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Going International: Das Eurokorps - ein Schritt nach Europa

Am 25. Februar 2003 wurde in Straß­­burg das Technische Abkommen Österreichs und Finnlands mit dem Euro­korps unterzeichnet. Die beiden Länder haben dadurch als erste nicht alliierte EU-Mitgliedsstaaten einen Status als "Entsendestaat" zum Eurokorps erhalten. Das ermöglicht, Stabsoffiziere ständig in den Stab des Eurokorps zu integrieren. Österreich strebt an, zwei Offiziere zu entsenden, wobei der der­zeit dort eingesetzte Verbindungsoffizier künftig als eines dieser Stabsmitglieder zum Einsatz kommen soll.

Von diesem Status ist die Mitgliedschaft der fünf Gründungsnationen des Eurokorps strikt zu trennen (Deutsch­land, Frankreich, Belgien, Spanien und Luxemburg). Die Entwicklung des Korps und dessen Beteiligung an Einsätzen wird weiterhin nur durch diese Länder im Wege des so genannten Gemeinsamen Komitees gesteuert.

Gegen Mitte 2003 wird das Euro­korps über Stabselemente aus Griechenland, Polen, der Türkei, Kanada, Österreich und Finnland sowie über Verbindungsoffiziere aus Großbritannien, den Niederlanden und Italien verfügen. Diese breite Zusammensetzung auf der Stabsebene bringt die flexiblen Einsatzmöglichkeiten zum Ausdruck.

Das Eurokorps kann im Rahmen der NATO (dessen integrierter Struktur es nicht angehört), der Vereinten Nationen, der EU, der WEU oder der OSZE oder im multinationalen Rahmen zum Einsatz kommen. In jedem Falle ist nur das Gemeinsame Komitee befugt, den Einsatz des Korps einzuleiten.

Das Eurokorps kann den Kernstab für ein Land Component Command (LCC) oder für ein Force Headquarters (FHQ) bilden, es kann weiters als Rapid Reaction Corps oder als Armeekorps zum Einsatz kommen.

Die Ende 2002 im NATO-Rahmen erfolgte Bestätigung des Eurokorps als Schnelles Reaktionskorps liegt durch­aus auch im Interesse der EU. Diese bemüht sich verstärkt, die Dimension rascher Reaktionsfähigkeit in ihre Planungen einzubeziehen. Die Möglichkeit, auf das Eurokorps und vor allem auf die Kapazitäten des Stabes in Straß­burg zurückzugreifen, würden den Handlungsspielraum der EU wesentlich verbessern.

Das Interesse Österreichs an dieser Einbindung liegt vor allem in der erweiterten Mitwirkung an multinationalen Operationen. Es besteht eine große Wahr­scheinlichkeit, dass das Kommando des Eurokorps im Rahmen EU-geführter Operationen zum Einsatz kommt. Diese Einsätze stellen für Österreich die höchste Priorität dar, weil sie die sicherheits- und ver­teidi­gungs­po­li­tische Ausrichtung unseres Landes am besten widerspiegeln. Es ist daher folgerichtig, im Netzwerk möglicher Führungs­­strukturen europäischer Operationen schon frühzeitig vertreten zu sein.

Diese Überlegungen waren auch ein wesentlicher Grund für die Entsendung eines Verbindungsoffiziers in das Einsatzführungskommando der deutschen Bundeswehr nach Potsdam. Damit wurde die strategische Führungs­ebene abgedeckt. Weitere Ent­sen­dungen auf dieser Ebene in andere europäische Hauptstädte können folgen. Mit den beiden Offizieren in Straßburg ist ein erster Schritt getan, auf der operativen Ebene der Führungs­struktur vertreten zu sein. Die oben beschriebene Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten des Euro­korps kommt der Absicht Österreichs entgegen, in eine politisch flexibel verwendbare Struktur eingebunden zu werden. Im Vergleich zu den anderen für die EU verfügbaren Korps­komman­den ist das Eurokorps weniger stark an die NATO gebunden. Die Zusammensetzung des Gemeinsamen Komitees ist ausgewogen und Ausdruck einer stark europäischen Orientierung. Auch das spricht für eine vorrangige Verwendung des Korps in einem EU-Kontext.

Die Tätigkeit als Offizier in einem internationalen Stab ist eine wertvolle Grundlage für den Gewinn von Wissen und Erfahrungen, die später in Österreich sehr wesentliche Grundlage für die Entwicklung der internationalen Ausbildung und Stabsarbeit sind. Neben den Offizieren in NATO-Stäben (Partner­ship Staff Elements - PSE) und jenen im EU-Militärstab sind die Stabs- und Verbindungsoffiziere in multinatio­­nalen Stäben ein weiterer Baustein einer zu­kunftsorien­tierten Personalentwicklung. Eine ausgewogene und realistisch dimensionierte Präsenz in allen Führungsebenen künftiger Auslands­opera­tio­nen garantiert frühzeitige Ein­bin­dung in Entscheidungsprozesse oder zu­min­dest Information über solche. Dieser rechtzeitige Informationsfluss ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Verantwortung für den Einsatz eigener Kräfte in immer komplexeren Operationen übernommen werden kann. Nur eine Abstützung auf eine breite Informationsbasis ermöglicht eine gesicherte Lagebeurteilung als Grundlage für die Beteiligung Österreichs an multinationalen Operationen.

Eine durchaus denkbare Einsatzoption für das Eurokorps ist die Führung einer EU-Operation in Bosnien-Herzegowina nach Übernahme von SFOR durch die EU. Diese Übernahme ist erklärte Absicht der EU, und es werden gerade jene Staaten verstärkt gefordert werden, die besonderes Interesse an der Weiterführung der Stabilisierung auf dem Balkan haben. Österreich gehört zu dieser Gruppe, und die politische Führung sollte auch rechtzeitig die Voraussetzungen schaffen, dass ein österreichisches Engagement der bisher in Auslandseinsätzen gezeigten hohen Qualität um nichts nachsteht. Eine militärische Voraussetzung ist neben vielen anderen die Bereitstellung eines österreichischen Netzwerkes in internationalen Führungs­strukturen. Dazu wurde nun ein weiterer Schritt gesetzt, voll im Sinne der europäischen Ausrichtung der Sicherheit unseres Landes.

Brigadier Wolfgang Wosolsobe

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