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Militärpolitik: Budgetknappheit - Herausforderung und Chance

Die schwierige wirtschaftliche Situation führt in vielen Staaten der EU und der NATO auch zur Reduzierung der Verteidigungshaushalte. Diese schlägt sich in den Bereichen Budget, Personal, Betrieb und Investitionen nieder. Die Gewichtung der Bereiche fällt jedoch von Land zu Land unterschiedlich aus. Es gibt auch kein allgemein gültiges Rezept für die Reaktion auf plötzliche Budgetkürzungen. Die Rechtsordnungen der einzelnen Staaten bestimmen wesentlich mit, in welchem Umfang etwa Personalkosten Spielraum für Einsparungen bieten oder welche Flexibilität Streitkräfte bei der Gestaltung von Beschaffungsverträgen haben.

In allen betroffenen Staaten führt die extreme Ressourcenknappheit zu einer Überprüfung der Ziele. Damit beginnt ein Prozess, der alle Ebenen militärischer Planungstätigkeit ständig begleitet, von der militärstrategischen bis zu den Beiträgen des Militärs zur sicherheitspolitischen Ebene. Alle derzeit erkennbaren Analysen stellen die Handlungsfähigkeit gegenüber künftigen Herausforderungen auf internationaler Ebene in den Vordergrund.

Derartige Analyseprozesse laufen in allen EU- und NATO-Mitgliedsstaaten. Auf der Ebene der Organisationen ist noch gar nicht in vollem Umfang sichtbar, welche Auswirkungen die krisenbedingten Budgeteinbrüche auf das gemeinsame Handeln haben werden. Kein Staat dieser beiden Organisationen hat allerdings bisher angekündigt, dass er sein internationales Engagement grundsätzlich zurücknehmen würde, jedenfalls nicht im Sinne einer strategischen Zieländerung.

Die Grundsatzrede des Bundesministers (4. Mai 2009), in der er die Auslandseinsätze des Bundesheeres zu 100 Prozent unterstützt, ist hier ein wertvoller, grundlegender Hinweis. Die internationale Präsenz des Bundesheeres, die eben ein wesentlicher Ausdruck der internationalen Präsenz Österreichs ist, bleibt eine strategische Zielsetzung. Es ist natürlich und notwendig, dass es im Rahmen strategischer Zielsetzungen Stellgrößen gibt, die es ermöglichen, auf Ressourcenschwankungen zu reagieren. Das wird auch für Österreich der Fall sein. Wichtig ist hier, konjunkturbedingte Zahlen nicht langfristig einzufrieren. Wenn es mit der Wirtschaft bergauf geht, dann sollte auch der Entsendeumfang des Bundesheeres wieder ansteigen, wenn das sicherheitspolitisch zweckmäßig ist.

Auch die militärischen Fähigkeiten können begrenzt und auf gewisse Zeit eine Möglichkeit zur Reaktion auf geringere Geldmittel sein. Auch hier ist es wesentlich, langfristige Auswirkungen zu berücksichtigen. Dabei ergeben sich Anknüpfungspunkte an die EU und an die NATO-Partnerschaft für den Frieden. Wenn es in diesen Organisationen auch noch keine durchgängige Analyse der Auswirkungen der Wirtschaftskrise gibt, so zeigt sich schon jetzt, dass Kooperationen an Bedeutung gewinnen werden. Eine Grundidee militärischer Kooperationen ist die Kostenersparnis. Jedenfalls sollten die Möglichkeiten der Europäischen Verteidigungsagentur (gemeinsame Projekte) genutzt werden.

Eines der höchsten Güter des Bundesheeres ist die Personalqualität als Ergebnis einer hohen Ausbildungskultur, entwickelt durch jahrzehntelange Arbeit. Diese trägt auch im internationalen Bereich ihre Früchte. 2010 jährt sich der Beitritt Österreichs zur NATO-Partnerschaft für den Frieden zum 15. Mal. Diese hat wesentlich dazu beigetragen, unsere Soldaten mit internationaler Arbeit noch besser vertraut zu machen - auf der Grundlage einer gediegenen Ausbildung in Österreich und auch der Erfahrung in UN-Einsätzen.

Einsätze des Bundesheeres wie in Bosnien, im Kosovo, in Afghanistan oder im Tschad wären ohne diese Partnerschaft nicht in dieser Form und nicht mit diesem Erfolg möglich. Auch internationale Partnerschaften bieten Stellgrößen im Ressourceneinsatz. Diese sollten sorgfältig und mit Blick auf die mittel- und langfristige Zukunft des Bundesheeres eingesetzt werden, denn Personalqualität lässt sich nicht auf Knopfdruck beschaffen. Die Verminderung der verfügbaren Mittel kann auch ein weiterer Anlass sein, regelmäßig zu prüfen, wie sich Österreich positionieren und die zweckmäßigsten internationalen Beiträge leisten kann.

Die gemeinsame Sicht aller österreichischen Verantwortungsträger für Sicherheits- und Verteidigungspolitik würde zweckmäßig reflektieren, was man in der EU und in der NATO "Comprehensive Approach" nennt - eine umfassende Definition von Zielen internationaler Präsenz, ebenso wie das bestmögliche Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteuren, in der Planung und in der Durchführung von militärischen Operationen und zivilen Missionen. Auch durch gutes Zusammenwirken aller Akteure der Sicherheitspolitik kann zweckmäßig und langfristig auf die Budgetprobleme reagiert werden.

Autor: Generalmajor Wolfgang Wosolsobe

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