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Ausbildung bei Kaderpräsenzeinheiten

In der Miliz Info Nr. 1/2004 haben wir über die Kräfte für internationale Operationen (KIOP) und die Bildung von Kaderpräsenzeinheiten (KPE) berichtet. Im folgenden Beitrag wird der Dienst und die Ausbildung der Soldaten in KPE vorgestellt.

Grundsätzliches


Die Bildung der KPE ist ein weiterer Schritt zur Professionalisierung und Erhöhung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres insbesondere für Einsätze im Rahmen der Hilfeleistung zur Friedensunterstützung im Ausland.
Solche Einsätze können zur
* Friedenserhaltung,
* Friedenserzwingung (Friedensschaffung nach Diktion der EU),
* Evakuierung von Nicht-Kombattanten aus Gefahrenzonen und
* humanitären Hilfeleistung
erforderlich werden.

Friedensunterstützende Einsätze
Das sind grundsätzlich Maßnahmen der Vereinten Nationen und anderer kollektiver Sicherheitssysteme oder Koalitionen zur internationalen Krisenbewältigung im gesamten Aufgabenbereich der Streitkräfte.
Als mandatserteilende Institutionen oder Organisationen kommen für Österreich
* die Vereinten Nationen (UN),
* die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und
* die Europäische Union (EU)
in Betracht.
Die dabei zu erfüllenden Aufgaben stellen durch die geforderte Anpassungsfähigkeit an
* ungewohnte Rahmenbedingungen und fremde Kulturkreise,
* Verständnis und Akzeptanz für die Hintergründe von Konflikten oder Ursachen menschlichen Leides und deren geopolitische Fakten
eine besondere Herausforderung an das Bundesheer dar und erfordern von den eingesetzten Soldaten spezielle Handlungsformen, die nicht immer alleine im traditionellmilitärischen Bereich liegen.
Friedenserzwingende Einsätze sind Kampfeinsätze zur Krisenbewältigung einschließlich Maßnahmen zur Herbeiführung des Friedens im Sinne des Kapitel VII der UN-Charta und der NATO Peace Support Operations Doctrine.

Einsatzaufgaben und -verfahren


Von den vorstehenden Einsatzzwecken leiten sich die Einsatzaufgaben und -verfahren ab.
Sie umfassen
* die Sicherstellung einer sichtbaren Präsenz einer friedensunterstützenden Streitkraft in einem zugewiesenen Verantwortungsbereich und
* die Aufgaben eines Kampfverbandes im Rahmen der Anwendung von Gewalt bei der Friedenserzwingung:
Diese Aufgaben sind in einer Liste - Mission Essential Task List (METL) - zusammengefasst, aus der die Ausbildungsziele abgeleitet werden.
Die METL enthält bei einzelnen Missionen folgende Aufgaben, für die unsere KPE- und FORM-EIN-Soldaten auszubilden und bestmöglich auf ihren Einsatz vorzubereiten sind:

Trennen der Streitparteien und Überwachung der Einhaltung des Mandats
* Herstellen einer sichtbaren Präsenz zwischen den Streitparteien;
* Überwachung
- des Truppenrückzuges aus einer entmilitarisierten oder truppenverdünnten Zone,
- der entmilitarisierten oder truppenverdünnten Zone,
- von Schlüsselräumen wie Städte, Orte, Verkehrsknoten und Lager
- sowie von Grenzen, Grenzübertrittsstellen, Häfen und Flughäfen;
* Feststellen, Melden und Untersuchen von Verletzungen des Abkommens;
* Schutz der Zivilbevölkerung in eigens eingerichteten Räumen sowie eigener und internationaler Einrichtungen.

Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration
* Überwachung der Rücknahme von Truppen in Sammelräume;
* Errichten und Betreiben von Waffenübergabeorten;
* Übernahme, Verwahrung und gegebenenfalls Vernichtung von Waffen und Kriegsgerät;
* Errichten und Betreiben von Internierungslagern;
* Unterstützung von Maßnahmen zu Reintegration.

Unterstützung beim Übergang zum Frieden
* Unterstützung der Gastlandbehörden sowie internationaler, regionaler oder Nicht-Regierungsorganisationen.

Unterstützung humanitärer Maßnahmen
* Evakuieren der Zivilbevölkerung aus bedrohten Räumen;
* Schutz von Hilfstransporten und des Personals von Hilfsorganisation;
* Transport und Verteilung von Hilfsgütern;
* Transport und Versorgung von Flüchtlingen;
* Mithilfe beim Austausch von Kriegsgefangenen und Gefallenen;
* Errichten, Schützen und Betreiben humanitärer Einrichtungen.

Humanitäre Operationen
* Durchführen von Transporten im Einsatzraum;
* Unterstützung eigener Kräfte und Begleitschutz;
* Sicherstellen der Bewegung mit Straßen- und Brückeninstandsetzung sowie -errichtung, Kampfmittelbeseitigung;
* Schutz von Lagern und Einrichtungen;
* Einsatz als Reserveeingreifkraft;
* Unterstützung der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit;
* Allgemeine Versorgungsaufgaben einschließlich Wasseraufbereitung;
* Spüreinsatz und Dekontamination.

Evakuierung von Nicht-Kombattanten
* Spezialaufklärung durch Sondereinsatzkräfte;
* Geiselbefreiung durch Spezialkräfte;
* Errichten und Sichern von vorgeschobenen Basen sowie Aufnahme- und Sammelpunkten;
* Sicherstellen der Bewegung mit Straßen- und Brückeninstandsetzung sowie -errichtung, Kampfmittelbeseitigung;
* Begleitung und Schutz von zu evakuierenden Personen und Transportunterstützung;
* Evakuierung von Kranken oder Verletzten;
* Suchen & Retten von zu evakuierenden Personen;
* Durchführung von Lufttransporten;
* Spüreinsatz und Dekontamination.

Trennen von Streitparteien mit Gewalt
* Angriff, Gegenangriff und Gegenstoß;
* Verteidigung;
* Aufklärung.

Ausbildungsvoraussetzungen

Für die Einteilung und Verwendung bei einer KPE sind folgende Ausbildungsvoraussetzungen zu erfüllen:

Offiziere und Unteroffiziere
benötigen zusätzlich zu ihrer Ausbildung für den vorgesehenen Arbeitsplatz im Organisationselement der KPE die gemäß den "Durchführungsbestimmung für die Ausbildung für auslandsorientierte Aufgaben" vorgesehene führungsebenen- bzw. funktionsspezifische PSO-Ausbildung.
Diese umfasst je nach Funktion den
* Offizierskurs (OC-PSO),
* Stabsoffizierskurs (SOC-PSO),
* Militärpolizeikurs (MPC-PSO),
* Logistikkurs für Offiziere (LOGC-PSO OC),
* Logistikkurs für Unteroffiziere (LOGC-PSO BC),
* Kurs für zivilemilitärische Kooperation (CIMICC-PSO),
* Militärbeobachterkurs (MOC-PSO),
* Basiskurs für Unteroffiziere (BC-PSO),
* Medical Course for Peacekeeping Operations für Ärzte und SanUO,
* AFDRU-Sanitätskurs für Ärzte, Sanitätslogistikoffiziere und SanUO,
* AFDRU-Ärztekurs,
* AFDRU-Basiskurs für alle Angehörigen des AFDRU-Kontingentes;
* AFDRU-Spür-Ausbildung für Angehörige von AFDRU;
* TWA-Grundkurs für Angehörige eines TWA-Element/AFDRU.

Offiziere des Milizstandes werden in die KPE grundsätzlich als Militärperson auf Zeit (MZO) aufgenommen.

Unteroffiziere des Milizstandes, die in einem Dienstverhältnis den Unteroffizierslehrgang abgeschlossen haben, werden als Militärperson auf Zeit (MZUO) aufgenommen.

Unteroffiziere des Milizstandes, die ihre Qualifikation über die Miliz-Unteroffiziersausbildung (MUOK 1 und 2 sowie BWÜ) erlangt haben, treten in ein Dienstverhältnis als VB/SV ("KIOP-VB) ein und werden in den übrigen Belangen (Verwendung, Besoldung) einer Militärperson gleichgestellt. Voraussetzung ist allerdings der Abschluss der FUO-Ausbildung (Basiskurs für AuslE), da diese in der MUO-Ausbildung nicht enthalten ist.

Chargen in Kommandantenfunktion
Als Ausbildungsvoraussetzungen gelten für Chargen in Kommandantenfunktion die für die entsprechende Grundfunktion vorgesehene Ausbildung im Grundwehrdienst (Basis- und Verbandsausbildung, zumindest bis zur Teileinheitsebene) und der Chargenkurs gemäß DBCh, der bereits den Basiskurs für AuslE ("FUO-Ausbildung") enthält.
Auf Grund der geringen Anzahl der derzeit verfügbaren Chargen in Kommandantenfunktionen ist die Besetzung des Arbeitsplatzes als Ausnahmeregelung zu Beginn der KPE-Aufstellung auf Entscheidung des Kommandanten auch vor Abschluss der geforderten Ausbildung möglich. Der Chargenkurs ist jedoch so rasch wie möglich nachzuholen.
Wehrpflichtige, die den MUOK 1 und 2 oder den EFK 1 und 2 erfolgreich abgeschlossen haben, benötigen keinen Chargenkurs, müssen allerdings an der sonst im Kurs integrierten FUO-Ausbildung (Basiskurs für AuslE) teilnehmen.

Chargen ohne Kommandantenfunktion
Für Chargen ohne Kommandantenfunktion gilt als Ausbildungsvoraussetzung die für die entsprechende Grundfunktion vorgesehene Ausbildung (Basis- und Verbandsausbildung, zumindest bis zur Teileinheitsebene) im Grundwehrdienst oder im Zuge einer Nachhollaufbahn (ZS-Kurz).

Ausbildungsstruktur
Zweck der Ausbildung bei KPE - Austrian Armed Forces Response Forces (ARF) - ist das Herstellen der ausbildungsmäßigen Einsatzbereitschaft im Teileinheits- und Einheitsrahmen für einen nachfolgenden Auslandseinsatz.
Die Ausbildung und Einsatzvorbereitung bei der KPE ist stufenförmig strukturiert und baut auf die Ausbildung im Bundesheer auf. Sie ergänzt und erweitert die erlangten Fähigkeiten um jene Erfordernisse, die sich bei der Teilnahme an internationalen Operationen ergeben.
Die Ausbildung bei KPE vermittelt einsatz- und einsatzraumspezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Ebenso werden dabei die erforderlichen "Einsatzgemeinschaften" geformt, routiniert und auf die Einsatzerfordernisse vorbereitet.

Ausbildungsgang

Die Ausbildung bei der KPE gliedert sich in:
* Einsatzvorbereitungsphase - Abschnitt I,
* Stand By Phase - Abschnitt II,
* Auslandseinsatzphase -Abschnitt III mit Ausbildung vor einem tatsächlichen Einsatz und Abschnitt IV mit Ausbildung im Einsatzraum sowie
* Nachbereitungsphase - Abschnitt V.
Die Ausbildungsdauer ist für die Abschnitte I, II und V grundsätzlich mit sechs Monaten festgelegt, sofern kein Einsatz während dieser Zeiten erforderlich ist und sich die einzelnen Phasen ineinander verschieben.

Einsatzvorbereitungsphase
Das Ziel des Abschnittes I ist
* die Formierung der Einheit,
* die Bildung der Kampfgemeinschaft und
* das Herstellen der Feldverwendungsfähigkeit
für den Auslandseinsatz.

Ausbildungsablauf
Am Beginn der Ausbildung steht eine formelle Formierung der gesamten KPE. Dies ist von besonderer Bedeutung für jene Einheiten, deren Organisationselemente nicht gemeinsam in einer Garnison untergebracht sind.
Bei dem ersten Zusammentreten der Einheiten steht das Schaffen eines entsprechenden Zusammenhaltes (Korpsgeist - Corporate Identity) im Vordergrund.
Alle KIOP-VB absolvieren in weiterer Folge den dreiwöchigen KIOP-Kurs entsprechend dem verfügten Curriculum.
Sollte die KPE über ein eigenes, sonst im Bundesheer nicht eingeführtes Gerät verfügen, so erfolgt eine entsprechende Schulung im Zuge der Waffen- oder Geräteausbildung.
Die Anwendung der Einsatzverfahren wird vorerst schulmäßig unter den verschiedenen Bedrohungsszenarien und Regeln zur Gewaltanwendung gefestigt. Dabei wird den Auszubildenden unter Einsatz von Darsteller der unterschiedlichen bewaffneten Kräfte sowie der Zivilbevölkerung im Einsatzraum (feindlich als auch kooperativ gesinnt) ein realistischer Eindruck vom Einsatzumfeld vermittelt.
Im Rahmen der Verbandsausbildung werden bei Zusammenziehung der gesamten KPE einschließ-lich der Pionierteile auch komplexe Fähigkeiten antrainiert.
Die Handhabung der Regeln zur Gewaltanwendung im Rahmen der Einsatzaufgaben werden auch im scharfen Schuss unter Beachtung der Vermeidung von Schäden an unbeteiligten Menschen und Gütern (Kollateralschäden) geübt.
Ist die KPE in mehreren Garnisonen disloziert wird sie zumindest ein mal im Monat zu Übungen oder zur anspruchsvollen Schießausbildung zusammengezogen.
Im letzten Monat der Einsatzvorbereitungsphase wird die KPE für mindest drei Wochen auf einem Truppenübungsplatz zur Ausbildung, zur Übung und zum Schießen im Teileinheits- und Einheitsrahmen sowie zur Evaluierung zusammengezogen.
Gegen Ende des Ausbildungsabschnittes I findet eine planmäßige Alarmierung und Formierung statt, in der Abläufe einer überraschenden Entsendung in einen Auslandseinsatz vorgeübt werden. Die Ausbildung im Abschnitt I endet mit einer Evaluierung zur Überprüfung der "Feldverwendungsfähigkeit für den Auslandseinsatz".

Stand By Phase
Der Zweck des Abschnittes II ist
* das Erhalten und Vertiefen der Feldverwendungsfähigkeit für den Auslandseinsatz und
* das Bereithalten für einen Auslandseinsatz.

Ausbildungsablauf
Die bisher erlernten Ausbildungsinhalte werden gefestigt und vertieft und nach unterschiedlich Einsatz- und Bedrohungsszenarien mit den entsprechend angepassten Regeln zur Gewaltanwendung (Use of Force) sowie Regeln zur Aufnahme der Feindseligkeiten (Rules of Engagement) geübt.
In gemeinsamen Übungen mit anderen Einheiten werden die Auszubildenden auf die Zusammenarbeit mit anderen Einheiten bei besondern Einsätzen unter Anwendung von Gewalt vorbereitet.
Die Bewältigung von Einsatzaufgaben wird im vollen Umfang und Einsatzrahmen bis auf Einheitsebene auch im scharfen Schuss geübt.
Während der Stand By Phase erfolgt zumindest eine unangekündigte Alarmierung und Formierung, in der alle Abläufe unter Einbindung des KdoIE für eine überraschende Entsendung in einen Auslandseinsatz vorgeübt werden. Darüber hinaus finden interne Alarmierungs- und Formierungsübungen innerhalb der KPE statt.
Entsprechend der vorausschauenden Einsatzbeurteilungen des BMLV erfolgt im Abschnitt II eine grundsätzliche allgemeine Einsatzraumeinweisung.

Auslandseinsatzphase
Der Zweck des Abschnittes III ist die Ausbildung vor einem unmittelbaren Auslandseinsatz zur Herstellung der Feldverwendungsfähigkeit für einen speziellen Einsatzzweck in einem bestimmten Einsatzraum.

Ausbildungsablauf
Bei einem ungeplanten Einsatz ist die einsatz- und einsatzraumspezifische Ausbildung auf den Zeitraum zwischen Alarmierung und Entsendung (abhängig vom angeordneten Bereitschaftsgrad) beschränkt.
Bei einem geplanten Einsatz innerhalb einer bestehenden Auslandseinsatzmission haben die KPE innerhalb der ausbildungsmäßigen Einsatzvorbereitung zumindest an der Ausbildung des Schlüsselpersonals und der Verbandsausbildung des Kontingentes teilzunehmen.

Der Zweck des Abschnittes IV ist die Erhaltung und Vertiefung der Feldverwendungsfähigkeit. Die Ausbildung orientiert sich dabei an den Bedürfnissen des Einsatzes.

Einsatznachbereitungsphase
Der Zweck des Abschnittes V ist
die ausbildungsmäßige Einsatznachbereitung und die Vermittlung ergänzender Ausbildungsinhalte.

Ausbildungsablauf
Bei der Einsatznachbereitung sind die im Einsatz gemachte Erfahrungen auszuwerten und aufgetretene Ausbildungsdefizite zu beheben.
Folgend Ausbildungsarten sind vorgesehen:
* Ausbildung zu einer Zweitfunktion;
* Zusätzliche Geräteausbildung wie Ausbildung am Minensuchgerät;
* Erwerb zusätzlicher Befähigung wie Führerscheine, Sprengbefugnis;
* Sonderausbildung wie Alpinausbildung;
* Weiterführende Sprachausbildung;
* Fortbildung des Kaderpersonals.
Die Fortbildung des Kaderpersonals umfasst folgende Themen:
*Auswertung und Umsetzung von Einsatzerfahrungen nach kulturellen Einsatzaspekten;
* Taktische Kaderfortbildung mit Schwergewicht Einsatzverfahren;
* Weiterschulung der Fremdsprachenfähigkeit;
* Führungsverhalten unter Bedacht auf die erwartbaren Einsatzumstände;
* Kenntnis der mögliche Einsatzräume;
* Umgang und Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Akteuren im Einsatzraum;
* Umgang mit Medien und Führung von Interviews;
* Führung von Verhandlungen;
* Vermittlung zwischen Streitparteien.

Obst Horst Malat, AusbA

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