Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Die Heller-Kommission

Die "Kommission der Republik Österreich zur Erledigung von Belohnungsanträgen für k. u. k. Orden und Ehrenzeichen" existierte von 1919 bis 1922. Sie sorgte dafür, dass tausende Soldaten nachträglich die ihnen zustehenden Auszeichnungen für außergewöhnliche militärische Leistungen während des Ersten Weltkrieges erhielten.

Das Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 hatte den Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie und deren Wehrmacht zur Folge. Damit verbunden blieben auch viele Anträge für Orden und Ehrenzeichen unerledigt, darunter Anträge, vor deren Erledigung der Auszuzeichnende in Gefangenschaft geraten war, oder Anträge, die bei Kriegsende in den Feldkanzleien der Brigaden, Divisionen, Korps oder Armeen einfach liegen geblieben waren. Selbst in der Auszeichnungsgruppe des Armee-Oberkommandos bzw. in der Militärkanzlei harrten noch viele Eingaben der Erledigung ...

Durch das Adelsaufhebungsgesetz (April 1919) wurden zwar die in Österreich bestehenden weltlichen Ritter- und Damenorden aufgehoben, bisher verliehene Auszeichnungen dieser Orden durften aber weiterhin getragen werden. Dies war für viele (ehemalige) Soldaten auch deshalb von Bedeutung, weil mit der Verleihung mancher Orden und Ehrenzeichen, wie z. B. des Militär-Maria Theresien-Ordens oder der Goldenen bzw. der Großen Silbernen Tapferkeitsmedaille, finanzielle Zuwendungen verbunden waren. Es sollte aber bis zum März 1931 dauern, bis die finanzschwache Republik auf Basis des Tapferkeitsmedaillenzulagengesetzes wieder begann, den so genannten Ehrensold auszuzahlen.

Das in Deutsch-Österreich eingerichtete Staatsamt für Heerwesen setzte mit Erlass vom 9. Oktober 1919 eine Kommission zur nachträglichen Erledigung von Verleihungs- bzw. Belohungsanträgen ein. Den Vorsitz führte Oberst im Generalstabskorps Wolfgang Heller, die Beisitzer waren - je nach Dienstgrad des zu Beurteilenden - entweder Stabs- oder Oberoffiziere bzw. für Mannschaften auch Feldwebel oder Militärbeamte.

Von den mehr als 150 000 (!) unerledigten Belohnungsanträgen wurden bis zur Auflösung der Kommission im Jahr 1922 etwa 9 000 Anträge, vorwiegend österreichische Staatsbürger betreffend, positiv erledigt. Die Kommission arbeitete im Kriegsarchiv, das sich damals noch in der Stiftgasse 2 (Wien) befand, und stellte, wenn sie sich für eine Zuerkennung entschieden hatte, dem Auszuzeichnenden die so genannte Anspruchsbestätigung aus.

Die folgenden Beispiele sollen die Arbeit der Heller-Kommisson bei der Zuerkennung von Orden oder Ehrenzeichen verdeutlichen.

Beispiel Gustav Pelz

Am 8. Mai 1917 hatte das Kommando des k. u. k. Infanterieregimentes Nr. 57 die außertourliche Beförderung von Hauptmann Pelz zum Major beantragt, und zwar in Anbetracht seiner langjährigen, ununterbrochenen erfolgreichen Dienstleistung an der Front, insbesondere aber für die Verteidigung der vom Feind bereits eingeschlossenen Ruine Odrzykon (Polen). Dieser Antrag war aber in der Etappe unbearbeitet liegen geblieben, Hauptmann Pelz war "in der Rangtour" (Normlaufbahn) - und nicht außertourlich - erst am 1. Februar 1918 zum Major befördert worden.

Major Pelz hatte sich danach als Bataillonskommandant bei den Kämpfen beim Übergang über die Piave und bei den nachfolgenden Kämpfen am westlichen Piaveufer im Raum Losson - Pralongo bewährt sowie bei Fossalto, wo er verwundet worden war. Daraufhin wurde beantragt, die Beförderung von Pelz zum Major (in der Rangtour) in eine außertourliche mit nachträglicher Rangvordatierung abzuändern.

Obwohl dieser Antrag von den Kommanden der 114. k. u. k. Infanteriebrigade, der 57. Infanteriedivision, des 23. Korps und der Isonzo-Armee befürwortet worden war, hatte das k. u. k. Armee-Oberkommando nur brüsk geantwortet: "Eine nachträgliche Rangvordatierung kann nicht in Betracht gezogen werden. Die Konsequenzen eines solchen Ausnahmefalles wären unübersehbar und würden geeignet erscheinen, mit der Zeit alle Avancementverhältnisse in Verwirrung zu bringen. Er kann aber zu einer sichtbaren Allerhöchsten Auszeichnung vorgeschlagen werden. 10. August 1918, Für den Chef: Moll, Oberstleutnant e.h." Im Juni 1918 schlug der Kommandant der Heeresgruppe, Feldmarschall Svetozar von Boroevic (der "Löwe vom Isonzo", 1856 - 1920), unter Einbeziehung des bislang unerledigten Belohnungsantrages vor, Major Gustav Ritter Pelz v. Felinau zum zweiten Mal mit dem Militärverdienstkreuz 3. Klasse mit der Kriegsdekoration und den Schwertern auszuzeichnen. Aufgrund der immer chaotischer werdenden Verhältnisse an der Isonzo-Front wurde dieser Belohungsantrag jedoch nicht mehr zeitgerecht weitergeleitet, und er blieb unerledigt.

Nach eingehender Prüfung der Fakten erkannte die Heller-Kommission in der Sitzung vom 9. November 1919 Major Gustav Ritter Pelz von Felinau für seine Verdienste sogar das Ritterkreuz des Leopold-Ordens mit der Kriegsdekoration und den Schwertern zu und stellte Pelz darüber eine Anspruchsbestätigung aus.

Beispiel Gustav Prokop

Der k. u. k. Hauptmann Gustav Prokop vom k.k. Schützen-Regiment Nr. 3, im Juni 1918 Leiter der allgemeinen Bergeabteilung (für Beutegüter; Anm.) des Etappengruppenkommandos Görz (ein Kommando rückwärtiger Truppen und Dienste in Görz, heute Gorizia in Friaul-Julisch Venetien, Italien; Anm.), hätte das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens mit Kriegsdekoration und Schwertern erhalten sollen. Feldmarschallleutnant Alexander Kuchinka vom Etappengruppenkommando Görz hatte am 10. Juni 1918 die Auszeichnung Hauptmann Prokops beantragt.

Als Begründung wurde dabei generell die "vorzügliche Dienstleistung vor dem Feinde" angegeben und diese wie folgt konkretisiert: "Hat als Leiter der Bergeabteilung des Etappengruppenkommandos seit dessen Formierung die Organisation des Bergewesens im ganzen Bereiche durchgeführt und die Arbeiten mit großer Sachkenntnis und Geschick geleitet. Seiner unermüdlichen, alle recht zahlreichen Friktionen überwindenden Arbeit hat die Armee die Erhaltung und die Sicherung von Millionenwerten zu verdanken. Versteht es, in mustergültig taktvoller Weise, die Beuteverteilung mit den Deutschen friktionslos durchzuführen und hiebei die Interessen des eigenen Staates in jeder Richtung zu wahren." Der Antrag war am 15. Juni 1918 vom Kommandanten der Heeresgruppe, Feldmarschall von Boroevic, befürwortet worden. Weiters befand sich auf dem Antrag nur noch ein unleserlicher Durchlaufsvermerk vom 2. September 1918.

In der Sitzung der Heller-Kommission vom 29. November 1919 wurde Hauptmann Prokop für seine Verdienste im Gruppenkommando der Etappe Görz das Ritterkreuz des Franz Joseph- Ordens mit der Kriegsdekoration und den Schwertern zuerkannt und darüber eine Anspruchsbestätigung ausgestellt.

Beispiel Fritz Laurent

Am 21. Februar 1920 bat Hauptmann Fritz Laurent von der Liquidierenden Personalsammelstelle des Ersatzbataillons des Kaiserschützenregimentes II in einem Schreiben an das Staatsamt für Heerwesen in Wien um die Zuerkennung der Silbernen Tapferkeitsmedaille für Offiziere und legte als Beweis für seine Waffentat eine amtlich beglaubigte Abschrift einer im März 1919 eingeholten Befürwortung durch den ehemaligen Kommandanten der k. u. k. 56. Schützendivision, Feldmarschallleutnant Josef Edler von Kroupa, vor. Er - Laurent - sei, so gab er in seinem handschriftlichen Antrag an, am 15. September 1918, also knapp vor dem Kriegsende und dem Zusammenbruch, zu dieser Auszeichnung eingegeben worden.

Laurents Ansuchen war über den Landesbefehlshaber von Innsbruck an die 1. Abteilung des Staatsamtes für Heerwesen in Wien weitergeleitet worden. In der Befürwortung hatte der Kommandant der 56. Schützendivision die Waffentat des Antragstellers wie folgt beschrieben: "Hauptmann Laurent war Bataillonskommandant auf der Zugna (Südtirol, südlich Rovereto; Anm.), dem schwersten und gleichzeitig empfindlichsten Punkte des ganzen Divisionsabschnittes. Vom Festhalten der Zugna hing der Besitz von Rovereto ab. Die Verteidigungslinie lag dort sehr nahe, stellenweise nur wenige Meter von der feindlichen entfernt und wurde bei Tage und bei Nacht ständig aus allen Kalibern und mit schwersten Minen (Granatwerfer hießen damals Minenwerfer; Anm.) beschossen. Täglich gab es Tote und Verwundete und die Anforderungen an die Offiziere und Mannschaften müssen als ungemein hart bezeichnet werden. Hauptmann Laurent war hervorragend tapfer und von musterhaftem Pflichtgefühl getragen. Er konnte die Zugna trotz des weit überlegenen Feindes (Italiener) behaupten. Bei diesen Kämpfen wurde Hauptmann Laurent am 15. September 1918 durch einen Brustdurchschuss schwer verwundet, das zweite Mal im Kriege. Es ist nur ein Gebot der Gerechtigkeit, diesem Offizier nachträglich die Silberne Tapferkeitsmedaille für Offiziere zuzuerkennen. Josef Edler von Kroupa, damals Kommandant der 56. Schützendivision" Am 2. April 1920 wurde das Geschäftsstück/Ansuchen der Heller-Kommission zur Erledigung zugewiesen und am 8. April 1920 von dieser positiv erledigt. Hauptmann Laurent wurde eine Anspruchsbestätigung für die Silberne Tapferkeitsmedaille für Offiziere ausgestellt.


Oberst im Generalstabskorps Wolfgang Heller

Wolfgang Heller wurde am 25. Oktober 1870 in Wien als Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten geboren. Nach der Matura besuchte er die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt und wurde 1893 als Leutnant zum böhmischen Infanterieregiment Nr. 18 nach Königgrätz ausgemustert.

Von 1896 bis 1898 absolvierte Oberleutnant Heller die Kriegsschule (Generalstabsausbildung) und wurde danach dem Generalstab der 71. Infanteriebrigade in Fiume zugeteilt. 1903 war er - nun bereits Hauptmann 1. Klasse - im k. u. k. Generalstabskorps tätig, 1907 diente er vorübergehend als Bataillonskommandant und kam dann in die III. (orientalische) Gruppe des Landesbeschreibungsbüros beim Chef des Generalstabes. 1909 wurde er Flügeladjutant des Generals der Infanterie, Marian Freiherr Varesanin von Vares, des Armeeinspektors in Sarajewo und Chef der Landesregierungen von Bosnien und der Herzegowina. 1910 avancierte Heller zum Major des Generalstabskorps. Er beherrschte außer seiner deutschen Muttersprache tschechisch, italienisch, französisch, slowenisch und serbisch.

1914 bewährte sich Oberstleutnant des Generalstabskorps Heller als Generalstabschef der 25. Infanterie-Truppendivision in der Schlacht bei Komarow sowie in den Kämpfen bei Zamosc und Lemberg und nahm im Winter 1914/1915 als Regimentskommandant an den Gefechten an der Nida (Fluss in Polen; Anm.) teil. Er galt als fester, entschiedener Charakter, sehr initiativ, voll Pflichtgefühl und Diensteifer und bewährte sich auch als 1. Stabsoffizier im Kommando der k. u. k. 1. Armee sowie im Kundschaftsdienst.

1915 reiste er nach Teheran wo er dem österreichisch-ungarischen Gesandten Graf Logothetti als Militärbevollmächtigter zugeteilt war. Während eines Jagdausfluges im Elbursgebirge wurde er 1916 von Kosaken gefangengenommen und daraufhin nach Sibirien verbracht. 1917 gelang ihm die Flucht aus der Kriegsgefangenschaft. In Charkow organisierte Heller noch die kampflose Übergabe der Stadt an die deutschen Truppen und nahm bei der Rückreise über 900 österreichisch-ungarische Soldaten mit in die Heimat.

1918 übernahm Heller an der Südfront das Kommando des bosnisch-herzegowinischen Infanterieregimentes Nr. 2 und geriet zu Kriegsende in italienische Kriegsgefangenschaft.

Von 1919 bis 1921 war er im (Deutsch-)Österreichischen Staatsamt für Heerwesen Vorsitzender der Heller-Kommission. 1921 wurde er zum Generalmajor ernannt und Ende des Jahres pensioniert. Heller verstarb 1951.

Generalmajor Heller erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Militärverdienstkreuz 2. und 3. Klasse, den Leopold-Orden (Ritterkreuz) mit Kriegsdekoration und Schwertern, den Franz Joseph-Orden (Komturkreuz) mit Kriegsdekoration und Stern sowie die Militärverdienstmedaille (Signum laudis).


Autor: Regierungsrat Friedrich Mayer, Jahrgang 1943. 1962 zur 2. Gardekompanie eingerückt, Ausbildung zum Wirtschaftsgehilfen; nach Versetzung zur Kommandokompanie des Gruppenkommandos I Ausbildung zum Wirtschaftsunteroffizier. Nach der B-Matura Verwaltungsdienstprüfung B, Reifeprüfung und Prüfung aus Staatsrechnungswissenschaft; 1971 zur Heeresbesoldungsstelle I versetzt und in die Verwendungsgruppe B überstellt; danach Ausbildung zum Reserveoffizier beim Jägerbataillon 4 und Versetzung zum Kontrollbüro des Bundesministeriums für Landesverteidigung. 1984 Absolvierung des Stabsoffizierskurses für Reserveoffiziere und MobEinteilung beim Sperrbataillon 112, ab 1987 dessen Bataillonskommandant. 1996 Beförderung zum Oberst und MobEinteilung beim Kommando Heeresfeldzeugtruppen. Seit 2003 im Ruhestand. Mehrere Auslandseinsätze u. a. bei UNDOF und UNFICYP.

Der Autor dankt Herrn Brigadier Dr. Hermann Heller, Rechtsanwalt, und Herrn Univ.- Prof. Dr. Georg Hagmüller, Primarius, für die Überlassung von schriftlichen Unterlagen und Fotos aus deren Familienarchiven.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle