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Psychologie des Einsatzes - Die NATO-Arbeitsgruppe

Moral und Effektivität der Einheit

Wie bedeutsam die Moral für den militärischen Bereich ist, wird durch ein Zitat des antiken griechischen Feldherrn Xenophon deutlich: "Weder Anzahl der Soldaten noch Stärke bringen den Sieg im Krieg. Doch welche Armee mit stärkerer Seele in den Kampf zieht, der kann der Gegner nicht Widerstand leisten".

Der Leitfaden der NATO-Arbeitsgruppe soll Kommandanten helfen, mit einer Reihe von psychisch fordernden Einsatzerfahrungen die das Potenzial zur Verringerung des Leistungsvermögens von Einzelnen oder der Gruppe in sich bergen, besser umzugehen.

Die im Jahr 2008 veröffentlichte Studie "Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Deutschland mit 314 teilnehmenden Unternehmen und 37 150 Mitarbeitern zeigte, "dass besonders erfolgreiche Unternehmen am häufigsten das Engagement der Mitarbeiter als den wichtigsten Wettbewerbsfaktor bewerten, während die weniger erfolgreichen Unternehmen diesem nur eine geringe Bedeutung beimessen." Dieser Erkenntnis folgend investieren immer mehr zivile Unternehmen Zeit und Geld, um eine Beurteilung der "psychologischen Lage" vorzunehmen. Unternehmenskultur, Betriebsklima, Beziehung zum Vorgesetzten und der Zusammenhalt im Team werden längst nicht mehr als "weiche Faktoren" angesehen, sondern als wesentliche Erfolgsfaktoren erkannt.

Richtig führen will gelernt sein

"Gruppenmanagement war die schwierigste Aufgabe, mit der ich während des Einsatzes zurechtkommen musste. Ich war Gruppenkommandant, genau wie zu Hause. Ich traf meine Kameraden während einer Trainingsphase und erwartete keine Probleme. Als wir jedoch in den Einsatzraum kamen, änderten sich die Dinge. Sie kamen nicht miteinander zurecht. Ich konnte mit ihnen nicht kommunizieren. Ich dachte immer, dass es auf die Erledigung der Dinge ankäme und dass es unser Hauptziel wäre, den Auftrag zu erfüllen und nichts anderes von Bedeutung wäre. Manchmal dachte ich, wir wären zwei verschiedene Teams - ich und sie -, und es gelang mir nicht, mit ihnen zu kommunizieren. Auf militärischer Ebene arbeiteten wir gut zusammen, doch auf menschlicher Ebene war es sehr schwierig. Ich war wegen dieser Situation sehr frustriert und wusste nicht, was ich tun sollte. Dies ließ mich viel nachdenken, und in Zukunft werde ich versuchen herauszufinden, was ich tun könnte um ein besserer Kommandant zu werden." (Auszug aus einer Kommandantenumfrage).

Dieses Beispiel zeigt die negativen Erfahrungen, die ein Kommandant während eines Einsatzes machen kann und demonstriert, dass das Ignorieren zwischenmenschlicher Angelegenheiten den Auftragserfolg gefährden kann. In der Schilderung war sich der Kommandant bewusst, dass es zwischen der Konzentration auf den Auftrag und der Moral der Einheit (Einheit ist hier im Sinne eines nicht näher definierten Organisationselementes zu verstehen) eine Diskrepanz gab. Er war sich aber nicht sicher, wie er zwischen beiden Erfordernissen ein Gleichgewicht herstellen sollte.

Es ist daher die Frage zu beantworten, warum die Moral wichtig ist, wie sie gemessen werden kann und wie Kommandanten moralrelevante Probleme während eines Einsatzzeitraumes verhindern oder minimieren können?

Was ist Moral?

Der deutsche Ausdruck Moral geht auf das lateinische "moralis" (die Sitte betreffend; lat: mos, mores - Sitte, Sitten) zurück. Moral beschreibt demnach, wie Menschen faktisch handeln oder auch, was sie dabei faktisch für richtig halten. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt von Moral wird auch als Sittlichkeit oder "Ethos" bezeichnet und umfasst regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen. ("Moral ist, wie ich mich verhalte, wenn niemand zuschaut!") Häufig wird die Moral auch als die Lehre bezeichnet, die aus einem Erlebnis oder einer Erzählung gezogen werden soll ("Moral von der Geschicht’").

Hier wird Moral als Motivationslage von Personen oder Gruppen ("Arbeitsmoral", "die Moral der Truppe ist schlecht" usw.) verwendet. Kampfmoral - die moderne Militärsoziologie spricht auch von Einsatzmotivation - bezieht sich auf das Verhalten von Soldaten in militärischen Einsätzen. Eine hohe Kampfmoral ist dabei die Eigenschaft von Soldaten oder Einheiten, bei Kämpfen auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben und in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen. Für die militärische Führung, die das Ziel dieser Anstrengungen definiert, ist die Frage der Kampfmoral ihrer Einheiten daher von zentralem Interesse. Jegliche negative Beeinträchtigung der Kampfmoral gefährdet die Auftragserfüllung.

Forschungen über die Moral brachten zwei wichtige Erkenntnisse:

  • Hohe Moral hat eine positive Auswirkung auf die Leistung;
  • Hohe Moral führt zu weniger Stressgefährdung.

Die Beurteilung der Einsatzmotivation macht Kommandanten auf Probleme aufmerksam, die angesprochen werden müssen um zu verhindern, dass niedrige Moral die Leistung während des Einsatzes beeinträchtigt. Wie bereits erwähnt, kann niedrige Moral zu disziplinären Problemen führen und die Einsatzbereitschaft verringern. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich dabei auf die Bedeutung der allgemeinen psychologischen Bereitschaft einer Einheit.

Folgen schlechter Moral

"Während des Einsatzes hatte ich disziplinäre Probleme mit Soldaten - Alkoholmissbrauch, Befehlsverweigerung, unangebrachtes Verhalten. Das Resultat war, dass ein Unteroffizier nach Hause geschickt wurde und sechs weitere Soldaten bestraft wurden. Die Unruhestifter los zu sein, löste aber kaum das Problem. Während des restlichen Einsatzes war die Atmosphäre innerhalb der Einheit belastet und voll von Misstrauen. Für einen Kommandanten ist dies eine sehr heikle Situation. Ich wünschte, ich hätte die Probleme eher erkannt." (Auszug aus einer Kommandantenumfrage).

Faktoren, die die Moral beeinflussen

Viele Faktoren beeinflussen die Moral einer Einheit. Die Art des militärischen Einsatzes hat oft große Auswirkungen auf die Moral. Leisten beispielsweise Soldaten bei einem Hochwasser oder nach einem Lawinenabgang Hilfe im Inland und werden von der Bevölkerung als "Retter in der Not" empfangen, die "helfen, wo andere nicht mehr können", dann hat das zweifellos einen anspornenden Charakter, der auch noch die letzten Kräfte mobilisiert. Auch die humanitäre Hilfe beim Suchen und Bergen z. B. einer Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) nach einem Erdbeben oder Tsunami im Ausland wird als sinnvoll erlebt werden. Andererseits können Soldaten, die als Kampfkräfte/Spezialeinsatzkräfte ausgebildet worden sind, frustriert sein, wenn sie humanitäre Unterstützung leisten müssen. Diese Art von konfliktträchtigen Erwartungshaltungen können auftreten, wenn die Kommandanten die Truppe nicht effektiv genug über ihre Rolle informiert haben.

Andere Faktoren, die die Moral beeinflussen können, betreffen die Medienberichterstattung, die Unterstützung der Öffentlichkeit für eine Mission und das Maß, in dem die Leistungen der Einheit anerkannt werden. Wenn z. B. deutsche Soldaten in Afghanistan den Tod von Kameraden erleben müssen, aber aus politischen Gründen nicht von einem "Krieg" sprechen dürfen, dann führt das zu einer zusätzlichen Belastung.

Doch gerade in Österreich ist die Verankerung des Bundesheeres im Bewusstsein der Bevölkerung durch die allgemeine Wehrpflicht und die verfassungsmäßige Verankerung der Milizstruktur des Österreichischen Bundesheeres bestens gewährleistet. Jahrzehntelange Investitionen in die Geistige Landesverteidigung zeigen ihren Erfolg nicht nur durch hunderttausende Besucher bei Großveranstaltungen am Nationalfeiertag oder bei Flugshows, sondern gewährleisten, dass ein großer Teil der Soldaten in Auslandseinsätzen aus dem Milizstand kommt.

Der bedeutendste Faktor, die Moral einer Einheit zu beeinflussen, ist jedoch die Führungsqualität auf jeder Ebene. Soldaten verlassen sich darauf, dass die Führung die Mission definiert und die Bedingungen zur Auftragserfüllung festsetzt. Im Gegenzug für ihren Einsatz erwarten sich die Soldaten, dass sich die Führung um sie kümmert und ihre Interessen wahrnimmt. Wenn die Soldaten den Auftrag verstehen und sich sowohl professionell als auch persönlich durch die Führung unterstützt fühlen, sind sie willig, den Härten des Einsatzes standzuhalten.

So darf von der politischen Führung erwartet werden, dass nicht bloß die Pflichten definiert und gesetzlich verankert werden, sondern auch die nötigen (finanziellen) Mittel zur Auftragserfüllung gewährt werden. Die militärischen Kommandanten wiederum müssen die Moral der Einheit abschätzen, um den Grad der Bereitschaft der Einheit zu beurteilen. Diese Beurteilung ist wichtig, weil Kommandanten die Moral der Einheit oft höher einstufen als die Angehörigen der Einheit dies tun. Deshalb können Kommandanten in vielen Fällen Probleme der Moral nicht früh genug erkennen, um Schwierigkeiten zu vermeiden.

Wie ist die Moral einer Einheit zu beurteilen?

Kommandanten beurteilen die Moral der Einheit während des gesamten Einsatzzeitraumes, indem sie ihren Unterstellten vor allem einmal zuhören. Sie tun dies in verschiedenen Kontexten: während Sportveranstaltungen, beim Essen und in zahlreichen anderen Augenblicken während und nach dem Dienst.

Diese informellen Momentaufnahmen können einem Kommandanten viel über die Moral der Einheit sagen. Sich auf diese Erkenntnisse allein zu verlassen, könnte jedoch nicht genug sein.

Informelle Beurteilungen können sprechfreudigeren Mitgliedern der Einheit Gehör verschaffen, reflektieren aber nicht notwendigerweise die Ansichten und Probleme der Mehrheit der Einheit.

Zusätzlich könnten einige Untergeordnete wegen der ungleichen Machtverhältnisse Angst haben, ihre Meinung zu äußern, wenn Kommandanten anwesend sind oder ein Übergeordneter die Diskussion dominiert.

Sich auf informelle Beurteilungen zu verlassen, macht es für die Kommandanten auch schwer, Veränderungen systematisch nachzuvollziehen. Ohne formale Unterstützungsmechanismen ist es schwer, Veränderungen zu verfolgen und zu beurteilen, ob gesetzte Maßnahmen erfolgreich waren.

Ein weiterer Weg, wie Kommandanten die Moral der Einheit beurteilen können und der mehr Objektivität liefern kann, ist die Anzahl von Problemverhalten in der Einheit zu untersuchen. Solche Verhalten umfassen disziplinäre Verstöße, Unfälle und Beinahe-Unfälle, Verletzungen, unerlaubte Abwesenheiten und krankheitsbedingte Ausfälle.

Normalerweise werden solche Probleme von der Einheit dokumentiert. Leider werden diese Indikatoren nicht als Frühwarnsystem herangezogen, obwohl sie bereits ein Anzeichen dafür sein können, dass die Einheit beträchtliche Moralschwierigkeiten hat. Formale, systematische Beurteilungen können deshalb sehr brauchbar sein, Moralprobleme früh zu erkennen.

Formale Beurteilungsmöglichkeiten von Moral

Viele NATO-Nationen verlassen sich auf zwei formale Methoden, Moral zu beurteilen:

  • Fokusgruppen und
  • Umfragen.

Die Fokusgruppe:

Eine Fokusgruppe ist eine strukturierte Diskussionsrunde mit rund zehn bis 15 Angehörigen einer Einheit, die von einem ausgebildeten Betreuer geleitet wird. Die Angehörigen der Einheit besprechen ihre Bedenken, üben konstruktive Kritik und machen Vorschläge zu spezifischen Problemen. Ein Thema einer solchen Fokusgruppe könnte z. B. Familienkommunikation sein, ein anderes Teamförderung.

Fokusgruppen erlauben eine schnelle Beurteilung von Themen, die den Kommandanten Sorge bereiten. Fokusgruppen können auch Lösungen anbieten. Die Haupteinschränkung bei Fokusgruppen ist jedoch, dass wegen der geringen Anzahl von Teilnehmern nur wenige angehört werden können. So kann es zum Beispiel verlockend sein, in einem großen Kampfverband Entscheidungen auf Basis der Ergebnisse einer Fokusgruppe zu treffen, auch wenn diese Entscheidungen nicht die ganze Kampftruppe repräsentieren. Trotzdem kann eine Fokusgruppe ein effizienter Mechanismus sein, die Moral der Einheit zu beurteilen, wenn es sich um eine kleine Einheit handelt.

Erfolgreiche Fokusgruppen verwenden

  • erfahrene Betreuer, die nicht Teil der Befehlskette sind;
  • rechtzeitig vorbereitete strukturierte Fragen, die auf bestimmte Themen eingehen;
  • Teilnehmer, die für die Einheit repräsentativ sind.

Dem Kommandanten stehen als Betreuer verschiedene qualifizierte Personengruppen zur Verfügung:

  • Psychologisches Fachpersonal;
  • Mediziner und/oder Sanitätspersonal;
  • Seelsorger;
  • Teamtrainer/Führungstrainer;
  • Peers/Helpline-Betreuer.

Wenn diese in Kombination mit anderen Ansätzen verwendet werden (siehe Tabelle), können Fokusgruppen eine vollständigere Beurteilung der Moral und der psychologischen Bereitschaft einer Einheit für die Kommandanten bereitstellen.

Die Umfrage:

Umfragen zur Moral sind eine weitere formale Beurteilungsmethode. Umfragen sollten in Zusammenarbeit von Einsatzkommandanten und Fachleuten der militärisch-psychologischen Unterstützung, die in Umfragenmethodologie ausgebildet sind, erstellt werden. Ausgebildete Umfrageexperten, die die Umfragenthemen schreiben, Beispiele festsetzen, die Umfragen beaufsichtigen, analysieren, interpretieren und die Resultate melden, stellen sicher, dass die Prozesse den professionellen Standards entsprechen.

Auch wenn Angehörige der Einheit Umfragebögen nicht ausfüllen wollen, wollen sie gefragt werden, wie es ihnen geht. Dies ist besonders dann der Fall, wenn sie glauben, dass sich die Führung um ihr Wohlbefinden sorgt und dass ihre Antworten etwas bewirken könnte. Die meisten Länder haben einen Katalog standardisierter Fragen zum Thema Einsatzbereitschaft, die die wichtigsten Bereiche abdecken, die Kommandanten interessieren. Die Kommandanten beteiligen sich oft, um Fragen hinzuzufügen und um eine Umfrage besonders auf einen Einsatz abzustimmen.

Die Entwickler von Moralumfragen müssen vorsichtig sein, um nicht die Erwartungen der Angehörigen einer Einheit durch die Befragung selbst zu erhöhen. Wenn man z. B. Soldaten über den Sold befragt, bedeutet es nicht, dass es eine Änderung geben wird. Es erzeugt aber möglicherweise die falsche Hoffnung darauf, dass sich das Einkommensschema ändern wird. Im Gegensatz dazu, kann eine Frage über die Zufriedenheit mit dem Kaffee einer schnellen Lösung zugeführt werden.

"Der Kaffee schmeckt besser, wenn die Latrinen flussabwärts vom Lager gegraben werden." (U.S. Army Gefechtsbestimmungen, 1861) Es ist also zweckmäßig, Themen abzufragen, die auch durch den Kommandanten gestaltet und falls erforderlich geändert werden können.

Untersuchung der Moral - was ist messbar?

Normalerweise sind Moralumfragen anonym und es nehmen alle Angehörigen einer Einheit teil. Die Themen können sowohl generelle Wahrnehmungen (wie Zusammenhalt der Einheit) als auch individuelle Aspekte (wie Verpflegung und Unterkunft), betreffen. Es gibt viele Ansichten über die Rolle von Moralumfragen, so dass es schwer wäre, sich auf einen einheitlichen und verbindlichen Fragenkatalog festzulegen. Die nachstehend angeführten Themen werden von verschiedenen NATO-Nationen bereits berücksichtigt und begutachtet.

Umfragethemen

  • das Betriebsklima,
  • der Zusammenhalt,
  • das Führungsverhalten,
  • die Wirksamkeit,
  • die Stressfaktoren,
  • die Einsatzvorkommnisse,
  • die psychologische Gesundheit.

Betriebsklima:

Darüber Aufschluss geben kann eine einfache Beurteilung ebenso wie eine direkte Beurteilung wie die Angehörigen einer Einheit sich behandelt fühlen bzw. wie gern sie unter den gegebenen Organisationsverhältnissen arbeiten.

Zusammenhalt:

Als wichtige Komponente der Moral zeigt der Zusammenhalt jenes Maß an, inwieweit sich Soldaten ihrer Einheit verbunden fühlen. Der Zusammenhalt ist ein Schutzfaktor, der dem jedem hilft, sich besser auf die Stressfaktoren, die er während des Einsatzzeitraumes erlebt, einzustellen. Dieser Zusammenhalt ist neben dem Vertrauen in den Kommandanten ("vertikale Kohäsion") die wichtigste Komponente für die Kampfmoral einer Truppe.

Führungsverhalten:

Umfragen, die die Führung betreffen, sind am hilfreichsten, wenn sie spezifische Offiziers- und Unteroffiziersverhaltensweisen ansprechen. Solche Fragen können bis zu einem gewissem Grad zeigen, wie die Angehörigen einer Einheit ihre Kommandanten wahrnehmen, d. h. ob sie effektiv sind und ob sie sich um ihr Wohlbefinden sorgen. Durch die Betonung bestimmter Verhaltensmuster können Kommandanten Rückmeldungen über Dinge erhalten, die sie verändern können.

Wirksamkeit:

Moralbefragungen erfassen typischerweise auch das Selbstvertrauen des Einzelnen sowie der ganzen Einheit in ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die eigene Effizienz und die der Einheit können durch Training gesteigert werden, was den Einzelnen vor den negativen Einflüssen der Stressfaktoren schützt.

Stressfaktoren:

Eine Moralbegutachtung während eines Einsatzes beinhaltet normalerweise eine kurze Aufzählung von Umweltstressfaktoren, auch wenn diese von den Kommandanten nicht direkt beeinflusst werden können. Diese Themen werden für die jeweilige Mission entwickelt, können aber folgendes beinhalten:

  • Lärm,
  • Wetterbedingungen,
  • Verpflegungsqualität,
  • Ungewissheit über das Rückkehrdatum aus dem Einsatz,
  • Kommunikation mit der Familie zu Hause,
  • Mangel an Privatsphäre,
  • Lebensbedingungen,
  • Langeweile.

Einsatzvorkommnisse:

Obwohl Vorkommnisse im Einsatz, wie Scharfschützen, Schusswechsel, behelfsmäßige Sprengmittel, Umgang mit Toten oder Massengräbern, vom Kommandanten nicht kontrolliert werden können, sind sie dennoch oft in Moralbegutachtungen inkludiert. Diese Dinge zeigen bedeutende Stressfaktoren an, die von den Angehörigen einer Einheit erlebt worden sind. Wie bei Umweltstressfaktoren müssen Einsatzvorkommnisse auf die Mission zugeschnitten sein und während des Einsatzes angesprochen werden.

Psychologische Gesundheit:

Schließlich kann eine Moralbegutachtung auch eine kurze Beurteilung der psychologischen Gesundheit beinhalten. Solche Beurteilungen sind nicht dazu gedacht, Menschen mit mentalen Problemen zu identifizieren. Das ist Gegenstand der individuellen Fitnessbeurteilung (siehe Truppendienst 5/2010). Standardisierte Messungen der psychologischen Gesundheit sind aber nützlich, da sie Veränderungen der mentalen Gesundheit der ganzen Einheit über den Zeitraum eines Einsatzes beobachten. Spezifische Messungen der psychologischen Gesundheit können Depression, Ängstlichkeit, Schlaflosigkeit und Alkoholmissbrauch umfassen.

Zeitpunkt für Moralbegutachtungen

Moralbegutachtungen werden normalerweise vor und mindestens einmal während eines Einsatzes durchgeführt.

Vor dem Einsatz:

Kommandanten müssen sicherstellen, dass die Begutachtung gegen Ende der Vorbereitungsphase durchgeführt wird.

Während des Einsatzes:

Der Zeitpunkt einer Begutachtung während des Einsatzes muss sorgfältig gewählt werden. Wenn die Begutachtung nur einmal durchgeführt wird, dann sollte sie zu Beginn der mittleren Einsatzphase durchgeführt werden, so dass Kommandanten Kurskorrekturen vornehmen können.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Angehörigen einer Einheit mehrmals zu begutachten. In diesem Fall sollten Kommandanten, eine Begutachtung während der ersten Wochen der Eingewöhnungsphase und noch einmal gegen Ende des Einsatzes die Zweite anordnen.

Nach dem Einsatz:

Manche Länder führen Befragungen erst sechs Monate nach dem Einsatz durch. In Österreich erfolgt die "Auschecker-Befragung" direkt nach der Rückkehr aus dem Auslandseinsatz.

Wertung der Ergebnisse

Sinn und Zweck der Moralbegutachtung ist es, den Kommandanten zu helfen, ihre Einheit besser führen zu können. Der Vorgesetzte eines Kommandanten sollte diese Ergebnisse nie als objektives Maß für eine Leistungsbewertung des Kommandanten heranziehen. Kommandanten sollten nicht verpflichtet sein, die Ergebnisse ihren Vorgesetzten zur Beurteilung oder zum Vergleich mit anderen Einheiten vorlegen zu müssen. Die Umfragen auf diese Weise zu verwenden, würde nur zur Unzufriedenheit des Kommandanten führen.

Zugleich sind Kommandanten verpflichtet, die Ergebnisse an die Angehörigen ihrer Einheit rückzumelden. Diese Rückmeldung muss nicht detailliert sein, sollte aber Informationen darüber enthalten, was die Angehörigen der Einheit berichtet haben. Je transparenter die Rückmeldung ist, desto mehr Angehörige der Einheit werden aktiv auf die Initiativen des Kommandanten reagieren, Probleme anzusprechen. In vielen NATO-Ländern verlassen sich Kommandanten bei der Interpretation und Erstellung von Empfehlungen auf psychologisch unterstützendes Fachpersonal.

Vorgehensweise für Kommandanten

Die Moralbeurteilungen helfen den Kommandanten, die richtigen Maßnahmen einzuleiten, um Probleme der Einheit anzusprechen und somit effizienter zu arbeiten. Moralbegutachtung ist ein Gesamtbemühen.

Psychologisches Fachpersonal bringt grundlegendes Wissen über Motivationsangelegenheiten ein. Diese Sachkenntnis und Objektivität ist wichtig, da sie den Kommandanten brauchbare Rückmeldungen liefert und Vorschläge macht, die auf den Ergebnissen der Begutachtungen beruhen.

Kommandanten kennen ihre Einheit auf ganz besondere Weise. Sie haben die Autorität, Entscheidungen zu treffen, die die Moral der Einheit beeinflussen.

Optimale Bedingungen für Moralbegutachtungen schaffen

Folgende Fakten schaffen für Moralbegutachtungen die optimalen Voraussetzungen:

  • Herstellen eines enges Arbeitsverhältnisses mit den Fachleuten für psychologische Unterstützung, um sicherzustellen, dass vorhandene einsatz- und einheitsbezogene Probleme angesprochen werden;
  • Erteilung der Erlaubnis an die Fachleute für psychologische Unterstützung mit dem Personal in Kontakt zu treten, um rechtzeitige und genaue Rückmeldungen zu Moral und Einsatzbereitschaft zu erhalten;
  • Den Angehörigen der Einheit die Bedeutung der Begutachtungen erklären, um ernsthafte und ehrliche Antworten zu erhalten;
  • Positive Hervorhebung der Begutachtung bei Besprechungen und Briefings;
  • Information der Angehörigen der Einheit über die Resultate und die geplanten Maßnahmen.

Moralbegutachtungen können Schwierigkeiten in mehreren Bereichen feststellen, wie z. B. Zusammenhalt, Führung und Stress. Angemessene Reaktionen des Kommandanten sind von der Situation abhängig.

Zusammenhalt bei Unruhen

"Während meines letzten Einsatzes hat meine Einheit an einem Training zur Unruhebekämpfung teilgenommen. Wir wurden gebeten, die Rolle der Randalierer zu spielen. Ich erwartete, dass dieses Training die Moral der Einheit, die zu jenem Zeitpunkt niedrig war, erhöhen würde. Einige Spannungen traten durch Langeweile auf, zumal es der letzte Monat eines sechsmonatigen Einsatzes war. Die Übung half, die Langeweile zu überwinden und den Zusammenhalt der Einheit deutlich zu verbessern." (Auszug aus einer Kommandantenumfrage).

Einsatztraining ist eine Methode, wie ein Kommandant die Moral fördern kann. Die folgende Aufzählung von Verhaltensweisen wurde aufgrund von Umfragen und Interviews mit Militärpersonen während eines Einsatzes erstellt.

Leistungsförderndes Kommandantenverhalten

Folgendes Verhalten der Kommandanten fördert die Moral der Untergebenen:

  • fair und gerecht sein;
  • Disziplin einfordern;
  • mit Augenmaß und Vorsicht strafen;
  • die Untergebenen auf dem Laufenden halten;
  • eigene Fehler eingestehen;
  • Untergeordnete beschützen, wenn sie unabsichtlich Fehler machen;
  • Untergeordnete vor unfairer Behandlung schützen;
  • verhindern, dass Untergeordnete unnötige Risiken eingehen;
  • die Truppen besuchen;
  • harte Zeiten zusammen durchstehen;
  • sich für "Team building" engagieren;
  • Konflikte innerhalb der Gruppe rasch lösen.

All diese Verhaltensweisen klingen selbstverständlich, doch hat die Studie aus dem Jahr 2009 "Der militärische Führer - Ideal und Realität im ÖBH" gezeigt, dass nur wenige Offiziere und Unteroffiziere diese Methoden konsequent anwenden. Kommandanten müssen sich auf spezifische Verhaltensweisen konzentrieren und sich nicht auf Eigenschaften wie Charisma verlassen. Kommandanten können die Moral ihrer Einheit fördern, indem sie überdenken, was die Einheit braucht und was ihre eigene Rolle ist. Danach müssen sie konsequent handeln.

(wird fortgesetzt)


Autor: Major dhmfD Mag. Erich Cibulka, geb. 1963. Grundwehrdienst 1981, während Psychologiestudium in Wien als Trainer in der Erwachsenenbildung tätig. Milizoffizier, Beorderung als Kommandant des Panzerabwehrlenkwaffenzuges und Kommandant schweren Kompanie im Jägerbataillon 5, 1994 - 2007 Personaldirektor in großen österreichischen Unternehmen, verschiedene Aufsichtsrats- und Wirtschaftskammerfunktionen, seit 2006 Militärexperte für Psychologie am IHSW/Landesverteidigungsakademie, seit 2007 Geschäftsführer einer Unternehmensberatungsfirma, 2008/09 Lehrgang für den höheren militärfachlichen Dienst. Seit 2009 Gastlehrer an der Theresianischen Militärakademie.

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