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Neue Herausforderungen in der internationalen Zusammenarbeit

Die Europäische Union hat während des Sommers ihre Rolle als Akteur der internationalen Sicherheitspolitik verstärkt. Zwar hat die Situation im Libanon nicht zu einer Operation im Rahmen der EU geführt, doch konnte die UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon) in wesentlichen Teilen durch die Beiträge von EU-Staaten verstärkt werden. Auch beim Zustandekommen des Mandates für diese UN-Operation hat die EU Wesentliches geleistet. Dies hob Generalsekretär Javier Solana beim informellen Verteidigungsministertreffen der EU am 2. Oktober in Kittilä (Finnland) sehr deutlich hervor. Damit stellte die EU vor der internationalen Staatengemeinschaft und insbesondere vor den handelnden Parteien im Nahen Osten unter Beweis, dass sie auch dann ein wirksamer Faktor der Stabilität ist, wenn sie mit anderen Sicherheitsinstitutionen zusammenwirkt. Eine derartige Form der Zusammenarbeit zwischen der UNO und der EU könnte sich auch in anderen Krisensituationen wiederholen.

Österreich hat sich auch mit der Möglichkeit beschäftigt, in den nächsten Jahren neuerlich den Vorsitz über SHIRBRIG (Standby Forces High Readiness Brigade) zu übernehmen. Das würde bedeuten, dass Österreich ein Jahr lang für die Koordination der Arbeiten und vor allem für die Koordination der Bereitstellung von Kräften im Falle einer Operation verantwortlich wäre. SHIRBRIG kann - wenn die Mitgliedstaaten es wollen - insbesondere bei der raschen Entsendung eines ersten Stabes in einen Einsatzraum die UNO wesentlich unterstützen. Derzeit gibt es allerdings Zweifel, ob alle Mitgliedstaaten bereit sind, sich tatsächlich so zu beteiligen, dass ein solcher Einsatz zustande kommt. Diese Situation wirft generell auch die Frage auf, wie sinnvoll multilaterale Kooperationen noch sind. Die UNO verfügt im Allgemeinen über einen soliden Bestand an Truppenstellern, die bei Bedarf auch rasch in der Lage sind, substanzielle Beiträge zu leisten. Wie das Beispiel UNIFIL zeigt, können diese Beiträge durch die EU wirksam ergänzt werden. Dadurch kann bei den Truppen stellenden Nationen auch ein gewisser politischer Ausgleich zwischen europäischen Staaten und Staaten anderer Kontinente hergestellt werden. Wenn es also nicht gelingt, hochwertige Nischenfunktionen oder Führungsseinrichtungen durch multilaterale Zusammenarbeit wirksam und rasch verfügbar bereitzustellen, verliert diese Zusammenarbeit an Attraktivität. Gleichzeitig sind westliche Staaten kaum willens, die Bereitstellung militärischer Kräfte für längere Zeiträume fix zuzusagen. Das gilt auch für Österreich.

Dagegen gibt es andere Entwicklungen, die einen höheren politischen Bindungsgrad aufweisen, auch wenn damit kein Automatismus verbunden ist. Dazu zählen die Gefechtsverbände der EU, die so genannten "Battle Groups". Hier ist das Zusammenwirken innerhalb einer kleinen Staatengruppe so eng, und die Zusage der Einsatzbereitschaft an die EU ist so nachhaltig, dass die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Beteiligung höher ist. Diese Art der Kooperation ist derzeit die effizienteste Form des militärischen Zusammenwirkens.

Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob solche Kooperationen nicht eine andere Wirkung entfalten können. Darin liegt die Herausforderung der nächsten Jahre, nicht nur für SHIRBRIG, sondern etwa auch für CENCOOP (Central European Nations Cooperation). Bei dieser Analyse ist auch das politische Signal zu bewerten, das von derartigen Kooperationen, aber auch von ihrer allfälligen Beendigung ausgeht.

Eine lohnende Zielsetzung für Kooperationen kann - auch in Österreich - die Heranbildung von Experten für die Security Sector Reform (SSR) sein. Das Thema SSR ist auch für einen weiteren Schwerpunkt der österreichischen Verteidigungspolitik in den kommenden Monaten und Jahren bestimmend: Während des EU-Vorsitzes war der Balkan ein zentrales Anliegen Österreichs. Es wurde das Projekt einer Balkan- Initiative geschaffen, um über den EU-Vorsitz hinaus eine dauerhafte Wirkung zu erzielen. Alle bilateralen Aktivitäten mit den einzelnen Ländern der Region sollen straffer koordiniert werden, um gezielter auf die tatsächlichen Bedürfnisse eingehen zu können. Im Zentrum des Vorhabens steht die Information über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dazu soll zunächst in einem Zeitraum von drei Jahren eine Serie von Ausbildungsmodulen organisiert werden, die von einigen EU-Staaten, darunter Österreich, unterstützt und vor allem von den Staaten der Region ausgerichtet werden.

Insgesamt zeigt sich für die kommenden Monate und Jahre ein Bild, in dem sich die Ziele von Kooperationen verändern werden.

Autor: Brigadier Wolfgang Wosolsobe

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