Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Handwerk 09

Die Verbandsübung der 4.Panzergrenadierbrigade

Im Frühjahr 2008 erging der Auftrag an die 4. Panzergrenadierbrigade, den Rahmen für die Evaluierung der Task Force 18, einer Panzergrenadier- sowie einer Aufklärungskompanie zu bilden. Um Synergieeffekte zu erzielen, wurde eine Übung geplant, in die sowohl eine Abschlussübung für die Grundwehrdiener des Einrückungstermines April 2009 als auch eine beorderte Waffenübung für die Miliz (Jägerbataillon Oberösterreich) integriert wurden. Die Evaluierung der Einsatzbereitschaft wurde erstmals in Österreich durchgeführt und stellt die Grundlage für die NATO-Evaluierung im Jahr 2010 dar.

Die Planungsvorgaben des Brigadekommandanten Brigadier Mag. Robert Prader für die Übung "Handwerk 09" beinhalteten folgende Ziele:

  • die Festigung des soldatischen Handwerks auf gefechtstechnischer Ebene,
  • das Training von Planungsabläufen im Brigadestab,
  • die Durchführung eines Kampfgruppenschießens und
  • die Durchführung einer Evakuierung im Zusammenwirken der Bataillone.

Training der militärischen Einsatzverfahren

Schwergewicht der ersten Übungswoche war das Training der militärischen Einsatzverfahren unter Verwendung aller Waffen. Das Üben des richtigen Einsatzes der Waffen soll den Soldaten befähigen, aufgrund der dadurch erworbenen Sicherheit im Umgang mit seiner Ausrüstung und seiner Waffe, in Krisensituationen ruhig und überlegt agieren zu können.

In der zweiten Übungswoche wurde schwergewichtsmäßig eine Evakuierung während eines friedensunterstützenden Einsatzes geübt, um allen Beteiligten zu demonstrieren, dass in einem derartigen Einsatz der Auftrag dann optimal erfüllt ist, wenn es zu keinem Waffengebrauch gekommen ist. Die größte Herausforderung für die Soldaten in der Ausbildung, der Führung und dem eigenen Verhalten stellt aber die Bewältigung der Bandbreite vom Einsatz mit Waffengebrauch bis hin zur Auftragserfüllung ohne Waffengebrauch dar. Der Wechsel ist fließend und bedarf einer ständigen Beurteilung der Lage durch die Kommandanten aller Führungsebenen.

Kampfausbildung

Auf Kompanieebene wurden die Einsatzverfahren Angriff und Verzögerung auf Gegenseitigkeit, unter Verwendung der modernen Duellsimulatoren und der Echtzeitauswertung durch die Heerestruppenschule (siehe TD 5/2009 "Gläserne Übungen") geübt. Dabei traten das Panzerbataillon 14, das Panzergrenadierbataillon 13 und das Aufklärungs- & Artilleriebataillon 4 gegeneinander an. Zudem ergab sich auch eine interessante Konstellation durch das Aufeinandertreffen des KIOP/KPE-Verbandes Jägerbataillon 18 und des Milizverbandes Jägerbataillon Oberösterreich.

Schießausbildung

Als Vorbereitung für das Kampfgruppenschießen der Brigade führten alle Verbände selbstständig Kompaniegefechtsschießen durch.

Im Kampfgruppenschießen der Brigade wurden sämtliche Waffengattungen, inklusive der ABC-Abwehrkompanie, eingebunden. Das Schießen war nicht als Demonstration für Zuseher angelegt, sondern entsprach einem im Gelände taktisch richtig durchgeführten Angriff.

Das Kampfgruppenschießen lief wie folgt ab: Nach einem Anschlag im Raum Bunker M7 (Truppenübungsplatz Allentsteig) durch irreguläre Kräfte und der Möglichkeit der Verstärkung aus dem Raum Riegers, wird der Ansatz der "Multinational Brigade COMET" zum Zerschlagen der in diesen Raum eingebrochenen gegnerischen Kräfte und zur Rettung der im Bunker Verschütteten angeordnet.

Zunächst nimmt die Aufklärungskompanie den Raum des Anschlages in Besitz und zerschlägt die Feindkräfte unter Abriegelung durch Steilfeuer in der Tiefe. Der Rette- und Bergezug der ABC-Abwehrkompanie führt unter dem Schutz der Aufklärungskompanie eine Sprengung durch, um die Bergung der Verschütteten aus dem Bunker zu ermöglichen. Nach Bergung und Rücknahme der Kräfte in eine Riegelstellung erfolgt flankierend der Gegenangriff des Panzerbataillons 14 unter dem Zusammenwirken von Panzern, Panzergrenadieren, Artillerie, Kampfhubschraubern und Panzerabwehrfeuer zur Verhinderung des Ausweichens der Feindkräfte in der Tiefe.

Bis zum endgültigen Angriffsziel hatten die mechanisierten Kräfte eine Strecke von ca. neun Kilometern angriffsweise zurückzulegen. Während dieses Angriffs wurden auf dieser Strecke mehrere Übungen im scharfen Schuss absolviert. Die für diesen Angriff benötigte Zeit, eingerechnet die gefechtsmäßige Rücknahme in Verfügungsräume, betrug zehn Stunden. Dies entspricht der Lehrmeinung Taktik. Die Einsatzdauer, verbunden mit der Hitze in den Kampffahrzeugen, führte die Besatzungen körperlich an ihre Leistungsgrenze und erforderte, aufgrund des Einsatzes von scharfer Munition, höchste Konzentration und Präzision sowohl bei der schießenden Truppe als auch der Sicherheitsorganisation. Ein derartiges Scharfschießen stellte nicht nur in der Ausarbeitung der Übung eine willkommene und notwendige Kaderfortbildung für die Kommandanten und Stabsmitglieder aller Ebenen dar, sondern wird zur Erhöhung der Sicherheit aller mit ihren Waffen hantierenden Soldaten alle zwei Jahre durchzuführen sein.

Evakuierung

Die gesamte Übung spielte im Szenario MAINLAND, das seit Jahren die Grundlage für die taktische Kaderfortbildung in der 4. Panzergrenadierbrigade bildet. Die "Multinational Brigade COMET" ist Teil der "Mainland Force" und agierte in der Stabilisie-rungsphase nach einem bewaffneten zwischenstaatlichen Konflikt. Jede der Task Forces (Bataillone) stellte in ihrem Verantwortungsbereich ein stabiles Umfeld für die Bevölkerung sicher.

Die ehemaligen Konfliktparteien hielten sich grundsätzlich an das Friedensabkommen. Die Ausnahme bildete eine paramilitärische Einheit, die durch gezielte Angriffe auf zivile Organisationen und auf andere Ethnien die Lage in MAINLAND zu destabilisieren versuchte, um UN und MFOR zu diskreditieren und sie durch den dadurch entstehenden internationalen Druck zum Abzug zu zwingen. Aufgrund einer verschärften Sicherheitslage und drohender Anschläge auf das UN-Personal wurde entschieden 70 UN-Bedienstete zu evakuieren. Die Evakuierung erfolgte direkt in der Ortschaft Allentsteig. Die Evakuierten sollten zu einem 30 km entfernten Bahnhof transportiert werden. Das erforderte sowohl aufgrund des Geländes als auch wegen möglicher Gegenreaktionen aus der Bevölkerung sowie irregulärer Kräfte den Einsatz der gesamten Brigade.

Die Evakuierung stellte sich phasenmäßig folgendermaßen dar:

  • Die vorgestaffelte Verbindungsaufnahme und Vorbereitung des UN-Personals auf die Evakuierung durch die Militärpolizei.
  • Der Ansatz von Luft- und Bodenaufklärung der Brigade und das Beziehen der Bereitstellungsräume.
  • Die Evakuierung des UN-Personals aus der Ortschaft Allentsteig durch die Militärpolizei unter Sicherung durch das Jägerbataillon 18.
  • Das Öffnen der Bewegungslinien quer über den Truppenübungsplatz Allentsteig durch das mit Panzergrenadieren gemischte Panzerbataillon 14.
  • Die Änderung der Truppeneinteilung und der Ansatz des Jägerbataillons 18 über die mechanisierten Kräfte hinaus in die infanteristisch zu öffnende Enge der Kamp-Übergänge bei Zwettl.

Die zur Lenkung des abfließenden Gegners durchgeführte Luftlandung einer Kompanie des Jägerbatallions 25 stellte hierbei einen weiteren Höhepunkt dieses komplexen und für alle Beteiligten anspruchsvollen Gefechtstages dar.

Ablauf der Übungsplanung

Die Anlage einer derart ambitionierten Übung mit der zusätzlichen Auflage einer Evaluierung eines Jägerbataillons, einer Panzergrenadier- und einer Aufklärungskompanie, erfordert einen zeitlichen Vorlauf von einem Jahr. Neben dem Erarbeiten des Szenarios, der Ausarbeitung der umfangreichen Sicherheitsunterlagen für ein realitätsnahes Kampfgruppenschießen und allen Planungen im Bereich der Logistik und Führungsunterstützung stellen vor allem die erforderlichen Ausarbeitungen und Unterlagen für eine Evaluierung gemäß dem Operational Capabilities Concept Evaluation & Feedback (OCC E&F)-Programm einen großen Arbeitsumfang dar.

Es gibt zwei Stufen der Evaluierung: Die der Interoperabilität (Stufe 1) und die der Einsatzbereitschaft eines Verbandes (Stufe 2). Diese Evaluierung der Einsatzbereitschaft, wurde erstmals in Österreich durchgeführt und stellt die Grundlage für die NATO-Evaluierung im Jahr 2010 dar.

Die Entscheidung, beide Extreme - Schießen und Aufgabenerfüllung ohne Waffeneinsatz - in einer einzigen Übung durchzuführen, hat sich für alle Beteiligten als fordernd, interessant und richtig erwiesen. Darüber hinaus ergeben die Einbindung eines Milizverbandes für beide Seiten Synergieeffekte und Vorteile; dies könnte daher als Modell für zukünftige Brigadeübungen dienen.

Resümee des Brigadekommandanten

"Wir benötigen gerade im Auslandseinsatz zur Deeskalation einen Soldatentyp, der auf Basis der Beherrschung seiner Ausrüstung und seines Gerätes, professionell und selbstsicher ist. Einen Soldaten, der nicht nur auf einen Befehl wartet, sondern initiativ und ideenreich agiert, um eine Situation zu entschärfen, ohne zur Waffe zu greifen."

Autoren: Major Mag. (FH) Manfred Dieplinger, Jahrgang 1971; 1989 zum Heerespionierbataillon in Melk eingerückt, Unteroffiziersausbildung zum Panzergrenadiergruppenkommandant im Panzergrenadierbataillon 13; ab 1999 Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie; Waffengattung Panzertruppe; Ausmusterung zum Panzerbataillon 14; Verwendung als Panzerzugs- und Panzerkompaniekommandant; derzeit stellvertretender G5 im Kommando 4. Panzergrenadierbrigade.

Hauptmann Mag. (FH) Christian Deutinger, Jahrgang 1979; 1997 zur zweiten Lehrkompanie Korpskommando II in Salzburg eingerückt, 1999 Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie; Waffengattung Fliegerabwehr (Mistral); Ausmusterung zum Panzerstabsbataillon 4; Verwendung als stellvertretender Kommandant und Kommandant der leichten Fliegerabwehrlenkwaffenbatterie; 2004 Auslandseinsatz bei AUCON 11/KFOR als Zugskommandant einer Jägerkompanie; 2007 Kommandant der Lehrkompanie Freistadt; 2008 Auslandseinsatz bei AUCON 18/KFOR als Chief Recce Cell und Military Security Officer in der G2 Division der Multinationalen Task Force South in Prizren; derzeit Abteilungsleiter der Fachabteilung für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation im Kommando 4. Panzergrenadierbrigade.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle