrzunehmen:
Luftverteidigung
Die Luftverteidigung ist ein eigenständiges operatives Verfahren der Luftstreitkräfte. Sie dient im Frieden der Wahrung der Lufthoheit und hat im Falle der Abwehr die Bekämpfung feindlicher Luftkriegsmittel zum Ziel, um eine feindliche Luftüberlegenheit zu verhindern und die eigenen Streitkräfte bestmöglich vor Angriffen aus der Luft zu schützen.
Luftraumüberwachung
Die Luftraumüberwachung stellt
* die Luftraumbeobachtung,
* die Identifizierung und Klassifizierung der erfassten Flugobjekte,
* die Erstellung des aktuellen Luftlagebildes,
* die Gewinnung und Pflege der hiezu erforderlichen Daten,
* die Bewirtschaftung des militärisch kontrollierten Luftraumes und
* die Einsatzführung und Einsatzleitung der aktiven Mittel
sicher.
Luftraumsicherung
Die Luftraumsicherung ist ebenfalls ein eigenständiges, grundsätzlich von den Erdstreitkräften unabhängiges Einsatzverfahren der Luftstreitkräfte im Rahmen der militärstrategischen Sicherung zur Wahrung der Lufthoheit, wobei die erforderlichen Maßnahmen auch eine effektive Unterstützung der Landstreitkräfte umfassen können.
Im Falle der Gefahr von Luftraumverletzungen, die über die normalen Herausforderungen zur Wahrung der Lufthoheit hinausgehen, werden zusätzliche Maßnahmen zur Intensivierung und Verdichtung der Luftraumbeobachtung im Vorfeld des gefährdeten Luftraumes gesetzt.
Diese umfassen
* den lageentsprechenden Einsatz mobiler Radarsysteme vor allem zur Überwachung des unteren Flughöhenbereiches sowie
* Maßnahmen zur Verstärkung der aktiven Komponente der militärischen Luftraumüberwachung, um eine rasche Reaktion auf Luftraumverletzungen mit angemessenen Einsatzmitteln sicherzustellen.
Diese Maßnahmen schließen auch den Schutz wichtiger gefährdeter Objekte, Anlagen und Einrichtungen der militärischen und zivilen Luftfahrt mit ein.
Die Aufgaben der Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung werden bereits im Frieden rund um die Uhr durch das Diensthabende System der Luftraumüberwachung wahrgenommen. Das Diensthabende System arbeitet hiezu eng mit der zivilen Flugsicherung Austro Control zusammen.
Aufgaben der Luftraumüberwachung im Einzelnen
* Taktische Führung der im Rahmen der Luftraumüberwachung, der Luftraumsicherung und der Luftverteidigung eingesetzten Einheiten der Luftstreitkräfte;
* Luftraumbeobachtung mit Erstellung, Dokumentation, Analyse und Verteilung des Luftlagebildes;
* Leitung des Einsatzes der Abfangjäger;
* Bewirtschaftung des militärischen Luftraumes und der militärischen Flugsicherung;
* Geophysikalischer Beratungsdienst für alle Führungsebenen des Bundesheeres;
* Ausbildung des Personals für den Luftraumüberwachungsdienst;
* Planung und Leitung nationaler sowie Unterstützung multinationaler Übungen im Bereich der Luftraumüberwachung;
* Bereitstellung der "Einsatzzentrale Basisraum (EZ/B)" als Gefechtsstand für das staatliche Krisenmanagement und das Zentrale Ausweichsystem (ZAS) des Bundeskanzleramtes;
* Technische Betriebsführung, Materialerhaltung und Materialbewirtschaftung für alle Anlagen des Luftraumbeobachtungssystems "Goldhaube";
* Verwaltung und Erhaltung der Sonderbauten;
* Permanente Systementwicklung.
Geschichte der Luftraumüberwachung
Im Jahre 1955 legten die Signatarstaaten des Staatsvertrages die Verantwortung für die Wahrung der Souveränität in die Hände der österreichischen Bundesregierung. Der Verantwortung für den Luftraum kam im Jahre 1955 ein ganz anderer Stellenwert zu als im Jahre 1938, als Österreich seine Souveränität verloren und die bescheidenen Luftstreitkräfte der 1. Republik zu existieren aufgehört hatten.
1938 hatte man noch in der Vorstellung gelebt, dass der Luftkrieg nur den Landkrieg ergänzte und im Wesentlichen über dem Gefechtsfeld stattfand. War man nicht in einen Landkrieg involviert, so fand auch kein Luftkrieg statt. Der Zweite Weltkrieg und die ersten Jahre des Kalten Krieges hatten dieses Bild vollkommen verändert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte der Luftraum eines jeden souveränen Staates in Europa einen potentiellen militärischen Operationsraum dar, auch wenn der betroffene Staat am Boden gar nicht von den kriegerischen Auseinandersetzungen berührt war und der Krisenherd mehr als tausend Kilometer weit entfernt lag. Das veränderte den Stellenwert der Lufthoheit grundsätzlich. Stellte ein Staat seinen Luftraum für eine Luftkriegsoperation zur Verfügung, so ergriff er Partei für jene Macht, die ihn benützte und hatte mit politischen und militärischen Reaktionsmaßnahmen der gegnerischen Partei zu rechnen.
Ganz besonders traf dies für die Neutralen zu. Die Republik Österreich hatte, wie im Zuge der Staatsvertragsverhandlungen zugesagt, am 26. Oktober 1955 die "Immerwährende Neutralität nach dem Muster der Schweiz" erklärt. Schweden und die Schweiz bauten nach dem Zweiten Weltkrieg starke Luftstreitkräfte auf, um ihr militärpolitisches Überleben als souveräne und neutrale Staaten zwischen den um ihre Abgrenzung ringenden Machtblöcken des Kalten Krieges zu gewährleisten. Die schwedischen Luftstreitkräfte waren in den Fünfzigerjahren mit fünfundfünfzig Einsatzstaffeln kurzfristig die viertstärksten ihrer Art in der Welt.
Die Signatarstaaten des Staatsvertrages - insbesondere die Sowjetunion - durften zu Recht erwarten, dass Österreich nun mit ähnlicher Konsequenz an die Wahrung seiner Neutralität herangehen würde. Allein Österreich stand zu diesem Zeitpunkt ohne jegliches Instrumentarium dar, welches eine auch nur demonstrative Wahrung der Lufthoheit ermöglicht hätte. Das sicherheitspolitische Risiko war dementsprechend hoch und die Erhaltung der damals erlangten Souveränität stand auf tönernen Beinen, denn das Bundesheer war nicht in der Lage, die neutralitätspolitisch bedeutsame Kernkompetenz der Wahrung der Lufthoheit wahrzunehmen. Dies hatte außenpolitische Folgen, die ebenso peinlich wie gefährlich waren.
Im Zuge der Suez-Krise 1956 und im Zuge der Libanon-Krise 1958 verletzten die Westmächte kontinuierlich mit Transportflugzeugen den österreichischen Luftraum. Österreich verfügte weder über Mittel, um diese Luftraumverletzungen zu dokumentieren noch um darauf zu reagieren.
Die begreifliche und berechtigte politische Reaktion der Sowjetunion ließ nicht lange auf sich warten: Der sowjetische Verteidigungsminister Malinowski zeigte anlässlich einer Rede Verständnis dafür, dass Österreich mangels geeigneter Ausrüstung nicht dazu in der Lage gewesen war, die amerikanischen Luftraumverletzungen zu verhindern und bot großzügig an, im Wiederholungsfall sowjetische Radaranlagen und Jagdflugzeuge nach Österreich zu entsenden.
Die nächste Äußerung seitens der Sowjetunion, 1958 durch den sowjetischen Ministerpräsident Bulganin, war im Ton schon etwas schärfer gehalten. Die dritte Erklärung seitens der Sowjetunion kam einer Drohung gleich.
1960 erklärte Ministerpräsident Chruschtschow: "Es ist ja nur eine Annahme, dass die österreichische Neutralität verletzt wird. Sollte dies aber der Fall sein, dann wird die gegebene Situation bestimmen, welche Mittel die Sowjetunion ergreifen würde. Jedenfalls aber wird, das möchte ich unterstreichen, die Sowjetunion nicht untätig bleiben". Zuerst das großzügige Hilfsangebot, dann der Protest, zuletzt die ungeschminkte Drohung. Die damalige Bundesregierung hatte die Botschaft verstanden, niemand wollte der Sowjetunion einen Vorwand liefern, wieder Truppen nach Österreich zu verlegen.
Im Jahre 1962 wurde in Salzburg das Flugmeldebataillon 1 aufgestellt, die Vorgängerorganisation des heutigen Kommando Luftraumüberwachung (LRÜ). Im gleichen Jahr wurde mit dem Bau der Radarstation Kolomansberg und einer verbunkerten Flugmeldezentrale begonnen.
Im Jahre 1967, während des Sechstagekrieges, wurde dieser neue Verband erstmalig alarmiert. Ein mobiles Radargerät verlegte nach Tirol und dokumentierte erstmals eine Luftraumverletzung.
In die gefährliche Krise des Jahres 1968 (Tschechen-Krise) ging die Republik Österreich auf Grund der nunmehr hergestellten Einsatzbereitschaft der Radaranlage und der Flugmeldezentrale auf dem Kolomansberg mit weit besseren Voraussetzungen. Die Luftraumverletzungen wurden erkannt und durch die Flugmeldezentrale dokumentiert. Die Lagemeldungen der "FlumZ" bildeten die Grundlage für diplomatische Proteste der Bundesregierung.
Seit dem August 1968 ist die österreichische Luftraumüberwachung rund um die Uhr im Einsatz. Schon fünf Jahre später, 1973 erteilte die Bundesregierung den Auftrag zur Schaffung eines modernen integrierten Flugverkehrskontroll- und Luftraumbeobachtungssystems, des Projektes "Goldhaube". Der damalige Bundeskanzler Kreisky war sich der Bedeutung der Luftraumüberwachung für die Außen- und Neutralitätspolitik voll bewusst.
1985 kaufte die Republik Österreich vierundzwanzig grundüberholte Saab 35 OE "Draken". Österreich verfügte ab 1988, als die Drakenflotte ihren Betrieb aufnahm, mit der "Goldhaube" über das modernste Luftraumbeobachtungssystem Europas und mit dem Draken über eine glaubwürdige und nach dem damaligen Stand der Technik noch durchaus effektive aktive Komponente zur Wahrung der Souveränität und Neutralität in der Luft. Seit der Verfügbarkeit der Draken-Abfangjäger verletzte übrigens kein Aufklärer des Warschauer Paktes mehr vorsätzlich den österreichischen Luftraum.
Das Luftraumüberwachungssystem und die ersten Drakenpiloten hatten bald einen schwierigen Kriseneinsatz zu bewältigen. Bei diesem Einsatz ging es nicht mehr nur um die Wahrung der Neutralität, um das Abfangen nicht genehmigter Transportflüge, sondern vor allem darum, die offensichtlich außer Rand und Band geratenen jugoslawischen Streitkräfte daran zu hindern, ihre Operation gegen Slowenien auf österreichischem Territorium fortzusetzen.
Der Krieg in Jugoslawien eskalierte zum ersten Krieg der NATO seit ihrem Bestehen. Luftstreitkräfte spielten dabei eine entscheidende Rolle. Der österreichische Luftraum wurde zum Aufmarschraum, zumindest für jene Kategorien von Flügen, die die österreichische Bundesregierung genehmigt hatte, und es war Auftrag der Luftraumüberwachung, die von der Bundesregierung gewollte Ordnung im Luftraum zu überwachen und durchzusetzen. Zweite Aufgabe war es, die Regierung über die Entwicklung der Lage auf dem Balkan zu informieren.
Die österreichischen Luftstreitkräfte haben mit der modernen Goldhaube und den vierundzwanzig "alten" Draken die geforderten Aufgaben erfüllt und sich dabei europaweit den Ruf der reaktionsschnellsten und effizientesten Luftpolizei erworben.
Im Jahre 1997 übte die österreichische Luftraumüberwachung erstmals gemeinsam mit anderen europäischen Luftstreitkräften. Bis 2002 folgten fünf weitere multinationale Übungen. Mit großem Erfolg wurden ausländische Frühwarnflugzeuge, Abfangjäger und Mobilradaranlagen in das System Goldhaube integriert. Das in Österreich entwickelte Verfahren zur Koordination des zivilen und militärischen Flugverkehrs gilt als eines der flexibelsten und sichersten überhaupt.
Die österreichische Luftraumüberwachung leistet heute einen bedeutsamen Beitrag zur Sicherheit im Luftraum über der Europäischen Union.
Das Kommando der Luftraumüberwachung
Dem Kommando der Luftraumüberwachung (Kdo LRÜ), in dem der Betriebsstab mit Dienststellen in Wien und St. Johann im Pongau integriert ist, sind zur Aufgabenerfüllung
* das Radarbataillon,
* das Radarstationskommando und
* das Technisch Logistische Zentrum
unterstellt.
Das Kdo LRÜ in Salzburg nimmt die truppendienstliche Führung der unterstellten Verbände wahr. Der Kommandant wird bei der Wahrnehmung seiner Führungsverantwortung durch einen Führungs- und einen Fachstab unterstützt.
Neben dem Betriebsstab zur passiven und aktiven Luftraumüberwachung sind das Referat Infrastruktur und das Referat Materialdienst im Kdo LRÜ organisiert.
Das Referat Infrastruktur ist für die Erhaltung aller Sonderbauten der LRÜ im gesamten Bundesgebiet in direkter Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Heeres-Bau- und Vermessungsamt zuständig.
Das Referat Materialdienst hat die gesamte Materialbewirtschaftung aller spezifischen Geräte zur Luftraumüberwachung sicherzustellen. Insbesondere ist in Eigenverantwortung die Beschaffung von Ersatzteilen für die Radaranlagen und die "Einsatzzentrale Basisraum" durchzuführen. Die Mitarbeiter des Materialdienstes beschaffen, disponieren und verwalten Geräte im Wert von mehreren Millionen Euro.
Der Betriebsstab
Der Betriebsstab der LRÜ umfasst
* die Zentralen der Einsatzzentrale "Basisraum (EZ/B)" in St Johann im Pongau, bestehend aus
- der Luftraumüberwachungszentrale (LRÜZ),
- der Wetterdienstzentrale (WEDZ),
- der Elektronischen Datenverarbeitung (EDV-LRÜ),
- der Technischen Betriebszentrale (TEBZ);
* das Hauskommando;
* das Military Control Center (MCC) in Wien.
Luftraumüberwachungszentrale
Die Luftraumüberwachungszentrale führt im Rahmen des diensthabenden Systems die passive und aktive Luftraumüberwachung durch und erstellt das aktuelle Luftlagebild, das weit über die Grenzen Österreichs hinausreicht. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, ist die Luftraumüberwachungszentrale wie folgt gegliedert:
* Der Beobachtungs- und Identifizierungsdienst
beobachtet den Luftraum über und um Österreich und erstellt anhand der vorhandenen Radardaten ein Luftlagebild. Flugziele, die nicht identifiziert werden können, werden unverzüglich weitergemeldet. Bleibt ein Flugziel unbekannt, wird die dem diensthabenden System unterstellte Einsatzbereitschaft, bestehend aus zwei Abfangjägern, alarmiert, um eine Sichtidentifizierung durchzuführen.
* Der Radarleitdienst
führt mittels Radarbild und Funk die Abfangjäger an das unbekannte Flugziel heran. Sind die Abfangjäger am Ziel, können die Piloten Type, Kennzeichen und Herkunft des Luftfahrzeuges feststellen und weitermelden. Die militärische Führung kann dann über die Erteilung von Folgeaufträgen, wie "Wegführen, Landezwang", oder im Verteidigungsfall "Bekämpfen" entscheiden. Routinemäßig werden auch die Überfluggenehmigungen ausländischer Militärluftfahrzeuge aktiv überprüft.
* Das Analyse- und Dokumentationsteam
überwacht ständig die Qualität der auflaufenden Radardaten und koordiniert den Einsatz der im System eingebundenen Radarsensoren. Luftraumverletzungen und andere besondere Ereignisse werden zur Weiterbearbeitung für übergeordnete Führungsebenen analysiert und dokumentiert.
* Die Dateneingabestelle
verwaltet die Überfluggenehmigungen ausländischer Militärluftfahrzeuge. Sie ist für den Flugmelde- und Beratungsdienst verantwortlich.
Wetterdienstzentrale
Bei allen militärischen Einsätzen ist es eine Notwendigkeit, auf die meteorologischen Bedingungen Rücksicht zu nehmen. Aber auch für den Friedensbetrieb des Heeres ist es erforderlich, das Wetter in die Planung von Vorhaben einzubeziehen, denn die Ausbildung der Truppe läuft sparsamer und wirksamer ab, wenn sie dem Wetter angepasst wird.
Dabei handelt es sich weniger um das Wetter, wie es landläufig erlebt wird. Es geht vielmehr um Begriffe wie Flugsicht, Wolkenobergrenzen, Vereisung in Wolken oder Luftdichteprofil, um nur einige zu nennen.
Mit unterschiedlichen Methoden wie
* Beobachtungen und Messungen am Erdboden,
* Messungen mit aufsteigenden Sonden,
* Beobachtungen und Messungen aus Flugzeugen,
* Fernerkundungen über Bilderfassung durch Wettersatelliten,
* Vermessung von Niederschlagsgebieten mittels Wetterradar sowie
* Ortung von Blitzen
werden solche Wetterelemente erschlossen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben stellt die Wetterdienstzentrale folgende Dienste sicher:
* Wetterdiagnose und -vorhersage
Aus der Fülle von Wetterdaten wird ein aktuelles Bild von der Wetterlage erstellt, das zur Beurteilung der Durchführung von Operationen zu Land und in der Luft geeignet ist. Die erarbeitete Wetterlage wird auf die Erfordernisse des Kommandanten zugeschnitten, der sie zur Lagebeurteilung benötigt.
* Wetterberatung
Die Wetterdienstzentrale stellt auch eine jederzeitige Wetterberatung sicher, der insbesondere beim Flugbetrieb wesentliche Bedeutung zukommt.
EDV-LRÜ
Die EDV-LRÜ im Betriebsstab ist in der heutigen Form nach Abschluss des Realisierungsprojektes zur Errichtung des Systems "Goldhaube" im Jahre 1990 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der im Zuge der kontinuierlichen Betriebsaufnahme aufgebaute LRÜ-Anteil des Rechenzentrums mit dem überwiegenden Anteil des EDV-Personals aus dem Stab Luftraumbeobachtungssystem zusammengeführt.
Die so entstandene Organisationsform EDV-LRÜ wurde mit der Systembetreuung des gesamten IT-Systems "Goldhaube" beauftragt. Es umfasst im Wesentlichen
* den Bereich Command and Control der Luftstreitkräfte (das "Diensthabende System Luft") und
* das Führungs-Informationssystem der Luftstreitkräfte, auch bekannt unter dem Begriff "Flieger-Informationssystem".
Die Aufgaben der Systembetreuung beinhalten
* den IT-Betrieb und die Wartung der stationären Anlagen sowie die Betriebsbetreuung der mobilen Verarbeitungskomponenten,
* die Unterstützung und Betreuung sämtlicher Anwender im Zusammenhang mit Betriebsunterstützung, Schulung und Einrichtung von Organisationsabläufen,
* die logistische und technologische Materialerhaltung der gesamten Hard- und Software,
* die betrieblich erforderliche Systemanpassungen unter Beibehaltung der Gesamtfunktion und
* die Funktionalitätserweiterung mit Systemplanung, Realisierung und Betriebseinführung.
Neben den Online-Verarbeitungssystemen werden Systemkomponenten für Entwicklung, Test, Simulation und Auswertung in den Räumlichkeiten des Betriebsstabes betrieben.
Zusätzlich zur Systembetreuung des Systems "Goldhaube" ist die EDV-LRÜ für den Betrieb und die Datenorganisation des zentralen Servers sowie für das Materialerhaltungssystem im Bereich der Luftstreitkräfte (MatWi/L) verantwortlich.
Das Personal bei der EDV-LRÜ setzt sich aus hoch qualifizierte Spezialisten zusammen. Es hat
* die Anwendungsentwicklung,
* die System- und Netzwerktechnik,
* die Systemimplementierung,
* die Qualitätssicherung und
* den Rechenzentrumsbetrieb
sicherzustellen.
Technische Betriebszentrale
Die Technische Betriebszentrale (TEBZ) hat im Bereich der gesamten Einsatzzentrale "Basisraum" und den dazugehörigen Baulichkeiten die Überwachung, Wartung und Instandsetzung der technischen Einrichtungen sicherzustellen.
Durch Kontrolle und präventive Materialerhaltung ist die technische Ausfallswahrscheinlichkeit auf ein Minimum zu reduzieren und bei Störungen ist durch raschen Einsatz der korrektiven Materialerhaltung die Funktionsfähigkeit der Anlage wieder herzustellen oder eine Störungsausbreitung zu verhindern.
Auf Grund der komplexen Anforderung sind viele Systeme im Bereich der Technik redundant ausgelegt. Speziell im fernmeldetechnischen Bereich stützt man sich auf verschiedene Übertragungssysteme wie z.B. Heeresfernmeldesysteme oder Richtfunk ab, um bei einem Ausfall sofort auf ein anderes Übertragungsmedium ausweichen zu können.
Die technische Betriebszentrale ist für alle technischen Modifikationen federführend, um die Anlage auf dem letzten Stand der Technik zu halten. Auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Techniker wird großer Wert gelegt, um nach neuesten Erkenntnissen der Technik und der Betriebssicherheit arbeiten zu können. Für die angeführten Tätigkeiten stehen fünfundsechzig Techniker und eine Sicherheitsfachkraft zur Verfügung.
Diese Techniker sind in die Teilbereiche
* Betriebsführung,
* Haustechnik (mit Klima, Wasser und Elektrik) und
* Fernmeldetechnik
gegliedert.
Rettungs- und Brandschutzdienst
Der Rettungs- und Brandschutzdienst (RuBSD) ist eine innerbetriebliche Feuerwehr (Grubenwehr) des Betriebsstabes in St. Johann im Pongau. Der Haupteinsatzbereich ist der aktive und passive Brandschutz im Untertagebau der EZ/B sowie den angeschlossenen Betriebsobjekten.
Gegründet wurde der RuBSD im Jahre 1987 mit einer Gesamtstärke von vierzig Mann. Seit dem Entstehungsjahr hat sich nicht nur die Mannschaftsstärke und das Einsatzgerät, sondern auch das Einsatzgebiet vergrößert.
Ein Abkommen zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erweiterte das Aufgabenspektrum um die Assistenzleistung im Bereich Tunnelunglücke und Bergwerkskatastrophen.
In Erfüllung dieses Abkommens wurde der RuBSD bisher zu vier Assistenzleistungen im Bereich Lassing, Tauerntunnel, Kaprun und Jochberg herangezogen.
Um derartige Einsätze bewerkstelligen zu können, ist neben der Feuerwehrausbildung des Personals an den Landesfeuerwehrschulen in Salzburg und Steiermark auch eine spezielle Ausbildungen an der Hauptstelle für Gruben- und Rettungswesen in Hohenpeißenberg (Deutschland) notwendig.
Die derzeitige Stärke des RuBSD beträgt neunundfünfzig Mann, davon ein Oberführer als Kommandant, vier Stellvertreter, vier Gerätewarte und fünfzig Truppmänner.
Zur Ausrüstung gehören neunundzwanzig Kreislaufgeräte BG 174 mit einer Einsatzzeit von vier Stunden, zwei Impulslöschgeräte, Hitze- und Chemikalienschutzanzüge, Mess-, Funk- und Bergegerät sowie die Schutzausrüstung des einzelnen Soldaten.
Military Control Center
Das seit Jänner 1994 in das LRÜ integrierte Military Control Center (MCC) ist als eine der Zentralen des Luftraumüberwachungssystems "Goldhaube" für die Lösung der flugsicherungsrelevanten Aufgaben und Probleme im Rahmen des diensthabenden Systems zuständig.
Es ist einerseits Bindeglied zwischen der zivilen und militärischen Flugsicherung im regionalen und überregionalen Bereich, andererseits Bindeglied und Puffer zwischen der taktischoperativen Führung und der Flugsicherung ganz allgemein.
Das MCC koordiniert die für die Luftverteidigung notwendigen Lufträume mit der Zivilflugsicherung und delegiert sie an den Radarleitdienst.
Dabei erfolgen Einsätze zur Erfüllung von luftpolizeilichen Aufgaben zum Zwecke der Wahrung der Lufthoheit und die dafür notwendigen routinemäßigen Ausbildungsflüge sowie das tägliche Luftkampftraining.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben stellt das MCC folgende Dienste sicher:
* Flugverkehrsleitdienst durch "Tauern Control"
Dieser Dienst ist verantwortlich für die sichere Durchführung des militärischen Jet-Flugbetriebes und den militärischen Instrumentenflugbetrieb (IFR) in Entsprechung des FUA-Konzeptes (Flexible Use of Airspace = gemeinsame Nutzung des Luftraumes durch zivile und militärische Bedarfsträger).
* Fluginformationsdienst durch das "INFO"-Service
Dieser Dienst versorgt die leichten Militärfliegerkräfte, die nach Sichtflugregeln operieren, mit allen Informationen, die zur sicheren Flugdurchführung notwendig sind, aber auch mit allgemein militärischen oder taktischen Informationen.
* Radarleitdienst als backup im Anlassfall
Die Militärische Fluginformationszentrale, ein Teil des MCC, ist verantwortlich für die Sammlung, Selektion, Herausgabe und Verteilung aller für die Militärluftfahrt relevanten Informationen.
Um den Auftrag bestmöglich erfüllen zu können, hat das MCC sowohl Zugriff auf die zivilen Systeme der Austro Control, als auch auf die militärischen Systeme der "Goldhaube".
Im Vergleich zum europäischen Ausland kann die Organisation der gemeinsamen Nutzung des österreichischen Luftraumes durch die Zivil- und Militärluftfahrt als sehr effizient und flexibel bezeichnet werden. Besonders auf den hoch entwickelten Standard der Flugsicherheit, die diese Form der gemeinsamen Nutzung ermöglicht, kann nicht oft genug hingewiesen werden.
Das Radarstationskommando
Im Jahr 1961 ist das Radarstationskommando aus der 2. Radarkompanie des damaligen Flugmeldebataillons hervorgegangen. Bis zum heutigen Tag ist es der Träger der ortsfesten Radar-Luftraumüberwachung und der Hauptlieferant sicherer und weit reichender Radardaten im Diensthabenden System der Luftraumüberwachung.
Bedingt durch den rasanten technischen Fortschritt war die damalige Großraumradarstation am Kolomansberg das Kernstück des späteren LRÜ-Systems "Goldhaube". Mit dessen Verwirklichung ging zwar die technischbetriebliche Einheit einer einzigen Großraumradarstation verloren, brachte aber dafür eine optimale Anpassung an die Erfordernisse einer modernen Luftraumüberwachung durch den Einsatz von drei ortsfesten Radarsensoren neuester Technologie im 24-Stunden-Betrieb und deren Vernetzung in einer gemeinsamen Zentrale. Dieser Schlüsselaufgabe wird das Radarstationskommando bis heute gerecht. Neben den drei ortsfesten Mittelbereichsradarstationen und dem Long Range Radar verfügt das Radarstationskommando zusätzlich über eine Stabs-, Transport- und Ausbildungskompanie.
Zur Sicherstellung des kontinuierlichen Flusses an Radardaten ist ein dafür geeignetes Verbindungsnetz Voraussetzung. Dieses wurde als Folge der "Tschechienkrise" des Jahres 1968 zunächst als reines Flugfunknetz errichtet und hat sich in der Zwischenzeit zum integralen Bestandteil des Fernmeldenetzes IFMIN als ortsfestes Richtverbindungssystem weiterentwickelt. Neben den vier Netzfunkstellen umfasst es derzeit siebenunddreißig Richtverbindungsend- und Relaisstationen sowie die Einbindungen in die Vermittlungen des Heeresgrundnetzes.
Das Radarstationskommando ist für die Bereitstellung der Infrastruktur und die Verwaltung dieses Netzes verantwortlich und arbeitet dazu zur Bewältigung der Materialerhaltungsaufgaben eng mit dem TLZ der LRÜ zusammen.
Erzwungen durch den extrem gestiegenen Bedarf an digitalen Daten im gesamten Bundesheer wird dieses Netz gerade modernisiert. Es bildet somit das zweite technologische Standbein des Radarstationskommandos im 21. Jahrhundert.
Das Radarbataillon
Die LRÜ stellt wie eingangs dargestellt die militärische Luftraumüberwachung durch Luftraumbeobachtung und den Aufbau des Luftlagebildes im Wege der Identifizierung und Klassifizierung der erfassten Flugziele sowie die Einsatzführung und Einsatzleitung der Abfangjäger sicher.
Entsprechend der Lageentwicklung werden Kräfte zur raschen Verstärkung der militärischen Luftraumüberwachung und zur Verdichtung und Erweiterung des Luftraumbeobachtungssystems durch mobile Sensoren und mobile Subzentralen bereitgehalten und eingesetzt.
Hiezu hat das RadB die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der mobilen Komponenten zur Luftraumüberwachung sicherzustellen. Es errichtet und betreibt mobile Radarsensoren sowie mobile Zentralen und führt Luftraumbeobachtung sowie Radarleitdienst im dezentralen oder autonomen Betrieb gemäß Vorgaben der operativen Führung im Anlassfall durch. Die Aufgaben des RadB sind daher sowohl im Frieden wie auch im Krisen- oder Verteidigungsfall die Ausbildung und der Einsatz der mobilen Kräfte des LRÜ.
Als Systeme werden
* die mobilen Radarstationen (MRS),
* das Tieffliegererfassungsradarsysteme (TERS),
* die mobilen Subzentralen (DCRC),
* die mobilen Richtfunkgeräte,
* die mobilen Knotenvermittlungen und
* die mobilen Flugfunkeinrichtungen
zur Verdichtung und zur Bereitstellung von Redundanzen im dezentralen oder autonomen Betrieb eingesetzt. Diese Systeme sind im RadB in drei Einheiten organisiert.
Das Technisch-Logistische Zentrum
Am 31. August 1983 erfolgte der Spatenstich zum Bau der Radarwerkstätte des LRÜ. Ziel war es, die Basismaterialerhaltung des Systems "Goldhaube" zum Zwecke der größtmöglichen technischen Selbstständigkeit im eigenen Bereich aufzubauen.
Das Technisch-Logistische Zentrum der Luftraumüberwachung präsentiert sich als Truppenkörper mit einer Stärke von sechzig Berufsmilitärpersonen und Zivilbediensteten. Der frühere Name "Radarwerkstätte" wurde vor rund zwanzig Jahren von einer Truppenmaterialerhaltungseinrichtung übernommen. Er entsprach mittlerweile nicht mehr den tatsächlichen Aufgaben einer zeitgemäßen Basismaterialerhaltungseinrichtung. Es wurde daher eine Neustrukturierung mit einer Umbenennung in "Technisch-Logistisches Zentrum (TLZ)" vorgenommen.
Als nunmehrige Basismaterialerhaltungseinrichtung ist das TLZ auf Grund der spezifischen Aufgaben eine im Bundesheer einmalige Organisationseinrichtung. Sie ist mit der höchsten Materialerhaltungskompetenz ausgestattet und ist mit einer Heereszeuganstalt vergleichbar.
Das TLZ ist für die technische Einsatzbereitschaft sämtlicher Radaranlagen und Fernmeldemittel des Luftraumüberwachungssystems "Goldhaube" verantwortlich.
Ebenso ist stellt das TLZ die technische Einsatzbereitschaft
* der ortsfesten (ORS) und mobilen Mittelbereichsradarstationen (MRS),
* der Long Range Radarstation (LRR),
* des Tieffliegererfassungsradarsystems (TERS) sowie
* der erforderlichen Fernmeldeeinrichtungen für Telekommunikation, Datentransfer sowie Flugfunk.
sicher.
Teilstreitkräfteübergreifend wurde dem TLZ auch die Basismaterialerhaltung für die Zielzuweisungsradargeräte (ZZR) übertragen. Übergreifend deshalb, weil sich ein Teil der ZZR im Verantwortungsbereich der Landstreitkräfte befindet. Ebenfalls teilstreitkräfteübergreifend ist die Instandsetzungskompetenz für das heeresinterne Fernmelde- und Datennetz wahrzunehmen.
Neben den Aufgaben an der Basis hat das TLZ auch Elemente der Truppenmaterialerhaltungsebene vor Ort auf den Radarstationen zu unterstützen, wenn deren personelle oder materielle Ressourcen nicht ausreichen. Das TLZ ist auch für die Materialerhaltung der unbemannten Netzfunkstellen des militärischen Flugfunknetzes im hochalpinen Gelände sowie für das ortsfeste Richtverbindungsnetz in allen Ebenen zuständig.
Logistik
Schon sehr früh war man bemüht, bei der Logistik neue Wege zu gehen. Durchgehende IT-Unterstützung, weitgehende und unabhängige Materialerhaltung von Firmen, dezentrale Bewirtschaftung, eigenes Budget und Materialbewirtschaftung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen wurden bei der Neustrukturierung des TLZ verfolgt.
Nunmehr erfolgt die Materialerhaltung und -bewirtschaftung über das IT-gestützte System "Materialwirtschaft Luftstreitkräfte (MatWi/L)", wodurch das prozessorientierte Zusammenwirken von Systembetrieb, Materialerhaltung und Logistik optimal sichergestellt werden kann.
Das TLZ war der erste Verband im Bundesheer, bei welchem IT-gestützte Materialerhaltung eingeführt wurde.
Projekte und Entwicklungsarbeit
Weit über die Aufgaben einer Basismaterialerhaltungseinrichtung hinausgehend erfolgt durch TLZ wichtige Entwicklungsarbeit.
Hiezu einige Beispiele:
* Baugruppen
Planung, Entwicklung und Fertigung neuer Baugruppen zum Ersatz für Speichermodule, welche von der Erzeugerfirma nicht mehr instand gesetzt werden können.
* Systeme
Planung, Entwicklung und Fertigung von speicherprogrammierbaren Steuerungssystemen (SPS), Fernwirk- und Protokollierungssystemen.
* Anlagen
Auf Netzfunkstellen wurde die Erneuerung von Stromversorgungsanlagen, haustechnischen Anlagen, Steuerungs- und Fernüberwachungssystemen im eigenen Bereich geplant, projektiert und ausgeführt. Durch diese innovative Entwicklungsarbeit konnten Projekte realisiert werden, die bei ausschließlicher Firmenvergabe nur schwer finanzierbar gewesen wären.
In diesem Zusammenhang verdient die Photovoltaikanlage Dachstein besondere Erwähnung. Im Hochgebirge, am Großen Koppenkarstein auf einer Höhe von 2.865 Metern durch das TLZ errichtet, wurde dieses Projekt mit dem Österreichischen Solarpreis ausgezeichnet.
Abschließend hoffen wir, dass es uns gelungen ist, einen umfassenden Einblick über die Aufgaben und Organisation der LRÜ vermittelt zu haben.
Hptm Markus Fauland, S5/LRÜ