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Raimondo Graf Montecuccoli (1609 - 1680)

Feldmarschall Montecuccoli ebnete den Weg für die nachfolgenden Generationen großer österreichischer Heerführer - wie viele war er kein gebürtiger Österreicher - wie Prinz Eugen von Savoyen oder Markgraf Ludwig von Baden ("Türkenlouis").

Der Italiener Raimondo Graf Montecuccoli galt schon zu Lebzeiten als einer der größten Feldherren Europas. Seine lange Dienstzeit in den habsburgischen Heeren hatte er trotz adeliger Abstammung wie sein Zeitgenosse, der oberösterreichische Bauernsohn Georg Reichsfreiherr von Derfflinger in Preußen, als einfacher Soldat begonnen.

Anders als der Protestant Derfflinger machte sich Graf Montecuccoli auch einen Namen als Militärschriftsteller und -theoretiker. Diese beiden Fachgebiete gedachte er wie die Mathematik zu einer exakten Wissenschaft auf- und auszubauen. Er galt als einer der ersten neuzeitlichen Kriegswissenschafter (Harms Kaufmann). Daneben beschäftigte sich der Feldherr eingehend mit Staatstheorie, Philosophie und Religion, wobei er trotz seines tiefen katholischen Glaubens den Protestanten aufgeschlossen gegenüberstand.

Auch im praktischen politischen Alltag des Habsburgerreiches setzte sich Montecuccoli in der Innenpolitik ein, wo er leidenschaftlich für ein wirtschaftlich starkes und institutionell gefestigtes Reich eintrat, oder auch in der Außenpolitik, wo er heikle Missionen wie die Begleitung der schwedischen Königin Christine übernahm. Als Präsident des Hofkriegsrates seit 1668 selbst involviert, stand der Graf mit der Bürokratie und der Hofgesellschaft fast in einem "Dauergefecht”, vor allem aber mit dem Fürsten Lobkowitz.

Magalotti, toskanischer Gesandter, urteilte treffend über ihn: "Condé und Turenne (französische Feldherren und Gegner Montecuccolis) waren als Feldherren größer als Montecuccoli. In anderen Fächern wurde er vielleicht von anderen Zeitgenossen übertroffen; aber wenn man alles zusammenfasst, so kam ihm keiner gleich. Er war ein großer Feldherr, Politiker und Gelehrter, ein vollendeter Hofmann und Kavalier."

Aus einer Söldner- und Soldatenfamilie

Die Familie Montecuccoli, seit der Mitte des neunten Jahrhunderts nachweisbar, stammte aus der Gegend von Modena (Provinz Emilia-Romagna, Italien) und diente verschiedensten Städten, Staatswesen, ja sogar der Kurie (Gesamtheit aller Leitungs- und Verwaltungsorgane des Heiligen Stuhls für die römisch-katholische Kirche) als Gefolgsleute, politische Verantwortungsträger und im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit auch als Condottieri (Anm.: Söldnerführer italienischer Stadtstaaten bis ins 15. Jahrhundert). Auf dem Stammsitz Montecuccolo (Pavullo nel Frignano, Emilia-Romagna) kam am 21. Februar 1609 Raimondo als drittes von elf Kindern zu Welt. Schon sein Vater hatte unter Kaiser Rudolf II. als Soldat gedient, fiel jedoch 1619 als Gouverneur von Brescello einem Giftanschlag zum Opfer.

Als Halbwaise kam Raimondo zu Kardinal Alessandro d´Este, wo ihm eigentlich eine geistliche Laufbahn bevorstehen sollte. Nach dem Tod des Kirchenfürsten entschied sich der junge Mann jedoch (unter Einfluss des Herzogs Cesar d´Este, dem Bruder des Kirchenfürsten) für das Soldatenhandwerk und folgte 1625 dem in Modena weilenden Feldmarschall Collalto.

Um 1627 ist Montecuccoli als Soldat in österreichischen Diensten aktenmäßig nachweisbar und zwar bei Musketieren des Regiments Collalto in Schweinfurt (Unterfranken, Bayern). Von da an nahm Raimondo Graf Montecuccoli auf kaiserlicher Seite an den meisten wichtigen Gefechten des 30jährigen Krieges teil - Belagerung von Magdeburg, Breitenfeld, Lützen und Nördlingen. Er rückte kontinuierlich die militärische Stufenleiter nach oben. Für das Bravourstück der Erstürmung von Kaiserslautern 1635 wurde Montecuccoli zum Obristen ernannt.

1639 geriet Raimondo Graf Montecuccoli bei Mìlník in Böhmen (heute: Tschechien) in schwedische Gefangenschaft, die er bis 1642 in Stettin verbringen musste. Hier konnte sich Raimondo Montecuccoli den militärwissenschaftlichen Studien widmen. Mit Hilfe der Bestände der Schlossbibliothek verfasste der junge Offizier sein erstes Werk: "Trattato della Guerra" (Abhandlung über den Krieg). 1642 ausgetauscht und zum General-Feldwachtmeister ernannt setzte er den Kampf auf kaiserlicher Seite weiter fort. Ein Jahr später bat ihn sein "Landesfürst" - der Herzog von Modena - in seine Heimat zurückzukehren, um ihm im Kampf gegen Papst Urban VIII. zu unterstützen. Doch schon ein Jahr später kehrte Montecuccoli in das kaiserliche Lager zurück. Der Kaiser ernannte ihn trotz des Protestes des Grafen Schlick 1644 zum Feldmarschall-Leutnant. Die letzten vier Jahre des Krieges verbrachte er an der Seite der wechselnden Feldherren des Kaisers und konnte seine Karriere energisch vorantreiben (1645 "Ernennung zum Kriegsrat").

Nach dem Friedensschluss musste Raimondo Montecuccoli Verhandlungen mit den Schweden über die Demarkationslinien führen, doch gelang es ihm einen "Studienurlaub" in den Niederlanden zu bekommen, wo der Feldherr sich mit den neuesten holländischen Festungsanlagen beschäftigte.

Das stehende Heer

Nach dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück 1648 begann für das Heerwesen Österreichs eine neue Ära, die des "stehenden Heeres in Friedenszeiten", die im Grunde bis heute anhält. Mit Denkschriften an das Staatsoberhaupt empfahl Graf Montecuccoli die Truppen nicht "abzudanken", sondern weiterhin im Dienst zu lassen sowie Festungsgürtel anzulegen und eine eigene österreichische Rüstungsindustrie aufzubauen. Als Begründer des stehenden Heeres gilt eigentlich Generalkriegskommissar Ernst von Traun. Man dachte zwar daran, die Truppen zu reduzieren, doch die finanzielle Lage ließ dies nicht zu - dies deshalb, weil für die Truppen immer noch Sold ausständig war. 1656 zählte dieses Heer bereits rund 41 400 Mann an Reitern und Fußsoldaten (je elf Infanterie- und Kavallerieregimenter).

Der weitere Aufstieg

Der Monarch bedachte seinen Feldherrn neben militärischen auch mit diplomatischen Aufgaben, wobei ihn u. a. eine diplomatische Mission 1654 zum englischen Machthaber Oliver Cromwell führte.

Der große Sieg über den Sultan - Mogersdorf 1664

Nach seinem Einsatz im Zweiten Nordischen Krieg gegen die Schweden wurde Raimondo Montecuccoli nach dem Friedensschluss von Oliva 1660 Gouverneur von Raab (Ungarn). 1660/61 begannen Unruhen an der Militärgrenze und in Siebenbürgen. Die Osmanen bemächtigten sich in einem Handstreich der Festung Großwardein (Oradea, Rumänien). Am 21. März 1661 erhielt der Feldherr den Oberbefehl über die kleine kaiserliche Streitmacht. Montecuccoli konnte aufgrund einer fehlenden bzw. oftmals abgeänderten Gesamtstrategie nur defensiv agieren. Nach dem Verlust der Festung Neuhäusel (Nové Zámky, Slowakei) legte er frustriert sein Amt zurück.

1664 bat ihn Kaiser Leopold I. sein Amt wieder zu übernehmen. Die Ausgangslage für den Feldherrn war denkbar schlecht: rund 24 000 Mann gegen die doppelte Übermacht der Osmanen unter Großwesir Köprili (Köprülü), die nach Wes­ten drängten.

Am 30. Juli des Jahres trafen am Fluss Raab zwischen Mogersdorf (Bezirk Jennersdorf, Burgenland) und St. Gotthard (Szentgotthárd, Ungarn) die Heere zusammen. Montecuccoli konnte neben den kaiserlichen Truppen auch auf ein französisches Expeditionskorps sowie auf Reichstruppen zurückgreifen. Am nächsten Tag überschritten unter dem Schutz der Artillerie Teile der osmanischen Streitkräfte den Fluss Raab. Sie stießen bis in das Lager der Reichstruppen vor, und die Ortschaft Mogersdorf fiel in türkische Hände. Ein von Graf Montecuccoli persönlich geführter Gegenangriff mit Infanterie- und Kavallerieeinheiten und die Rückeroberung der Ortschaft durch rheinische Truppen zwang die Türken sich in ihren Brückenkopf am rechten Ufer der Raab zurückzuziehen. Damit konnte diese äußerst gefährliche Situation bereinigt werden. Einen Angriff osmanischer Sipahis (Reiter) wurde durch den Kavallerieoffizier Graf Sporck vereitelt.

Raimondo Montecuccoli entschloss sich, diesen Brückenkopf zu vernichten. Nachdem die Franzosen überzeugt werden konnten sich am Angriff zu beteiligen, rückten die Verbündeten vor. Die Osmanen - nur ungenügend verschanzt und durch die Hochwasser führende Raab behindert - hielten dem Angriff nicht stand und wandten sich zur Flucht, die in einem Fiasko endete. Nur rund 1 000 Mann sollen das Südufer der Raab erreicht haben, rund 12 000 Mann (im Vergleich: rund 1 000 Mann bei den Verbündeten) starben auf dem Schlachtfeld. Der Großwesir musste diese Niederlage akzeptieren.

Der Friede von Vasvár (Eisenburg), der eigentlich der Beginn eines 20 Jahre dauernden Waffenstillstandes war, beendete den Konflikt. Raimondo Montecuccoli selbst stieg zum Generalleutnant und 1668 zum Präsidenten des Hofkriegsrates auf. Er befand sich nun auf dem Höhepunkt seiner Karriere, die es ihm ermöglichte, gestaltend in die Politik des Habsburgerreiches einzugreifen.

Gegen die französische Expansion

Nicht nur die Osmanen zählten zu den politischen Gegnern der Habsburger, sondern auch die Kontinentalmacht Frankreich, die unter ihrem König Ludwig XIV. ("Sonnenkönig") zum mächtigsten Staat Europas aufstieg. Der Kriegsschauplatz befand sich diesmal im Rheingebiet wo Montecuccoli die Franzosen mehrmals schlug und ins Elsass eindrang. Unter dem Feldherrn Condé zwang ihn jedoch ein französisches Heer die Belagerungen der Städte Hagenau (Haguenau) und Zabern (Saverne) abzubrechen. Danach zog sich Montecuccoli, der am Hof an Einfluss verloren hatte, aus dem Militär zurück.

Letzte Jahre

Raimondo Graf von Montecuccoli blieb weiter am Wiener Hof präsent, doch nun galt sein Interesse der Wissenschaft und Kunst. Im Jahre 1680 reiste er dem Hofstaat nach Linz nach, wo er 81jährig verstarb. Erst sein Sohn konnte die Reichsfürstenwürde empfangen. Doch da Leopold Philipp Fürst Montecuccoli kinderlos blieb, starb diese Linie 1698 aus.

Montecuccolis Einfluss auf die Armee Österreichs blieb weiterhin präsent. Wichtige Feldherrn hatten unter ihm gedient wie Herzog Karl von Lothringen oder Louis Markgraf von Baden. Friedrich der Große und auch Napoleon lobten die Strategie des Italieners in kaiserlichen Diensten.

Heute erinnert der "Friedensweg Mogersdorf" und das "Kreuzstadelmuseum" auf dem Schlösslberg an Montecuccolis Sieg 1664. Das Bundesheer benannte die Kaserne in Güssing nach ihm (Montecuccoli-Kaserne), aber auch der Ausmusterungsjahrgang 1980 an der Militärakademie in Wiener Neustadt wählte Montecuccoli zum Jahrgangspatron. Schon das erste Österreichische Bundesheer benannte eines der beiden Dragonerregimenter nach dem großen Feldherrn (Dragoner-Regiment Nr. 2 "Feldmarschall Montecuccoli" stationiert in Enns und Graz, die beide als Kavallerieregiment 11 in die Wehrmacht übergeführt wurden).


Autor: Mag. Martin Prieschl, Jahrgang 1976. 2004 Grundwehrdienst im Panzergrenadierbataillon 13, Angehöriger des Milizbataillons Oberösterreich. Studium der Rechtswissenschaft und Geschichte an der Universität Salzburg. Abschluss in Geschichte 2003 mit Auszeichnung; Auszeichnung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für die besten Studierenden 2003/2004; Ausbildung zum Archivar am Insitut für Österreichische Geschichtsforschung und der Fachhochschule Potsdam (Archiv, Bibliothekswesen, Dokumentation); Dissertation an der Universität Wien. Nach dem Studium neben zahlreichen Publikationen u. a. Tätigkeiten im Verlagswesen; Hospitant im Kriegsarchiv; im Haus-, Hof- und Staatsarchiv und im Parlamentsarchiv sowie als Koordinator und Mitgestalter der Ausstellung "Liberale Politik in Österreich" (Parlament, 2006). Seit März 2007 Archivbeauftragter der Evangelischen Kirche A und HB sowie Archivar der Diözesen Niederösterreich und Salzburg-Tirol. Seit 2009 Geschäftsführer der Firma Archivtechnik & Systeme.

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