Aus der Truppe: Ein Mädchen für alles - "Alouette" III
Zurzeit wird vom Österreichischen Bundesheer, quasi als "Mädchen für alles", der leichte Mehrzweckhubschrauber französischer Herkunft SA.316B "Alouette" III verwendet. Die Implementierung der "Alouette" III begann 1967. Nach der Verlegung einer Staffel von Hörsching nach Aigen 1976, waren alle 24 "Alouette" III im Ennstal stationiert.
Die "Alouette" III gilt weltweit als sehr verlässliches, leistungsstarkes und speziell im Gebirge unverzichtbares Hubschraubersystem der unteren Transportraumklasse. Es gibt nahezu keine Einsatzverwendung, die man mit einer "Alouette" III nicht abdecken kann. (Siehe auch den Beitrag auf S. 334 ff. in diesem Heft).
Das Hubschraubergeschwader ist der einzige aus dem Zentralraum Österreichs operierende Hubschrauberverband des Bundesheeres. Operative Überlegungen waren bereits 1960 ausschlaggebend dafür, dass die damals verfügbaren Hubschrauber in Aigen stationiert wurden. Der Grundstein für den alpinen Hubschrauberflugdienst war damit gelegt.
Lawineneinsatz
Im Winter 2004/05 war der Fliegerhost Aigen die Drehscheibe aller Hubschraubereinsätze (S-70 "Black Hawk", AB.212 und "Alouette"). Gäste und Personal der Planneralm in den Niederen Tauern mussten evakuiert werden. Ein Großteil davon waren Schulkinder, die aufgrund der präkeren Lawinensituation nur mehr über den Lufttransport sicher aus den Gefahrenbereichen verbracht werden konnten. Die Erfahrungen der Bodenmannschaften und der fliegerischen Besatzungen in Aigen trugen erheblich zum raschen und reibungslosen Ablauf bei. So erkundeten die "Alouette"-Mannschaften gemeinsam mit dem Transporthubschrauber-Personal vor Ort die Anflug- und die Anlandemöglichkeiten. Auch für das künstliche Auslösen von Lawinen vom Hubschrauber aus wurden im gesamten Gebiet "Alouette" III verwendet - besetzt mit Sprengteams der Jägerschule.Der Notarzthubschrauber
Das Hubschraubergeschwader als Teil des Fliegerregimentes 2 betrieb von 1986 bis 2001 den Notarzt-Hubschrauberrettungsdienst Christoph im Zentralraum Österreichs - 15 Jahre unfallfrei. Die 8 332 Einsätze waren das beste "on-the-job-training" für die Besatzungen. Diese Dienstleistung war nicht nur für die Zivilbevölkerung eine Hilfe - durch die täglich wachsende Erfahrung ergab sich zusätzlich ein erheblicher Ausbildungseffekt. Eine Effizienzsteigerung der gesamten Besatzung war zu verzeichnen. So wurden alle Techniker zum Beispiel zusätzlich zum Notfallsanitäter ausgebildet. Dieser Nebeneffekt sichert auch für die Zukunft einen lange anhaltenden hohen Qualitätsstandard für das Heer. Zurzeit ist dieses System am Fliegerhorst Zeltweg als Notarzt-Hubschrauber stationiert, der für Notfälle im militärischen Flugbetrieb und beim Scharfschießen auf dem Truppenübungsplatz Seetaler Alpe zur Verfügung steht. Bei öffentlichen Veranstaltungen größeren Umfanges, wie z. B. beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos oder beim Präsidententreffen in Bratislava, wird ebenfalls auf die "Alouette" III als Notarzt-Hubschrauber zurückgegriffen.Grenzraumüberwachung
Seit 1997 erfolgt die Grenzraumüberwachung der EU-Außengrenze von der Donau südwärts bei Tag und bei Nacht. Für die fliegerischen Besatzungen bedeutet dieser Einsatz einen wesentlichen Erfahrungsgewinn im Nachtflug.Aus diesem Grund, aber vor allem weil die "Alouette" III ideale Voraussetzungen auch als Schulhubschrauber bietet, wird sie seit 2004 als Hubschrauber für die NVG-Grundausbildung (Night Vision Goggles - Nachtsichtgerät/Restlichtverstärkerbrillen) für alle Hubschrauberpiloten im Österreichischen Bundesheer verwendet. Der große Vorteil der "Alouette" III liegt darin, dass sie im vorderen Sitzbereich drei Personen Platz bietet. Darum kann ein Fluglehrer einen einzuschulenden Piloten und parallel dazu auch einen Navigator bei einem Flug ausbilden. Das Ergebnis ist eine erhebliche Kostenreduzierung ohne Qualitätseinbuße für die Ausbildung.
Die Zukunft
Viele Aufträge werden auch in Zukunft nur geringe Transportkapazitäten und kurze Reaktionszeiten erfordern. Die Transporte für die Wartung und Instandsetzung von Anlagen des militärischen Flugfunknetzes im Gebirge oder die Beistellung für Zwecke der Aus- und Fortbildung für Hochgebirgsspezifika sind typische Einsatzszenarien für die "Alouette". Die Eignung und der wirtschaftliche Einsatz von Transporthubschraubern (AB.212, S-70) ist für diese Aufträge nur bedingt gegeben.In Zukunft werden alle, besonders aber die größeren Hubschraubertypen, verstärkt auch Aufgaben im Ausland zu erfüllen haben. Daher wird ein System, das der unteren Größen- und Leistungsklasse entspricht, mit der Dislokation im Zentralraum Österreichs und mit dezentralen Hubschrauberstützpunkten weiterhin helfen, die Vielfältigkeit des Bedarfes abzudecken.
Nicht nur aufgrund seiner Größe und seiner speziellen Eignung, im Besonderen der Gebirgstauglichkeit, sondern vor allem aufgrund seiner kostengünstigen Einsatzmöglichkeiten und der Kompetenz des gesamten fliegerischen Personals für den Einsatz im Gebirge ist zu erwarten, dass der leichte Mehrzweckhubschrauber "Alouette" III auch in Zukunft intensiv genutzt wird.
Hauptmann Udo Koller