Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Tschechisch hat Zukunft

Auch im Österreichischen Bundesheer

Hätte jemand vor 20 Jahren behauptet, die Tschechische Republik und Österreich wären bald Nachbarn in einem "grenzenlosen" Europa westlicher Prägung, hätte man ihn vermutlich ausgelacht. Aus dem fast kontaktlosen Nebeneinander vor 1989 wurde inzwischen ein Miteinander mit zahllosen Berührungspunkten und Gemeinsamkeiten - auch im militärischen Bereich.

Die Armee der Tschechischen Republik (Armada Ceske republiky - ACR), war ursprünglich eine Armee des Warschauer Paktes mit "Angriffsverfahren Ost" und zwei Jahren Wehrpflicht. Sie wurde nach der Öffnung von 1989 in mehreren Schritten zur Berufsarmee eines NATO-Mitgliedstaates (NATO-Beitritt März 1999) mit deutlich mehr Berührungspunkten zum deutschsprachigen Raum als zuvor. Seither ist es auch zwischen dem Österreichischen Bundesheer und der Armee der Tschechischen Republik zu intensiven Kooperationen gekommen. Partnerschaften entstanden, grenzüberschreitende militärische Übungen fanden und finden statt, darunter auch Katastrophenschutzübungen. Bilaterale Projekte sowie der Austausch von Erfahrungen im Bereich der Ausbildung, vor allem im Bereich der ABC-Abwehr, sind keine Seltenheit mehr. Das Zusammenwirken umfasst auch gemeinsame Einsätze im Ausland, z. B. im Kosovo.

Meist fungiert dabei Englisch als Arbeitssprache. Allerdings wird dieses ab bestimmten Ebenen nicht mehr - oder noch nicht - beherrscht. Fehlen dann auch Grundkenntnisse der Sprache des Nachbarn, muss entweder in "Stammeldeutsch mit Händen und Füßen" oder nur in Zeichen- und Bildsprache kommuniziert werden. Das ist aber nicht immer möglich.

Dazu ein Beispiel: Vyskov in Mähren zählt zu den wichtigsten C-Waffen-Übungsplätzen Europas. Dort üben auch österreichische ABC-Einheiten und -Teileinheiten. Der "Begifter" in Vyskov (Foto), der dort im schweren Schutzanzug in der "heißen Zone" Tabun, VX, Soman oder Lost ausbringt, ist ein Zivilbediensteter der Armee der Tschechischen Republik - und spricht eben nur Tschechisch!

Auch eine der für das zweite Halbjahr 2012 vorgesehenen EU Battle Groups soll v. a. aus deutschen, tschechischen und österreichischen Kräften bestehen.

Schon deshalb sind die Anstrengungen des Sprachinstitutes des Bundesheeres an der Landesverteidigungsakademie (SIB/LVAk) wichtig, unter Anwendung aller verfügbaren Mittel auch Tschechisch zu lehren.

Die Einteilung der auszubildenden Sprachen

Führungs- und Arbeitssprachen (Deutsch, Englisch, Französisch).

Einsatzraumsprachen (Sprachen der ansässigen Bevölkerung und der Truppenkontingente, z. B innerhalb einer EU Battle Group) Nachbarsprachen (kommen bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zum Tragen) Informations- und Aufklärungssprachen (z. B. Arabisch, Chinesisch, Russisch, Ukrainisch)

Möglichkeiten und Grenzen

Im Zuge der Tschechischausbildung bleibt es nicht bei der Sprache, die eine der schwierigsten, wenn nicht sogar die schwierigste slawische Sprache überhaupt ist (deren Einfluss auf die deutsche Sprache wird oft unterschätzt wird; so ist kaum jemandem bewusst, dass selbst gebräuchliche Worte wie "Pistole" oder "Roboter" tschechischen Ursprungs sind). Neben der streitkräfterelevanten Fachsprache werden den Kursteilnehmern auch wesentliche Fakten über das Land und dessen Kultur vermittelt - von der Geschichte über Gebräuche und Tagespolitik bis zu Be- und Empfindlichkeiten. Viele Tschechen empfanden z. B. den Film über einen (fiktiven) Unfall im Atomkraftwerk Dukovany, der zum Jahrestag der Ablehnung von Zwentendorf ausgestraht wurde, als Provokation. Das Erlernte soll dem Kursteilnehmer helfen, Missverständnisse und unbeabsichtigte Spannungen zu vermeiden. Die Ausbildung entspricht NATO-Normen (STANAG 6001).

Zu den derzeit laufenden Tschechisch-Lehrveranstaltungen des Sprachinstitutes zählen u. a.:

  • ein Blockkurs der Leistungsstufe 2 (früher B, drei mal drei Wochen/Jahr),
  • ein Blockkurs der Leistungsstufe 3 (früher C, drei mal drei Wochen/Jahr).
  • ein Tschechischkurs der Leistungsstufe 1 (früher A) am Sprachinstitut des Bundesheeres und ein weiterer, gleich aufgebauter Tschechischkurs der Leistungsstufe 1 (Fortlaufender Kurs - zumindest vier Unterrichtseinheiten pro Woche), der extern an der ABC-Abwehrschule stattfindet.

Den erfolgreichen Absolventen dieser Kurse wird u. a. die Ausbildung zur jeweils nächsthöheren Leistungsstufe angeboten - bis zur Leistungsstufe 3. Für Absolventen ab der Stufe 2 existieren zusätzlich Tschechisch-Förderseminare und Wiederholungstage, die auch gerne angenommen werden und gut besucht sind. (Diese entstanden übrigens auf Wunsch zahlreicher Kursteilnehmer.) Einen Höhepunkt der Sprachausbildung (ab der Stufe 2) bildet ein einwöchiger Sprachaufenthalt im Zielland, der in den jeweiligen Kursteil integriert ist. Dort erfolgt die Ausbildung nicht nur "von 0800 bis 1600 Uhr" sondern de facto durchgehend.

Die Krönung jeder Ausbildung ist aber stets die Anwendung des Erlernten. Es kommt mittlerweile immer häufiger zu Sprachmittlereinsätzen Tschechisch/Deutsch sowie Deutsch/Tschechisch. Das Spektrum reicht hier vom Begleitdolmetschen bis zum Übersetzen von Schriftstücken. Dies setzt allerdings höhere sprachliche Kenntnisse voraus, Leistungsstufe 2 reicht dafür sicher nicht aus!

Hochqualifizierte Sprachmittler sind jedoch aufgrund des Zeit- und Ausbildungsaufwandes generell Mangelware. Es ist daher nur konsequent, wenn zur Erreichung der erforderlichen Sprachkompetenz - im Zuge der Internationalisierung unserer Einsätze - auch ausgebildet wird. Die Ausgebildeten stehen dann quasi "auf Abruf" zur Verfügung. Die Tschechischausbildung von Kaderpersonal ist somit keine "Belohnung", sondern eine Notwendigkeit!

Dazu ein Beispiel: Ein Unteroffizier des Stabsbataillons 6 (Tschechisch Leistungsstufe 2) arbeitete 2008 im Zuge einer einwöchigen ABC-Ausbildung österreichischer ABC-Abwehrsoldaten in Vyskov als Sprachmittlergehilfe. Sein Einsatz wurde von beiden Seiten als "sehr hilfreich" und "die Ausbildung fördernd" wahrgenommen.

Derart ausgebildete Offiziere und Unteroffiziere sind u. a. bereits in der 3. Panzergrenadierbrigade, im Kommando Luftunterstützung, in den Militärkommanden Niederösterreich und Oberösterreich sowie an der ABC-Abwehrschule verfügbar.

Sollten auch Sie überlegen, eine neue Sprache zu lernen, vielleicht sogar die Sprache eines Nachbarlandes: Tschechisch ist nicht leicht - aber seine Bedeutung steigt von Jahr zu Jahr!

Autor: Oberstleutnant Manfred Gratzer, MSD, Sprachinstitut des Bundesheeres

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle