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Der Eurofighter "Typhoon" (VIII)

Ausbildung des militärluftfahrttechnischen Personals

Die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Kaderpersonal hat im Österreichischen Bundesheer einen hohen Stellenwert, speziell in den technisch-logistischen Diensten der Militärluftfahrt. Denn ohne die Heranbildung von qualifiziertem luftfahrttechnischen Personal gibt es keinen Flugbetrieb - auch nicht mit dem Eurofighter "Typhoon".

Die Ausbildung des militärluftfahrttechnischen Personals am Eurofighter "Typhoon" ist in einem eigenen Vertragswerk geregelt. Sie umfasst Ausbildungsgänge in der Gesamtdauer von ca. 350 Ausbildungstagen.

Ausgebildet werden 100 Personen, die dabei jeweils den oder die ihrer Einteilung entsprechenden Kurse besuchen. Die Ausbildungsgänge erfolgen zeitlich gestaffelt, weil ca. die Hälfte des für den "Typhoon" vorgesehenen technischen Personals der Fliegerwerft 2 (Zeltweg) weiterhin die technische Unterstützung sowie die Benützermaterialerhaltung der F-5E "Tiger" in Graz-Thalerhof sicherstellen musste.

Der erste Teil der Ein- bzw. Umschulung auf den Eurofighter "Typhoon", das Initial Maintenance Training 1 des technischen Personals der Fliegerwerft 2, erfolgte in Kaufbeuren im Allgäu (Deutschland) durch Lehrpersonal der Firma Eurofighter GmbH, abgestützt auf die Infrastruktur der Technischen Schule der Luftwaffe 1. Die Deutsche Luftwaffe stellte für dieses Training zwei Eurofighter "Typhoon" zur Verfügung.

Des Weiteren verfügt der Standort Kaufbeuren über einen Crew Escape and Safety Systems Trainer (Notausstiegs- und Sicherheitssystemtrainer) und einen Weapon Loading Trainer (Beladetrainer). Beide Systeme dienen der Ergänzung der Ausbildung am Luftfahrzeug selbst.

Mit dem Crew Escape and Safety Systems Trainer erfolgt die Ausbildung am Martin-Baker-Schleudersitz MK-16A (siehe Foto unten) sowie an der Pilotenkanzel (Canopy). Das technische Personal kann hier Arbeiten am Schleudersitz sowie an der Kanzel durchführen, ohne ein Luftfahrzeug zu blockieren.

Am Weapon Loading Trainer, einem Holzmodell des Eurofighter "Typhoon" in Originalgröße, gebaut an der Technischen Schule der Luftwaffe 1, kann das Personal z. B. üben, sämtliche Außenlastträger und Aufhängungen des Eurofighters "Typhoon" mit Lenkflugkörpern zu beladen, Zusatztanks anzubauen, die Bordkanone aus- und einzubauen sowie diese zu laden und zu entladen. Des Weiteren dient ein Maintenance Data Panel (eine Konsole zur Ein- und Ausgabe von Wartungsdaten) zum Üben der Eingabe der Luftfahrzeugkonfiguration.

Die Ausbildung an der Technischen Schule der Luftwaffe 1 läuft aufgrund des hohen Ausbildungsbedarfes der Deutschen Luftwaffe in vier Ausbildungsschichten. Somit kann von 0600 bis 2200 Uhr ausgebildet werden.

Zusätzlich zur Firmenausbildung (für das direkt am "Typhoon" arbeitende Personal) wurden Lehrgänge für Systemprüfoffiziere Avionik und Technik (in der Dauer von je zwölf Monaten) bei der Deutschen Luftwaffe gebucht. Bis dato wurden bereits zwei Systemprüfoffiziere Avionik und fünf Systemprüfoffiziere Technik ausgebildet. Je zwei Systemprüfoffiziere Avionik und Technik befinden sich noch in Ausbildung.

Das Initial Maintenance Training 1

Das für den "Typhoon" zuständige technische Personal muss technisch-logistisches Englisch verstehen. Deshalb wurde vom Österreichischen Bundesheer ein technisch-logistischer Englischlehrgang für die Ausbildung am Eurofighter "Typhoon" eingeführt. Dieser wurde in seinem Aufbau von der Deutschen Luftwaffe größtenteils übernommen sowie durch Lehrpersonal aus dem Militärluftfahrttechnisch-logistischen Dienst (MLLD) verbessert und weiterentwickelt. Als Voraussetzung für die Teilnahme am technisch-logistischen Englischlehrgang war es allerdings erforderlich, die Masse der Bediensteten zuvor auf die Englisch-Leistungsstufe B zu bringen. Dies erfolgte bei der Fliegerwerft 2 im Rahmen der dezentralen Sprachausbildung des Österreichischen Bundesheeres. Die Fliegerwerft erwies sich - diese Sprachausbildung betreffend - sogar als bester Verband des Österreichischen Bundesheeres!

Im Initial Maintenance Training 1 erfolgte von September 2006 bis August 2007 die Ausbildung von ca. 55 Personen der Fliegerwerft 2 in den Qualifikationsstufen

  • Wart,
  • Wart Erster Klasse,
  • Werk- und Prüfmeister sowie
  • Leitender Militärluftfahrttechniker.

Die Typenerweiterung gliederte sich in die Fachrichtungen Bordausrüstung (mit Avionik, Elektrik, Waffe, Rettung und Sicherheit), Flugwerk und Triebwerk.

Im Zuge des Trainings gab es deshalb Lehrgänge in den Bereichen

  • Bordausrüstung Avionik,
  • Bordausrüstung Elektrik,
  • Bordausrüstung Waffe, Rettung und Sicherheit,
  • Flugwerk (zwei Lehrgänge) und
  • Triebwerk.

Darüber hinaus fanden folgende Spezialausbildungsgänge statt:

  • Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung für Carbon- und Faserkunststoffe (CFK-Materialien);
  • Räderprüfung und Instandsetzung;
  • Software und Crypto Loading;
  • Bodenprüflauf des EJ 200-Triebwerkes des Eurofighters "Typhoon" nach Wartungstätigkeiten zur Prüfung auf Zustand und Funktion (die Ausbildung erfolgte in zwei Teilen: die Theorie in Kaufbeuren und die Praxis in Laage/Rostock);
  • Crash Crew Training für die Flughafenfeuerwehren Zeltweg und Graz-Thalerhof. Diese Spezialausbildung, durchgeführt vom Personal der Fliegerwerft 2 in Manching (Deutschland), erfolgte in drei Kursen zu je einer Ausbildungswoche. Weil es damals jedoch noch keine vergleichbare Ausbildung bei der Deutschen Luftwaffe gab, kam es zu einer Ausbildungskooperation zwischen dem Personal der Fliegerwerft 2 und der Eurofighter GmbH.

Das Initial Maintenance Training 2

Aufgrund des Mangels an freien Ausbildungskapazitäten in Deutschland erfolgt das Initial Maintenance Training 2 in Zeltweg. Es ist inhaltlich auf die Erfahrungen beim Initial Maintenance Training 1 sowie auf die Erfahrungen und Erkenntnisse in Zeltweg beim Betrieb des Eurofighters "Typhoon" abgestimmt. Dabei ergaben sich bereits mehrere Änderungen in der Dauer und bei den Inhalten der Lehrgänge.

Das Training begann am 23. April 2008 und wird mit 3. März 2009 abgeschlossen sein. Es gliedert sich - der Reihenfolge nach - in die Lehrgänge

  • Flugwerk,
  • Waffe sowie
  • Avionik und Elektrik.

Die Änderungen aufgrund der Erfahrungen bzw. organisatorischen Gegebenheiten betreffen vor allem die Zusammenlegung der Lehrgänge Avionik und Elektrik sowie die Trennung des Lehrganges Waffe, Rettung und Sicherheit in einen Waffenlehrgang und einen Rettungs- und Sicherheitslehrgang. Der Hauptgrund für die Trennung lag in der organisatorischen Zuordnung der Bereiche Waffe bzw. Rettung und Sicherheit zu zwei verschiedenen Fachabteilungen (Flugbetrieb und Technik).

Das Training erfolgt bei der Fliegerwerft 2 auf dem Fliegerhorst Hinterstoisser (Zeltweg) in Zusammenarbeit mit dem Ausbildungs- und Simulationszentrum Zeltweg sowie der Eurofighter GmbH. Dabei wird die Infrastruktur der Fliegerwerft und des Simulationszentrums genutzt.

Der praktische Teil der Ausbildung findet an einem Eurofighter "Typhoon" des Österreichischen Bundesheeres statt. Im Zuge der Vorbereitungen waren einige Grundsatzfragen zu lösen, wie die der Haftung bei eventuellen Schäden am Luftfahrzeug während der Ausbildung, u. a. weil das Trainingspersonal derzeit noch von der Eurofighter GmbH gestellt wird.

In Zukunft: interne Typenschulung

Im September 2006 wurden 24 Bedienstete für den Bereich "Typhoon" in der Fliegerwerft 2 neu aufgenommen. Diese werden seither am Eurofighter "Typhoon" praktisch ausgebildet und auf die Englisch-Leistungsstufe B sowie zum Abschluss des technisch-logistischen Englischlehrganges gebracht.

Nach Beendigung des Initial Maintenance Trainings 2 beginnt die Fliegerwerft 2 mit der Typenschulung am Eurofighter "Typhoon" für die Fachrichtungen Bordausrüstung, Flugwerk und Triebwerk.

Somit ist sichergestellt, dass alle neu aufgenommenen Personen bis Ende 2009 zur Prüfung in der Qualifikationsstufe Wart gemäß der Militärluftfahrtpersonalverordnung 1968 antreten können. Da diese Verordnung vor der Wartprüfung ohnedies eine zweijährige Praxis vorsieht, liegt die Werft beim Zulauf von qualifiziertem Personal voll im Plan.

Die weitere Ausbildung ab März 2009 erfolgt nur noch durch technisches Personal der Fliegerwerft. Im Oktober 2007 liefen die Planungen dafür an, und im Rahmen von zwei Hausarbeiten zur Erreichung der Qualifikation "Leitender Militärluftfahrttechniker" entstand das theoretische Typenschulungsprogramm für die Fachrichtungen Bordausrüstung Flugwerk und Triebwerk. Die internen Typenschulungen werden in Kursform ablaufen.

Vorteile:

Zur Materialerhaltung und Materialverwaltung dienen heereseigene Verfahren. Somit muss das in Schulung befindliche Personal nicht umlernen, wenn es seine praktische Tätigkeit am Luftfahrzeug beginnt. Durch die Lehrtätigkeiten wird zusätzliches Wissen erworben und erhalten sowiedie Fachkompetenz des technischen Personals weiterentwickelt. Auch die Kursadministration ist flexibler, weil nur Lehr- und Ausbildungspersonal der Fliegerwerft zum Einsatz kommt.

Des Weiteren verringern sich durch den Wegfall der Personal- und Reisekosten des Firmenpersonals der Eurofighter GmbH die Kosten der theoretischen Typenschulung beträchtlich.

Weil das Personal täglich mit dem österreichischen Eurofighter "Typhoon" zu tun hat, ist stets ein aktueller Bezug zur österreichischen Eurofighter-Flotte gegeben (Bauzustand, Softwarestand, …). Dies wäre bei Firmenpersonal aufgrund der verschiedenen Bauzustände der "Typhoon" nicht immer der Fall. Erfahrungen aus dem Betrieb anderer Luftfahrzeuge (S-70, C-130 usw.) haben gezeigt, dass die Bedarfsdeckung von "Kleinstkunden" (bezogen auf die Stückzahl der betriebenen Luftfahrzeuge) wie Österreich bei Firmen nur selten eine hohe Priorität hat. Somit ist Österreich zumindest bei der Ausbildung in diesem Bereich von der primär gewinnorientierten Privatwirtschaft unabhängig.

Nachteile:

Die Abstellung von technischem Personal für die Ausbildung kann in Einzelfällen zu Engpässen bei Flugstunden bzw. zu Problemen bei der Einhaltung von Wartungsintervallen führen, weil in manchen Bereichen nur wenige Personen ausgebildet und geschult sind. Durch Faktoren wie Weiterbildung, Urlaub, Krankenstand usw. könnte fallweise nur eine einzige ausgebildete Person vor Ort zur Verfügung stehen. Das könnte unter Umständen außerplanmäßig erforderliche Wartungs- oder Instandsetzungsarbeiten verzögern.

Ein wesentlicher, nicht zu unterschätzender Zeitfaktor ist auch die Aufbereitung (Aktualisierung) von Ausbildungsunterlagen, die ausschließlich durch das technisch-logistische Fachpersonal erfolgen kann und dieses somit für Tätigkeiten bindet, die nicht der unmittelbaren Auftragserfüllung am Luftfahrzeug dienen.

Vor allem aufgrund der Reduktion der Stückzahl der Eurofighter "Typhoon" kommt es bei der praktischen Ausbildung am Luftfahrzeug jedoch zu Engpässen in der Bereitstellung von Flugstunden, weil manche der ohnedies wenigen Luftfahrzeuge temporär als "Ausbildungsgerät" für das technische Personal gebunden sind.

Ein wesentlicher Nachteil ist der Entfall von Firmenerfahrungen mit den technischen Problemen der Luftstreitkräfte anderer Betreibernationen. Dies wird jedoch durch persönliche Kontakte, die während der Firmenausbildung entstanden sind, weitgehend kompensiert.

Auf einen Blick

Die Ausbildung des technischen Personals war und ist sehr zeit- und kostenintensiv (vor allem die Ausbildung durch Firmen). Das Initial Maintenance Training 1 und 2 bilden dabei eine Basis für die Auftragserfüllung der Fliegerwerft 2.

Danach liegt es an der Werft, die Fachkompetenz des Personals zu erhalten, zu erweitern und auszubauen. Die Planung der internen Typenschulung und der praktischen Ausbildung am Eurofighter "Typhoon" sind erste Schritte in diese Richtung.

Die derzeitige Verfügbarkeit an Flugstunden - die letztlich durch die Werft "produziert" werden - sowie die Durchführung der aktiven Luftraumüberwachung mit dem Eurofighter "Typhoon" bestätigen eindrucksvoll den Erfolg der bisherigen Ausbildungsgänge. Ein Erfolg, der in diesem Umfang und in dieser Qualität ohne den hohen persönlichen Einsatz der Bediensteten der Fliegerwerft 2 kaum möglich gewesen wäre!

(wird fortgesetzt)


Autor: Oberleutnant Ing. Mag.(FH) Günter Lackner, Jahrgang 1978. Ausmusterung 2003 als Technischer Offizier zum Panzergrenadierbataillon 9; ab 2005 Feldzeugoffizier beim Überwachungsgeschwader/Fliegerregiment 2; ab 2006 Referent Einsatzvorbereitung der Fliegerwerft 2; Teilnahme am Initial Maintenance Training 1 Bordausrüstung Waffe, Rettung und Sicherheit. Seit 2007 Leiter des Referats Ausbildung der Fliegerwerft 2 sowie Einteilung in der Teilprojektgruppe Ausbildung/Arbeitsgruppe "C" (Ausbildung technisches Personal "Typhoon").

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