Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Militärpolitik: Zweimal Lissabon: 2 Jahre EU-Vertrag und 1 Jahr NATO-Gipfel

Am 1. Dezember 2009 ist der Vertrag von Lissabon (VvL) in Kraft getreten und am 19. und 20. Novem- ber 2010 fand der NATO-Gipfel in Lissabon statt. Beide Ereignisse haben starke Auswirkungen auf die jeweilige Organisation und in diesem Wege auch auf Österreich.

Wesentliche Neuerungen durch den VvL beziehen sich auf die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Der Vertrag hat die Aufgaben der GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) erweitert, er hat Möglichkeiten zur engeren Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten geschaffen, vor allem die "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit", er enthält eine Beistandsklausel und eine Solidaritätsklausel. Darüber hinaus hat er die Entscheidungsmechanismen in diesen Angelegenheiten gestärkt und die Instrumente des Hohen Vertreters und des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) geschaffen.

Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten sind sich bewusst, dass dem Militär in allen Phasen und Formen des Krisemanagements eine Rolle zukommt. In der praktischen Arbeit haben die Entscheidungsmechanismen und der Auswärtige Dienst durchaus schon Spuren hinterlassen. Das Arbeitstempo hat sich wesentlich erhöht und die EU ist jetzt deutlich besser in der Lage, auf Entwicklungen oder aus eigener Initiative rasch umfassende Strategien zu präsentieren. Diese Beschleunigung und Verbesserung der Qualität ist eine noch sehr junge und durchaus positive Entwicklung. Der Dialog zwischen dem EAD und den Mitgliedstaaten entwickelt sich. Dabei ist es für kleinere Staaten wichtig, durch Initiative und Zusammenwirken ihre Stellung zu behaupten.

Diese Veränderungen haben noch nicht zu konkreten Schritten im militärischen Bereich geführt, die Auswirkungen sind aber auch dort deutlich zu bemerken. Die Mitgliedstaaten stehen einer Weiterentwicklung des militärischen Instrumentariums der EU politisch überwiegend positiv gegenüber. In der Praxis erweisen sich aber die Auswirkungen teilweise drastischer Budgetkürzungen seit 2009 als Hemmschuh. Der Umstand, dass die EU seit dem Beginn der Krise zwei neue und im Rahmen ihrer militärischen Zielsetzung durchaus erfolgreiche Operationen gestartet hat ist insgesamt ein sehr positives Zeichen (Bekämpfung von Piraterie am Horn von Afrika - ATALANTA, Ausbildungsunterstützung für die somalischen Streitkräfte - EUTM).

Derzeit entwickelt sich die militärische Dimension der GSVP entlang der Linien weiter, die schon vor 2009 angelegt waren, nämlich die Verbesserung der Planungs- und Führungsfähigkeit im Sinne eines zivil- militärischen Ansatzes (siehe dazu TD 5/11) und die Verbesserung der Fähigkeiten. Im zweiten Bereich hat der VvL bisher noch keine Wirkung gezeigt. Der Druck, den Folgen sinkender Verteidigungshaushalte durch Zusammenarbeit entgegenzuwirken, wächst allerdings. Unter dem Stichwort "Pooling and Sharing" sind die Staaten aufgerufen, Möglichkeiten zur Einsparung durch gemeinsames Handeln zu schaffen. In der NATO gibt es unter der Bezeichnung "Multinational Approach" einen ähnlichen Ansatz, der ein zusätzlicher Grund für eine engere Abstimmung zwischen EU und NATO ist. Dem durchaus vorhandenen Willen, über Kooperationen zu sprechen, ist allerdings noch nicht überall die Einsicht gefolgt, dass das letztlich nur unter Verzicht auf bestimmte eigene Fähigkeiten sinnvoll ist - bei gleichzeitiger Stärkung anderer.

Aus dem NATO-Gipfel von Lissabon sind für Österreich vor allem die Zielsetzungen für die Weiterentwicklung der Partnerschaften der NATO wesentlich. Mehr als bisher soll sich der Stellenwert von Partnern durch das Austauschverhältnis zwischen Partnerstaat und NATO definieren. Je mehr sich ein Partner im Sinne der Rolle der NATO als globaler Akteur einzubringen bereit ist, desto höher ist sein Stellenwert und damit der Nutzen, den er seinerseits aus der Partnerschaft erzielen kann. Die NATO wird ein breiteres, weltumspannendes Netz von Partnern betreuen, in Themenbereichen die alle neuen Herausforderungen umfassen und durch das neue strategische Konzept angesprochen werden, wie etwa Energiesicherheit oder "Cyber-Security".

Für Österreich bedeuten beide Entwicklungen, in der NATO und in der EU, dass eigenen Schwerpunktbildungen im Rahmen regionaler Kooperationen und der interministeriellen Abstimmung dieser Aktivitäten vermehrte Bedeutung zukommt.

Generalmajor Wolfgang Wosolsobe

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle