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Ich hatt’ einen Kameraden ...

In österreichischen Auslandseinsätzen starben bisher 46 Soldaten

AUSBATT/UNDOF

HOFER Hans, aoPD Zgf (+ 25 06 1974) STURM Helmut, aoPD Kpl (+ 25 06 1974) NEUHAUSER Walter, aoPD Whm (+ 25 06 1974) VOLODER Alija, aoPD Whm (+ 25 06 1974) PISA Leopold, aoPD Lt (+ 08 03 1975) PELLEGRINI Ernst, Mjr (+ 20 04 1977) HÖRMANN Peter, aoPD Gfr (+ 25 05 1977) GRASSERBAUER, Walter, aoPD Zgf (+ 09 06 1977) KRUPICKA Wilhelm, OStv (+ 09 12 1977) BOGNER Manfred, aoPD Whm (+ 20 08 1978) KRAINZ Wolfgang, aoPD Whm (+ 20 08 1978) SEE Werner, aoPD Zgf (+ 10 10 1978) HINTEREGGER Rudolf, aoPD Whm (+ 10 10 1978) KRATZER Günther, aoPD Gfr (+ 04 08 1982) MÜLLNER Reinhard, OStv (+ 26 08 1988) DÖRFLER Siegfried, aoPD Kpl (+ 28 10 1990) MANDL Wolfgang, OstWm (+ 07 06 1991) ZARUBA Herbert, aoPD Kpl (+ 19 04 1997) GRASSER Wolfgang, OStv (+ 30 05 1997) KARNITSCHNIG Gerhard, ZS Zgf (+ 30 05 1997) ECKER Wolfgang, Vzlt (+ 14 08 2005) AUSCON/UNFICYP

OBORIL Hans, aoPD Zgf (+ 03 08 1972) Mag. IZAY Johann, aoPD Olt (+ 14 08 1974) DECOMBE Paul, OWm (+ 14 08 1974) ISAK August, aoPD Kpl (+ 14 08 1974) PEXA Heinz, OStv (+ 17 07 1975) BRITZ Othmar, aoPD Whm (+ 08 11 1977) LACKNER Johann, aoPD Whm (+ 05 11 1979) OBERBERGER Johann, aoPD Gfr (+ 16 01 1982) BILEK Richard, aoPD Whm (+ 20 02 1984) GLASER Walter, aoPD Whm (+ 04 07 1984) KLEMENTIN Klaus, Olt (+ 08 11 1984) MAIER Friedrich, aoPD Wm (+ 27 01 1990) POMS Gerald, aoPD Wm (+ 20 02 1991) SCHMUCK Michael, aoPD Wm (+ 04 12 1992) LEEB Wolfgang, aoPD Zgf (+ 02 05 1993) SCHÖFER Jörg, aoPD Kpl (+ 23 07 1996) UNMOT

SPONNER Wolf, Obstlt (+ 18 09 1995) AUSLOG/IFOR/SFOR/EUFOR

GRUBER Michael, ZS Wm (+ 15 09 1996) MOZELT Stefan, aoPD Wm (+ 11 03 1997) BOROS Manfred, Ostv (+ 04 12 1998) KREITER Guido, Kpl (+ 11 02 1999) BUCHBERGER Paul, Rekr (+ 26 07 2005) AUCON/KFOR

SCHÄFER Andreas, OStv (+ 20 01 2000) RADL Michael, Gfr (+ 11 06 2001) EUMM

KIENBÖCK Wolfgang, Vzlt (+ 10 05 2003)

Soldat und Sterben

Die menschlichen Fragen "Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tode?" und schließlich "Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?" stellten wörtlich auch die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) und zwar in der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (Nostra aetae 1). Christen haben nicht nur auf diese Fragen Antworten im Glauben: So wie Jesus Christus nicht im Tod verlassen, sondern von Gott auferweckt wurde, so werden auch wir nicht im Tod bleiben. Christen stehen auch in der Pflicht, Trauernden, Betroffenen, Klagenden beizustehen als Zuhörer, Helfer und Tröster.

In mancherlei Hinsicht haben Soldaten viel unmittelbarer mit dem Tod zu tun, als der größte Teil der Bevölkerung. Schon in der Ausbildung an der Waffe wird dem Soldaten klar, dass es sich hierbei um Instrumente der Tötung handelt. Jeder Einsatz von Waffen bedarf einer erneuten ethisch-verantworteten Begründung und vor allem der Übung des Umganges mit den Geräten, um eine höchstmögliche Wirkung bei geringst nötigem Schaden für die Menschen zu erzielen.

Der häufigste Ort des Waffengebrauchs ist sicherlich der Auslandseinsatz, der der Friedenssicherung dient. Dort begegnet dem Soldaten der Tod als Folge der Gewalt in der Zivilbevölkerung und bei den kämpfenden Parteien, aber auch Jahre nach kriegerischen Auseinandersetzungen in Form von Minenopfern oder Langzeitwirkungen chemischer Kampfstoffe.

Von noch größerer schockierender Wirkung ist der Tod von Kameraden der eigenen Einheit, sei es in Gefechten, sei es durch Unfälle.

Neben den dennoch zumeist ruhig verlaufenden Auslandseinsätzen stellen Katastropheneinsätze den unmittelbarsten Kontakt mit dem Tod vieler Menschen dar.

Eine letzte Begegnungsart mit dem Tod - in seiner vielleicht tragischsten Form - ist der Selbstmord von Kameraden. Die Nicht-Nachvollziehbarkeit dieses Tuns verbindet sich dann oft mit der Frage, ob man nicht vorher hätte aufmerksamer, hilfsbereiter sein können.

Jede dieser unterschiedlichen Begegnungen mit dem Tod erschüttert den Soldaten nicht nur durch die Auseinandersetzung mit fremdem Leid oder durch den Verlust von Kameraden und Freunden. Sie konfrontiert ihn auch mit seiner eigenen Sterblichkeit, die er trotz aller Fertigkeiten und Techniken nie überwinden kann. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, des Weiterlebens, kann aufbrechen, Orientierungslosigkeit, Angst oder auch eine unkontrollierte Gier nach Leben und Ausdrucksformen der Lebendigkeit wie Risikobereitschaft, Rausch, Sexualität, können die Folge sein.

Zwei Kernfragen

An das Bundesheer als Organisation stellen sich dabei zwei Kernfragen:

- Wie wird der Soldat auf den Umgang mit Sterben und Tod vorbereitet?

- Welche konkreten Hilfen hat er im Ernstfall?

In Zusammenarbeit und Ergänzung zu militärmedizinischen, militärpsychologischen und militärpädagogischen Einrichtungen bietet die Militärseelsorge - über die an der Symptombehandlung orientierte Erstversorgung hinaus - Möglichkeiten der Begleitung, des Gesprächs, der Diskussion, der gottesdienstlichen Begleitung von Tod und Trauer an. Natürlich kann auch der Militärseelsorger keine Antwort auf das "Warum" des konkreten Sterbens geben, aber er kann den Raum für das Fragen und Klagen offen halten, der heute durch die Tabuisierung des Themas Tod in der Gesellschaft oftmals eingeschränkt wird; offen für ein Fragen und Klagen, das heute oft auch dem Ruf nach "Coolness" und sofortiger, voller Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft (im Beruf, im Freundeskreis, ...) gewichen ist.

Im Rahmen der Ausbildung und Fortbildung kann das Thema Tod auch noch in einem anderen Zusammenhang - besonders mit Blick auf die zukünftigen Schwerpunkte Auslands- und Katastropheneinsatz - dargestellt werden: Der Einsatz des Soldaten zum Zweck der Hilfe, der Friedenssicherung und der Sicherung des Lebens Vieler ist lebensgefährlich und stellt einer oberflächlichen Vergötzung des eigenen Lebens das Ideal des Engagements für die Gemeinschaft aller Menschen gegenüber. Vielleicht macht gerade das diesen Dienst zu einer - meist gar nicht bewussten - Auslegung einer hoffnungsvollen Perspektive aus der Bibel und zwar aus dem Buch der Weisheit (Kapitel 1, Vers 12 - 15): "Jagt nicht dem Tod nach in den Irrungen eures Lebens und zieht nicht durch euer Handeln das Verderben herbei! Denn Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde; denn die Gerechtigkeit ist unsterblich." Autor: Msgr. Mag. Dr. Franz Fahrner, Generalvikar

Der Tod in geisteswissenschaftlicher Sicht

Mit dem Tod wird das unwiderrufliche Aufhören des Lebens bezeichnet, und er ist wohl die einzige Instanz, in der Menschen Totalität erfahren. Aus medizinischer Sicht ist der Tod zunächst ein komplexer und höchst unscharfer Begriff, da die verschiedenen Teile des menschlichen Organismus nicht gleichzeitig ihre Funktion einstellen. Innerhalb der modernen Medizin gilt deshalb der Hirntod als Kriterium, wann ein Mensch gestorben ist.

Nach der Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross (20. Jhdt.) durchläuft der Sterbende mehrere Phasen, in denen er sich gegen die Tatsache des Todes auflehnt, mit dem Tod verhandelt, resigniert und schließlich im Idealfall das Sterben und den Tod annehmen kann.

Der Tod eines Menschen bedeutet jedoch weit mehr als das bloße Aufhören seiner biologischen Lebensfunktionen. Im Tod endet zugleich seine unverwechselbare, individuelle Lebensgeschichte mit ihren verschiedenen sozialen, kulturellen, religiösen und politischen Beziehungen. Der Tod stellt deshalb eine ständige Herausforderung des Menschen dar. Die Auseinandersetzung mit ihm, die Frage nach seiner Deutung und Bedeutung, kann deshalb in allen Kulturen, Epochen und Weltanschauungen verfolgt werden. Sie ist eine der zentralen Fragen der Menschheit überhaupt.

Das Phänomen "Tod"

"Ich hatt’ einen Kameraden, einen besseren findst du nit. Die Trommel schlug zum Streite, er ging an meiner Seite in gleichem Schritt und Tritt ..." Der Tod wird in der europäischen Kunst auf verschiedene Weise dargestellt, besonders beeindruckend - und auch an das Bild des Liedes vom guten Kameraden erinnernd - sind Albrecht Dürers (16. Jhdt.) Darstellungen des Todes, reitend auf einem Pferd, wie es auch in der Apokalypse, dem letzten Buch der Bibel, beschrieben ist. Die Darstellung des Todes als Skelettgestalt hat in der jüngeren Kunst wieder eine Renaissance gefunden.

Das Lied vom guten Kameraden spiegelt auch das alltägliche Leben: Soldaten leben "im gleichen Schritt und Tritt", und wissen - wie alle Menschen -, dass sie auch sterben werden. Soldaten im Einsatz wissen darüber hinaus, dass der Tod nicht das Gesicht des Einschlafens im Bett hat, sondern das der plötzlichen und existentiellen Bedrohung. Der Tod des Soldaten kommt unerwartet und heimtückisch.

Der Mensch ist das einzige Wesen, das weiß, dass es einmal sterben muss. Dieses Wissen begründet Freiheit, bedingt aber auch die Furcht vor dem Ausgelöscht-Sein. Der Mensch erträgt nur schwer, zu denken, dass er all das Angefangene und Weiterentwickelte nicht mehr miterleben soll. Und er erträgt die Ohnmacht nicht, die er gegenüber dem Tod erfahren muss.

Der römische Philosoph Seneca (1. Jhdt.) hat versucht, dem Tod seine Unheimlichkeit zu nehmen, indem er erklärte: "Der wolle nicht leben, der nicht sterben will. Denn das Leben ist uns mit der Bedingung des Todes geschenkt, es ist der Weg zu diesem Ziel. Unsinnig ist es daher, den Tod zu fürchten; denn nur das Ungewisse fürchtet man, dem Gewissen sieht man entgegen. Der Tod bedeutet eine gerechte und unabwendbare Notwendigkeit. Wer wolle sich beklagen, in einer Lage zu sein, in der sich alle ausnahmslos befinden. … Der Tod ist die Erlösung von allen Schmerzen und völliges Aufhören; über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus; …" Das betrifft vielleicht einen alten Menschen, der am Ende seines Lebens stirbt. Aber das passt doch wohl keinesfalls auf den jungen Soldaten, der das Bild seiner Frau und seiner Kinder in der Brusttasche trägt, und der durch eine Landmine im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Leben gerissen wird.

Gehört der Tod eigentlich zum Leben, oder ist er dessen Gegensatz? Etwas zynisch stellte der griechische Philosoph Epikur (4./3. Jahrhundert vor Christus) fest: "Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an, weil, solange wir sind, der Tod nicht da ist; ist er aber da, so sind wir nicht mehr." Ähnlich folgert der aus Wien stammende Ludwig Wittgenstein (20. Jhdt.): "… den Tod erlebt man nicht".

Der Tod - soziale und persönliche Herausforderung

"Eine Kugel kam geflogen; gilt es mir oder gilt es dir? Ihn hat es weggerissen, er liegt mir vor den Füßen, als wär’s ein Stück von mir ..." Die im letzten Kapitel angeführte Bemerkung von Epikur ist deshalb zynisch, weil sie unzulässigerweise einschränkt. Möglicherweise gilt sie für meinen eigenen Tod, nicht jedoch für unsere Betroffenheit beim Tod einer anderen Person, wie unter anderem Martin Heidegger (20. Jhdt.) betont. Und schließlich fürchten wir uns wohl nicht so sehr vor dem Tot-Sein, als vielmehr vor dem Sterben.

Die wenigsten Menschen sterben gerne, und niemals - unter keinem Regime - sind Soldaten in einen Einsatz gezogen, weil sie sterben wollten. Ganz im Gegenteil: Soldaten des Österreichischen Bundesheeres werden zur Lebenserhaltung eingesetzt; jedoch unter Einsatz ihres Lebens.

Die Reaktionen auf den Tod sind vielfältig: Verdrängung kann dabei nur die erste Stufe des Annehmens des Unveränderbaren sein; Trauer ist ein normaler Weg. Wenn Menschen sich dem Tod nicht stellen, dann "laufen (sie) sorglos in den Abgrund" (Blaise Pascal, 17. Jhdt.).

Die Frage im Lied vom guten Kameraden, wem die Kugel galt, verdeutlicht die oft so empfundene Absurdität des Todes, dessen "Logik" sich dem menschlichen Denken entzieht. "Es ist widersinnig, dass wir geboren werden, und ebenso, dass wir sterben." (Albert Camus; 20. Jhdt.). Ein Freitod kann diese Absurdität nur scheinbar durchbrechen, und ist deshalb für die Hinterbliebenen mit besonders belastenden Fragen verbunden.

Die Absurdität bedingt aber bei den Lebenden die Sinnfrage. "Wenn wir uns nicht vor dem Tode fürchteten, wäre vermutlich die Idee der Unsterblichkeit niemals entstanden." (Bertrand Russell; 20. Jhdt.) Diese Aussage gilt auch unter der Voraussetzung, dass die religiöse Aussage der Unsterblichkeit von "außen" geoffenbart wurde.

Der Tod und das Danach

"Will mir die Hand noch reichen, derweil ich eben lad’. ‚Kann dir die Hand nicht geben; bleib du im ew’gen Leben, mein guter Kamerad!‘" Die Todesfrage betrifft die Grenzen des Lebens, und schließt deshalb die auf das religiöse Gebiet hinüberreichende Frage ein, was außerhalb dieser Grenze ist. Im Laufe der Weltgeschichte wurden verschiedenste Antworten darauf gegeben. Die verschiedenen Religionen versuchen mit dem Verweis auf ein "Jenseits" oder "Nirwana" dem Leben einen transzendenten, einen über das irdische Leben hinausreichenden Sinn zu geben. In ähnlicher Richtung denkt der griechische Philosoph Platon (5./4. Jhdt. v. Chr.), wenn er zwar über das Sterben des Leibes, aber vom Weiterleben der Seele spricht. Für den Nichtgläubigen stellt sich das Problem freilich noch deutlicher, weil das Leben damit keinen "letzten" Sinn haben kann.

In der Existenzphilosophie (Heidegger, Karl Jaspers; 20. Jhdt.) nimmt die Todesfrage eine zentrale Rolle ein. Es wird betont, dass der Tod eine existenzgefährdende, aber gleichzeitig auch Transzendenz eröffnende Grenzsituation darstellt. Der Tod ist das endgültige Tor zur Transzendenz.

Der Tod macht alles, was wir tun, zweifelhaft. Eine Sinngebung des Lebens hat daher den Tod mit zu bedenken. Aber umgekehrt gilt auch: Wenn der (irdische) Tod endgültig ist, dann empfängt von daher auch das Leben den Charakter des Einmaligen und des Endgültigen. Das zeigt erneut die Wichtigkeit des würdigen Umgangs mit dem Tod und den Toten - auch den toten Kameraden.

Was dem Leben Sinn verleiht, gibt auch dem Tod einen Sinn, denn: "Das Glück ist wahr, auch dann, wenn es ein Ende finden muss, und auch das Denken und die Liebe verlieren nicht den Wert, weil sie nicht ewig währen." (Bertrand Russell, 20. Jhdt.) Autor: DDr. Karl-Reinhart Trauner, Militärsenior

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