Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Theresianische Militärakademie: Internationales Berufspraktikum

Ein Projekt mit Zukunft

Der Fachhochschul-Diplomstudiengang "Militärische Führung" an der Theresianischen Militärakademie ist stark praxisorientiert. Ein maßgeblicher Schritt zur Erreichung der Ausbildungsziele ist dabei das Berufspraktikum.

Die Zielsetzung des insgesamt 22 Wochen dauernden Berufspraktikums besteht in der Verbesserung des Wissens und der Fertigkeiten für das zukünftige Berufsfeld und der Weiterentwicklung der Persönlichkeit unter Einbindung der nationalen und internationalen Einsatz- und Truppenerfahrung.

Das Berufspraktikum selbst besteht aus drei Teilen: - Während des siebenwöchigen Nationalen Berufspraktikums 1 (NBP-1) werden die Militärakademiker als Gruppenkommandanten in der Basisausbildung verwendet.

- Im Nationalen Berufspraktikum 2 (NBP-2) erfolgt eine Verwendung auf Zugs- und Kompanieebene in der jeweiligen Waffengattung.

- "Internationalisierung" ist wesentlich für die Aufgabenerfüllung im Rahmen des internationalen Krisenmanagements, aber auch zur Gewährleistung einer praxisorientierten Ausbildung auf Hochschulniveau. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden ist - neben einer Reihe anderer Maßnahmen während des Studiums - der dritte Teil des Berufspraktikums bei einem Verband im Ausland zu absolvieren.

Internationalisierung

Die Zielsetzung des Internationalen Berufspraktikums (IBP) ist: - die Erweiterung und Vertiefung des Wissens und der Fertigkeiten im jeweiligen eigenen beruflichen Spezialzweig (Waffengattung); - das Kennenlernen von dem eigenen beruflichen Spezialzweig (Waffengattung) vergleichbaren Organisationselementen und/oder Aufgabenträgern anderer Armeen; - der Vergleich der eigenen Leistungsfähigkeit im internationalen Umfeld (Reflexionsfähigkeit, Kritikfähigkeit); - die Weiterentwicklung der Persönlichkeit ("militärische interkulturelle Kompetenz").

Das Internationale Berufspraktikum kann in unterschiedlichen Formen absolviert werden, wie z. B.: - durch die Integration in die Ausbildung innerhalb eines Verbandes im Ausland; - durch die Teilnahme an einem Ausbildungsgang an einer ausländischen Ausbildungseinrichtung; - Teilnahme an einer (mulinationalen) Übung im Ausland.

Bereits vorhandene Einsatzerfahrung im Ausland kann in Einzelfällen angerechnet werden.

Pilotprojekt 2005

Im Zeitraum vom 7. November bis zum 2. Dezember 2005 wurde ein Pilotprojekt gestartet, bei dem 30 Militärakademiker bei 13 Verbänden der Deutschen Bundeswehr ihr Internationales Berufspraktikum absolvierten. Angehörige der Waffen- und Fachschulen des Österreichischen Bundesheeres und der Deutschen Bundeswehr stellten die Dienstaufsichts- und Evaluierungsteams.

In den folgenden Kapiteln legen sowohl Dienstaufsichtsorgane als auch Teilnehmer am IBP ihre Sicht der Dinge dar:

Gefechtsübung mit integriertem Artillerieschießen beim Panzerartilleriebataillon 425 in Baumgarten

Autor: Major Braun, Artillerieschule Das Internationale Berufspraktikum brachte - aus der Sicht des Verantwortlichen für die Militärakademikerausbildung an der Artillerieschule - für die zukünftigen Artillerieoffiziere folgende wichtige Erkenntnisse: - die Erweiterung des Wissens und des Verständnisses für das System Artillerie; - das Kennenlernen der Leistungsparameter, der Einsatzgrundsätze von Gerät und Waffensystemen sowie des Leistungsvermögens eines deutschen Panzerartilleriebataillons (PzAB); - die Erweiterung der Führungskompetenz durch die Übernahme von Aufgaben und Verantwortung in der Panzerhaubitzbatterie (PzHBt) und beim Beobachtungstrupp (z. B. Führung der Batterie am Marsch); - die Versorgung auf Ebene der PzHBt: Durch die Einbindung in die Befehlsgebung sowie die Realversorgung erhöht sich das Verständnis für Abläufe im Österreichischen Bundesheer; - die Anlage von Übungen sowie Rückschlüsse für eigene Planungen; - die Kenntnisse der technischen und taktischen Feuerleitung auf den Ebenen Artilleriebataillon und Artilleriebatterie sowie der Vergleich der Leistungsvermögen des deutschen Artillerie-Feuerleit-Systems ADLER und des Elektronischen Artillerie Feuerleitsystems (EAFLS) der österreichischen Artillerie; - die Wissenserweiterung durch Fachgespräche mit erfahrenem Artilleriefachpersonal und dessen Feedback; - die Verbesserung der Methodik und Didaktik für die Ausbildung im Bundesheer durch Erleben von Möglichkeiten und Methoden in der Bundeswehr; - das Feststellen des IST-Standes in Führungs-, Fach- und sozialen Kompetenzen im Vergleich zur Bundeswehr und die Verbesserung durch Reflexion der Rückmeldegespräche mit dem Batteriekommandanten und anderen Kadersoldaten.

72-Stunden-Übung im Regionalen Übungszentrum Munster durch das Panzergrenadierbataillon 332

Autor: Oberstleutnant Bodemann (Deutschland), Bataillonskommandeur Drei österreichische Fähnriche wurden in der "Vollausbildung" in der 4. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 332 eingesetzt. Die Kompanie befand sich im achten Ausbildungsmonat und war zur Teilnahme an einem Übungsdurchgang im Regionalen Übungszentrum Nord an der Panzertruppenschule vorgesehen. Der Kompaniechef war Betreuungsoffizier und ständiger Ansprechpartner.

Die Verwendung der österreichischen Fähnriche gliederte sich in zwei Abschnitte: Der Abschnitt 1 umfasste die ersten 14 Tage. Darin sollten die Militärakademiker zunächst in die 4. Kompanie und in das Bataillon (insbesondere in das Offizierskorps) eingegliedert, in den Standort und in das Bataillon eingewiesen, über die Truppengattungen und ihre Besonderheiten informiert sowie in Taktik, an Waffensystemen und Simulatoren ausgebildet werden. Hierbei wurden die österreichischen Offiziersschüler bereits in die Ausbildung der Offiziere des Bataillons sowie der 4. Kompanie einbezogen. Die Militärakademiker führten auch eine Offiziers-/Unteroffiziersweiterbildung mit den Themenbereichen "Ausbildungsgang der Offiziere in Österreich" sowie "die Panzergrenadiertruppe im Österreichischen Bundesheer" eigenverantwortlich durch. Ergänzt wurde die Ausbildung durch ein Betreuungsprogramm zum Kennenlernen von "Land und Leuten" sowie durch die Teilnahme an gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Im Abschnitt 2 erfolgte die unmittelbare Eingliederung in die Ausbildung und Übung der 4. Kompanie - das eigentliche "Führungspraktikum". Die österreichischen Fähnriche wurden zunächst wechselweise als stellvertretende Zugführer und "Beobachter" auf dem Schützenpanzer der Zugführer sowie auf dem Schützenpanzer des Kompaniechefs eingesetzt. Im weiteren Verlauf der Gefechtsübung übernahmen die Militärakademiker in Einzelphasen vollverantwortlich die Funktion als Zugführer oder Führer der abgesessenen Kräfte.

Die Fähnriche verfügen über ein solides Basiswissen und einen hohen Ausbildungsstand bis zur Ebene des Zuges. Taktik und Verständnis für Führung, insbesondere Menschenführung, unterscheiden sich im Bundesheer nur marginal gegenüber der Bundeswehr. Die österreichischen Fähnriche haben sich als sehr motiviert, interessiert und leistungsfähig erwiesen und haben sich dadurch von Praktikanten anderer Nationen erheblich abgehoben.

Der Abschnitt 1 in der oben beschriebenen Form ist zwingend notwendig, da damit erst die Grundlagen für den Einsatz als Führer, Ausbilder und Erzieher auf der Ebene Zugführer gelegt werden. Die eigenverantwortliche Durchführung von Weiterbildungen, anderen Ausbildungsvorhaben oder sonstigen Aufträgen hat sich bewährt und auch zum Wissens- und Erfahrungsgewinn im Bataillon beigetragen.

Der Abschnitt 2 umfasste die Übertragung von Führungsverantwortung und bildet den wesentlichen Kern des Berufspraktikums. Aufgrund der gemeinsamen Sprache, der vorhergehenden Ausbildung sowie eines gemeinsamen taktischen Grundverständnisses konnten die österreichischen Fähnriche problemlos in die Ausbildung einbezogen werden und später auch Führungsverantwortung übernehmen, ohne dass sie dadurch überfordert oder gar die Ausbildungsziele der Truppe gefährdet gewesen wären.

Für die österreichischen Fähnriche war es eine besondere Erfahrung und ein großer Ausbildungserfolg, da die Ebene Kompanie im Zusammenwirken mit anderen Truppengattungen im Bundesheer kaum beübt wird.

Insgesamt waren die österreichischen Fähnriche voll in die Kompanie integriert, ohne als Fremdkörper oder Belastung zu wirken. Ein Einsatz der Militärakademiker als verantwortliche Führer erfordert, wie auch beim Einsatz von jungen Offizieranwärtern der Bundeswehr in Führungsverantwortung, die Bereitschaft und den Mut von militärischen Führern auf allen Ebenen, Fehler zu akzeptieren.

Scharfschützenausbildung mit dem Panzergrenadier-Lehrbataillon 92 in Munster

Autor: Miltärakademiker Fähnrich Ziesel Nach einer zweiwöchigen Einweisung in die Waffensysteme, den Organisationsplan sowie die Aufgaben des Bataillons ging es gut vorbereitet in den 2. Abschnitt des Internationalen Berufspraktikums.

In die Ausbildung und die Einsatzvorbereitung der Scharfschützen des Bataillons integriert zu sein, eröffnete Möglichkeiten, sehr viel Wissen über die Einsatzgrundsätze von Scharfschützen in der Bundeswehr mit zu bekommen und Vergleiche zum Österreichischen Bundesheer zu ziehen. Darüber hinaus konnten für die Ausbildung in Österreich viele Anregungen mitgenommen werden. Die Aufgabenstellungen reichten von der Beobachtung und der anschließenden Teilnahme an der Ausbildung bis hin zur Leitung eines Scharfschießens. Die anspruchsvollste Aufgabe war jedoch die weitgehend selbstständige Planung und Leitung einer dreitägigen Übung. Die Erstellung der Rahmenlage, Festlegung der Übungseinlagen sowie die Koordinierung der Feinddarstellung und natürlich die Auswertung der Übung waren einige der zu bewältigenden Aufgaben.

Von diesem Praktikum profitierten beide Seiten: Die deutschen Soldaten, da sie ein Feedback ihrer Ausbildungsmethodik aus fremder Sicht erhielten, und die österreichischen Fähnriche durch die Rückmeldungen von den deutschen Offizieren und Unteroffizieren.

Logistik bei der Versorgungskompanie 370 in Schneeberg

Autor: Militärakademiker Fähnrich Taus Die Versorgungskompanie (VersKp) 370 ist in Schneeberg in Sachsen stationiert. Die Aufnahme durch die deutschen Soldaten ging reibungslos und vorbildlich vonstatten. Die Offiziere und Stabsunteroffiziere der Kompanie zeichneten sich dadurch aus, dass sie jede Frage umfassend beantworteten und alles Erdenkliche unternahmen, um den notwendigen theoretischen Wissensstand, die deutsche Bundeswehr betreffend, zu schaffen. Dies beinhaltete die umfassende Einweisung in die Abläufe der Logistik und Instandsetzung, des Transportes sowie den Umschlag aller Arten von Versorgungsgütern. Die Ausbildung war überwiegend theoretischer Natur, wo es möglich war, erfolgte die Einschulung in reale Versorgungsabläufe.

Die Aufgaben, die selbstständig erfüllt werden mussten, erstreckten sich von der Planung, der Leitung und der Auswertung eines Scharfschießens bis hin zur Projektführung, einschließlich der Projektplanung, der Organisation und der Durchführung zur Erstellung eines Brandschutzplanes für die Gebäude der Kompanie. Dabei waren deutsche Richtlinien und Kriterien zu beachten.

Bei der VersKp 370 wurde das ganze Können und Wissen gefordert, und im Gegenzug konnten tiefe Einblicke in das deutsche Versorgungssystem gewonnen werden. Das Bestreben, den Militärakademiker umfassend in anfallende Logistikabläufe einzubinden, ist jedenfalls gelungen.

72-Stunden-Übung mit dem Panzergrenadierbataillon 352 in Munster

Autor: Militärakademiker Fähnrich Juri Ein Höhepunkt im Rahmen des Internationalen Berufspraktikums (IBP) war die Teilnahme an einer 72-Stunden-Übung im Regionalen Übungszentrum (RÜZ) in Munster. Die Aufgaben der Militärakademiker waren das Erkunden von Stellungsräumen für den abgesessenen Einsatz, die Teilnahme an einer Sandkastenausbildung sowie die Teilnahme als Trupp-, Gruppen- bzw. Zugskommandant an der Übung selbst.

Um eine einwandfreie Eingliederung in die Übung zu gewährleisten, wurden die österreichischen Fähnriche vorgestaffelt an diversen Waffensystemen und Simulatoren der deutschen Panzergrenadiertruppe ausgebildet. Einen weiteren Teil der Vorbereitung bildete eine Geländebesprechung mit dem Thema "Die Panzergrenadierkompanie in der Verzögerung".

Das Besondere an den Übungsdurchgängen im RÜZ ist, dass die Übung tatsächlich 72 Stunden dauert und frei abläuft. Der Kampf der verbundenen Waffen wurde durch die Einbindung von Steilfeuerunterstützung sowie von Pionierkräften ebenso geübt wie die Versorgungsabläufe innerhalb der Kompanie. Die uneingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten am Truppenübungsplatz in Munster sowie die Tatsache, dass alle an der Übung teilnehmenden Soldaten und Kampffahrzeuge mit Simulationsgeräten ausgestattet waren, vermittelte Realitätsnähe und erlaubte eine detaillierte Auswertung und Nachbesprechung der Übung.

Die wesentlichste Erfahrung im IBP war jedoch, sich in einem militärischen Verband einer anderen Nation bewähren zu müssen. Die Erkenntnis daraus, nämlich den Aufgabenstellungen und Anforderungen auch international gewachsen zu sein, stärkt das Selbstvertrauen und fördert das Vertrauen in die eigene Person sowie in die österreichische Offiziersausbildung.

Lehrübung "Soldat im Feuer" des Panzerartillerie-Lehrbataillons 325

Autor: Militärakademiker Fähnrich Pöllinger Im Zuge des Internationalen Berufspraktikums nahmen die Militärakademiker auch an der Lehrübung "Soldat im Feuer" teil. Ziel dieser Übung war es, Soldaten aller Dienstgrade einen Eindruck von den Auswirkungen des Gefechts zu geben. So wird die Wirkung verschiedener Waffensysteme realitätsnah dargestellt. Darüber hinaus wird der Einzelne zusätzlichen Stressfaktoren wie Kälte, Nässe, Schmutz, Lärm, Ungewissheit etc. ausgesetzt.

Eingebettet in eine Rahmenlage und mit einem taktischen Auftrag versehen, hatte man einen Parcours zu durchlaufen, der rund drei Stunden Zeit beanspruchte. Dabei waren verschiedenste Hindernisse zu überwinden, Maßnahmen der ABC-Abwehr sowie der Selbst- und Kameradenhilfe zu treffen. Es erfolgte ein mehrmaliges Überschießen durch eigene schwere Waffen. Die Wirkung des feindlichen Feuers wurde durch Pyrotechnik dargestellt. Mit dem Sturmgewehr mussten Ziele bekämpft werden.

Jeder Soldat sollte eine derartige Übung einmal durchlaufen haben, um sich eine Vorstellung über die Auswirkungen eines Gefechtes machen zu können.

Resumé des Pilotprojektes und Weiterführung des Projektes

Aus den bisherigen Erkenntnissen ergaben sich für zukünftige internationale Berufspraktika nachstehende Verbesserungsmöglichkeiten: - Verbesserung der vorgestaffelten Koordinierungsbesprechung durch die Teilnahme der Kompaniekommandanten und Bataillonskommandanten der direkt verantwortlichen ausländischen Truppenkörper; - verbesserte Einstiegsmöglichkeiten in das Praktikum durch die Bekanntgabe des exakten Ausbildungsstandes der Praktikanten; - Zielerreichung durch flexible Aufgabenstellungen innerhalb des Verbandes; - Anwendung der Didaktik und Methodik im Rahmen der Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie, abgeleitet vom Beispiel des Regionalen Übungszentrums; - Verlängerung des Berufspraktikums auf mindestens sechs Wochen.

Im Juni 2006 beginnt die zweite Phase des "Weiterführenden Pilotprojekes". Das sechswöchige Praktikum wird auf acht Länder ausgeweitet.

___________________________________ __________________________________ Autorenteam: Angehörige der Waffen- und Fachschulen des Österreichischen Bundesheeres und der Deutschen Bundeswehr sowie Militärakademiker, die am Pilotprojekt "Internationales Berufspraktikum" teilgenommen haben. Leiter des Projektes ist Oberstleutnant Josef Königshofer, Referatsleiter am Institut 1 der Theresianischen Militärakademie.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle