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Jägerbataillon Oberösterreich in der Handwerk 09

Vorbereitung - Übungsverlauf - Erkenntnisse

Erstmals seit seiner Formierung im Jahr 2005 konnte das Jägerbataillon Oberösterreich als Milizverband, eingebettet in die Übung Handwerk 09 mit der 4. Panzergrenadierbrigade vom 24. August bis zum 4. September 2009 üben.

Für die meisten jungen Kameraden war dies die erste Möglichkeit, bei einer großen Übung mitzuwirken. Die älteren Angehörigen des Bataillons, die schon in der Vergangenheit an verschiedenen Raumverteidigungsübungen teilgenommen haben, waren erfreut, dass dem Jägerbataillon Oberösterreich (JgBOÖ) dieser Übungsrahmen geboten wurde.

Der Kommandant des JgBOÖ, Oberst Dr. Johannes Kainzbauer, und sein Stab waren sich darüber im Klaren, dass die Leistungen während dieser Übung direkt mit dem Einsatz der aktiven Truppe verglichen werde würden.

Es galt also auch den Beweis anzutreten, dass ein Milizbataillon, das nur alle zwei bis drei Jahre zusammentrifft, eine ernstzunehmende Truppe im militärischen Zusammenspiel darstellt.

Entsprechend ehrgeizig und ambitioniert waren daher auch die Vorbereitungen für diese Übung. Der Bataillonskommandant stellte die Aus- und Fortbildung seines Stabes und seiner Kompaniekommandanten an oberste Stelle aller Milizaktivitäten. Angespornt durch die Aussicht auf den Einsatz in der Übung Handwerk 09 und die damit verbundene Leistungsüberprüfung, entwickelte sich bei allen Beteiligten eine hohe Motivation und ein ständiges Bemühen.

Der Bataillonsstab und die Kompaniekommandanten absolvierten intensive Taktikübungen mit Unterstützung des Instituts für Offiziersweiterbildung der Theresianischen Militärakademie und des Panzergrenadierbataillons 13 in Ried im Innkreis, dem Partnerverband des JgBOÖ.

Einen Höhepunkt dabei bildete die Teilnahme an der Brigadeübung am Führungssimulator in Neulengbach, wo der Kader des Jägerbataillons Oberösterreich seine taktischen Fertigkeiten unter Beweis stellen konnte.

Im Ausbildungsbereich der Kompanien, auf Zugs-, Gruppen- und Einzelebene, erfolgten ebenfalls Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Handwerk 09. Diese Maßnahmen wurden von den teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten sehr positiv aufgenommen.

Herausforderungen vor der Übung

Die Übung Handwerk 09 der 4. Panzergrenadierbrigade stellte durch die Einbindung des Jägerbataillons Oberösterreich auch neue Aufgaben an die beteiligten Dienststellen.

Die Kommunikation mit einem Milizbataillon ist wesentlich schwieriger als zwischen zwei aktiven Dienststellen, die über ein sicheres internes Datennetzwerk ihre Informationen austauschen. Bei einem umfangreichen Vorhaben, wie der Übung Handwerk 09, ergeben sich zwangsläufig Änderungen zur Erstplanung und damit verbundene Maßnahmen. Das Jägerbataillon verfügt nicht über ein internes Datennetzwerk, und die handelnden Personen sind von Wien über Linz bis Dornbirn verstreut.

Es ist der Umsicht und dem Engagement des S3 des JgBOÖ, der im Zivilberuf Logistiker bei einem Industrieunternehmen ist, zu verdanken, dass die Weiterleitung von Befehlen an die Kommandanten rasch erfolgte und es hierbei zu keinen Informationsverlusten gekommen ist.

Kraftfahrzeuge, Mannschaft und Gerät

Das Jägerbataillon Oberösterreich verfügt orgplanmäßig über moderne Ausstattung, Waffen und Gerät; die Realität sieht jedoch etwas anders aus. Kraftfahrzeuge wurden während der Übung von verschiedenen Dienststellen zugeführt und abgestellt, wodurch ein zusätzlicher Arbeitsaufwand für den Kraftfahroffizier und den S4 entstanden war. Ausreichende Kapazitäten waren zu keinem Zeitpunkt verfügbar. Die Bewältigung von Transporten zur Übung, und die Versorgung und Truppentransporte im Übungsraum, waren nur durch das Improvisationsgeschick und den engagierten Einsatz Einzelner möglich, da viele Mehrfachfahrten erforderlich geworden waren.

Eine positive Überraschungs war die große Zahl der eingerückten Milizionäre, die eine Änderungen der Bataillonsgliederung erforderlich machte. Nachdem die ersten Aufgaben gelöst, und die Einstellung der einrückenden Soldatinnen und Soldaten reibungslos vollzogen wurde, verlegte das Bataillon auf den Truppenübungsplatz Allentsteig.

Die erste Übungswoche

Gefechtsdienst und das Scharfschießen mit Sturmgewehr und Pistole waren das Schwergewicht der Ausbildung in der ersten Woche. Am Mittwoch eingerückt, einen Tag später bereits im Gefecht! Nach rascher Verlegung und kurzer, aber intensiver Einschulung in die jeweiligen Funktionen, stand bereits am zweiten Übungstag Gefechtsdienst auf dem Dienstplan. Neu für die Milizsoldaten war dabei der Einsatz des Duellsimulators (DUSIM). Die Einweisung in das System erfolgte rasch und beflügelte den Ehrgeiz der Soldatinnen und Soldaten.

Ergebnisse des persönlichen Handelns und das taktisch richtige Zusammen-wirken wurden durch das System DUSIM erfasst und objektiv dargestellt. Erstmals war für den Ausgang eines Gefechts nicht die Sichtweise eines Schiedsrichters ausschlaggebend, sondern Sensoren haben die Wirkung des Waffeneinsatzes gemessen. Somit empfanden die Milizsoldaten ihre persönlichen Leistungen realistischer, weniger "drehbuchgesteuert" und waren dadurch viel motivierter.

Die Gefechtsausbildung erfolgte an diesen beiden Tagen im Kompanie- und Zugsrahmen und diente der Vorbereitung auf die zweite Übungswoche.

Die angreifenden Feinddarsteller für das Jägerbataillon stellte die "Taskforce" 18, die aus Soldatinnen und Soldaten einer Kaderpräsenzeinheit gebildet wurde. Geübt wurden die Kampfarten Angriff bzw. Verzögerungskampf im Infanteriegelände.

Die angreifende "Taskforce" 18 war vom entschlossenen und disziplinierten Einsatz der Milizsoldaten überrascht und beeindruckt. Mehrere Angriffe und der geführte Verzögerungskampf konnten hier unter objektiven Auswertungskriterien geübt werden und Schiedsrichter und Instruktoren gleichermaßen von der Leistungsfähigkeit des JgBOÖ überzeugen.

Mit viel Selbstvertrauen - entstanden aus der Erkenntnis, dass ein entschlossen auftretender Milizverband ein ebenbürtiger Übungsgegner sein kann - stellte sich die Vorfreude auf die zweite Übungswoche ein.

Die zweite Übungswoche

Das Jägerbataillon Oberösterreich wird zur "Tiger Brigade". Es stellte gemäß der Übungsplanung einen paramilitärischen Verband, die "Tiger Brigade" der "Waldviertler Befreiungsarmee" dar, die sich in einem latenten Spannungsverhältnis mit einer multinationalen Streitmacht der Mainland Force (MFOR) befindet. Die MFOR wurde von den Kräften der 4. Panzergrenadierbrigade gebildet.

Aufgabe der "Tiger Brigade" war es, die Aktivitäten der MFOR-Kräfte zu stören und diese an der Erfüllung ihres Auftrages, der Evakuierung von UN-Personal vom Evakuierungspunkt "Kino" in Allentsteig über den Raum Oberplöttbach, zu behindern.

Diese Lage wurde an unterschiedlichen Tagen mit zwei verschiedenen Szenarien auch als Verzögerungskampf geübt.

Am 31. August 2009 kämpfte die "Tiger Brigade" einen entschlossenen Verzögerungskampf, unter Einsatz aller Waffen und Verlegung von Mienenriegeln.

Die "Tiger Brigade" stellte sich auf einen klassischen Verzögerungskampf ein und verhinderte das Durchbrechen der feindlichen MFOR-Kräfte in den Raum Oberplöttbach, um diese an der Übergabe des evakuierten UN-Personals zu behindern.

Wesentliches Element der Beurteilung der Lage war die Erkenntnis, dass ein vermindertes Jägerbataillon einem übermächtigen mechanisierten Angreifer gegenübersteht. Hierbei kamen den "alten Hasen" des Jägerbataillons Oberösterreich Erfahrungen aus dem Jagdkampf aus der Zeit der "Raumverteidigung" zugute. Die "Tiger Brigade" hat sich bei diesem Auftrag für eine sehr bewegliche und aufgelöste Kampfform entschieden, wie sie im Raumverteidigungskonzept einst von den leichten Landwehrbataillonen durchgeführt worden war.

Diesr Entschluss war richtig, wie der folgende Gefechtsverlauf zeigte. Durch eine umsichtige Führung der Kommandanten aller Ebenen und den persönlichen Einsatz der gesamten Truppe erzielten die Soldatinnen und Soldaten des Jägerbataillons Oberösterreich abermals einen Achtungserfolg, der, untermauert durch die Echtzeitauswertung von der Heerestruppenschule, zu Euphorie innerhalb der Miliz führte.

Vom 2. bis 3. September 2009 kämpfte die "Tiger Brigade" als paramilitärische Organisation, die ohne den Einsatz von Waffen alle Möglichkeiten zur Behinderung der multinationalen Streitmacht ergreift. Dabei hatten die Milizsoldaten eine für sie ungewohnte Aufgabe zu erfüllen: Die "Tiger" mussten abermals eine Evakuierung von UN-Mitarbeitern durch die multinationale Streitmacht MFOR so lange wie möglich behindern. Neu dabei war, dass dieser Einsatz ohne Anwendung von Waffengewalt durchgeführt werden musste.

Besonders herausfordernd war bei diesem Einsatz, dass es der "Tiger Brigade" durch die Errichtung von Hindernissen und durch einen Verzögerungskampf gelingen musste, nicht von der übermächtigen Streitmacht der MFOR in den Flanken überrascht zu werden.

Auch diesen Auftrag erfüllten die Milizsoldaten durch geschicktes Handeln und Taktieren erfolgreich.

Letztendlich konnte die MFOR das UN-Personal trotz des effizienten Einsatzes der "Tiger Brigade" aus seiner misslichen Lage evakuieren.

Erkenntnisse

Die Milizübung gemeinsam mit der 4. Panzergrenadierbrigade war für das Jägerbataillon Oberösterreich ein großer Gewinn. Es hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass Milizsoldaten in der Lage sind, gemeinsam mit Kaderpräsenzeinheiten und verschiedenen Bataillonen zu üben und dabei ihre militärischen Aufgaben meistern zu können. Der Gebrauch von Simulations- und Auswertemitteln erhöht nicht nur die Qualität der Ausbildung, sondern steigert auch in hohem Maß die Motivation der Übenden. Beachtlich ist, dass trotz der großen Anzahl von 3 100 übenden Soldaten und dem Einsatz von über 800 Fahrzeugen einzelne Unfälle nicht tragisch ausgegangen sind. Kein Vorfall innerhalb des Jägerbataillons hat bei den Betroffenen einen bleibenden Schaden hinterlassen oder das Übungsgeschehen negativ beeinflusst.

Trotz aller positiven Erkenntnisse wurde ein wesentliches Ausbildungsziel nicht generell erreicht - die Erhöhung der Führungsfähigkeit der Kommandanten. Die überwiegende Anzahl der Gruppen- und Zugskommandanten war nicht in ihrer Führungsfunktion eingesetzt, da die Gruppen und Züge fast ausschließlich aus befristet beorderten Soldaten ohne Übungspflicht bestehen. Diese Befristung als Entscheidung der Politik, stellt das Bekenntnis zur Miliz in Frage und führt dazu, dass die jungen Kadersoldaten kaum Führungsfähigkeit erwerben können. Damit besteht auch die Gefahr des Verlustes der Motivation sich für die gemeinsame Sache weiterhin zu engagieren. Gerade für die Miliz bedarf es jedoch eines hohen Maßes an Freiwilligkeit, damit auch zwischen den Übungen ein Engagement zur Aus- und Weiterbildung bestehen bleibt.

Scheinbar unbedeutend, aber wichtig für das Selbstverständnis der Milizangehörigen als gleichwertiger kämpfender Soldat anerkannt zu sein, ist auch die Ausstattung der Miliztruppe mit dem neuen Kampfanzug. Dieser wird aber derzeit noch nicht an die Milizsoldaten ausgegeben. Damit setzt man ein sichtbares Zeichen, dass der Stellenwert der Miliz von den Verantwortlichen offenbar anders gesehen wird.

Die Handwerk 09 hat bei den Soldaten und Soldatinnen des Jägerbataillons einen hohen Grad an Begeisterung geweckt. Vielen Dank all den Kameraden der übenden Verbände, die der Miliz durch ihren Einsatz, ihre Anerkennung und die Aufnahme in ihren Kreis eine eindrucksvolle Übungsmöglichkeit geboten haben. Besonders hervorgehoben seien an dieser Stelle die Leistungen der Übungsleitung, der Instruktoren und Schiedsrichter, die hervorragende Rahmenbedingungen schufen und den Angehörigen der Miliz die notwendige Unterstützung zuteil werden ließen.

"Gerne üben wir wieder mit der 4. Panzergrenadierbrigade".


Autor: Oberleutnant Kurt Schwab, Jahrgang 1963. 1982 Einjährig Freiwilliger Waffengattung Fliegerabwehrkanone 2 cm, 1985 Beorderung als Kommandant FlATrupp, Kommandant Zugtrupp und stellvertretender Kommandant FlAZug in der sKompanie/Jägerbataillon 15 der 4. Jägerbrigade. 1990 Zugskommandant FlAZug in der sKompanie/Jägerbataillon 14, 2004 stellvertretender Kompaniekommandant der sKompanie/Jägerbataillon 14, seit 2006 Offizier für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation im Jägerbataillon Oberösterreich.

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