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Die Grundlagenausbildung der Deutschen Luftwaffe für Auslandseinsätze im Frieden

Ein wesentlicher Teil der Einsatzvorbereitung

Eine zielgerichtete Ausbildung trägt viel zur Sicherstellung der erforderlichen personellen Einsatzbereitschaft und der Durchhaltefähigkeit der Truppe bei. Das gilt auch für die so genannte Grundlagenausbildung der Luftwaffe für Auslandseinsätze im Frieden, die alle für Einsätze vorgesehenen Soldaten der Deutschen Luftwaffe durchlaufen.

Humanitäre Hilfseinsätze, Friedensichernde und Friedenschaffende Operationen, Maßnahmen zur Ausgestaltung von Partnerschaft und Zusammenarbeit, Landes- und Bündnisverteidigung und Kampf gegen den Terrorismus - seit dem historischen Umbruch in Mittel- und Osteuropa und den Ereignissen des 11. September 2001 ist das Aufgabenspektrum der Bundeswehr vielfältiger und differenzierter als je zuvor.

Dieses Aufgabenspektrum findet sich auch in den vom deutschen Verteidigungsminister Struck im Jahre 2003 erlassenen neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR). Demnach ist die Verteidigung des eigenen Landes derzeit der am wenigsten wahrscheinliche Auftrag. Die tägliche Realität bilden hingegen Einsätze im Rahmen von Friedensmissionen oder Humanitäre Einsätze.

Die Deutsche Luftwaffe trägt dieser Entwicklung seit 1999 Rechnung und bildet alle für den Einsatz vorgesehenen Luftwaffensoldaten, aber auch - in geringem Umfang - Soldaten anderer Teilstreitkräfte oder Organisationsbereiche möglichst auslandseinsatzorientiert aus. Diese einsatznahe Ausbildung umfasst mehrere Kurse in der Dauer von jeweils mehreren Tagen bzw. Wochen. Ein wesentlicher Teil davon ist die so genannte Grundlagenausbildung der Luftwaffe für Auslandseinsätze im Frieden (GdlgAusbLw).

Ein sicheres Fundament

Eine Voraussetzung für Auslandseinsätze sind einheitliche Grundlagen in der Ausbildung, auf denen - bezogen auf einen konkreten Einsatz - aufgebaut werden kann und muss. Diese zu schaffen, ist ein Erfordernis aller Teilstreitkräfte. Die Grundlagenausbildung bildet nach dem (deutschen) Handbuch für Auslandseinsätze im Frieden den ersten Teil und damit das Fundament der insgesamt fünf möglichen Ausbildungsteile:

- Grundlagenausbildung (diese Ausbildung erhalten alle Soldaten!); - Besondere Ausbildung für Kommandanten (in Deutschland: Führer) und Personal mit Spezialaufgaben; - Kontingentausbildung; - Ergänzende Kontingentausbildung für Kommandanten und Personal mit Spezialaufgaben; - Ausbildung im Einsatz.

Früher erfolgte die Grundlagenausbildung der Luftwaffe für Auslandseinsätze im Frieden als ein insgesamt dreiwöchiger, durchgehender Kurs. Im Rahmen der Neukonzeption wurde sie mit Mai 2004 auf eine modulare Ausbildung umgestellt.

Die Module der Grundlagenausbildung

Die Grundlagenausbildung umfasst:

- die Aufbauausbildung, - die Einsatzbezogene Zusatzausbildung und - die Auffrischungsausbildung.

(Vor Jänner 2005: Basis-, Landeskunde- und Auffrischungsmodul; Anm.) Die Aufbauausbildung ist die Erstausbildung für alle Einsatzkräfte der Luftwaffe. Sie umfasst 80 Ausbildungsstunden in zehn Ausbildungstagen und vermittelt alle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche die grundlegenden Voraussetzungen für einen Einsatz im Gesamtaufgabenspektrum der Bundeswehr sind. Dabei werden auch die Abholpunkte (Ausbildungsziele, auf denen die Folgeausbildung aufbaut) für eine Kontingentausbildung vorbereitet.

Die Einsatzbezogene Zusatzausbildung ist die länderspezifische Ausbildung für die Einsatzkräfte unmittelbar vor dem Einsatz. Jede länderspezifische Ausbildung umfasst 42 Ausbildungsstunden in fünf Ausbildungstagen und ist auf das jeweilige Einsatzland bzw. die Einsatzregion zugeschnitten. Die Voraussetzung zur Teilnahme ist eine abgeleistete Aufbauausbildung (oder ein Basismodul).

Eine Auffrischungsausbildung ist zu absolvieren, wenn seit Ende des Einsatzes oder der Aufbauausbildung (des Basismoduls) mehr als 36 Monate vergangen sind. Sie umfasst 41 Ausbildungsstunden in fünf Ausbildungstagen und aktualisiert bzw. vertieft alle in der Aufbauausbildung (im Basismodul) erworbenen Ausbildungsinhalte. Dabei werden ebenfalls Abholpunkte für eine Kontingentausbildung vorbereitet. Die Voraussetzung zur Teilnahme ist ebenfalls eine abgeleistete Aufbauausbildung (oder ein Basismodul).

Diese Neukonzeption trägt vor allem den Erfordernissen der von der Luftwaffe anteilig zu stellenden NATO Response Forces (NRF) Rechnung.

Bis zur Indienststellung des Zentrums für die Grundlagenausbildung in Germersheim/Rheinland-Pfalz Ende 2004 erfolgten diese Lehrgänge bei zwei Ausbildungskompanien (in Norddeutschland beim 14. Luftwaffenausbildungsregiment 1, Heide/Schleswig-Holstein, und in Süddeutschland beim 11. Luftwaffenausbildungsregiment 3, Germersheim). Von Mai bis Ende 2004 wurde in Heide allerdings nur mehr das Basismodul ausgebildet.

Das Ausbildungszentrum Grundlagenausbildung der Luftwaffe nahm Anfang 2005 mit drei Lehrabteilungen (in Deutschland: Inspektionen) den vollen Ausbildungsbetrieb auf. Damit entstand auch eine neue Kompetenz- und Informationsplattform. Diese Plattform und die Zusammenfassung der Kräfte und Mittel erlauben nun eine effizientere und wirtschaftlichere Nutzung der begrenzten Ressourcen und sichern ein einheitliches Ausbildungsniveau auf der Grundlage der neuesten Einsatzerfahrungen. Darüber hinaus ermöglicht die neue modulare Ausbildung, insbesondere ihre verschiedenen länderspezifischen Module, eine Ausbildung, die noch konkreter und bedarfsorientierter ist.

Zweck und Ziel

Im Zuge der Grundlagenausbildung der Luftwaffe soll der Lehrgangsteilnehmer Vertrauen zu seinem eigenen Können, seiner Ausrüstung und zu seinen Kameraden gewinnen. Die Voraussetzung hiefür ist die Kenntnis seiner Leistungsfähigkeit und des Leistungsvermögens seiner Waffen und seines Gerätes. Er soll auch erkennen, dass der Einsatzauftrag nur gemeinsam mit Anderen erfüllt werden kann (Teamfähigkeit).

Weiterhin soll ein teilstreitkraft- und bereichsübergreifender Abholpunkt geschaffen werden - als Voraussetzung für eine erfolgreiche gemeinsame Kontingentausbildung auf Truppenübungsplätzen.

Die Ausbildungsdurchführung steuern dabei die vom Luftwaffenausbildungskommando erlassenen Vorgaben zur Planung der Grundlagenausbildung der Luftwaffe für Auslandseinsätze im Frieden.

Ausbildungsbeispiel Aufbauausbildung/Basismodul

Um die Abläufe und den Stoffumfang zu veranschaulichen, wird hier die Basismodul-Ausbildung am Beispiel der 14. Kompanie, III. Bataillon, Luftwaffenausbildungsregiment 1 dargestellt. Die Kompanie war eine materiell und ab Lehrgangsbeginn personell verstärkte Grundausbildungskompanie, die mit ihren drei Zügen und einer Organisationsgruppe (eine Art Stabsteil) bis zu 144 Lehrgangsteilnehmer gleichzeitig ausbilden konnte. Sie wurde dazu durch Gast- und Fremddozenten wie z. B. durch einen militärischen Rechtslehrer, einen Stabsoffizier der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, einen Truppenpsychologen, einen Sozialberater, Fachpersonal für Explosive Ordnance Reconnaissance und Explosive Ordnance Disposal (EOR/EOD) sowie durch einen Journalisten unterstützt. Fallweise wurde sie durch weiteres Personal verstärkt - darunter zusätzliche Ausbilder, Kraftfahrer und Rollenspieler (Darsteller von Zivilbevölkerung, verfeindeten Gruppen usw.).

Von 1999 bis 2004 durchliefen in der 14. Kompanie über 4 700 (!) Soldaten diese hochwertige Ausbildung. Diese wurde durch das hoch motivierte, kreative und belastbare Ausbildungs- und Unterstützungspersonal ständig weiterentwickelt und durch dessen eigene Einsatzerfahrungen oder durch "Lessons Learned" von Einsatzverbänden (wie z. B. dem Objektschutzbataillon der Luftwaffe) den geänderten Einsatzbedingungen angepasst.

Eine ständige organisatorische Herausforderung bei der Grundlagenausbildung war und ist die zeitgerechte Terminfestlegung und Feinabstimmung mit den Fach- und Fremddozenten. Sie erfolgte für jeden Lehrgang und damit immerhin neun bis elf Mal pro Jahr.

Bei jeder Grundlagenausbildung - egal ob bei einer Ausbildungskompanie oder nun im Ausbildungszentrum - sind die Abläufe ähnlich:

Erste Kurswoche

Die Anreise der Lehrgangsteilnehmer, die Datenerfassung, die Zuweisung der Unterkünfte usw. (in Deutschland: Anschleusung) erfolgen bereits am Sonntag, damit Begrüßung, Einweisung und weitere administrative Angelegenheiten keine wertvolle Ausbildungszeit kosten.

Die erste Kurswoche dient auch der Akklimatisierung für die Frauen und Männer, die als Spezialisten aus den verschiedensten Bereichen der hochtechnisierten Deutschen Luftwaffe kommen und daher eine ausgesprochen inhomogene Alters- und Dienstgradstruktur aufweisen. Während des Lehrganges steht das soldatische Einmaleins im Vordergrund; dabei werden "verschüttete" militärische Grundfertigkeiten wie der Umgang mit Karte und Kompass, GPS, Waffen- und Schießausbildung sowie Fernmeldeausbildung wieder aufgefrischt und vertieft.

Zusätzlich wird das militärische Rüstzeug um einsatzrelevante Themen, wie Rules of Engagement (ROE) und Mine Awareness erweitert.

Die Lehrgangsteilnehmer erfahren auch durch den Truppenpsychologen im Zuge einer Einweisung (in Deutschland: Unterrichtung) über "Menschenführung unter Belastung" u. a., welche Methoden und Maßnahmen der Stressbewältigung dienen und wie man generell seine Leistungsfähigkeit im Einsatz erhält.

Zweite Kurswoche

Die Anforderungen sowie der Praxisanteil steigen von der ersten zur zweiten Kurswoche an. Um die Soldaten an das Gewicht ihrer persönlichen Ausrüstung im Einsatzland zu gewöhnen (Kugelschutzweste "Bristol", Helm, Waffe), heißt es für sie bei jeder Ausbildung im Außendienst (in Deutschland: Praktischer Dienst) Dress Code "Bravo", also Splitterschutzweste (Ersatz für die "Bristol", die erst im Einsatz ausgegeben wird), Koppeltragegestell (entspricht etwa dem österreichischen Traggerüst bzw. Tragesystem), Helm und Waffe.

Die ersten drei Tage der zweiten Woche stehen im Zeichen des Handlungstrainings. Sie bilden den Ausbildungshöhepunkt des Lehrganges. Die Kursteilnehmer leben in einem Feldlager (z. B. in einer ehemaligen Flugabwehrraketenstellung). In zehn Ausbildungsstationen (siehe unten) wird den Soldaten innerhalb und außerhalb dieses Feldlagers einiges abverlangt:

- Maingate (Dienst am Haupteingang eines Lagers o. ä.) - Temporary Checkpoint (TCP); - Mot-Marsch (in Deutschland: Marsch mit Kfz)/Minenunfall; - Mot-Marsch/Patrouille; - Durchsuchen von Personen; - Durchsuchen von Gebäuden; - Durchsuchen von Kraftfahrzeugen; - Retten und Bergen (Verschütteten-Lage); - Einweisung in den Rettungsgerätesatz und Löschen von Kleinbränden; - Mine Awareness (Trittspurstechen).

Die Soldaten werden dabei mit einsatztypischen Situationen, wie z. B. der Abgabe von Fundmunition am Maingate durch Einheimische, aber auch mit Worst Case-Szenarien, wie einem Minenunfall, konfrontiert. Nun gilt es, die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten der ersten Woche praktisch anzuwenden.

Für die eingeteilten Kommandanten bedeutet das eine besondere Herausforderung. Um zielgerichtet und flexibel handeln zu können, müssen sie nach einer kurzen Lagebeurteilung Entschlüsse fassen und sich gegenüber den noch vor einer Woche zum Teil unbekannten Kameraden durchsetzen.

Im Anschluss daran wird unter besonderer Berücksichtigung der drei F (Fair, Firm, Friendly) jede Lage nachbesprochen. Dabei werden Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, aber bewusst keine "Musterlösungen" vermittelt.

Des Weiteren werden an den ersten beiden Abenden des Handlungstrainings durch einen Stabsoffizier der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Einweisung "Umgang mit Medien/Gesprächsführung" Interviews nachbereitet, die während der Ausbildung durch Kamerateams gefilmt wurden.

Die letzten beiden Tage dienen u. a. der Einweisung in das Thema "Betreuung und Fürsorge vor, während und nach dem Einsatz", der Lehrgangsnachbereitung sowie der Geräteabgabe, Verabschiedung usw. (in Deutschland: Abschleusung).

Fazit

Die Deutsche Luftwaffe braucht im Einsatz den Vergleich mit anderen Streitkräften nicht zu scheuen. Ihre professionelle Arbeit, ihr Verhalten in den Einsatzländern und die positiven Rückmeldungen ehemaliger Lehrgangsteilnehmer unterstreichen den besonderen Beitrag der Einsatzvorbereitung.

Nur die kontinuierliche Auswertung der Einsätze und die Fortschreibung der Grundlagenausbildung wird die Einsatzbereitschaft und Durchhaltefähigkeit der Truppe im Einsatz auf Dauer gewährleisten. Mit dem fortschreitenden Wandel von einer Bundeswehr im Frieden zu einer Bundeswehr im Einsatz wird aber auch die militärische Aus- und Weiterbildung in den Einsatzverbänden selbst zunehmend an Bedeutung gewinnen, geht es doch um die bestmögliche Vorbereitung der Soldaten für ihre nicht ungefährlichen Einsätze.

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Auf einen Blick:

Aufbauausbildung (Basismodul):

Erstausbildung für alle Einsatzkräfte der Luftwaffe.

Einsatzbezogene Zusatzausbildung (Landeskundemodul):

länderspezifische Ausbildung unmittelbar vor dem Einsatz.

Auffrischungsausbildung (Auffrischungsmodul):

nur wenn seit Ende des Einsatzes oder der Aufbauausbildung (des Basismoduls) mehr als 36 Monate vergangen sind.

___________________________________ __________________________________ Autoren: Oberstleutnant Carsten Busch (Deutschland), Diplompädagoge, Jahrgang 1963. 1983 Grundausbildung, danach Offiziersausbildung und Studium der Pädagogik (Universität der Bundeswehr, Hamburg); 1987 Fachausbildung zum Offizier der Sicherungstruppe, danach Verwendungen u. a. als Zugskommandant (in Deutschland: Zugführer), Personaloffizier, Staffelchef (Kompaniekommandant) einer Luftwaffensicherungsstaffel und Ordonnanzoffizier des Inspekteurs der Luftwaffe, 1996 Generalstabslehrgang; ab 1998 im Stab der 3. Luftwaffendivision; 1999 SFOR-Einsatz beim Einsatzgeschwader 1 der Luftwaffe in Piacenza; ab 2000 Referent im Bundesministerium der Verteidigung. Seit 2003 Kommandant (in Deutschland: Kommandeur) des III. Bataillons des Luftwaffenausbildungsregimentes 1 in Heide.

Hauptmann Karl Heinz Grimmer (Deutschland), Jahrgang 1971. 1992 Grundausbildung, ursprünglich Reserveoffizierslaufbahn im Bereich der Luftwaffensicherungstruppe; ab 1995 u. a. Verwendung als Zugskommandant beim Objektschutzbataillon der Luftwaffe und Staffelchef einer Luftwaffensicherungsstaffel; 2001 Einsatz bei GECON/KFOR (2. Objektschutzstaffel der KRK in Prizren). Seit Jänner 2003 Kompaniechef der 14. Kompanie des Luftwaffenausbildungsregimentes 1 in Heide.

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