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Feldverwendungsfähig für den Auslandseinsatz?

Die Evaluierung der Panzergrenadier-Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9"

Als erste Kaderpräsenzeinheit Österreichs wurde die Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9" des Panzergrenadierbataillons 9 nach einem NATO-Verfahren überprüft: eine große Herausforderung für die Einheit sowie für die Überprüfenden, standen doch kaum Erfahrungswerte zur Verfügung.

Eine Evaluierung ist niemals Selbstzweck. Bei der Evaluierung der Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9" ging es um die Überprüfung/Bewertung - der ausbildungsmäßigen Einsatzbereitschaft im Einheitsrahmen und - der Feldverwendungsfähigkeit für den Auslandseinsatz (Entsendbarkeit).

Diese ist in den Durchführungsbestimmungen für die Ausbildung der Kaderpräsenzeinheiten - Fassung 2004 (DBKPE 2004) festgelegt. Punkt elf dieser DBKPE - der Grundlage für die Ausbildung und Evaluierung (Bewertung) jeder Kaderpräsenzeinheit (KPE) - regelt klar die Art der Überprüfung: Diese hat nach den Evaluierungsrichtlinien des "Operational Capabilities Concept-Assessment & Feedback" (OCC-A&F; in Zukunft "Operational Capabilities Concept-Evaluation & Feedback" - OCC-E&F) abzulaufen, einem NATO-Verfahren, vorwiegend zur Feststellung der Interoperabilität (siehe auch TD, Heft 4/2004 "OCC and A&F: More than just an Abbreviation?" und Heft 3/2005, "Die PfF und das Österreichische Bundesheer, Teil III"). OCC-A&F wird aber auch von der EU angewandt, u. a. zur Bewertung der eingemeldeten Einheiten und Verbände des "Pool of Forces" der Europäischen Union (EU) nach ihren - personellen, - ausbildungsmäßigen, - vorschriftenkonformen, - technischen und - materiellen Fähigkeiten zur Zusammenarbeit mit NATO- bzw. EU-Verbänden.

Österreich standen in diesem Bereich bislang nur wenige Erfahrungswerte aus der Evaluierung österreichischer Auslandskontingente zur Verfügung. Diese stammten vor allem aus dem Force Integration Training der KFOR 10 und KFOR 11.

Ziele und Absichten

Die Ziele einer derartigen Überprüfung bzw. Bewertung sind also generell - die Feststellung des Ausbildungsstandes und der Einsatzbereitschaft für einen Auslandseinsatz sowie - die Feststellung der Interoperabilität mit NATO-Verbänden.

Für das Kommando der 3. Panzergrenadierbrigade standen die gemäß DBKPE bereits erreichten Fähigkeiten der Panzergrenadier-Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9" im Vordergrund. Auf österreichische Standards ausgerichtete Kriterien sollten in der Beurteilung der Interoperabilität mit NATO-Verbänden angewendet werden. Diese Standards werden international übrigens sehr positiv bewertet.

Das Kommando Landstreitkräfte beabsichtigte eine Evaluierung der Feldverwendungsfähigkeit für den Auslandseinsatz und der Interoperabilität - nach den OCC-A&F-Richtlinien, - mit Vorgabe der zu überprüfenden Schwergewichtsziele, - mit Festlegung der relevanten "Military Tasks for Interoperability" (MTI) (Hauptaufgaben), - mit vorgestaffelter Aufbereitung der jeweiligen MTIs in "Subtasks & Elements" (Unter- und Einzelaufgaben), - unter Anwendung der "Subtasks & Elements", zielgerichtet auf den jeweiligen Zweck bzw. ausgerichtet auf das Schwergewichtsziel und - mit klarer Zuordnung der Verantwortlichkeiten.

Der Evaluierungsumfang

Schwergewichtsmäßig wurden deshalb bei der Evaluierung der Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9" vier DBKPE-Ziele überprüft, und zwar die Kompanieziele der KPE-Verbandsausbildung (KVA) - Marsch (KVA/PzGrenKp-01), - Verfügungsraum (KVA/PzGrenKp-02), - Überwachen von Personenansammlungen (KVA/PzGrenKp-07) und - Schutz (KVA/PzGrenKp-12).

Gleichzeitig wurden die folgenden 13 (hier in der Originalsprache angeführten) "Military Tasks for Interoperability" evaluiert:

- "Develop a Communication and Information System (CIS)" (G 1.2); - "Use NATO voice procedures" (G 1.3); - "Use an operational language" (G 1.4); - "Use NATO approved maps, charts and map symbology" (G 1.8); - "Submit reports and returns" (G 1.9) (siehe auch Checkliste); - "Operate under NATO Rules of Engagement" (ROE) (G 2.3); - "Meet NATO standards for medical support" (G 4.5); - "Train personnel on medical treatment standards" (G 4.6); - "Explosive Ordnance Disposal (EOD)" (G 5.4); - "Conduct of road movement" (L 2.3); - "Conduct counter mobility operations" (L 3.4); - "Conduct mobility operations" (L 3.5); - "Conduct security operations" (L 5.1).

(G = "General Military Tasks for Interoperability"; L = "Military Tasks for Interoperability - Land") Dem Kommando der 3. Panzergrenadierbrigade oblag dabei die Evaluierung, das Kommando des Panzergrenadierbataillons 9 wurde mit der Durchführung der Übung beauftragt, bei der die Evaluierung der Kaderpräsenzeinheit erfolgte. Die Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9" selbst hatte zuvor die Ausbildung schwergewichtsmäßig auf die ausgewählten vier Kompanieziele und 13 MTIs auszurichten.

Die Durchführung

Als taktischer Rahmen der Evaluierung diente die Lage MAINLAND, eine "Standardlage" zur Übung Friedensunterstützender Operationen ("Peace Support Operations" - PSO). Letztere bilden das Ausbildungsschwergewicht für 2005 und 2006, sowohl in der Kaderfortbildung als auch in der Truppenausbildung einschließlich der Übungen. Die Lagen und Übungsvorhaben zum Thema PSO sind grundsätzlich von MAINLAND abgeleitet.

Konkret geübt wurde die Phase II b des taktischen Brigadebefehls für MAINLAND ("Deployment and Implementation of a Final Settlement in Mainland in Accordance with UNSCR 5003") - die Übernahme und Behauptung einer Zone zwischen Zwettl und Allentsteig.

Die Teilnehmer

Evaluation-Directorate mit - Evaluation-Director, - Co-ordination- & Analysis-Team, - Evaluation-Teams 1 - 4, - Experts (Sanitätsdienst, Pionierdienst/EOD, Interviewtraining).

Panzergrenadier-Kaderpräsenzeinheit "Task Force 9"/Panzergrenadierbataillon 9 mit - Kompaniekommando der 1. Panzergrenadierkompanie/Panzergrenadierbataillon 9 (Horn), - I. Panzergrenadierzug der 1. Panzergrenadierkompanie/Panzergrenadierbataillon 9 (Horn), - II. Panzergrenadierzug der 2. Panzergrenadierkompanie/Panzergrenadierbataillon 9 (Weitra), - Panzerabwehrlenkwaffenzug der Kampfunterstützungskompanie/Panzergrenadierbataillon 13 (Ried im Innkreis), zusätzlich sechs Mann der Militärstreife/Militärkommando Niederösterreich als "Military Police", Rettungssanitäter der KPE-Sanitätsgruppe der Sanitätsanstalt/Militärkommando Oberösterreich, Versorgungsanteile der Stabskompanie/Panzergrenadierbataillon 9 (PzGrenB9) sowie Role Player (Darsteller der Konfliktparteien und der Zivilbevölkerung) des Panzergrenadierbataillons 9 und des Panzerartilleriebataillons 3.

Das Bewertungsverfahren

Die Bewertung erfolgt grundsätzlich auf Basis der MTI-Datenbank der OCC-A&F. Deren Checklisten bzw. Eingabemasken sind nach drei Ebenen gegliedert:

- "Tasks" (Hauptaufgaben), - "Subtasks" (Unteraufgaben) und - "Elements" (Einzelaufgaben).

Die Checklisten sind stets klar einer Hauptaufgabe zugeordnet (z. B. "MTI G 1.9 - Submit Reports and Returns"). Sie umfassen jeweils eine Unteraufgabe (z. B. "Subtask G 1.9.1 - Relevant Documentation"), zu der mehrere konkret zu überprüfende Einzelaufgaben zählen (wie "Element G 1.9.1.E1 - Do they have all relevant message formats, tables, codes etc.?", "Element G 1.9.1.E2 - Are they familiar with the formal reporting structure?" usw.).

Die Evaluierungsteams überprüfen die zugeordnete Truppe phasenweise - je nach Übungsphase und Kompanieziel. Gezielt überprüft werden die in den Checklisten angeführten "Elements". Beobachtungen und weitere Eindrücke halten die Evaluierenden in Checklisten oder direkt in Auswertungsprogrammen auf Notebooks fest. Erst aus der Zusammenschau aller Erkenntnisse der "Elements" ergibt sich für das einzelne Evaluierungsteam die Bewertung des "Subtask" und in weiterer Folge des "Task".

Für jede Einzelaufgabe/Unteraufgabe/Hauptaufgabe sind vier Beurteilungen möglich:

I - Interoperable (Interoperabilität ist gegeben); PI - Partly Interoperable (Interoperabilität ist teilweise gegeben); NI - Not Interoperable (Interoperabilität ist nicht gegeben); NA - Not Assessed (nicht bewertet).

Das Analyseteam überträgt alle von den Evaluierungsteams eingebrachten Beiträge der einzelnen Phasen in die OCC-A&F-Datenbank und ermittelt aus den Teilergebnissen (Team/Phase/Kompanieziel/überprüfte Truppe) ein Gesamtergebnis.

Die Evaluierung erfolgte nach österreichischen Standards und Vorschriften. In einigen Punkten wurden auch internationale Verfahren akzeptiert und angewandt (z. B. bei der Sprechtafel und beim Movement-Control-Verfahren aufgrund von KFOR-Einsatzerfahrungen).

Interoperabilität

Weil einige österreichische Vorschriften und anderes Basismaterial (noch) nicht den NATO-Standards entsprechen, muss dem Überprüfenden und dem Überprüften auch klar sein, ob z. B. taktische Zeichen nach der österreichischen ATZ oder nach der NATO-Vorschrift APP-6(A) abverlangt werden. Die Deutsche Bundeswehr verwendet deshalb für Auslandseinsätze u. a. zwecks Interoperabilität die APP-6(A) - mit einem deutschen Vorwort und dem inhaltlich unveränderten englischen Hauptteil.

Die Divergenz zwischen österreichischen Vorschriften und internationalen Interoperabilitätskriterien führt daher in manchen Fällen zwangsweise zu einer zweigeteilten Bewertung des Ausbildungsstandes und der Interoperabilität.

Werden die Interoperabilitätskriterien nach strengen Maßstäben überprüft und dann deren "hundertprozentige Erfüllung" bestätigt, bedeutet das, dass der Verband, die Einheit oder Teileinheit nicht nur alle Ziele der DBKPE nach NATO-Verfahren und NATO-Vorschriften (Standardization Agreements usw.) ausgebildet hat, sondern auch die technischen Standards der NATO (Ausrüstung, Bewaffnung, Logistik, Transportmittel usw.) aufweist.

Deshalb ist derzeit nur in wenigen Fällen ("Tasks", "Subtasks" und "Elements") eine hundertprozentige Interoperabilität möglich.

"Erfolgreich abgeschlossen"

Der Kommandant der 3. Panzergrenadierbrigade, Brigadier Mag. Pronhagl, fasste das Ergebnis der Evaluierung wie folgt zusammen:

"Trotz schwieriger Witterungsverhältnisse ist es der Kaderpräsenzeinheit ‚Task Force 9‘ gelungen, ihre Fähigkeiten bei PSO-Techniken unter Beweis zu stellen. Diese Einheit hat die Evaluierung erfolgreich abgeschlossen, und ihr weiteres Training wird dazu dienen, die bisherigen Fähigkeiten zu verfeinern sowie weitere Einsatzmöglichkeiten zu beherrschen. Getreu dem Wahlspruch ‚Klagt nicht, sondern kämpft!‘ wird es Aufgabe aller Vorgesetzten sein, weiter für Verbesserungen im Bereich der KPE zu kämpfen.

Die Panzergrenadier-Kaderpräsenzeinheit ‚Task Force 9‘ des Panzergrenadierbataillons 9 erfüllt hinsichtlich Führungsverhalten und Ausbildungsstand die gemäß ‚Military Tasks for Interoperability‘ geforderten Fähigkeiten. Die Interoperabilität ist nach Maßgabe der österreichischen Vorschriftenlage sowie der Ausrüstung und Ausstattung in den Bereichen Einsatzunterstützung und Führungsunterstützung gegeben." ___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberstleutnant Rudolf Sturmlechner, Jahrgang 1957. 1980 zum Panzergrenadierbataillon 9 nach Horn ausgemustert; ab 1983 beim Panzerstabsbataillon 3 und ab 1991 im Kommando der 3. Panzergrenadierbrigade in mehreren Verwendungen tätig; u. a. 2003 für neun Monate mit der Führung des Panzerstabsbataillons 3 beauftragt; bei verschiedenen Verbandsübungen in der Auswertung/Überprüfung/Evaluierung eingesetzt.

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