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Israels Krieg im Libanon: die zwei Seiten einer Medaille

Die eine Seite

Israel hat bis zur Feuereinstellung im Krieg gegen die Hisbollah seine erklärten Kriegsziele nicht erreicht: Weder wurden die Hisbollah-Kämpfer und deren Waffensysteme entscheidend geschwächt noch wurden die gefangenen israelischen Soldaten freigelassen. Der durch diesen Krieg für die Regierung in Jerusalem aufgetretene Imageschaden ist hingegen gewaltig. Nicht allein in den muslimischen Teilen der Welt werden die Hisbollah-Guerilleros mit ihrem politischen Führer Hassan Nasrallah als Gewinner des Kampfes gegen Israel gesehen: "Die größte und gewaltigste Militärmacht des Nahen Ostens hat Schwächen gezeigt." Darüber hinaus betrachten viele Menschen der westlichen Zivilisation Israel als unverhältnismäßigen und brutalen Aktivisten. Die Bilder, welche die massiven Schäden in den zivilen Wohngebieten sowie die getöteten Frauen und Kinder zeigen, gingen um die Welt. Den "Krieg der Bilder" und den Kampf der veröffentlichten Meinung hat Israel jedenfalls verloren. Hier agierten die Hisbollah und deren Unterstützer entschieden erfolgreicher als die Israelis. Das nachträgliche Berichtigen der verfälschten Meldungen und der gezielten Manipulation mit vorgeblich "massenhaft getöteten Kindern und Frauen im Libanon" hat die Weltöffentlichkeit nicht mehr wirkungsvoll erreicht.

Auch die Verluste an Menschen, Soldaten wie Zivilisten, die beachtlichen Sachschäden und das nicht gelöste Problem der Raketenangriffe aus dem Südlibanon stehen auf der Negativliste von Jerusalem. Zwar gelang es, die weitreichenden Raketen zu zerstören, nicht jedoch die "Katjuscha"-Raketen, die nur über eine kurzer Reichweite verfügen, aber mobil einsetzbar und damit schwer zu lokalisieren sind.

Außerdem gelang es den Israelis nicht, die Führung der Hisbollah auszuschalten. Der Krieg hat vielmehr gezeigt, dass die Hisbollah ein starker Gegner ist.

Die Hisbollah hat zudem politisch an Gewicht gewonnen. In Zukunft muss sie bei jeglichem Lösungsvorschlag für den Norden Israels berücksichtigt werden. Dass eine solche Regelung auch - und vor allem - Syrien miteinbeziehen muss, ist unübersehbar; und dabei geht es um die Golan-Höhen. Nur dann kann ein dauerhafter Frieden entstehen. Diese Seite der Medaille für den Gewinner gehört der Hisbollah und ihren Unterstützern.

Die andere Seite

Doch bekanntlich hat jede Medaille zwei Seiten. Und diese zweite Seite sieht doch etwas anders aus. Guerilla-Kämpfer, die im Gegensatz zu regulären Streitkräften kein Interesse am Halten des Landes haben, sondern dem Gegner nur Verluste beibringen wollen, können nicht besiegt werden. Deshalb kommen bei einer derartigen Auseinandersetzung neben den militärischen Aktionen besonders der Politik und der Diplomatie eine wichtige Rolle zu. Politisch hat Israel klar gemacht, dass hinter dem Krieg der Hisbollah nicht nur Syrien, sondern vor allem der Iran steht. Teheran hat die Hisbollah finanziert, modernst bewaffnet und ausgerüstet sowie mit Militärpersonal unterstützt. Das wiederum lässt Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit des Iran hinsichtlich seines Atomprogramms zu.

Israel hat deutlich gemacht, dass seine Luftstreitkräfte und deren Bereitschaft, unverzüglich und wirkungsvoll gegen große Ziele wie Beirut loszuschlagen, sein effektivstes Abschreckungspotenzial sind. Das ist vor allem für Damaskus eine Lektion. Aber auch Hassan Nasrallah weiß nun, womit er zu rechnen hat, wenn seine Organisation Israel neuerlich herausfordert.

Jerusalem hat sich diplomatisch durchgesetzt. Die Resolution des UN-Sicherheitsrates entspricht nämlich dem israelischen Wunsch, dass die Hisbollah-Kräfte aus dem Südlibanon abgezogen werden; ebenso wurde ein Waffenembargo gegen die Hisbollah verhängt.

Ebenfalls als großer Erfolg ist die stillschweigende Zustimmung der meisten arabischen Staaten zum Vorgehen Israels zu werten. Erneut wurde dabei die klare Trennung zwischen den moderaten und den extremistischen islamischen Regierungen deutlich. Denn Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, die nordafrikanischen Staaten und andere Länder betrachten den islamischen Fundamentalismus, wie ihn die Hisbollah repräsentiert, als extrem gefährlich.

Militärisch ist die Hisbollah schwer getroffen. Sie erlitt massive Verluste bei allen ihren Führungs- und Logistikeinrichtungen. Nach israelischen Angaben sollen mehr als 500 Hisbollah-Kämpfer getötet worden sein. Südlich des Litani-Flusses wird es in Zukunft keine Hisbollah-Miliz mehr geben. Die libanesischen Streitkräfte, die dieses Gebiet bisher nicht betreten konnten, kehren nun in den Südlibanon zurück und üben dort ihre Kontrolle aus. Eine (hoffentlich) effektive multinationale UN-Truppe überwacht die Vereinbarungen. Und die gefangenen israelischen Soldaten werden im Zuge eines Gefangenenaustausches nach Israel zurückkehren.

Autor: Brigadier i. R. Prof. Dr. Horst Mäder

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