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UN-Senior Mission Leaders Course (UN-SMLC)

UNO-Führungskräfte lenten ihr Handwerk in Wien

Im Mai 2009 wurden erstmals zukünftige höchste politische, polizeiliche und militärische Entscheidungsträger sowie Entscheidungsträger aus dem administrativen Bereich für Leitungsfunktionen in UN-Friedensmissionen an der Landesverteidigungsakademie in Wien ausgebildet.

Österreich verfügt bereits zum dritten Mal über einen Sitz als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Als Mitglied im UN-Sicherheitsrat kann Österreich zwei Jahre lang bei allen wichtigen weltpolitischen Themen mitreden und mitentscheiden. Während dieser Zeit besteht u. a. auch ein gesteigerter Bedarf an militärpolitischen Expertisen. Aktuell engagiert sich das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) besonders bei der "Weiterentwicklung des UN-Peacekeeping" bzw. wurden in diesem Jahr bereits spezielle UN-Kurse und Seminare durchgeführt und auch so die aktuellen UNO-Entwicklungstendenzen unterstützt. Zu den wichtigsten Kursen dieser Art zählt der Senior Mission Leaders Course (SMLC), der als einer der wichtigsten "neuen" UN-Ausbildungsgänge gilt.

Wie bedeutend die Qualifikation von UN-Führungskräften auch für Österreich und das Österreichische Bundesheer ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: In den letzten 50 Jahren nahmen etwa 120 000 (!) Österreicher an UN-Friedensmissionen teil, ca. 76 000 davon waren Soldaten.

Der SMLC - die Ausbildung zukünftiger Führungskräfte für UN-Friedensmissionen - fand von 4. bis 15. Mai 2009 erstmals in Österreich an der Landesverteidigungsakademie (LVAk) in Wien statt. Verantwortlich für die Durchführung dieses höchsten Führungskräftelehrganges der UNO waren das UN-Department of Peacekeeping Operations (DPKO) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS). Die Abteilung Militärpolitik (BMLVS/MilPol) war für die Vorbereitung und die Koordination verantwortlich. Die Landesverteidigungsakademie, die höchste militärische Bildungs- und Forschungseinrichtung des Österreichischen Bundesheeres, war mit der Durchführung des SMLC beauftragt.

Bis zu 200 Bewerber

Der Senior Mission Leaders Course ist der bedeutendste "Management-Kurs" der UNO. Politische, militärische und zivil-polizeiliche Entscheidungsträger sowie Entscheidungsträger aus dem administrativen Bereich, die Leitungsfunktionen in UN-geführten Friedenseinsätzen übernehmen möchten, zeigen großes Interesse an dieser zeitgemäßen, interdisziplinären Ausbildung. Dementsprechend melden die 192 Mitgliedstaaten der UNO insgesamt bis zu 200 Bewerber für diese höchste Führungskräfteausbildung. Ausgewählt werden die am 25 besten geeigneten Kandidaten. Die Auswahlkriterien sind
  • die bisherigen Verwendungen der Bewerber sowie
  • die Bereitschaft der Teilnehmer, eine der anspruchsvollen Führungspositionen später auch tatsächlich zu übernehmen.
Österreich als Gastgeberland (Host-Nation) standen bei diesem SMLC drei Kursplätze zur Verfügung. Die österreichischen Teilnehmer kamen aus dem Militär, der Polizei und aus dem diplomatischen Dienst. Die Durchführung dieses Lehrganges in Wien ist auch ein Zeichen der Anerkennung Österreichs als engagiertes Mitglied und als Gastgeberstaat der Vereinten Nationen. Der Sitz im UN-Sicherheitsrat gibt Österreich Gelegenheit, sein internationales Profil sowie seinen Ruf als verantwortungsvolles und zuverlässiges Mitglied der UNO zu festigen und auszubauen.

Komplexe Aufgaben erfordern bereichsübergreifendes Wissen Die Herausforderungen und Rahmenbedingungen von Friedensmissionen haben sich seit dem ersten Einsatz von UN-Blauhelmen 1948 grundlegend geändert. Die Friedenseinsätze der internationalen Gemeinschaft wurden anspruchsvoller und komplexer und gehen heute weit über das klassische Peacekeeping hinaus. Die Überwachung des Waffenstillstandes zwischen Syrien und Israel auf den Golanhöhen ist so ein klassischer Friedenseinsatz, bei dem vordergründig "nur" Soldaten als Akteure der UNO in Aktion treten.

Wie sieht im Vergleich dazu die neue Generation der Friedensmissionen aus? In dieser engagieren sich die Friedenssicherungskräfte

  • für Politik und Ausbildung,
  • als Richter und Staatsanwälte,
  • als Verwalter des Gesundheits- und des Bildungswesens bzw.
  • zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Weiterentwicklung.
Ein Beispiel für eine komplexe Mission der neuen Generation ist die UNMIK (United Nations Mission in Kosovo). Deren zivile Teile unterstehen formal der UNO, alle militärischen Teile der NATO-geführten KFOR (Kosovo Force). Zur Führung derartig komplexer Friedensmissionen werden Personen mit umfassender Problemlösungsfähigkeit und Verständnis für bereichsübergreifende Aufgabenstellungen benötigt.

Das Know-how der Experten verknüpfen

Eine exakte Aufgabentrennung zwischen Militär und Zivil ist in der Realität heutiger Friedensmissionen kaum noch möglich. Gefragt ist vielmehr eine kontinuierliche interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die komplexen Probleme bei der Friedensarbeit zu lösen. Mit der Etablierung des SMLC hat die UNO im Jahr 2005 auf diese Herausforderung reagiert. Ziel der gemeinsamen Vorbereitung von zivil-polizeilichen, politischen und militärischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgern der Verwaltung ist somit in erster Linie der Aufbau von gegenseitigem Verständnis. Ebenso soll Know-how und bereichsübergreifendes Wissen hinsichtlich der komplexen Abläufe aktueller Friedensmissionen entstehen. Das bereichsübergreifende Wissen soll für die Teilnehmer die speziellen Bedürfnisse der unterschiedlichen Akteure in einer Mission erkennbar machen. Darüber hinaus soll der interdisziplinäre Ansatz vor allem dazu dienen, das Know-how der Experten bestmöglich einzusetzen und miteinander zu verknüpfen.

Experten der UNO - wie etwa der ehemalige Force Commander (FC) und frühere Militärberater von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Major General (ret.) Patrick C. Cammaert - erläuterten den Kursteilnehmern die komplexen Anforderungen "moderner" UN-geführter Friedensmissionen. Dazu präsentierten die Vortragenden die theoretischen Grundlagen integrierter Missionen (siehe dazu TD-Beitrag "Integrated Missions" S. 400). Darüber hinaus wurden realistische Umsetzungsbeispiele angeboten. Zur Aufarbeitung konkreter Problemstellungen dienten den Teilnehmern Plenardiskussionen mit UN-Experten. Dabei wurden gemeinsam Lösungsstrategien entwickelt. Gerade bei diesen Diskussionen war zu Beginn der Ausbildung klar erkennbar, wie unterschiedlich die Probleme in den verschiedenen Bereichen einer Friedensmission wahrgenommen werden. Die Akteure der UN-Hauptorgane (z. B. Generalversammlung, Sekretariat oder Sicherheitsrat) beklagten u. a. die "geringe Flexibilität" von UN-Neben- und -Sonderorganen. Vertreter dieser im Auftrag der UNO arbeitenden UN-Organe (wie z. B. UNICEF) erklärten, dass die in ihren Bereichen notwendige jährliche Budgetplanung ihren Handlungsspielraum erheblich einschränke. Für den künftigen Entscheidungsträger ist es wichtig zu wissen, dass - anders als bei den UN-Hauptorganen - das Budget der quasi unabhängigen UN-Organe nicht maßgeschneidert auf die Mandate zugewiesen wird. Eine Reaktion auf eine plötzliche Situationsänderung während einer Mission ist von diesen Neben- und Sonderorganen daher (finanziell) nur schwierig zu realisieren. Erst ein derartiges Hintergrundwissen macht anderen Akteuren (besser) verständlich, warum Verzögerungen entstehen oder einzelne Elemente internationaler Organisationen fallweise scheinbar irrational entscheiden.

Um die Ausbildung möglichst praxisnah zu halten, diente während der gesamten Kursdauer eine Krisensituation im fiktiven Staat "Carana" als Grundlage. Die Teilnehmer hatten die Aufgabe eine Friedensmission in dieser Krisenregion zu leiten und dabei - wie bei realen Missionen - das Expertenwissen der unterschiedlichen Fachrichtungen bestmöglich anzuwenden und zu verknüpfen.

Positive Bilanz

Bei der feierlichen Verabschiedung der Kursteilnehmer im Heeresgeschichtlichen Museum betonten die Repräsentanten der UNO aus New York und Wien die überaus professionelle Durchführung des Kurses. Major General (ret.) Robert Gordon, der ehemalige Kommandant der UN-Friedensmission in Äthiopien und Eritrea und Mitentwickler des SMLC, hob dabei folgendes hervor: "Der SMLC 2009 in Österreich war der bisher effizienteste Kurs dieser Art. Die erfahrene Kursleitung der UNO und das versierte Organisationsteam der Landesverteidigungsakademie ermöglichten Spitzenleistungen bei Teilnehmern und Vortragenden!" Auch General Schittenhelm, der Kommandant der Landesverteidigungsakademie, zeigte sich von der Qualität der Ausbildung beeindruckt. Bei der Verabschiedung betonte er vor allem die Leistungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen: "Die umfangreichen Aufgaben und die zeitliche Belastung haben den Teilnehmern einiges abverlangt. Jedem Einzelnen und jeder Einzelnen gebührt höchster Respekt - vor allem auch für die Bereitschaft, sich für derart kritische Positionen zur Verfügung zu stellen".

Für die österreichischen Kursteilnehmer steht jedenfalls fest, dass der SMLC wesentlich dazu beiträgt, die Komplexität von Friedensmissionen klarer zu erkennen. Besonders wertvoll ist für die Teilnehmer auch die Erweiterung ihres persönlichen Netzwerkes mit internationalen UN-Experten.


Österreich im Sicherheitsrat der UNO

Der Sicherheitsrat der United Nations Organisation - oft auch Weltsicherheitsrat genannt - ist eine der wichtigsten internationalen Einrichtungen zur Erhaltung des Friedens. Die vordringlichste Aufgabe des Sicherheitsrates ist es - gemäß der Charta der Vereinten Nationen - für die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit Sorge zu tragen.

Der Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Fünf davon sind ständige Mitglieder: die Volksrepublik China, Frankreich, Großbritannien, Russland (als Nachfolger der Sowjetunion) und die USA. Diese besitzen bei der Verabschiedung von Resolutionen ein erweitertes Vetorecht und werden daher auch Vetomächte genannt. Die anderen zehn werden als nicht-ständige Mitglieder bezeichnet. Die UN-Generalversammlung wählt diese nach einem bestimmten Schlüssel aus den fünf Weltregionen mit zumindest einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Seit 1. Jänner 2009 ist Österreich zum dritten Mal nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist so organisiert, dass stets mindestens je ein Bevollmächtigter aller Mitgliedstaaten in der Zentrale der UNO in New York anwesend ist. Immer dann, wenn eine reale Konfliktsituation im Sicherheitsrat vorgebracht wird, versucht man zuerst, eine gemeinsame, friedliche Lösung für die Konfliktparteien zu erreichen. Dazu führt der Sicherheitsrat oftmals erste Ermittlungen durch bzw. lässt durch Diplomaten Strategien für eine friedliche Bewältigung der Spannungen erarbeiten. Diese Lösungsansätze werden den Konfliktparteien vorgeschlagen bzw. wird diesen eine Mediation zur Vermeidung oder zur Beilegung eines Konfliktes angeboten.

Ist ein Konflikt durch diplomatische Bemühungen nicht beizulegen und beginnen Kampfhandlungen, versucht der Sicherheitsrat, diese Auseinandersetzung so rasch wie möglich zu beenden. Im günstigsten Fall gelingt es dem Rat umgehend, Waffenstillstandsvereinbarungen zu erreichen und so eine weitere Ausweitung des Konfliktes zu verhindern. Auch eine rasche Entsendung von Truppen unter UN-Mandat kann hilfreich sein, aufkeimende Unruhen in Krisenregionen einzudämmen. Es obliegt dem Sicherheitsrat geeignete Maßnahmen zur Konfliktbeseitigung festzulegen. Je nachdem, wie das Gefährdungspotenzial einer Konfliktsituation eingeschätzt wird, reichen diese von wirtschaftlichen Sanktionen (wie z. B. Handelsembargos) über ein gemeinsames militärisches Vorgehen der internationalen Gemeinschaft bis hin zu militärischen Zwangsmaßnahmen (Peace Enforcement).


Autoren: Silvia Angerbauer, B.A., Jahrgang 1968. Bachelor-Studium der Betriebswirtschaft am Management-Campus der Fachhochschule Steyr; derzeit Master-Studium "International Marketing Management"; seit 2009 Projektkommunikation "Österreich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen" in der Abteilung Militärpolitik/Referat "Vereinte Nationen & Internationale Organisationen. Zuvor Referentin "Marketing" in der Abteilung Personalgewinnung des Heerespersonalamtes; 2002 eingerückt zum Jägerbataillon 18 in St. Michael; 2007 Ausmusterung als Wachtmeister (Miliz); derzeit Nachhollaufbahn zum Milizoffizier; Mobfunktion: Offizier für operative Kommunikation im Kommando der 4.Panzergrenadierbrigade.

Ministerialrat Oberstleutnant Franz Krawinkler, MAS, Jahrgang 1958. Ab 1981 Wirtschaftsoffizier (WiO) beim LWSR 61, seit 1988 WiO beim Fernmeldebataillon 3, Stabskompaniekommandant, S4; ab 1995 Hauptlehroffizier WiO an der Heeresversorgungsschule; 1996 erste Diplomprüfung der Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg, 1995-1998 Absolvierung des XVII. "A"-Aufstiegskurses und des Grundlehrganges für den Rechtskundigen Dienst an der Verwaltungsakademie des Bundes, 1998 in der Generalstabsgruppe C dienstverwendet, 1999 Überstellung zum Rechtskundigen Beamten und Referatsleiter, 2003-2006 postgraduales Studium zum Akademischen Balkanologen; seit 2008 Referatsleiter Vereinte Nationen & Internationale Kooperationen. Insgesamt sieben Jahre Friedenseinsätze bei den Vereinten Nationen als Offizier in Zypern, Syrien, im Iran und in Indonesien und als Zivilbediensteter Abteilungsleiter als Chief Logistics Officer in UNTAET in Osttimor (2000). Einsatzplaner der OSZE von 2001-2008, 2006: Chief Operations Service bei der OSZE. Dienstverwendung in der Balkanregion und Osteuropa während der Dienstzeit bei der OSZE.

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