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"Never Say Never" (I)

"Sag niemals Nie" formulierte der Balkanexperte Tim Judah in einer BBC News Aussendung vom 22. Februar 2008 den Kerngedanken einer möglichen Fortsetzung des Prozesses weiterer Autonomiebestrebungen und Staatenbildungen in Südosteuropa.

Autonomie und Unabhängigkeitsbestrebungen in Südosteuropa

Tim Judah ist nicht der einzige, der diesen Gedanken aufgreift. Zahlreiche Autoren warnen davor, in der Beurteilung politischer Ereignisse zukünftige Entwicklungen zu negieren, die in der Gegenwart undenkbar scheinen, vor allem, weil sie unerwünscht sind.

Ein Rückblick auf die vorangegangenen skeptischen politischen Einstellungen und Meinungen hinsichtlich der Entwicklung in Südosteuropa sowie die tatsächlichen, gravierenden - ebenso undenkbar und unerwünscht scheinenden - Änderungen der politischen Landschaft geben zu denken und bestätigen den Kerngedanken: "Never Say Never".

Zukünftige Entwicklung der Region

Für alle Beteiligten stellt sich die Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Region von Ex-Jugoslawien. Die Bandbreite der Wünsche und Möglichkeiten reicht theoretisch - aber auch praktisch - von einer Reintegration, über die neutrale Akzeptanz des Status quo, bis hin zu einer weiteren Desintegration der Staatengebilde. Auch wenn in vielen Fällen diese Zukunftswünsche öffentlich nicht sichtbar werden, bilden sie dauerhafte Meinungsstrukturen für die tatsächlichen weiteren Entwicklungen.

Der frühere Leiter der OSZE-Mission in Bosnien und Herzegowina, Botschafter Douglas Davidson (USA), hat in einer Rede im August 2006 hervorgehoben, dass es sogar in Kroatien Bestrebungen für eine Integration mit den südlichen Nachbarstaaten Bosnien und Herzegowina, Serbien sowie Montenegro gäbe. Er betonte, dass Kroatien bisher einer Zugehörigkeit zum Balkan ablehnend gegenüber gestanden wäre und nunmehr sogar eine Führungsrolle in diesem Raum übernehmen wolle.

War hier der Wunsch der Vater des Gedankens? In gewisser Weise befürwortet auch die Europäische Union einen speziellen regionalen Integrationsprozess innerhalb des weitgehend von Südslawen besiedelten Gebietes des früheren jugoslawischen Territoriums und hat zur Unterstützung dieser Konzeption den Begriff "Westbalkan" geprägt.

Kooperationsgedanken

Solche speziellen Kooperationsgedanken sollten aber nicht als politische Integrationsbestrebungen gesehen werden, sondern einfach als Bereitschaft von Slowenien und Kroatien mit den südlichen Nachbarn möglichst bald in einem gemeinsamen Rahmen der NATO und der Europäischen Union zu kooperieren. Eine solche spezielle "Balkankooperation" sollte allerdings nicht im Gegensatz zur engen Zusammenarbeit mit ihren nördlichen Nachbarn (z. B. Österreich und Ungarn) innerhalb der mitteleuropäischen Region stehen.

Bevor es zu einer Aufnahme der Staaten des nordwestlichen Balkans in die Europäische Union kommen kann, bedarf es noch der Abschlüsse der Stabilitäts- und Assoziierungsverhandlungen der beteiligten Staaten, denen eine EU-Mitgliedschaft folgen könnte. Die Verhandlungen wurden durch die positiven Signale der Slowenen und Kroaten in der Frage der seerechtlichen Nutzung des Adriazuganges vor Istrien im September 2009 beschleunigt, die tatsächlichen Aufnahmen werden aber sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, wobei nicht nur sozio-ökonomische Kriterien, sondern verschiedene politische Entwicklungsschritte in den Ländern zu erfüllen sind.

Ratko Mladic

Stolpersteine für eine schnelle Weiterführung der EU-Integration dieses Raumes sind die bisherige Nichtauslieferung des als Kriegsverbrecher angeklagten bosnischen Serben, Ex-General Ratko Mladic, durch Serbien bzw. die Republika Srpska, weiters die internen politischen Schwierigkeiten von Bosnien und Herzegowina, besonders aber die Frage der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch Serbien.

Probleme bei einer weiteren Neuordnung in Südosteuropa

Ohne auf noch frühere Zeiten zurückgreifen zu wollen, lassen sich ab 1990 im Raum des ehemaligen Jugoslawiens erreichte, teilweise erreichte, und "offene" Unabhängigkeits- und Autonomieforderungen feststellen, die von militärischen und paramilitärischen Aktionen "begleitet" waren. Dabei handelt es sich nicht nur um mono-ethnische Forderungen, entsprechend dem klassischen Selbstbestimmungsrecht der Völker, sondern auch um multi-ethnische, regionalgebundene Forderungen, eigene autonome Provinzen oder Staaten zu haben, in denen nicht Minderheiten, sondern verschiedene Volksgruppen gemeinsam leben.

Vojvodina

Am östlichen Nordrand von Ex-Jugoslawien, in der Autonomen Provinz Vojvodina (serb.: Autonomna Pokrajina Vojvodina; ung.: Vajdaság Autonóm Tartomány), wurden zu Kriegsbeginn - Anfang der 90er Jahre - auch viele Angehörige der ungarischen Volksgruppe unter Androhung von Gewalt von serbischen paramilitärischen Kräften zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert. Rund 50 000 ethnische Ungarn sind während des Krieges und danach geflüchtet, wobei sich die Zahl der Volksgruppe von rund 340 000 (1991: 17 Prozent) auf rund 290 000 (2002: 14 Prozent) verringerte hatte.

Zu Beginn des Krieges wurden Angehörige dieser Volksgruppe durch gezielte Einsätze im Rahmen der militärischen Operationen gegen die kroatischen Streitkräfte missbraucht. Viele junge Männer der ungarischen Volksgruppe entzogen sich dem Wehrdienst in der jugoslawischen Volksarmee durch Desertion.

Erst das energische diplomatische Einschreiten der ungarischen Regierung verhinderte weitere Eskalationen zwischen der serbischen und der ungarischen Volksgruppe in der Vojvodina. Ähnlich wie im Kosovo, wo die serbische Minderheit hauptsächlich im Norden des Landes zu finden ist, gibt es im Norden der Vojvodina eine ungarische Minderheit.

Marschall Josip Broz "Tito" gab der Provinz Vojvodina, die aus den drei historischen Regionen - Batschka, Banat und Syrmien - besteht, im Jahre 1974 einen starken Autonomiestatus, der der Vojvodina fast den Rang einer Teilrepublik gab, den aber der serbische Präsident Slobodan Milosevic im Jahre 1989 wieder aufgehoben hat. Erst nach seiner Amtsenthebung wurde 2002 ein Teil der Kompetenzen durch das so genannte "Omnibus-Gesetz" (das Regionalparlament der Vojvodina kann von den Bürgern der Provinz direkt gewählt werden) an die Region zurückgegeben. Die neue Verfassung Serbiens von 2006 erweiterte die Autonomie durch weitgehende Übertragung der Finanzhoheit.

Am 15. Oktober 2008 verabschiedete das regionale Parlament der Vojvodina mit 89 zu 21 Stimmen ein Autonomiestatut. Dieses Statut erfüllte nicht ganz die Forderungen der Befürworter einer vollen Autonomie. Das Statut war ein Kompromiss, den der Parlamentspräsident Sandor Egeresi als nicht ideal bezeichnete. Dieses Statut bedarf noch der Bestätigung durch das serbische Parlament in Belgrad, um wirksam zu werden.

Sezessionen von Montenegro

Im Zeichen der Sezessionen von Montenegro und insbesonder des umstrittenen Kosovo, herrscht allerdings die Angst in serbischen Kreisen vor, auch noch die Vojvodina - oder Teile davon - verlieren zu können. Die in Opposition befindliche Demokratische Partei Serbiens, unter der Führung von Vojislav Kostunica, warnte bereits im Juni 2009 vor der Annahme des neuen Autonomiestatuts, mit dem Hinweis, dass dies zu einer generellen Destabilisierung von Staat und Gesellschaft führen könne und die Einheit Serbiens zerstören würde.

Demgegenüber vertrat die Regierungsmehrheit im staatlichen Kurzwellendienst Glas Srbije (10. März 2009) die Ansicht, dass im Zuge der europäischen Integration eine - dem europäischen Standard entsprechende - innerstaatliche Dezentralisierung und Regionalisierung notwendig ist. Auch andere Teile Serbiens hätten das legitime Interesse, eine regionale Organisation zu haben. Dementsprechend wäre der Status der Vojvdina nur ein Beispiel für mehrere Regionen innerhalb Serbiens, was den staatlichen Zusammenhalt nur fördern könne.

Der Präsident des Regionalparlamentes der Vojvodina, Sandor Egeresi, selbst ein Angehöriger der ungarischen Volksgruppe, betont ebenso die europäische Komponente im Sinne eines Europas der Zukunft, eines Europas der Regionen. Wichtig ist für Egeresi auch das, im Autonomiestatut vorgesehene, Konzept der Volksgruppen, statt des Begriffs: Minderheiten.

Teilungspläne

Die immer wieder formulierten serbischen Teilungspläne im Kosovo (wenn schon nicht das ganze Kosovo wieder ein Teil Serbiens sein könne) würden allerdings auch ungarische Teilungspläne in der Vojvodina denkbar machen. Immerhin haben fünf Prozent der Einwohner der Vojvodina - das entspricht rund einem Drittel der Angehörigen der ungarischen Volksgruppe - in Umfragen (2003) diesen Wunsch offen ausgesprochen. Der größte Teil der Bewohner sprach sich übrigens für einen Autonomiestatus der Vojvodina innerhalb von Serbien aus. Der Zuzug von Serben aus Kroatien und Bosnien und Herzegowina hat natürlich diese Mehrheit verstärkt.

Aber selbst die Mehrzahl der Vojvodina-Serben, von denen sich viele als Mitteleuropäer und nicht als Bewohner des "Balkans" fühlen, wünscht sich die Bestätigung des im Regionalparlament beschlossenen Autonomiestatus. Nur knapp sechs Prozent wären für eine Abschaffung der Autonomie.

Das Europaparlament und die NGO Human Rights Watch haben in der jüngeren Vergangenheit (2005) ihre Besorgnis über die wachsenden ethnischen Spannungen, und die damit verbundenen Gewalttaten in der Vojvodina ausgedrückt. Das häufig vorkommende Nicht-Eingreifen der Polizei wurde stark kritisiert.

Alois Mock

Der frühere österreichische Außenminister Alois Mock soll einmal in einem Interview mit der New York Times im Februar 1995 gesagt haben, dass die Vojvodina genauso behandelt werden müsse wie das Kosovo, da beide Gebiete im früheren Jugoslawien den gleichen Autonomiestatus hatten. Das grundsätzlich immer bestehende, und auch in der Vergangenheit immer wieder hochkommende "Vojvodina-Problem", macht derzeit keine Schlagzeilen in den internationalen Medien; Grund: es gibt nur einen friedlich ausgetragenen Konflikt, was in der internationalen Medienwelt keine Schlagzeilen bringt. Trotzdem bleibt es ein Problem, und Komplikationen könnten jederzeit möglich sein.

Kosovo

Im Süden war vor allem die frühere autonome Provinz Kosovo (alb.: Kosova; serb.: Kosovo i Metohija) das "Kosovo-Problem" mit der zu lösenden Statusfrage. Nach langer und umständlicher - manche meinen sorgfältiger - Verhandlungsführung, wurde 2008 die Unabhängigkeit durch die USA und die meisten westeuropäischen Staaten anerkannt.

Nachdem der im Jahre 1974 stark erweiterte Autonomiestatus des Kosovo seitens der Bundesrepublik Jugoslawien im Jahre 1989 durch einen Beschluss des Parlamentes aufgehoben worden war, nahmen die Unruhen in dieser Provinz kein Ende. Seit 1996 wurde der Kampf der albanisch-kosovarischen Bevölkerung durch eine paramilitärische Organisation, der Ushtria Clirimtare e Kosoves (UCK), geführt. Aus kosova-risch-albanischer Sicht war diese eine Befreiungsarmee gegen die Streitkräfte und Polizeieinheiten der Bundesrepublik Jugoslawien.

1998 kam es zu einer groß angelegten Offensive gegen die UCK und zu gewaltsamen und blutigen Übergriffen gegen große Teile der albanisch-kosovarischen Bevölkerung. Nach einer Waffenruhe nahm Ende 1998 eine OSZE-Beobachtermission (Kosovo Verification Mission) unter der Leitung des OSZE-Missionschefs William Walker (USA) mit rund 2 000 Mitarbeitern ihre Tätigkeit im Kosovo auf. Es war die bisher größte OSZE-Mission, die von einer NATO-Luftüberwachung begleitet war. Allerdings weitete sich 1999 der kriegerische Konflikt im Land drastisch aus, und eine Vermittlungskonferenz in Frankreich auf Schloss Rambouillet brachte keine Ergebnisse.

Zur Einstellung der serbischen Angriffe und Übergriffe gegen die kosovarisch-albanische Bevölkerung wurde mit Luftangriffen der NATO gedroht. Die serbische Seite weigerte sich, die Auflagen von Rambouillet zu erfüllen. Die OSZE-Friedensmission wurde am 20. März 1999, vier Tage vor dem Beginn der NATO-Luftangriffe gegen strategische und taktische Ziele der Bundesrepublik Jugoslawien, beendet. Für die NATO war dies die erste "Out of Area"-Operation, also ein Einsatz außerhalb der Territorien ihrer Mitgliedsländer. Die Operation fand auch mit Kenntnis, aber ohne Zustimmung, des UN-Sicherheitsrates statt.

Die NATO-Angriffe

Die Angriffe dauerten bis zum 10. Juni 1999, einem Zeitpunkt, zu dem der vollständige Abzug der Streitkräfte der Bundesrepublik Jugoslawien gesichert war. Am selben Tag legte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit seiner Resolution 1244 den Status des Kosovo als eine unter der UN-Verwaltung stehende autonome Provinz in der Bundesrepublik Jugoslawien fest.

Die UN-Verwaltung (United Nations Interim Administration im Kosovo - UNMIK) begann nun ihre Tätigkeit mit dem Aufbau der zivilen Implementierung der UN-Resolution. Ähnlich wie in Bosnien und Herzegowina kam es parallel dazu zu einem militärischen Einsatz in Form der am 12. Juni eingetroffenen und von der NATO-geführten Truppe, der "Kosovo Force" (KFOR). Die widerstrebenden Ansichten der Kosovo-Albaner und der Serben hinsichtlich der politischen Zukunft des Landes liefen darauf hinaus, entweder als unabhängiger Staat oder als - wenn auch autonomer - Teil der Bundesrepublik Jugoslawien anerkannt zu werden.

Die internationale Staatengemeinschaft war unschlüssig, welchen Weg sie für ihr Verwaltungsgebiet nehmen sollte. Sie versuchte mit der Formel "Standard vor Status" das Gebiet in politischer und sozio-ökonomischer Hinsicht voranzubringen. Tatsächlich aber wollte die internationale Gemeinschaft mit diesem Konzept Zeit gewinnen, um eine für beide Seiten akzeptable Lösung des Problems zu finden.

Die aktuelle demographische Struktur mit einem über 90 prozentigen Anteil kosovarisch-albanischer Bevölkerung (dazu rund fünf Prozent Serben und rund vier Prozent andere Volksgruppen) sowie die Ereignisse des Krieges ließen eine international akzeptierte Lösung in Richtung Unabhängigkeit für das Kosovo immer wahrscheinlicher werden.

Serbischerseits wurde in diesem Zusammenhang in letzter Zeit ein möglicher Kompromiss angedeutet, bei dem der Nordteil des Kosovo mit seinen rund 50 000 ethnischen Serben bei Serbien verbleiben sollte. Eine Teilung des Kosovo wird aber von der internationalen Staatengemeinschaft weitgehend abgelehnt.

"Statusverhandlungen"

2006 begannen intensive "Statusverhandlungen" in Wien, die als Ziel einen Verhandlungsvorschlag, ähnlich dem Friedensabkommen von Dayton, auszuarbeiten hatten, der von beiden Seiten zu akzeptieren gewesen wäre. Für die "Statusverhandlungen" wurde den Serben (Delegationsleiter Slobodan Samardzic) und den Kosovo-Albanern (Vizepräsident Lutfi Haziri) ein von UN-Chefverhandler Martti Ahtisaari (Finnland) und durch seinen Stellvertreter, den früheren Generalsekretär des österreichischen Außenministeriums, Botschafter Dr. Albert Rohan ausgearbeiteten Vermittlungsplan, vorgelegt. Dieser Vertrag, ein umfassender Lösungsentwurf für den Status des Kosovo (Comprehensive Proposal for the Kosovo Status Settlement), enthält eine eingeschränkte Souveränität des Kosovo, allerdings mit eigener Fahne und Hymne.

Auch eigene Streitkräfte unter der Aufsicht eines internationalen zivilen Repräsentanten (International Civilian Representative - ICR) und der Präsenz von NATO-geführten Truppen (KFOR) sind zugebilligt worden. Ein wesentlicher Abschnitt des Dokumentes beinhaltet die maßgebenden Punkte zur Wahrung der Rechte der serbischen Minderheit und deren Schutz. Der Vertragsentwurf beinhaltete also einen Status für das Kosovo, der mit einer nahezu vollständigen Unabhängigkeit einzustufen wäre - eine Art überwachte Unabhängigkeit.

Am 10. März 2007 trafen sich die höchstrangigen Verhandlungsführer zu einer letzten Gesprächsrunde in Wien. Von serbischer Seite kamen Präsident Boris Tadic und Premierminister Vojislav Kostunica. Die albanischen Kosovaren waren durch den Präsidenten des Kosovo, Fatmir Sejdiu, und durch den Premierminister Agim Ceku vertreten.

Die Serben hatten den von den Vereinten Nationen vorgelegten Vertrag mit einer modifizierten Fassung beantwortet. In ihrer Version wurde zunächst der Name "Kosovo" in "Kosovo und Metohija" abgeändert sowie einige andere Modifikationen vorgenommen. Vor allem aber wurde der Status des Kosovo als autonome Provinz innerhalb der Republik Serbien festgeschrieben. Die albanischen Kosovaren waren hingegen mit dem UN-Vorschlag weitgehend zufrieden, obwohl sie immer noch auf die volle Souveränität Wert legten. Trotz intensiver diplomatischer Bemühungen endeten die Gespräche erfolglos. Daraufhin wurde der Lösungsvorschlag von den UN-Chefverhandlern an den UN-Sicherheitsrat zur Diskussion und zur Entscheidung vorgelegt.

Weiterhin kam es zu keiner Entscheidung - Russland war z. B. vehement gegen eine Unabhängigkeit des Kosovo. Gegen Ende 2007 hat sich das Kosovo mit einer einseitigen, eigenen Deklaration für seine Selbstständigkeit entschieden. Auch nach der darauf folgenden einseitigen Unabhängigkeitserklärung des kosovarischen Parlamentes am 17. Februar 2008 war diese Thematik noch immer nicht vom Tisch. Russland, China und einige EU-Staaten wie Spanien lehnten die Unabhängigkeit des Kosovo ab. Die USA und der Großteil der westeuropäischen Staaten, darunter Österreich, Deutschland und Frankreich, erkannten hingegen das Kosovo als souveränen Staat an.

Nachdem bereits eine Woche zuvor im Parlament in Pristina die Entscheidung für eine neue Nationalhymne und für die Gründung einer eigenen 2 500 Mann starken Sicherheitstruppe gefallen war, trat am 15. Juni 2008 die neue Verfassung des Kosovo in Kraft.

Diese Verfassung legt unter anderem fest, dass das Land die Rechte seiner Minderheiten und die internationalen Menschenrechte respektiert, wobei die Gleichheit der Volksgruppen und die Bedeutung des Minderheitenschutzes speziell hervorgehoben werden. Der serbische Präsident Boris Tadic bezeichnete aber die Verfassung als "rechtlich nicht existent".

Die EU-Kommission in Brüssel beabsichtigte, die bisher von den Vereinten Nationen durchgeführte Aufsicht über Polizei, Justiz und Verwaltung im Kosovo (UNMIK) zu übernehmen. Diese Mission nennt sich "EULEX", besteht aus etwa 2 000 Mann, und soll beim Aufbau eines Rechtsstaates helfen. Österreich will sich daran mit rund 30 Experten beteiligen. Die EULEX wurde mit Einschränkungen etabliert, da wegen der Anerkennungsproblematik das Mandat für die UNMIK bis auf weiteres aufrecht blieb. Auch die internationale Militärpräsenz wurde nicht der EU übertragen. Nicht eine geplante EU-Truppe - EUFOR, sondern die NATO-geführte Truppe - KFOR, ist im Kosovo stationiert.

(wird fortgesetzt)


Autor: Oberst dhmfD a. D. Dr. Alfred C. Lugert; Sozialwissenschafter, u. a. früherer Associate Professor of Political Science an der UNO-University of New Orleans (USA), Direktor und Militärdiplomat bei der OSZE-Mission für Bosnien und Herzegowina ; als Offizier der Reserve im Auslandseinsatz bei UNFICYP (Zypern) und EUFOR Althea (Bosnien und Herzegowina).

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