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Wie der Torpedo entstand

Die Erfindungen von Luppis, Whitehead und Obry

Kaum ein anderes Marinekampfmittel hat sich in seinem Grundaufbau und seinem Aussehen während ca. 140 Jahren so wenig verändert wie der Torpedo - und keines hat den Seekrieg bis weit ins 20. Jahrhundert stärker beeinflusst. Das ist allgemein bekannt. Weit weniger bekannt ist allerdings, dass der Torpedo in der Donaumonarchie bzw. von österreichischen Konstrukteuren und Offizieren entwickelt wurde.

Das Wort Torpedo (von torpere, lat., u. a.: starr sein, zum Erstarren bringen) ist der lateinische Name der Zitterrochen (torpedinidae), die ihre Gegner bzw. Opfer bei Berührung mit elektrischen Schlägen lähmen oder töten. Wir assoziieren mit dem Begriff Torpedo allerdings eher ein mehrere Meter langes Marinekampfmittel mit Eigenantrieb und kreisrundem Querschnitt, das sich nach dem Abschuss unter der Wasseroberfläche auf ein Schiff zubewegt, um dieses zu beschädigen oder zu versenken.

Doch unter Torpedo verstand man früher etwas anderes: Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts bezeichnete man so mit Zündern versehene ortsgebundene Sprengladungen, die bei Auflaufen eines Schiffes unter Wasser explodieren sollten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterschied man Defensivtorpedos, darunter stationäre und schwimmende Sprengladungen (nach heutigem Verständnis Grund- und Ankertauminen sowie Treibminen), und Offensivtorpedos, Sprengladungen, die erst ins Ziel bewegt werden mussten, z. B. an Stangen vor Schiffen und Booten (Stangen- oder Spierentorpedos) oder die an Seilen zum Ziel geschleppt wurden. Nach der Erfindung des selbstgetriebenen Whitehead-Fischtorpedos wurde vor allem diese Art von Kampfmittel als Torpedo bezeichnet und die Versionen ohne Eigenantrieb als Seeminen.

Der Torpedo und seine Hauptteile

Der Torpedo ist (nach heutigem Verständnis) ein zigarrenförmiges Unterwasser-Geschoss mit Eigenantrieb und Selbststeuerung (mittels Seiten- und Tiefenruder), das von Unter- und Überwasserschiffen, von Flugzeugen und festen Küstenplätzen lanciert wird. Das Torpedogehäuse ist aus nichtrostendem Metall (rostfreier Stahl wurde ab 1912 eingesetzt), die Länge beträgt drei bis neun Meter und der Durchmesser variiert zwischen 35 und 60 cm. Der Antrieb erfolgt(e) durch Pressluft, Gas, Dampf, Elektrizität oder mittels einer chemischen Reaktion ("Verbrennungsmotor").

Der Torpedo bestand bereits 1898 aus den sechs (miteinander verschraubten) typischen Hauptteilen:

  • dem wasserdichten, demontierbaren Gefechtskopf mit der Zündpistole, dem Kontaktzünder mit Zündkette, dem Sprengstoff sowie der Transport- und Vorrohrsicherung;
  • dem Druckbehälter mit Luft oder Gas (ursprünglich mit 25 atm Druck, 1902 bereits mit 150 atm), von dem die Geschwindigkeit und die Reichweite abhängen;
  • der Tiefenapparatkammer mit Ventilen, Wasserbehälter, Brennstoffbehälter, Tiefenapparat und Gestänge bzw. dem Antrieb des Tiefenruders;
  • der zwecks Kühlung nicht wasserdichten Antriebskammer mit dem Hauptantrieb, dem Antrieb des Seitenruders, einem Druckverteilerventil und der Antriebswelle;
  • der wasserdichten Auftriebskammer (das so genannte Tunnelstück) mit dem Geradlaufapparat und dem durch Schotten laufenden Übertragungsgestänge zur Antriebskammer und zum Schwanzstück und
  • dem Schwanzstück mit dem Ballasttank, den Stabilisierungsflossen, dem Tiefen- und dem Geradlaufruder sowie dem Antriebspropeller.

Die voll funktionsfähige Konstruktion von 1898 hatte nur minimalen Strömungswiderstand und war dort, wo es erforderlich war, wasserdicht, korrosionsfest, leicht und treffgenau. Die Zündung mit ihrer großen Berührungsfläche zum Ziel war für damalige Verhältnisse sehr zuverlässig.

Die italienischen Torpedos - noch dazu aus österreichischer Fertigung -, die 1918 das österreichisch-ungarische Schlachtschiff "Szent István" in der Adria versenkten und die "Aale" der deutschen U-Boote, die 1941 den Schiffen des britischen Arktis-Konvois PQ-17 die Rümpfe aufrissen, waren ebenso nach diesem Grundprinzip konstruiert wie die britischen Torpedos, die 1982 den argentinischen Schlachtkreuzer "General Belgrano" südlich der Falklandinseln zerstörten. Die moderneren Torpedos verfügten und verfügen allerdings über leistungsfähigere Motoren und Sprengköpfe sowie über wesentlich aufwändigere Geräte zur Regelung des Tiefganges und der Richtung. Sie bewegen sich auch nicht nur (relativ) geradlinig, sondern folgen

  • einem vorgegebenen Laufschema oder
  • Signalen (z. B. akustischen), die sie von einer externen Quelle bzw. ihrem Ziel empfangen, oder
  • suchen das Ziel selbst.

Modernere Torpedos haben meist auch Annäherungszünder. Die dadurch ausgelöste Unterwasserexplosion beschädigt oder vernichtet mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ziel (siehe Kapitel "Unterwasserexplosion").

Unterwasserexplosion (Quelle: Prof. Khoo):

Anders als eine Granate, die meist in die (gepanzerten) Aufbauten und Seitenwände der Schiffe einschlägt, trifft der Torpedo unter der Wasserlinie die schwächeren Konstruktionsteile des Schiffsrumpfes. Aufgrund der Dämmwirkung des Wassers wirken Unterwasserexplosionen verheerender als (praktisch unverdämmte) Explosionen an Land oder in der Luft.

Volltreffer von Torpedos, ausgelöst durch den Aufschlag des Zünders auf das Ziel, reißen die Rumpfhülle auf, führen zu lokalen Zerstörungen durch den Druck und die Detonationswelle, bewirken Wassereinbrüche und beeinträchtigen die Längsfestigkeit des Schiffes. Durch Annäherungszünder und Sensoren unter Wasser ausgelöste Abstandstreffer haben eine noch verheerendere Wirkung:

  • In Millisekunden breitet sich die Schockwelle aus, die als erster zerstörerischer Impuls den Schiffsrumpf trifft, gleichzeitig entsteht im Zentrum der Explosion eine Gasblase.
  • Die Gasblase expandiert unter hohem Druck sehr schnell zu ihrem maximalen Volumen. Der Schiffsrumpf wird partiell gehoben, biegt sich aufwärts, und das schwächt den Kiel.
  • Danach kollabiert die Gasblase, was einen Sog erzeugt, der den Schiffsrumpf partiell nach unten biegt. Das schwächt den Kiel weiter. Beim Kollaps entsteht aus der Blase ein Strahl.
  • Dieser Strahl kann mit hoher Geschwindigkeit und hohem Druck den Rumpf relativ leicht durchstoßen und schwerste Zerstörungen bewirken.)

Vom "Brander" zum Torpedo

Vom Altertum bis zum Ende der Segelschiffsära kamen "Brander" (Bûrlot, Burlotto, Fire Ship) zum Einsatz. Diese waren meist mit brennbaren Materialien gefüllte Segelschiffe und -boote, die mit dem Wind oder der Strömung auf gegnerische Schiffe abgelassen wurden, vor allem um deren Takelage in Brand zu setzen und den Gegner so zumindest manövrierunfähig zu machen.

Den "Brandern" folgten die Treib- und Schleppminen, deren mobile Weiterentwicklung der Torpedo (nach heutigem Begriffsverständnis) ist. Viele Erfindungen und Ereignisse haben die Entwicklung dieser Waffe beeinflusst, die wichtigsten davon sind hier chronologisch angeführt:

1776 baute der Amerikaner David Bushnell die "Turtle", ein handbetriebenes Ein-Mann-Unterseeboot, das eine (erstmals "Torpedo" genannte) Mine mitführte.

1801 demonstrierte der Amerikaner Robert Fulton, mit seinem Unterseeboot "Nautilus" die Wirkung der Unterwasserexplosion.

1805 versenkte Fulton mit einem unter Wasser treibenden Katamaran die dänische Brigg "Dorothea" bei Deal. Fulton entwickelte auch die Ankertaumine.

1811 konstruierte der französische General Henri-Joseph Paixhans bootähnliche Schwimmkörper mit Raketenantrieb, allerdings versagte deren Steuerung.

1846 erfand der Deutsche Christian Friedrich Schönbein die Schießbaumwolle.

1852 erfand Léon Foucault das Gyroskop.

1854 - 56 kamen im Krimkrieg "Torpedos" genannte Sprengkörper zum Schutze Kronstadts zum Einsatz.

1859 verhinderten Minenfelder vor Venedig, Triest und Pola die Landung von Franzosen und Sarden (Einwohner Sardiniens; Anm.).

1860 verbesserte der österreichische Offizier Wilhelm Lenk von Wolfsberg die Schiessbaumwolle.

1860 ließ der österreichische Fregattenkapitän Johann (Giovanni) Luppis das Modell des "Küstenretters" ("Salvacoste") anfertigen.

1861 erhielt Pascal Plant das US-Patent Nr. 37 940 für den Raketenantrieb eines "Torpedos".

1861 - 65 wurden im amerikanischen Sezessionskrieg auf beiden Seiten Seeminen eingesetzt, diese versenkten 26 Schiffe.

1864 versenkte das muskelkraftgetriebene Südstaaten-Unterseeboot "Hunley" mit seinem Spierentorpedo die dampfbetriebene Nordstaaten-Korvette "Housatonic" vor Charleston.

1862 versenkte Pascal Plant irrtümlich vor Präsident Lincoln den Schoner "Diana".

1864 verminten die Dänen Alsen und Fünen. Der chemische Zünder der dänischen Minen war in einer Glasphiole untergebracht.

1864 - 66 entwickelten Johann Luppis und Robert Whitehead den "Fischtorpedo".

1866 sicherte Österreich die Küsten von Venetien und Istrien durch unterseeische Minenfelder.

1867 stellten Luppis und Whitehead den propellergetriebenen Offensivtorpedo vor.

1868 baute Whitehead das "Secret" als Tiefenkontrolle in den Torpedo ein.

1870 - 71 verwendete Preußen im Deutsch-Französischen Krieg den von den Brüdern Harvey (Großbritannien) erfundenen Otter-Torpedo (eine Schleppmine) zur Hafensicherung.

1871 baute der Amerikaner John Adams Howell einen von einem gyroskopischen Schwungrad angetriebenen Torpedo, dessen Präzision von Whitehead erst 1895 erreicht wurde.

1873 baute der schwedische Ingenieur Thorsten Nordenfelt den ersten Torpedo mit Elektromotor (betrieben von 108 Batterien). Dieser Torpedo hatte zehn Knoten (ca. 18,5 km/h) Höchstgeschwindigkeit und eine Reichweite von 3200 Metern.

1875 erfand Alfred Nobel das Dynamit.

1877 entging der peruanische Panzerkreuzer "Huascar" auf 360 m Distanz knapp dem ersten Whitehead-Torpedo der britischen Fregatte "Shah".

1877 - 78 tobte der Russisch-Türkische Krieg, in dem das türkische Kanonenboot "Initbah" durch zwei Whitehead-Torpedos versenkt wurde.

1891 wurde im Chilenischen Bürgerkrieg erstmals ein Panzerschiff - die "Blanco Encalada" (3 500 t) - durch zwei Torpedoboote versenkt.

1894 torpedierte und versenkte im Bürgerkrieg in Brasilien ein Torpedoboot das Turmpanzerschiff "Aquidaban" (5 000 t).

1895 versenkten japanische Torpedoboote im Japanisch-Chinesischen Seekrieg das chinesische Panzerschiff "Ting-Yuen" im Hafen von Wei-hei-wei.

1895 machte der (gyroskopische) Geradlaufapparat von Ludwig Obry den Torpedo zur hochseetauglichen, zuverlässigen und autonomen Waffe - auch auf große Entfernung.

Die Entstehung des Whitehead-Torpedos

Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts versuchte man, den Gegner durch "Breitseiten" manövrierunfähig zu schießen, z. B durch Zerstören der Segel und der Takelage. Der Beschuss des Gegners erfolgte generell auf Sicht, Schussweiten über mehrere Kilometer waren die Ausnahme. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der mehr und mehr segel- und dampfgetriebene Panzerschiffe die Schiffe mit ungepanzerten Holzrümpfen ablösten, führte man den Kampf von Schiff zu Schiff mit weiter reichenden, schwereren Geschützen mit gezogenen Rohren und Granatmunition fallweise über die Sichtweite der Kanoniere hinaus sowie mit Minen und Sprengladungen (damals Torpedos genannt) oder - in Ausnahmefällen - mit dem massiven, metallenen Rammbug.

1866 war Admiral Tegetthoff vor Lissa einer zahlenmäßig und artilleristisch überlegenen italienischen Flotte unter Admiral Persano gegenübergestanden und hatte notgedrungen den Nahkampf durch Rammen gesucht - und die Schlacht gewonnen! Danach hatten Marinestrategen den an sich anachronistischen Rammbug für unverzichtbar gehalten, weshalb noch im Ersten Weltkrieg viele Großkampfschiffe (einige Veteranen sogar noch im Zweiten) über einen Rammbug verfügten (der übrigens nachweislich hydrodynamische Vorteile hatte).

Noch vor dem 20. Jahrhundert wurden die Holzschiffe großteils durch Metallschiffe ersetzt. Diese verfügten bereits über weit reichende, langrohrige Hinterlader, die drallstabilisierte Spreng- und panzerbrechende Granaten verschießen konnten, zuerst aus Kasematten und dann aus Drehtürmen. Das führte zu einem Wettlauf von Geschoßwirkung und Panzerung - die Schiffe wurden immer größer und schwerer - und benötigten deshalb auch stärkere Maschinen. All das verlangte den Staaten immer höhere Budgets für den Flottenbau ab.

Zur Sicherung der Häfen dienten Küstenartillerie und (damals Defensivtorpedo genannte) Minen. Während des Österreichisch-Französischen Krieges 1859 operierte die französische Flotte ungehindert in der nördlichen Adria. Venedig, Triest sowie die kroatische Küste wurden deshalb zur Verteidigung vorbereitet und Häfen erstmals vermint. Im Juni 1859 landete die französische Flotte dennoch im Quarnero auf Lussin und in Fiume (heute Rijeka).

Unter diesem Eindruck der Ohnmacht unterbreitete der Chemiker und Mechaniker Franz Pfeifer dem Oberbefehlshaber des adriatischen Raumes, Feldzeugmeister Graf Gyulai, den Vorschlag, einen schwimmfähigen Apparat aus zwei Metallzylindern - beide mit kegelförmigem Bug und Heck - zu bauen. Ein Zylinder sollte Pressluft für den Propellerantrieb (Propeller ist die Fachbezeichnung für die Schiffsschraube) enthalten und der andere Sprengstoff. Dieser sollte bei Kontakt mit einem Schiffsrumpf von einem Perkussionszünder zur Explosion gebracht werden.

1860 ließ Fregattenkapitän Johann Luppis, Kommandant der Fregatte "Bellona", an Bord das Modell des "Küstenretters" ("Salvacoste") anfertigen, eines ca. sechs Meter langen, gänzlich gedeckten Bootes, das von einem Propeller (Schraube) angetrieben und das mittels zweier paralleler Ruderblätter an Bug (!) und Heck über Leinen von Land aus auf das Ziel gelenkt werden sollte. Der "Küstenretter" war mit Sprengstoff gefüllt, der über vier Perkussionszünder bei Auflaufen auf ein Seeziel zur Explosion gebracht werden sollte. Mangels geeigneter Motoren verwendete Luppis allerdings einen Federmotor (Uhrwerkmotor) - und das erwies sich als Fehlgriff!

1864 präsentierte Luppis seine Erfindung der Marinesektion des Kriegsministeriums und ersuchte um Finanzierung der Weiterentwicklung. Die Vorführung des Modells erfolgte sogar in Gegenwart von Kaiser Franz Joseph, aber Luppis erhielt eine Abfuhr aus Kostengründen und wegen Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Systems.

Doch der Besitzer der Werft und Maschinenfabrik Stabilimento Tecnico Fiumano, der englische Ingenieur Robert Whitehead, nahm sich auf Empfehlung des Kriegsministeriums der Erfindung an. Er erkannte die Unzulänglichkeiten und entwickelte aus Luppis Idee den Fischtorpedo. Dabei kam er der ursprünglichen Idee der Pfeiferschen Zylinder sehr nahe. Whitehead verwarf jedoch die Oberwasserfahrt aufgrund des störenden Wellenganges und der Sichtbarkeit. Das Kampfmittel wurde somit submarin, die Lauftiefe regelte vorerst ein Wasserdruckventil. Die Leinenlenkung der Seitenruder des Versuchsmodells verhedderte sich aber im Propeller und erwies sich somit als einsatzuntauglich. Sie wurde deshalb durch eine Voreinstellung (Trimmung) der Seitenruder und durch ein Lanciergerät (ein Rohr, das die Richtung vorgibt) ersetzt. Der Torpedo lief somit nach Verlassen des Rohres in einer leichten Kurve zum Ziel. Als Antrieb des zweiflügeligen Propellers diente eine Pressluftmaschine mit zwei beweglich gelagerten (oszillierenden) Zylindern mit einfach wirkenden, rechtwinkelig zueinander versetzten Kolben. Ein Ventilsystem bewirkte trotz des fallenden Drucks eine konstante Geschwindigkeit.

Am 20. Dezember 1866 wurde vor einer Kommission (Erzherzog Leopold und Fregattenkapitän von Littrow) ein Fischtorpedo auf ein 370 Meter entferntes Ziel lanciert. Die Vorführung verlief imposant und trotz "Kinderkrankheiten" vielversprechend.

Am 15. April 1867 wurde zwischen der Marinesektion des Kriegsministeriums und den beiden Erfindern ein Vertrag geschlossen, der letzteren bei Versuchserfolg 200 000 Gulden und das Recht zusprach, die Erfindung auch an Dritte zu verkaufen.

Ende 1867 entwickelte Whitehead ein Unterwasser-Lancierrohr, das in das alte Kanonenboot "Gemse" unter der Wasserlinie starr eingebaut wurde. Der Torpedo wurde von hinten in das Lancierrohr eingeführt und darin eingeschlossen. Nach Öffnen der Bugklappe wurde der Torpedo durch Pressluft ausgestoßen.

Die Versuche zeigten aber, dass der hydrostatische Tiefenregler zu ungenau war. Whitehead baute daraufhin das sogenannte "Secret" ein: Er ersetzte dabei den bisherigen Tiefenregler durch ein schweres Pendel, das - jeder Neigung entgegen - über Hebelsysteme auf das Tiefenruder wirkte. Bei einer Versuchsserie am 12. Juli 1867 gingen von 28 Lancierungen auf 670 Meter gegen ein verankertes Ziel von der Größe eines Kanonenbootes zwölf Torpedoschüsse fehl - 16 aber (57 Prozent) trafen!

Die Tiefenabweichung nach Einbau des "Secret" lag im Bereich von 15 Zentimetern oberhalb und unterhalb der eingestellten Tiefe. Die Zielgenauigkeit, Reichweite und Wirkung begeisterten die k. u. k. Marine, obwohl für Entfernungen von mehr als 400 Metern die Streuung und die Geschwindigkeit für ein Seegefecht noch unzureichend waren.

Am 27. und 28. August 1868 übergab Whitehead der k. u. k. Kriegsmarine nach Abschluss der kommissionierten Versuche einen 35-cm-Torpedo und einen 40-cm-"Normaltorpedo" mit den zugehörigen Konstruktionszeichnungen. Damit lief auch der Vertrag zwischen Whitehead und Luppis aus, deren Beziehungen sich zusehends verschlechterten.

Johann Luppis Ritter von Rammer:

Johann Blasius (Giovanni Biagio) Luppis wurde am 28. Jänner 1813 als Sohn eines Marineoffiziers in Fiume (heute Rijeka) geboren. 1835 absolvierte Luppis das Marinekollegium in Venedig und trat 1837 als Marinekorpskadett in die Kriegsmarine ein. 1845 avancierte er zum Schiffsfähnrich und 1848 zum Fregattenleutnant. Nach Einsätzen im Mittelmeer und im Schwarzen Meer nahm er 1848/49 auf der Fregatte "Bellona" an der Blockade Venedigs teil. 1851 wurde er Schiffsleutnant, 1853 Korvettenkapitän und 1857 Fregattenkapitän. 1859 kommandierte er vor Dalmatien die Fregatte "Venus" im Sardinisch-Französischen Krieg. Als Kommandant der Fregatte "Bellona" ließ er 1860 das Modell des "Küstenretters" ("Salvacoste") anfertigen. 1861 demissionierte er als Kapitän der "Bellona" und erhielt für seine Erfindung den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse. Nach der Präsentation seiner Erfindung vor dem Kaiser nahm Luppis 1864 Verbindung mit Ingenieur Robert Whitehead auf und entwickelte mit diesem den 1866 vorführungsreifen Whitehead-Fischtorpedo. 1869 wurde Luppis in den Ritterstand erhoben, 1875 starb er in Torrigia (Lombardei).

Robert Whitehead:

Robert Whitehead wurde am 3. Jänner 1823 in Bolton-le-Moors (Lancashire, Großbritannien) geboren. 1837 schloss er die Grammar School ab, besuchte danach eine Privatschule, wurde Lehrling bei seinem Onkel in Manchester und absolvierte in der Freizeit die Ingenieursausbildung am Mechanical Institute in Manchester. 1843 folgte er seinem Onkel nach Marseille und wurde später Konstrukteur in einer Werft. 1847 zog er in das damals österreichische Mailand (Milano) und arbeitete dort an Maschinen zur Seidenherstellung. 1849 ging Whitehead als Konstrukteur zum Österreichischen Lloyd nach Triest. 1856 wurde er Direktor der Werft und Maschinenfabrik Stabilimento Tecnico Fiumano in Fiume (Rijeka), dort konstruierte er österreichische Kriegsschiffe. Ab 1864 arbeitete er an der Entwicklung des Fischtorpedos und stellte 1866 den ersten brauchbaren Torpedo her. 1868 wurde Whitehead geadelt (Baron). 1873 kaufte er die zuvor bankrottgegangene Werft/Maschinenfabrik und gründete zusammen mit Graf Georg Hoyos die Silurificio Fiumano. Whitehead verbesserte 1876 den Torpedolauf bzw. dessen Tiefgang durch einen Servomotor und baute 1895 das Gyroskop von Ludwig Obry zur besseren Richtungskontrolle ein. Am 14. November 1905 starb Whitehead in Becket (Berkshire, Großbritannien).

Ludwig Obry:

Ludwig Obry wurde am 22. August 1852 in Triest geboren, maturierte 1870 an der Oberrealschule in Görz (Gorizia) und lernte Schiffbau in Triest. Er arbeitete 1872 als Praktikant bei der Werft Stabilimento Tecnico Trieste und danach über zehn Jahre als Zeichner für die Kriegsmarine. Ab 1882 arbeitete er bei Whitehead in Fiume und ab 1884 bei der Firma Burri in Triest. 1885 wurde er Provisorischer Konstruktionszeichner 1. Klasse ("privat: ledig, ohne Vermögen") und 1886 Effektiver Konstruktionszeichner; als solcher hatte er "… einige Kenntnisse im Hochbau sowie die Fähigkeit, leichtere Konstruktionen im Torpedowesen durchzuführen". Das reichte aber offenbar für die Konstruktion eines brauchbaren Geradelaufapparates (Gyroskops). Die "Geradlaufsteuerung für Torpedos" wurde 1894 patentiert. Obry trat 1896 aus der k. u. k. Kriegsmarine aus und konstruierte danach bei der Maschinenbaufirma Ing. Ludwig von Petravic (in Wien - Hernals) Kreiselanlagen. 1906 entwickelte er dort ein später ebenfalls patentiertes kreiselgesteuertes Richtsystem für Artilleriewaffen ("Obry’scher Geschützabfeuerungsapparat"). Obry starb am 2. November 1942 in Triest

Konstruktionsdetails

Der erste Whitehead-Torpedo war ein aus Stahlblech erzeugter, spindelförmiger Rotationskörper von 3,4 m Länge, 36 cm größtem Durchmesser und einer Gesamtmasse von 136 kg. Die obere und eine untere Leitflosse ragten in der Vertikalachse 2,5 cm heraus und umschlossen achtern den Propeller. Horizontal befanden sich mittig ebenfalls zwei kurze, 2,5 cm breite Leitflossen. Die Spitze des Torpedos enthielt einen einfachen Perkussionszünder für die von der Initialladung umgebene acht Kilogramm schwere Sprengstoffladung aus komprimierter Schießbaumwolle.

Die Tiefenapparatkammer enthielt anfangs nur die Urform des Tiefgangreglers: eine im Schott eingelassene Membrane, auf einer Seite spiralfederbelastet, um die Operationstiefe vorzugeben, und auf der anderen dem Wasserdruck exponiert. Die Bewegungen der Membran wurden mit Zugdrähten an das Tiefenruder übertragen.

Die vom Seewasser zur Kühlung durchströmte Maschinenkammer enthielt eine zweizylindrige Pressluftmaschine (System Brotherhood Compound), die über Kurbelgelenke auf die Welle des zweiflügeligen Propellers wirkte. An jedem Zylinder befand sich ein Kolbenschiebergehäuse, über das der jeweilige Arbeitszylinder mit Pressluft beschickt wurde. Die danach aus dem Motor austretende Pressluft bewirkt auch die "Blasenbahn" des Torpedos an der Wasseroberfläche. Beim Lancieren wurde ein Hebel gekippt, der über ein Gestänge den Pressluftmotor in Gang setzte und den Zünder entsicherte.

Der vom Tunnelrohr mit der Schraubenwelle durchzogene Druckbehälter enthielt Pressluft mit 25 atm.

Am achteren Ende befanden sich die Ballastkammer, die verstellbaren Seitenruder, der zweiflügelige Propeller mit Verkleidung, das bewegliche Tiefenruder und eine Sperrvorrichtung (Sicherung) des Geschoßes. Die Austrimmung des Torpedos erfolgte durch Einblasen von Luft in den (wassergefüllten) Ballasttank sowie durch Bleigewichte. Die Tempiervorrichtung im Stevenrohr (einem wasserdichten Verbindungsrohr im Inneren der Bauteile) gab erst nach einer bestimmten Anzahl von Umdrehungen über ein Gestänge die Zündung frei bzw. öffnete bei Zielverfehlung ein Ventil (Versenkventil) zwischen Ballastraum und Maschinenraum und brachte so den Torpedo zum Sinken.

Für die Präzision der späteren Whitehead-Torpedos waren zwei Geräte ausschlaggebend: der Tiefgangregler und der Geradlaufapparat.

Weil sich der ursprüngliche Tiefgangregler bei geringen Tiefen als unzuverlässig erwiesen hatte, unterstützte Whitehead die Membranbewegung durch ein schweres Pendel, dessen Bewegungen über Gestänge - später mittels Servomotoren - auf die Horizontalruder übertragen wurden. Dieses Pendel wirkte bei geringem Ausschlag wie ein Dämpfer und bewirkte die geringe Tiefenabweichung von plus/minus 15 cm zur voreingestellten Tiefe. Die Bezeichnung "Secret" für diesen verbesserten Tiefgangregler stammt von Whitehead.

Das zweite Gerät, der Geradlaufapparat von Obry, wurde erst 1895 eingeführt. Er war im Wesentlichen ein Gyroskop, bestehend aus einem ca. 800 g schweren Schwungring mit sieben bis acht Zentimetern Durchmesser, dessen Achse parallel zur Torpedoachse kardanisch (d. h. in alle Richtungen beweglich) aufgehängt war. Beim Lancieren des Torpedos brachte ein Spiralfederantrieb den Schwungring auf 2 400 Umdrehungen pro Minute. Dessen rotierende Achse behielt aufgrund der Kreiselbewegung die ursprüngliche Ausrichtung, auch wenn der Torpedo seine Richtung änderte: "Wird dem Torpedo durch äußere oder innere Einflüsse eine Abweichung aus dem Curse aufgezwungen, so entsteht hierdurch eine Änderung der Achslage des Gyroskops im Torpedokörper. Letzteres reagiert auf den Servomotor, der die Seitensteuer sofort entsprechend stellt, um den Torpedo wieder in seinen Curs zu bringen. Hieraus erklärt sich auch, dass sich die Bahn, wie schon früher erwähnt, in ihrer Draufsicht schlangenförmig darstellt." erläuterte dies der Erfinder.

Erst durch den Geradlaufapparat von Obry erhielt der Torpedo Hochseetauglichkeit, Treffsicherheit und Zuverlässigkeit und schnitt bei letzteren im Vergleich sogar besser ab als die damalige Schiffsartillerie. Der Geradlaufapparat beeinflusste auch die Angriffstaktik, weil nun auch mehr als 400 Meter entfernte Ziele erfolgreich bekämpft und Vorhaltewinkel eingestellt werden konnten. Ein Nachteil lag damals noch in der Abnahme der Umdrehungszahl des spiralfedergetriebenen Gyroskops bei längerer Distanz und somit auch dessen Wirkung auf die Ruder.

Die neue Waffe setzt sich durch

1867 hatte Whitehead den Entwicklungsvertrag mit der k. u. k. Marine abgeschlossen, diese verzichtete jedoch trotz der erfolgreichen Versuche auf den ausschließlichen Erwerb der Erfindung - obwohl ihr dies temporär eine gewisse Überlegenheit zur See gegeben hätte.

So erwarben andere Staaten die Erfindung, auch potenzielle Gegner Österreichs. Nach beeindruckenden Vorführungen vor der britischen Admiralität in Sheerness erwarb Großbritannien im Februar 1871 den Torpedo. Obwohl die Royal Navy die neue Waffe als tückisch und unwürdig ("a damned unenglish weapon") abgelehnt hatte, erkannte man deren Potenzial und errichtete im Arsenal von Woolwich eine Torpedowerkstätte. Das bedeutete für das neue Waffensystem den endgültigen Durchbruch.

1872 folgte Frankreich, 1873 Italien und Deutschland, 1875 Skandinavien, 1876 die Türkei und Russland und 1877 hatte auch "der Rest der Welt", Japan und die USA eingeschlossen, Torpedos angekauft.

Die Hauptbestandteile des Torpedos, insbesondere die Steuerungsmechanismen, waren von Anfang an geheim. Jeder Staat, der die Produktionsrechte kaufte, musste sich zur Geheimhaltung der Konstruktionszeichnungen verpflichten. Der Whitehead-Torpedo als solcher wurde nie patentiert, fürchtete man doch bei Offenlegung der Patentrechte Nachahmer und darüber hinaus Verluste für die eigene Rüstungsindustrie.

Whitehead kaufte 1873 die Stabilimento Tecnico Fiumano und gründete die Silurificio Whitehead. (Ab 1894 wurden in Fiume jährlich ca. 900 Torpedos erzeugt.) Nach wie vor hielt Whitehead den Tiefgangregler, das "Secret", geheim. Doch die Geheimhaltung war anscheinend nicht lückenlos. Nach einem mysteriösen Einbruch in Fiume, bei dem u. a. ein Versuchstorpedo zerlegt wurde, kam der deutsche Schwartzkopf-Torpedo (englisch: Blackhead-Torpedo!) auf den Markt, als unerwartetes und unerfreuliches Konkurrenzprodukt - mit einer praktisch korrosionsfreien Hülle aus Phosphor-Bronze!

Weitere Verbesserungen

Jede nationale Verbesserung des Torpedos wurde sofort übernommen und allgemein angewendet. In Woolwich wurde 1876 das gegenläufige Propellerpaar entwickelt, das die Geschwindigkeit des Torpedos von sieben (ca. 13 km/h) auf zwölf Knoten (ca. 22 km/h) erhöhte, dessen Drehung um die eigene Achse verhinderte und so für Laufstabilität sowie für eine höhere Reichweite sorgte. Ab 1872 kamen Dreizylinder-Pressluftmotoren (ebenfalls vom System Brotherhood Compound) sowie stärkere Druckbehälter serienmäßig zum Einbau und die Masse stieg von 136 auf 240 kg.

1875 führte die Royal Navy (schwenkbare) Überwasserlanciergeräte für Torpedos ein und 1883 entdeckte Dr. Robert E. Froude in den Versuchswerkstätten von Torquay (England) dass die Ogivenform (Spitzbogenform) strömungsgünstiger war als ein Spitzkegel. Darüber hinaus bot die neue Form auch mehr Platz für Sprengstoff. Ab 1890 waren die Gefechtsköpfe der Torpedos generell gerundet.

1895 adaptierte Ingenieur von Petravic den Geradlaufapparat von Obry für Whitehead. Der adaptierte Geradlaufapparat wurde 1898 zur Standardausrüstung. Auf eine (theoretische) Zielentfernung von sieben Kilometern senkte er die Abweichung auf einen halben Grad! Selbst große Eintauchwinkel beim Lancieren querab aus Überwassertorpedorohren konnten damit kompensiert werden. Das erhöhte die Einsatzschussweite auf vier Kilometer.

Ab 1901 kam eine Heizung der Pressluftbehälter zum Einbau, um die Eisbildung bei tiefen Außentemperaturen zu verhindern (Oberst Victor von Scheliha hatte für eine Torpedoheizung bereits 1872 ein Patent erhalten). Die Heizung der Whitehead-Torpedos erfolgte durch Anwärmung der komprimierten Luft mit einem Gemisch aus verbranntem Mineralöl und überhitztem Wasserdampf.

Direkte Auswirkungen auf den Seekrieg

Die Reichweite und die Treffsicherheit des Torpedos entsprachen nun - bei gleicher Zielentfernung - jener der schweren Schiffsartillerie. Außerdem war der Torpedo die erste "Stealth-Waffe" - eine unsichtbare Bedrohung, die durch Unterseeboote in zwei Weltkriegen maritim "allgegenwärtig" war. Die einzigen Nachteile waren die relativ geringe Geschwindigkeit und der zeitraubende, umständliche Nachladevorgang.

Der Torpedo wurde von allen Seemächten sofort als entscheidendes Waffensystem erkannt. Er konnte mehr Schaden anrichten als eine Granate (siehe Kasten "Stichwort Unterwasserexplosion") und war inklusive der Lanciervorrichtung billiger als ein Geschützturm - und leichter unterzubringen.

Es schien, als könnten nun unbedeutende Seemächte selbst die größten herausfordern. Frankreich, das in steter Konkurrenz mit Großbritannien stand, dachte sogar an eine Torpedobootflotte anstelle von Schlachtschiffen und Kreuzern. Kleine, ungepanzerte Boote mit Torpedos als Hauptbewaffnung konnten wesentlich größere, stärkere (und teurere) Schiffe angreifen und dank ihrer überlegenen Geschwindigkeit und ihrer kleinen Signatur danach leicht entfliehen.

Anstatt der ursprünglich einzeln angeordneten Lanciergeräte erhielten Schiffe - aber auch Küstenschutzeinrichtungen - bald starr eingebaute und drehbare für Fächerschüsse (meist mit vier, seltener mit sechs Torpedos) geeignete Torpedobatterien.

Der Torpedo führte auch zur Entwicklung der Schnellboote, zur Weiterentwicklung der Unterseeboote und zu den damit verbundenen neuen taktischen Verfahren: Schnellboote mit mehreren Torpedorohren agierten nach der Hit-and-Run-Taktik. Sie näherten sich möglichst unbemerkt, schossen ihre Torpedos ab, drehten ab und rasten mit Höchstfahrt davon. Im Ersten Weltkrieg war dies z. B. ein bewährtes Verfahren der italienischen MAS (motoscafo antisommergibile). Eines dieser Schnellboote versenkte so 1918 das k. u. k. Schlachtschiff "Szent István", ein Schwesterschiff der "Viribus Unitis".

Letztlich verdanken selbst die relativ großen U-Bootflotten beider Weltkriege dem Torpedo ihre Existenz!

Auch Torpedobomber wurden gebaut. Zu den bekanntesten zählen die offenen Fairey "Swordfish" Doppeldecker - ein solcher machte 1941 mit seinem Torpedo das deutsche Schlachtschiff "Bismarck" manövrierunfähig.

Doch auch die ursprüngliche Idee von Luppis - die unmittelbare Sicherung der Küste - wurde nicht vergessen. So errichtete Norwegen auf den Inseln und an den Küsten einiger Fjorde ortsfeste Torpedobatterien. Eine davon versenkte 1940 - mit zwei damals fast 50 (!) Jahre alten Torpedos aus österreichischer Produktion - im Oslofjord den angreifenden deutschen schweren Kreuzer "Blücher".

Sah man die Luftblasen einer Torpedobahn von Deck aus, war es für eine Kursänderung oder für die Zerstörung des anlaufenden Torpedos mit Maschinenwaffen meist zu spät. Am sichersten war es, die Abschussplattform - also das Schnellboot oder das Unterseeboot - vor dem gezielten Torpedoschuss zu erfassen und zu bekämpfen. Das erforderte aber zusätzliche Sicherungsfahrzeuge (mit Ortungsgeräten, Wasserbomben usw.) gegen Unterseeboote, sowie kleinkalibrige Geschütze mit hoher Kadenz, um sich der Torpedoboote zu erwehren.

Gegen Torpedoboote kamen darüber hinaus (Torpedoboot-)Zerstörer zum Einsatz, die selbst über Torpedos und Artillerie verfügten. Gegen Unterseeboote konnten die Zerstörer - ebenso wie der Schiffstyp U-Bootjäger - Wasserbomben einsetzen.

Größere Überwasserschiffe erhielten u. a. doppelte Schiffsböden und Torpedoschotte. Großkampfschiffe schützen sich auf der Reede oder am Ankerplatz auch mit Torpedonetzen aus Stahldrahtringen an schwenkbaren Spieren, und die Hafeneinfahrten erhielten verminte Netzsperren.

Parallel- und Weiterentwicklungen nach 1898

1890 wurde die Drahtsteuerung des Sam-Edison-Torpedos in den USA zum Patent angemeldet. Der Siemens-Schuckert-Gleittorpedo (ein unbemanntes, Sprengstoff tragendes Gleitflugzeug, das mehrere Kilometer vor dem Zielschiff von einen Luftschiff abgeworfen wurde) entstand 1915. Ab 1916 stellte die Lürssen-Werft (Bremen-Vegesack) Sprengboote - kabelgesteuerte Fernlenkboote (FL 1 bis 17) - mit 28 bis 30 Knoten (ca. 52 bis 56 km/h) Höchstgeschwindigkeit und einer Nutzlast von 700 kg Trinitrotoluol (TNT) her. Der Einsatz dieser Boote war erfolgreich. Ihre Steuerung stammte von Siemens und erfolgte über 20 (!) Kilometer lange Kabel. Vier der Boote - FL 12, 13, 15, und 16 - wurden später auf die drahtlose Flugzeugsteuerung von Siemens-Halske umgerüstet. Das erhöhte die Reichweite von 20 auf 180 (!) Kilometer. Österreich-Ungarn versuchte, in die Entwicklung einzusteigen, was das deutsche Reichsmarineamt aber 1918 verhinderte.

Auch im Zweiten Weltkrieg wurden Sprengboote eingesetzt (z. B. der deutsche Sprengboottyp "Linse", 1944/45). Diese hatten aber einen Bootsführer, der vor dem Aufschlag des Bootes auf das Ziel abspringen sollte. "Selbstmordeinsätze" nach Art der Kamikaze-Piloten waren dabei nur von japanischer Seite vorgesehen.

Generell ersetzten jedoch modernere Waffensysteme wie z. B. zielsuchende Torpedos und Seeziel-Lenkwaffen das ferngesteuerte Sprengboot, wie es Luppis ursprünglich erdacht hatte.

Die Weiterentwicklung des Gyroskops führte zu zuverlässigen Navigationsinstrumenten, erhöhte die Flugsicherheit und ermöglichte erst die Raumfahrt. Gyroskope sorgen u. a. für die Zielsicherheit von Raketen und die Rollstabilität von Schiffen, sie befinden sich auch in Kreiselkompassen und Autopiloten. Die Waffenstabilisierung von Panzern und Kriegsschiffen erfolgt ebenfalls gyroskopisch. (Die Schlachtschiffe der österreichischen "Tegetthoff"-Klasse, darunter die "Viribus Unitis" und die "Szent István", hätten über die erste gyroskopgesteuerte Artillerie der Welt verfügt - wäre dies nicht von der k. u. k. Marine trotz positiver Testergebnisse abgelehnt worden.) Gyroskope werden auch künftig überall dort in Verwendung sein, wo es auf die Richtungsstabilität ankommt.

Der moderne Torpedo

Moderne Torpedos beinhalten modernste Elektronik und Sensorik, auch Erkenntnisse aus dem Bereich Energieanwendung (Gasdruck, Elektromagnetismus, Massenbeschleunigung) werden genutzt. Das macht die Torpedos auch gegen weit entfernte Überwasser- und Unterwasserfahrzeuge sowie gegen Wasserbauten (Hafenanlagen, Docks, Brücken, …) einsetzbar. Bereits die Existenz der modernen Torpedos zwingt den Gegner zu aufwändigen Schutzmaßnahmen.

Der Leitgedanke blieb aber unverändert: eine ausreichende Sprengladung ohne großes Eigenrisiko unter dem Kiel bzw. der Wasserlinie des Gegners zu zünden - also ohne direkten Kontakt zum Ziel. Einmal lanciert, erfasst der moderne Torpedo das Ziel und steuert es selbsttätig bis zum Treffer an. Dazu besitzt er passive und aktive Zielsucheinrichtungen sowie Abstandszünder. Moderne Torpedos sind (fast) blasenspur- und geräuschfrei und haben einen elektrischen oder thermodynamischen Antrieb mit Sauerstoffreservoir. Ihre Geschwindigkeit liegt bei 50 bis 60 Knoten (ca. 93 bis ca. 111 km/h) und ihre Reichweite bei 20 bis 30 Seemeilen (ca. 37 bis ca. 56 km). Der amerikanische MK 48-Torpedo ist z. B. 5,8 Meter lang, hat einen Durchmesser von 21 Zoll (ca. 53 cm) und eine Masse von ca. 1 580 Kilogramm. Seine Geschwindigkeit beträgt 60 Knoten (ca. 111 km/h) und seine Reichweite 20 Seemeilen (ca. 37 km). Der Antrieb erfolgt durch eine Gasturbine. Der Torpedo ist mit einem High Explosive-(HE-)Gefechtskopf, einem Hohlladungsgefechtskopf oder einem nuklearen Gefechtskopf bestückt (Nutzlast ca. 300 Kilogramm).

Die aktiven Gegenmaßnahmen richten sich heute nicht nur gegen die Abschussplattform (Schnellboot, Unterseeboot, …), sondern auch gegen den Torpedo selbst: Die Applied Research Laboratories (Pennsylvania, USA) arbeiten z. B. an einem superkavitativen Antitorpedo-Torpedo. (Superkavität: Bei sehr hoher Geschwindigkeit wird der Torpedo von einer Luftblase eingehüllt, in der er mit etwa 350 Knoten/ca. 648 km/h auf das Ziel zuschießt.) Zu den wirksamsten passiven Gegenmaßnahmen zählt die Surface-Effect-Konstruktion von Schiffen. Den Surface-Effect (Oberflächeneffekt) bewirkt ein aus einem Auftriebs- und einem Vortriebssystem kombiniertes Antriebssystem. Er vermindert den Tiefgang auf zehn bis 15 Prozent eines größenmäßig vergleichbaren Normalschiffes und ermöglicht eine hohe Geschwindigkeit.

Auf einen Blick

Fregattenkapitän Johann Luppis baute aus taktischen Überlegungen (Küstenschutz) nach einer Grundidee von Franz Pfeifer das Modell des "Küstenretters", eines unbemannten, uhrwerkgetriebenen Überwasserfahrzeuges, das mittels Drähten ins Ziel gelenkt wurde und somit das erste ferngelenkte Sprengboot war.

Der Ingenieur Robert Whitehead entwickelte daraus in Zusammenarbeit mit Luppis den selbstgetriebenen Unterwasser-Torpedo mit Lanciervorrichtung. Whitehead erkannte den "Stealth"-Faktor des Unterwasserangriffes, löste die Probleme der Tiefen- und Seitensteuerung und entwickelte eine funktionsfähige Waffe. Aber erst die Anwendung des Gyroskops von Obry gab dem Torpedo die Laufstabilität, um das angepeilte Ziel zu treffen, und die erforderliche Reichweite zur Seekriegstauglichkeit.

Das Zusammenwirken von Luppis, Whitehead und Obry führte zu einem der kompaktesten Waffensysteme des 19. Jahrhunderts, einem Marinekampfmittel, das mit der Grundidee nicht mehr viel gemein hatte, vom Aufbau her über 140 Jahre nahezu unverändert blieb, und die Zusammensetzung der Kriegsflotten und den Seekrieg bis weit ins 20. Jahrhundert nachhaltig beeinflusste.

Die Autonomie des Torpedos (und der damit verbundenen "Technologiesprung") ist durchaus mit jener der Weltraumrakete vergleichbar.


Autor: DI Helmut W. Malnig, Jahrgang 1933. Matura und Ausbildung in Wien und im Ausland. Tätig als Analyst, Systemingenieur und Projekt Manager auf dem Energiesektor, in der Wehrtechnik und in der Luft- und Raumfahrt im In- und Ausland (BRD, Kanada); Veröffentlichungen (Wärmeübertragung), Patente (Wehrtechnik) und zahlreiche Beiträge über technisch-kulturhistorische Themen. Seit 1997 im Ruhestand.

Dieser Beitrag ist eine für TRUPPENDIENST überarbeitete Fassung einer Studie zu diesem Thema, erschienen in der Österreichischen Ingenieur- und Architektenzeitschrift.

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