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Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Kaderpräsenzeinheiten mit dem Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback P

Das Österreichische Bundesheer ist eine Einsatzarmee. Die Überprüfung der Einsatzbereitschaft und Feldverwendungsfähigkeit sowie der militärischen Auftragserfüllung nach internationalen Standards wird im Zuge einer NATO Evaluierung Level 2 (NEL 2) unter Abstützung auf das Operational Capabilites Concept Evaluation and Feedback (OCC E&F) Programme durchgeführt.

Das Schwergewicht der Überprüfung lag 2010 in der Evaluierung der EU Battle Group (EUBG) 2011-1 Beteiligung (Stand-by Phase 1. Halbjahr 2011) und auch des Infanteriepaketes mit Hubschrauberelement, sowie der bereits begonnenen Vorbereitung der Österreichischen Beteiligung an der EUBG 2012-2 (Stand-by Phase 2. Halbjahr 2011).

Das Jahr 2010 war für die Truppe ein Schwerpunktsjahr im Bereich Evaluierung nach internationalen Standards. So wurde im März die NATO-Evaluierung Level 2 (NEL 2) der ABCAbwehr-Kompanie und des EOD-Elements durchgeführt. Im Juni folgte die NATO Evaluierung Level 1 (NEL 1) der Nachschub-Transportkompanie und Pionier-Baukompanie. Im Juli erfolgte dann die nationale Zertifizierung der Level 1 und Level 2 Evaluierung der Teile der EUBG 2011-1 Beteiligung. Im September fand schließlich die NATO-Evaluierung Level 2 der Task Force (TF) 18, einer Panzergrenadierkompanie und einer Aufklärungskompanie, sowie die Selbstevaluierung Level 2 (SEL 2) eines Hubschrauberelementes statt.

Alle angeführten Truppen sind als Kräfte für Internationale Operationen/Kaderpräsenzeinheiten (KIOP/KPE) sowohl in den EU Force Catalogue als auch in den NATO OCC Pool of Forces und das UN Stand-by Arrangement System eingemeldet. Die Evaluierungsergebnisse sind grundsätzlich nur für das NATO OCC E&F Programm erforderlich. Die Evaluierungen der EUBG Beteiligungen werden sowohl der EU als auch der NATO gemeldet.

Die österreichischen Truppenteile der EU Battle Group 2011-1, bestehen aus einer Jägerkompanie/Jägerbataillon 17 einschließlich eines Jägerzuges/Jägerbataillon 19, einem Sanitätselement/Kommando Einsatzunterstützung, einem Militärpolizeitrupp/Kommando Militärstreife&Militärpolizei, und einer Transportgruppe/Jägerbataillon 19. Die Selbstevaluierung dieser Kräfte war erforderlich, um mit Abschluss der nationalen Einsatzvorbereitung ein Überprüfungsergebnis der vorgegebenen Ziele und Standards zum Zwecke der nationalen Zertifizierung zu erhalten und damit die Niederlande als führende Nation der Battle Group, zu informieren.

Alle Truppenteile einer EUBG müssen diese Standards erfüllen und erst nach diesen nationalen Zertifizierungen erfolgt die Zusammenziehung der gesamten BG zur internationalen Ausbildung einschließlich der Evaluierung und Zertifizierung. Dieser Vorgang ist im EUBG Concept festgelegt. Ein weiteres Grundsatzdokument ist das EU Headline Goal (HLG) 2010, welches neben der Quantität (Anzahl der Truppen) vor allem auf die Qualität der notwendigen militärischen Fähigkeiten abzielt. Diese militärischen Fähigkeiten werden mit einer, ebenfalls von der EU anerkannten, OCC NATO Evaluierung Level 2 (NEL2) überprüft.

Die Umsetzung der bei der Evaluierung der Truppenteile der EUBG 2011-1 gewonnenen Erkenntnisse wird bei der allgemeinen Vorbereitung, Schaffung von nationalen Grundlagen, der Ausbildung und der Evaluierung der Truppenteile der EUBG-2012-2 einfließen.

Österreich beteiligt sich mit einem verminderten Stabsbataillon, welches durch die Beteiligungen der anderen vier Nationen (Deutschland, Tschechien, Kroatien und Mazedonien) aufgefüllt wird. Die EUBG 2012-2 steht grundsätzlich unter der Führung von Deutschland, wobei das Österreichische Bundesheer die logistische Führung (Log Lead) innehaben wird.

NATO Evaluierung Level 2 - der Ablauf

Die OCC NATO Evaluierung Level 2 wird grundsätzlich als CREVAL - Combat Readiness Evaluation for Land Headquarters and Units - durchgeführt. Dabei handelt es sich grundsätzlich um eine Überprüfung der Einsatzbereitschaft (Definition MilLex: ist die dem personellen und materiellen SOLL-Zustand des Bundesheeres oder dessen Teilen entsprechende Fähigkeit, jeweils zugeordnete Einsatzaufgaben zu erfüllen.) und der Feldverwendungsfähigkeit. (Definition MilLex: ist die funktionsorientierte Fähigkeit des Soldaten, Einsatzaufgaben zu erfüllen.) Damit reflektiert das OCC E&F Programm indirekt die Zielführung des Ausbildungssystems, der Abläufe und Verfahren sowie deren Zielvorgaben.

Evaluierung in zwei Phasen

Die Level 2 Evaluierung wird in zwei Phasen durchgeführt:

  • Phase 1 als "In-Barracks-Inspection" - einer statischen Phase, die daher nicht im Rahmen einer Verlegung durchgeführt werden muss und die
  • Phase 2 als "Field-Inspection", während einer Übung zur Demonstration der taktischen Fähigkeiten.

Beide Phasen müssen nicht zwangsweise unmittelbar hintereinander durchgeführt werden. Ein zeitlicher Abstand kann bestehen. Die Einheit muss einsatzbereit und zu 100 Prozent mit Personal und Material befüllt sein. Waffen, Fahrzeuge, Gerät, Ausrüstung und Dokumentation müssen vollständig verfügbar sein. Die Evaluierung erfolgt aber ohne Rückholung von Personal von Kursen bzw. realer Munitionsabholung und Verladung.

Als Ergebnis gibt es ein "Combat Ready" oder ein "Not Combat Ready" für die evaluierte Truppe.

Überprüfung in fünf Bereichen

Ein wichtiger Aspekt bei der Level 2 Evaluierung gemäß CREVAL (NATO Combat Readiness Evaluation) ist die Tatsache, dass es in allen fünf überprüften Bereichen so genannte "knock-out criteria" gibt.

Bei negativer Beantwortung einer dieser Fragen ergibt sich automatisch ein negatives Gesamtergebnis.

Fünf Evaluierungsbereiche

Area A - Preparations and Plans:

Evaluierung sämtlicher Vorbereitungen und Pläne im Frieden und Einsatz.

Area B - Operations:

Die Einheit muss die taktischen Fähigkeiten (entweder in der Einsatzart Angriff, Verteidigung oder Verzögerung) demonstrieren. Folgende Teilbereiche werden überprüft: Command and Control (C2), Beziehen eines Verfügungsraumes, taktische Fähigkeiten, und die Überlebensfähigkeit.

Area C - Logistics:

Evaluierung der logistischen Fähigkeiten und Unterstützungsleistung in den Teilbereichen Ausrüstung und Zubehör, Instandhaltung/-setzung, Nachschub/Transport und Sanitätsversorgung.

Area D - CIS (Communication and Information Systems):

Evaluierung der Führungsfähigkeit der Einheit in den Teilbereichen Verbindungs- und Informationsmittel (CIS) im Frieden zum Zwecke der Einsatzvorbereitung und verlegbare CIS.

Area E - Administration:

Evaluierung der Stärke und Qualifizierung der Einheit.

Ablauf der Evaluierung

Evaluierungen werden aus Kostengründen nicht mehr als eigenständiges Vorhaben geplant und durchgeführt. Im Vorspann des jährlichen Übungsschwergewichts, wie z. B. der Übung EUROPEAN ADVANCE 2010 (EURAD 2010), wird die Evaluierung durchgeführt. Damit ist ein gesondertes Verlegen der Truppe und der Übungsleitung, einschließlich Aufbau der Übungsorganisation nicht erforderlich. Der Verlegungszeitraum verlängert sich für die angesprochenen Teile um eine Woche.

Da die Kaderpräsenzeinheit nicht geschlossen als Einheit einer Garnison/eines Verbandes kommt, wird die Phase 1 und 2 im Zuge einer Verlegung durchgeführt. Dies erfordert, dass durch die Kommandanten aller Ebenen alle erforderlichen Dokumente mitgeführt werden. Während der "In-Barracks-Inspection" werden sämtliche schriftlichen Unterlagen und Pläne überprüft. Dafür stehen in der Regel ca. vier bis sechs Stunden zur Verfügung. Für die Bereiche Logistik und CIS wird Fachpersonal, so genannte Subject Matter Experts (SMEs), als Evaluatoren, eingesetzt. Die "Field-Inspection" wird in der Regel in einer zweieinhalbtägigen Übung durchgeführt. Die Gesamtdauer der Evaluierung sollte 72 Stunden nicht überschreiten. Am Ende der Evaluierung erhält der Kommandant der Einheit unverzüglich ein Feedback. Der Evaluierungsbericht wird durch den nationalen Evaluierungsdirektor erstellt und durch den NATO/EU Beobachter gegengezeichnet.

Erkenntnisse

Um ein positives Ergebnis zu erlangen, müssen mindestens 90 Prozent des Personals und des einsatzwichtigen Gerätes gemäß Organisationsplan verfügbar sein. Pflicht und Verantwortungsbewusstsein jedes Kommandanten und Vorgesetzten muss es sein, diese Vorgaben nicht nur aufgrund des Evaluierungsprogramms zu erfüllen. Vielmehr sollte dadurch die Möglichkeit geschaffen werden, eine bestmögliche Einsatzvorbereitung der designierten Einheiten sicherzustellen. Organisationspläne müssen daher derart erstellt werden, dass diese auch zeitgerecht erfüllt bzw. befüllt werden können. Ebenfalls muss angeführtes Gerät rechtzeitig bereitgestellt werden. Das bedeutet ein Jahr Zeitbedarf vor der Stand-by Phase, um die nationale (sechs Monate) und auch die internationale (sechs Monate) Ausbildung mit dem vorgesehenen Gerät durchführen zu können.

Die Ausbildung am Gerät und die Verwendung des Gerätes müssen während der nationalen Ausbildung erfolgen. Als Abschluss dieser Phase muss bereits die nationale Einsatzbereitschaft gegeben sein. Bei Ausfall von Gerät muss Leihgerät verfügbar gemacht werden.

Die Arbeitsplätze in den Teileinheiten müssen frühzeitig mit Personal befüllt werden, um die geforderte Ausbildung gemäß entsprechendem Zielkatalog durchführen zu können. Die Kaderpräsenzeinheit sollte vermehrt zu Ausbildungsgängen zusammengeführt werden, damit diese auch wirklich zu einer Einheit wird - "Train as you fight"! Die Ausbildungsvorgaben des Einheitskommandanten müssen auch in den Heimatgarnisonen Gültigkeit haben, um die geforderten Ziele zu erreichen.Gerade dies wird aber durch die organisatorisch für die Kaderpräsenzeinheiten zuständigen "Friedenskommandanten" nicht immer umgesetzt.

Speziell diese beiden EUBG-Beteiligungen sollten als Aushängeschild des ÖBH gesehen und unterstützt werden.

Beim Ablauf der Evaluierung hat sich gezeigt, dass die Durchführung der Level 2 Evaluierung mit einem zusätzlichen maßgeschneiderten Paket an Level 1 Fragen unpraktikabel ist. Dies wurde jedoch durch den Designierungszeitpunkt der Kaderpräsenzeinheit und dem vorgegebenen Abschluss der nationalen Einsatzvorbereitung für die Beteiligung EUBG 2011-1 notwendig.

Zukünftig wird die Interoperabilität (Schlüssel innerhalb eines multinationalen Umfeldes - jede Maßnahme der Aus-, Weiter- und Fortbildung zielt auf die Verbesserung der Interoperabilität und Leistungsfähigkeit im Einsatz ab) der Truppe in kleinem, eigenem Rahmen unter der Beobachtung des nationalen Evaluierungsdirektors als informelle Evaluierung überprüft. Die Überprüfung der Einsatzbereitschaft erfolgt wie bisher durch ein vom nationalen Evaluierungsdirektor zusammengestelltes Überprüfungsteam im Rahmen einer Übung.

Welche Grundlagen werden derzeit geschaffen?

Wie oben angeführt gilt das Hauptaugenmerk bereits den Vorbereitungen der EUBG 2012-2 mit Schwergewicht im Logistikbereich. Dabei werden in Zusammenarbeit mit den Bedarfsträgern die Zielkataloge der Ausbildung überarbeitet und angepasst.

Ziel ist die Adaptierung aller Zielkataloge, sodass der Truppe beste Grundlagendokumente zur Verfügung stehen. Aufbauend auf diese adaptierten Zielkataloge erfolgt die Erstellung nationaler Überprüfungslisten auf Basis der internationalen Checklisten aus dem OCC E&F Programm. Damit sollen die Kommandanten aller Ebenen eine einheitliche Überprüfungsmethode in der Hand haben, wodurch sehr rasch Ausbildungsdefizite erkannt und über gezieltes Feedback die Kommandanten geschult werden können. Die Truppe gewöhnt sich dadurch an diese Art der Überprüfung und wird vom Ablauf der internationalen Evaluierung nicht mehr überrascht. Die Vorschriftenerstellung wird ebenfalls speziell auf den Bedarf der logistischen Teile der EUBG abgestimmt und mit Nachdruck umgesetzt. So konnte im Jahr 2010 bereits über wesentliche Vorschriften, wie z. B. "Die NTKp", verfügt werden.

Zusammenfassung

Ausbildung ohne Evaluierung ist Verschwendung von Zeit und Ressourcen. Jede Ausbildung muss evaluiert werden, um das Leistungsniveau im Sinne der vorgegebenen Standards zu messen. Dabei soll diese Evaluierung der Ausbildung nicht als Test gesehen werden, sondern als Maßnahme der Aus-, Weiter- und Fortbildung mit dem Ziel der permanenten Verbesserung der Interoperabilität und Leistungsfähigkeit im Einsatz. Konsequente Ausbildung der geforderten Ziele durch die Truppe, aber auch die Bereitstellung der Mittel (Personal und Gerät) für die Truppe sind absolut notwendig, um im Rahmen der mittelbaren Einsatzvorbereitung Verbesserungen zu erzielen und die geforderten internationalen Standards zu erreichen.


Autor: Major Alexander Vargyas, Jahrgang 1967, Ausmusterung 1989 als Panzergrenadieroffizier zum Panzergrenadierbataillon 35 nach Großmittel, dort Verwendung als Zugs- und Kompaniekommandant sowie im Stab und als stellvertretender Bataillonskommandant; ab 2006 Verwendung als OCC PSE Offizier im Joint Command Lisbon (Portugal). Seit 2009 in der Abteilung Einsatzvorbereitung/Einsatzsektion zuständig für die Planung von Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback-Vorhaben im Rahmen der mittelbaren Einsatzvorbereitung im Österreichischen Bundesheer. Auslandseinsatz als Kompaniekommandant bei UNDOF (1995/96) und im HQ UNFICYP (1998/99).

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