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UN-Peacekeeping - Die neuen Herausforderungen

Manchmal als ungeliebtes Kind der Staatengemeinschaft behandelt, aber dennoch unverzichtbar. Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Menschen verdanken ihr Leben dem Engagement der politischen Verantwortungsträger der UN-Mitgliedstaaten und vor allem jenen, die als Soldaten oder Polizisten vor Ort versuchen, ein friedliches Zusammenleben ehemaliger Feinde zu ermöglichen.

Im letzten Jahrzehnt sahen sich die Vereinten Nationen (UN) mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert. Die Zahl der Peacekeeping-Operationen und damit auch die Anzahl der eingesetzten Truppen stiegen sprunghaft an und mit ihnen auch der Bedarf an zivilen und militärischen Spezialisten.

Im Frühjahr 2005 hatte das UN-Department für Peacekeeping-Operations 17 Einsätze zu betreuen, davon 16 Peacekeeping-Operationen und eine politische Mission. Obwohl die Vereinten Nationen in den letzten Jahren sowohl die Einsatzverfahren als auch die Einsatzausstattung verbessert haben, bringen die ständig steigenden Anforderungen an Truppen und Material die Vereinten Nationen an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.

Vom traditionellen zum multidimensionalen Peacekeeping Während der Ära des Kalten Krieges entwickelt, sollte die ursprüngliche Form des Peacekeeping helfen, Konflikte zwischen Staaten zu lösen, indem leichtbewaffnete Truppen oder auch unbewaffnete Soldaten verschiedener Nationen unter dem Kommando der UN zwischen den Konfliktparteien stationiert wurden. Dabei wurde die UN des Öfteren von der internationalen Staatengemeinschaft beauftragt, auch dort Peacekeeper zu stationieren, wo so genannte Stellvertreter-Kriege die regionale Stabilität und somit die internationale Sicherheit und den Frieden gefährdeten. Dabei wurde von den eingesetzten Soldaten grundsätzlich nicht verlangt, Krieg mit Krieg zu bekämpfen. Generell wurden sie nur dort stationiert, wo bereits ein Waffenstillstand ausverhandelt war und die Streitparteien einer Stationierung von UN-Truppen zugestimmt hatten. Dabei beobachteten und meldeten die UN-Truppen unparteiisch die im jeweiligen Waffenstillstandsabkommen festgelegten Maßnahmen, wie Truppenentflechtung oder Ähnliches. Parallel dazu wurde auf diplomatischer Ebene über die endgültige Beilegung des Konfliktes verhandelt.

Das Ende des Kalten Krieges brachte dramatische Änderungen für die Vereinten Nationen und damit auch für das von ihnen betriebene Peacekeeping. Beflügelt vom Gedanken der weltweiten Zusammenarbeit übernahmen die UN immer größere und komplexere Missionen, meist zur Implementierung umfassender Friedensvereinbarungen zwischen Streitparteien in innerstaatlichen Konflikten. Dabei kamen immer öfter auch nicht-militärische Elemente des Peacekeeping zum Einsatz.

Einige der neuen Missionen waren erfolgreich, wie z. B. in Mozambique und El Salvador. Andere, wo weder ein Waffenstillstand erzwungen werden konnte noch die Konfliktparteien einer Stationierung von UN-Truppen zugestimmt hatten, scheiterten. Am Beispiel Somalias war zu sehen, was passiert, wenn eine Mission nicht die nötige Unterstützung der Supermächte hat bzw. der UN-Force ein schwaches Mandat und eine ungenügende Anzahl an Kräften gegeben werden.

Dem Peacekeeping sind Grenzen gesetzt, was spätestens Mitte der 90er-Jahre sowohl in Bosnien als auch in Ruanda zur Kenntnis genommen werden musste. Es folgte die Streichung von UN-Peacekeeping-Einsätzen und ihre Sinnhaftigkeit wurde grundsätzlich hinterfragt.

Die Veränderungen seit 1990

Im Sog der Ereignisse um Srebrenica 1995 und des Völkermordes in Ruanda 1994 entschloss sich UN-Generalsekretär Kofi Annan, durch eine unabhängige Kommission die Beteiligung der UN an diesen Ereignissen und die daraus möglichen Konsequenzen untersuchen zu lassen. Das Ergebnis war, dass die UN - um solche Operationen überhaupt durchführen zu können - die Kräfte vor Ort wesentlich verstärken müsse, - die Truppen ein dem Einsatzzweck entsprechendes Mandat bekommen und - "On Standby" für einen möglich raschen Einsatz zur Verfügung stehen müssten.

Außerdem mussten die UN-Truppen klare "Rules of Engagement" erhalten. Auch stellte sich heraus, dass die UN Mittel und Möglichkeiten braucht, um vor allem in innerstaatlichen Konflikten unbeteiligte Zivilisten schützen zu können. Erweitert wurde dabei auch das Aufgabengebiet und zwar um die Bereiche Internationales Recht, Zivile Administration, Wirtschaftsentwicklung und Menschenrechte.

Ungefähr zur selben Zeit begannen die Anforderungen an die UN zur Errichtung von Peacekeeping-Missionen sowohl in Art wie auch Umfang in ungeahnter Weise zu steigen. So begann im Jahre 1999 in Ost-Timor eine Peacekeeping-Mission, um den Staat in die Unabhängigkeit zu führen. Im selben Jahr, nachdem die Luftangriffe der NATO auf die Republik Jugoslawien geendet hatten, wurde die UN-Mission zur Übergangsverwaltung im Kosovo gestartet. Ende 1999 und Anfang 2000 stattete die UN-Generalversammlung drei neue Missionen in Afrika (Sierra Leone, Demokratische Republik Kongo und Eritrea/Äthiopien) mit einem Mandat aus.

Der "Brahimi-Report"

Im Frühjahr 2000 beauftragte der UN-Generalsekretär den früheren algerischen Außenminister Lakhdor Brahimi als Leiter einer Expertengruppe, die bestehenden Peacekeeping-Missionen zu evaluieren und festzustellen, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von UN-Truppen effektiver und effizienter gestaltet werden kann. Das Ergebnis dieser Ermittlungen wurde im so genannten "Brahimi-Report" zusammengefasst, welcher klare Minimalanforderungen für erfolgreiche Peacekeeping-Einsätze festlegt. So wurde unter anderem ein eindeutiges und für die jeweilige Mission maßgeschneidertes Mandat verlangt, weiters die uneingeschränkte Zustimmung zum Einsatz von UN-Truppen durch alle am Konflikt beteiligten Parteien und nicht zuletzt die adäquaten personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen.

Einige der daraus resultierenden Maßnahmen wurden sofort innerhalb der UN umgesetzt. So wurde das DPKO (Department für Peacekeeping Operations) umgehend verstärkt, um die Missionen besser unterstützen zu können. Unter anderem wurde eine "Best Practices Unit" geschaffen, um aus den Erfahrungen vergangener Einsätze Anweisungen und Richtlinien für neue Missionen zu schaffen. Es wurde ein Mechanismus innerhalb der UN-Mitgliedstaaten vereinbart, um neu zu schaffende Missionen ad hoc finanzieren und logistisch unterstützen zu können. Das "UN-Standby Arrangement System" wurde durch das DPKO so überarbeitet, dass die Mitgliedstaaten für anlaufende Missionen Personal, Material und Ausrüstung innerhalb von 30 bis 90 Tagen zur Verfügung stellen müssen. Schlussendlich wurde noch festgeschrieben, dass alle neuen Missionen mit einem klaren und realistischen Mandat durch den Sicherheitsrat ausgestattet werden.

Peacekeeping als Herausforderung

Die Herausforderungen, denen sich die UN derzeit bei ihren Peacekeeping-Missionen stellen muss, sind vielfältig. So unterstützen die Vereinten Nationen eine Übergangsregierung in der Demokratischen Republik Kongo, einem Land mit enormen Ausmaßen (2,35 Mio. km²) und kaum vorhandener Infrastruktur, das aufgrund seiner vielen Minderheiten innerstaatlich über keinen starken nationalen Zusammenhang verfügt. Darüber hinaus bereiten die UN einerseits den Ausbau der Mission in Liberia vor. Auf der anderen Seite wird an der Reduzierung der UN-Missionen in Timor-Leste und in Sierra Leone gearbeitet. Ebenso bereitet sich die UN auf die Gespräche über den endgültigen Status des Kosovo vor. Und zur selben Zeit ist die Situation in Afghanistan und im Irak äußerst instabil, wodurch das Engagement der UN mehr denn je gefragt ist. In diese Kämpfe sind die leistungsfähigsten Armeen der Welt involviert, während die Streitkräfte der zehn größten truppenstellenden Länder für die Vereinten Nationen aus den Entwicklungsländern kommen und nur beschränkte Mittel besitzen.

Im Frühjahr 2005 unterstanden der DPKO 17 Peacekeeping-Missionen, verstreut über den Globus, darunter die erst kürzlich vergrößerte Mission an der Elfenbeinküste und die neue Mission im Sudan. Die Zahl des eingesetzten Personals betrug gegen Ende des Jahres 2004 etwa 78 000, darunter 25 000 Soldaten, 2 500 Polizisten und weitere 1 500 Militärbeobachter. Dazu kommen noch weitere 50 höchste Offiziere und Beamte aus dem Bereich Militär, Polizei und Verwaltung, um neben den 6 500 zivilen Angestellten den Anforderungen gerecht zu werden. Nicht vergessen werden sollte dabei die notwendige Logistik sowie Fahrzeuge, Büroräume und Kommunikationsmittel. Dadurch hat sich der Finanzbedarf für den Zeitraum vom 1. Juni 2004 bis zum 1. Juni 2005 von 2,65 Mrd. US $ auf 4,47 Mrd. US $ erhöht.

Schlüsselfaktoren

Für alle Arten von Peacekeeping-Missionen gibt es jedoch einige grundlegende Faktoren, welche wesentlich zum Erfolg beitragen: Bevor es überhaupt zu einem Peacekeeping-Einsatz kommen kann, hat die Weltgemeinschaft zunächst das Problem der Friedenserhaltung vor Ort zu untersuchen. Alle am Konflikt beteiligten Staaten müssen bereit sein, die Kämpfe einzustellen und die UN als Vermittler zur Beilegung ihres Konfliktes anzuerkennen. Die Mitglieder des Sicherheitsrates müssen sich über ein klares, realistisches Mandat sowie über den zu erreichenden Endstatus der Peacekeeping-Mission einig sein, und nicht zuletzt sollte die Verlegung der Truppen im geforderten Zeitrahmen erfolgen.

Kernpunkte des UN-Peacekeeping

Personal

Die ständige Suche nach genügend truppenstellenden Staaten für die immer größer werdende Anzahl an Peacekeeping-Missionen sowie die gewünschte Teilnahme der reichen Nationen (der so genannten Ersten Welt) stellt nach wie vor die größte Herausforderung dar. Des Weiteren benötigen die UN eine immer größere Anzahl an ausgebildeten Polizisten und zivilem Personal, das vor allem im internationalen Recht, der Zivilverwaltung und der wirtschaftlichen Entwicklung geschult sein muss. Daneben werden auch beim Militär immer mehr Spezialisten benötigt, so unter anderem für Feldspitäler, Luftunterstützung und Movement Control.

Ideal wäre es, wenn sich alle Beteiligten zumindest der gleichen Kommandosprache bedienen könnten sowie über Grundkenntnisse der Sprache(n), Kultur und der politischen Situation des Einsatzraumes verfügten.

Wiedererrichtung der Verwaltung und kommunaler Einrichtungen

Als immer wichtiger hat sich in den neuen Missionen erwiesen, dass die lokalen Einrichtungen (zivile Administration, Wasserversorgung, Müllabfuhr und viele andere Dinge des öffentlichen Lebens) sofort nach Beendigung der Kampfhandlungen zu arbeiten beginnen und sich so die Lebensbedingungen für die Zivilbevölkerung wieder normalisieren können. Internationale Spender sind daher heute viel eher bereit, speziell hier zu investieren.

Gesetz und Ordnung

Im Zuge des Aufbaues einer Peacekeeping-Mission hat es sich als unumgänglich erwiesen, Gesetz und Ordnung wieder herzustellen. Im Vordergrund stehen dabei die Unterstützung bzw. der Einsatz von lokalen Polzeikräften und der Aufbau einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. Gerade in Nachkriegsgesellschaften ist es zur Vertrauensbildung notwendig, so schnell wie möglich eine unabhängige Justiz mit Richtern, Staatanwälten und Verteidigern zu schaffen, die Gesetzgebung auf eine rechtliche Basis zu stellen und Gefängnisse zu betreiben. Ist das Vertrauen in die Polizeikräfte durch den vorangegangenen Konflikt geschwunden, so haben vorübergehend internationale Polizeikräfte deren Aufgaben zu übernehmen und in weiterer Folge eine neue, unabhängige nationale Polizei aufzustellen und einzuschulen.

Demokratische Strukturen, unabhängige Wahlen

Mehrere Peacekeeping-Missionen wurden unter anderem auch mit der Abhaltung von freien und unabhängigen Wahlen beauftragt. Bevor diese durchgeführt werden können, muss ein Umfeld geschaffen werden, welches freie und unabhängige Wahlen überhaupt zulässt. Dazu gehören vor allem ein Mindeststandard an Sicherheit, die rechtlichen Voraussetzungen, eine transparente Wählerregistrierung und in machen Fällen sogar eine neue Verfassung. Das bedarf erneut der Zustimmung aller beteiligten Parteien.

Sicherheit

Nur ein sicheres Umfeld garantiert die Umsetzung des Mandates und in weiterer Folge den Frieden. Um dies herbeizuführen, ist meist in der Anfangsphase einer Peacekeeping-Mission eine große Zahl von Truppen erforderlich. Erst dadurch kann für Stabilität und Sicherheit gesorgt werden, bis eine zuverlässige nationale Polizei diese Aufgabe übernehmen kann.

Nach dem verheerenden Bombenanschlag auf das UN-Hauptquartier in Bagdad im August 2003 wurde auf Anordnung des Generalsekretärs Kofi Annan auch das gesamte Sicherheitssystem der UN geprüft. Derzeit werden zahlreiche Verbesserungen für dieses Sicherheitssystem implementiert, um Anschläge künftig verhindern zu können.

Kollektive Maßnahmen

Das umstrittene diplomatische Vorspiel rund um den Irak-Krieg veranlasste den UN-Generalsekretär, eine Kommission ins Leben zu rufen, welche sich mit den Gefahren und Herausforderungen auf dem Gebiet der Sicherheit und des Friedens befassen und Vorschläge unterbreiten soll, wie die Weltgemeinschaft durch kollektive Maßnahmen diesen Herausforderungen am Besten begegnen kann.

Wie entsteht eine Peacekeeping-Mission?

Durch die Vergabe eines Mandates, d. h. einer genauen Beschreibung, welche Aufgaben die Mission zu erfüllen hat, definiert der Sicherheitsrat eine neue Mission. Um diese neue Mission entstehen zu lassen und/oder einer bereits bestehenden Mission ein geändertes Mandat zu geben, müssen mindestens neun der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates dafür stimmen. Wenn nur eines der fünf ständigen Mitglieder (China, Frankreich, Russland, Großbritannien oder die USA) dagegen stimmt, gilt der Antrag als abgelehnt.

In weiterer Folge unterstehen die Peacekeeping-Missionen dem UN-Generalsekretär. Er berichtet dem Sicherheitsrat über den Stand in den jeweiligen Einsatzbereichen, die meisten größeren Missionen werden durch einen seiner Special Representatives geleitet. Das DPKO unterstützt den UN-Generalsekretär, indem es grundsätzliche Weisungen und Richtlinien zum Peacekeeping erlässt und Vorschläge für die Etablierung neuer Missionen und die Führung bestehender Missionen macht. Außerdem unterstützt die DPKO auch politische Missionen wie z. B. jene in Afghanistan.

Die Force Commander, einige wenige Stabsoffiziere und Beobachteroffiziere werden, wenn sie für die UN arbeiten, direkt von dieser eingestellt, und zwar meist nach direkter Abstellung durch ihre nationalen Streitkräfte. Truppenkontingente (die so genannten "Blauhelme") werden unter bestimmten, vorher mit der UN ausgehandelten Bedingungen, zu Peacekeeping-Einsätzen entsandt und verbleiben für die Dauer des Einsatzes unter der Führung des Entsendestaates. Die Truppen und deren Kommandanten werden als nationales Kontingent verlegt, unterstehen und melden in operationellen Angelegenheiten dem jeweiligen Force Commander und damit über ihn an den Special Representative des UN-Generalsekretärs.

Die Befugnis für die Entsendung und den Rückzug der jeweiligen Kontingente bleibt beim Entsendestaat, ebenso die Verantwortung für deren Bezahlung sowie für Disziplinar- und Personalangelegenheiten. Polizisten werden ebenso durch Entsendestaaten abgestellt, sie werden wie Beobachteroffiziere der UN behandelt und daher auch durch diese bezahlt.

Der Sicherheitsrat kann unter bestimmten Voraussetzungen auch anderen internationalen Organisationen die Verantwortung zur Durchführung von Peacekeeping-Einsätzen übertragen, wobei diese Einsätze zwar ein UN-Mandat bekommen, jedoch nicht unter UN-Kommando stehen. 1999, nach dem Ende der NATO-Einsätze gegen die Republik Jugoslawien, wurde die NATO durch den Sicherheitsrat beauftragt, den Frieden im Kosovo zu sichern! Zur selben Zeit vergab der Sicherheitsrat ein Mandat für die "UN Interim Administration Mission im Kosovo" (UNMIK) mit dem Auftrag, das Kosovo zu administrieren, Gesetz und Ordnung wiederherzustellen und die demokratischen Institutionen zur Selbstverwaltung inklusive eines funktionierenden Polizeiapparates zu schaffen.

Im selben Jahr, 1999, wurde eine internationale Truppe unter der Führung Australiens beauftragt, die Sicherheit in Ost-Timor, nun Timor-Leste genannt, wiederherzustellen. Im darauf folgenden Jahr wurden diese Kräfte durch eine UN-Force ersetzt.

Im Jahr 2001 bekam eine internationale Koalition den Auftrag, militärische Kräfte in Afghanistan zu stationieren, während gleichzeitig eine politische Mission der UN ins Leben gerufen wurde, um die Übergangsregierung zu unterstützen.

Die Kosten von Peacekeeping

Grundsätzlich ist der Einsatz der Peacekeeper in den verschiedenen Missionen kostengünstig. So gibt die UN pro Jahr weniger für ihre Peacekeeping-Missionen aus, als die Stadt New York jährlich für Polizei und Feuerwehr aufwendet. Und - überhaupt ist Peacekeeping immer besser und günstiger als dessen Alternative, der Krieg!

Im Jahre 2002 wurden für UN-Peacekeeping-Operationen etwa. 2,6 Mrd. US $ ausgegeben, im selben Zeitraum gaben die Staaten der Welt etwa 794 Mrd. US $ für Waffeneinkäufe aus; dies entspricht wiederum ca. 2,5 Prozent des Bruttohaushaltsbudgets aller Staaten der Welt, Tendenz steigend.

1993, im Zeichen der sehr teuren Operationen im ehemaligen Jugoslawien und in Somalia, stiegen die Kosten für Peacekeeping auf über 3,6 Mrd. US $, um bis zum Jahre 1998 auf unter 1 Mrd. US $ zu fallen. Mit dem Wiederaufleben von großen Peacekeeping-Missionen stiegen die Kosten auf etwa 3 Mrd. US $ im Jahr 2001. Für das Budgetjahr 2004/2005 sind die Kosten mit 4,47 Mrd. US $ veranschlagt.

Grundsätzlich haben alle UN-Mitgliedstaaten mit den von ihnen selbst festgesetzten Mitgliedsbeiträgen für die Kosten der UN-Peacekeeping-Missionen aufzukommen. Obwohl von allen Mitgliedstaaten die Zahlungen zugesichert wurden, schulden einige Staaten in Summe etwa 2,22 Mrd. US $ an Beiträgen zur Erhaltung diverser Missionen (Stand Mai 2005).

Personalgestellung für Peacekeeping

In der Charta der Vereinten Nationen ist festgeschrieben, dass alle Mitgliedstaaten, um den Frieden und die Sicherheit weltweit sicherstellen zu können, dem UN-Sicherheitsrat Truppen und Material zur Verfügung stellen sollen. Seit dem Beginn von UN-Peacekeeping-Missionen im Jahre 1948 haben etwa 130 Nationen sowohl Militär als auch Polizeikräfte zur Verfügung gestellt. In Summe dürften in den letzten 57 Jahren etwa 1 Million Soldaten, Polizisten und Spezialisten unter der Flagge der UN gedient haben. Mit Mai 2005 stellten 103 Staaten ca. 66 500 Uniformierte für Peacekeeping-Missionen in aller Welt - die höchste Zahl seit 1995.

Trotz der großen Anzahl von Entsendestaaten trägt im Moment die größte personelle Last an Entsendungen eine Kerngruppe aus den Entwicklungsländern. Diese zehn Nationen waren im Juni 2004: Pakistan, Bangladesh, Nigeria, Ghana, Indien, Äthiopien, Südafrika, Uruguay, Jordanien und Kenia. Nur zehn Prozent der momentan eingesetzten Truppen und Polizeikräfte kommen aus der Europäischen Union und ein Prozent aus den USA.

Aus diesem Grund wurden alle Mitgliedstaaten durch den Chef des DPKO, Under-Secretary-General Jean-Marie Guéhenno daran erinnert, dass die Beistellung von gut ausgebildeten und ausgerüsteten militärischen Truppen und Polizisten eine kollektive Verantwortung aller Mitglieder gegenüber der Staatengemeinschaft ist, und nicht nur die Staaten des "Südens" die Lasten dafür tragen sollten.

Zusätzlich zu den oben angeführten militärischen und polizeilichen Kräften versahen noch 3 400 UN-Angestellte, 1 500 Freiwillige Helfer und 6 500 lokale Hilfskräfte ihren Dienst in diversen Peacekeeping-Missionen.

Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen

Beginnend in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, starteten die UN vermehrt die Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen. Diese Zusammenarbeit wird im Lichte der ständig steigenden Anforderungen an neue Missionen immer wichtiger.

Die erste derartige Kooperation der UN mit regionalen Organisationen begann 1993 in Liberia, wo gemeinsam mit der "Economic Community of West African States" (ECOWAS) eine Peacekeeping-Mission etabliert wurde. 1994 folgte die Mission in Georgien gemeinsam mit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Ab 1995 wurden die Einsätze bei UNMIBH in Bosnien und Herzegowina und UNMIK im Kosovo gemeinsam mit der NATO, der Europäischen Union (EU) und der OSZE gestartet. In Afghanistan arbeitet die politische Mission der UN eng mit der durch die NATO geführten International Security Assistance Force (ISAF) zusammen.

In jüngster Zeit helfen den UN vermehrt andere Partner, um in kritischen Situationen sehr rasch Peacekeeping-Missionen entstehen zu lassen. So begann im Juli 2003 in der Demokratischen Republik Kongo die Operation "ARTEMIS", um mit Hilfe einer französisch geführten EU-Force in der Provinz Ituri, nach wochenlangen Massakern an der Zivilbevölkerung, Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Ausgestattet mit einem Mandat des Sicherheitsrates für 90 Tage stoppte diese Force die Unruhen, sammelte unzählige Waffen ein und rettete so Tausende Menschenleben. Darüber hinaus bereitete diese Force den Einsatz der so genannten Ituri-Brigade der MONUC (UN-Peacekeeping Operation im Kongo) vor, ehe die EU-Force wieder abzog.

Im Oktober 2003 in Liberia und erst kürzlich an der Elfenbeinküste stellten Kräfte der ECOWAS den weiteren Einsatz von UN-Truppen sicher. Ähnliche Vereinbarungen wurden auch mit der Peacekeeping Mission der Afrikanischen Union in Burundi und mit der Internationalen Übergangsforce in Haiti getroffen.

Zusätzlich werden gerade durch die Afrikanische Union regionale Brigaden als Teil der "African Standby Forces" aufgestellt.

Diese Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit regionalen oder internationalen Sicherheitsorganisationen haben die Maßnahmen der internationalen Völkergemeinschaft zur Beendigung von Konflikten wesentlich verbessert und so das bereits verloren geglaubte Vertrauen in das UN-Peacekeeping wieder hergestellt. Darüber hinaus hat sich auch gezeigt, dass nach einem erfolgreichen Peacekeeping unbedingt ein begleitender kontinuierlicher Peacebuilding-Prozess in den Nachkriegsregionen eingeführt werden muss.

Mögliche Aufträge an UN-Truppen

Konfliktverhütende Maßnahmen/Conflict Prevention

- Initiative/Aktivitäten auf diplomatischer Basis; - vorbeugende Stationierung von Truppen (demonstrativer Einsatz):

- Einsatz zur Lagefeststellung unmittelbar vor Ort; - gemeinsame Beratungen; - Ankündigung/Androhung von Maßnahmen; - Inspektionen; - Überwachungsmaßnahmen.

Friedensschaffende Maßnahmen/Peacemaking

- diplomatische Maßnahmen nach einem Konfliktausbruch, die zu einer friedlichen Lösung beitragen sollen:

- Anbieten von Diensten; - Vermittlung; - Schlichtung; - politische/diplomatische Isolierung; - Sanktionen.

Friedenserhaltende Maßnahmen/Peacekeeping

- UN-Personal ist unparteiischer Dritter; - unter Zustimmung der Konfliktparteien; - Eingrenzung/Abschwächung von Konflikten; - Beendigung von Feindseligkeiten:

- Überwachung von Demarkationslinien; - Überwachung der Einhaltung von Waffenstillständen; - Kontrolle von Pufferzonen; - Entwaffnung und Demobilisierung kriegführender Parteien/bewaffneter Kräfte; - Überwachung von Grenzen; - Schutz von Hilfeleistungen und Maßnahmen im Rahmen der Flüchtlingshilfe; - Unterstützung ziviler Polizeikräfte; - Schutz von Wahlbeobachtern oder Menschenrechtskommissionen.

Der Einsatz erfolgt im Allgemeinen ohne Kampfauftrag; eine Ausnahme bildet die Selbstverteidigung.

Friedenserzwingende Maßnahmen/Peace Enforcement

- Wiederherstellung des Friedens in einer Konfliktregion (zwischenstaatlich/innerstaatlich):

- zur Durchführung notwendiger humanitärer Hilfeleistung; - bei Zusammenbruch der staatlichen Ordnung.

Friedenskonsolidierende Maßnahmen/Peace Building

- Maßnahmen nach Konfliktbeendigung zur Verhinderung eines erneuten Konfliktausbruches:

- Aufbau von Vertrauen, - Bereitstellen medizinischer Versorgung; - Unterstützung des wirtschaftlichen Wiederaufbaues.

Humanitäre Hilfeleistung/Humanitarian Aid Assistance (Disaster Relief Assistance)

- friedensunterstützender Einsatz; - eigenständiger Einsatz:

- bei Katastrophen aller Art; - Unterstützungsleistung bei besonders schweren Unglücksfällen, Hungersnöten, Flüchtlingsbewegungen sowie bei einer Evakuierung der Zivilbevölkerung.

Aktuelle friedenserhaltende Einsätze der Vereinten Nationen (Stand: Juli 2004)

Afrika

MINURSO-United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara, seit April 1991 UNAMSIL-United Nations Mission in Sierra Leone, seit Oktober 1999 MONUC-United Nations Organization Mission in the Democratic Republic of the Congo, seit November 1999 UNMEE-United Nations Mission in Ethiopia and Eritrea, seit Juli 2000 UNMIL-United Nations Mission in Liberia, seit September 2003 UNOCI-United Nations Operation in Côte d´Ivoire, seit April 2004 ONUB-United Nations Operation in Burundi, seit Juni 2004 Amerika

MINUSTAH-United Nations Stabilization Mission in Haiti, seit Juni 2004 Asien und Pazifikraum

UNMOGIP-United Nations Military Observer Group in India and Pakistan, seit Jänner 1949 UNMISET-United Nations Mission of Support in East Timor, seit Mai 2002 Europa

UNFICYP-United Nations Peacekeeping Force in Cyprus, seit März 1964 UNOMIG-United Nations Observer Mission in Georgia, seit August 1993 UNMIK-United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, seit Juni 1999 Mittlerer Osten

UNTSO-United Nations Truce Supervision Organization, seit Mai 1948 UNIFIL-United Nations Interim Force in Lebanon, seit März 1978 UNDOF-United Nations Disengagement Observer Force, seit Juni 1974

UN-Peacekeeping ist unverzichtbar

Wo die Politik es nicht schafft, staatliche Strukturen rechtmäßig einzusetzen, wo die unzufriedene und ungeschützte Zivilbevölkerung manipuliert wird und wo der Kampf um die Dinge des täglichen Lebens den Zorn jener aufheizt, welche in der Armut gefangen sind, dort werden Konflikte geschürt, die in weiterer Folge meist bewaffnet ausgetragen werden. Die Armut und der Mangel an demokratischen Strukturen sind der Antrieb für Gewalt innerhalb von oder zwischen Staaten. Die zahllosen Waffen, die weltweit nahezu für jedermann verfügbar sind, bieten alle Möglichkeiten, diese Konflikte mit Gewalt auszutragen. Das Ergebnis ist menschliches Leid, oft von ungeahntem Ausmaß und riesiger Tragweite, meist auch als Gefahr für die Sicherheit und den Frieden ganzer Regionen, und - damit verbunden - die Zerstörung wirtschaftlicher und sozialer Strukturen ganzer Bevölkerungsteile.

Für all jene, welche von den unzähligen in dieser Welt aufflammenden Konflikten nicht unmittelbar betroffen sind, wirken diese Konflikte weit entfernt und irreal. Die Staatengemeinschaft jedoch hat in jedem einzelnen Konflikt abzuwägen, welche Risiken ein Eingreifen oder das Nichteingreifen für die Sicherheit und den Frieden bedeuten. Ein Versagen der Weltgemeinschaft, Konflikte von Beginn an zu kontrollieren und sie friedfertig zu lösen, kann zu immer größeren Konfrontationen, mit immer mehr beteiligten Parteien, führen. Gerade die Ereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, wie schnell Bürgerkriege auch benachbarte Staaten in den Konflikt hineinziehen und so ganze Regionen destabilisieren können.

Die wenigsten der derzeit existierenden Krisenherde können als nur lokale Konflikte bezeichnet werden. Meistens beinhalten sie eine Summe von grenzüberschreitenden Problemen, wie illegalen Waffenhandel, Terrorismus, Drogenschmuggel, Menschenhandel und immer öfter auch gezielte Umweltverseuchung. Mehr und vor allem engere internationale Zusammenarbeit ist gefragt, um diesen Bedrohungen begegnen zu können.

Das UN-Peacekeeping - aufbauend auf den Erfahrungen eines halben Jahrhunderts - ist gerade dafür ein unverzichtbares Werkzeug. Seine Legitimität und Universalität sind einzigartig, abgeleitet aus der Tatsache, dass die gesetzten Maßnahmen durch eine weltumspannende Organisation getroffen werden, welche heute 191 Staaten repräsentiert. UN-Peacekeeping kann für weitere Maßnahmen wie "Peacemaking" und "Peace Building" Türen öffnen, die sonst verschlossen blieben, und so für andauernden Frieden sorgen.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberstleutnant Gerd Schrimpf, Jahrgang 1959. 1978 bis 1981 Theresianische Militärakademie, Ausbildung zum Technischen Offizier; 1981 bis 1999 Dienst im Versorgungsregiment 1 bzw. 2 als Zugskommandant, Kompaniekommandant sowie als S3. Auslandseinsätze: UNDOF 1983 und 1985, 2004 als Kommandant AUSBATT; UNTSO 1989 bis 1991; IFOR 1996. 1999 bis 2002 Dienst im Korpskommando I in der G3-Abteilung als Referent Ausbildung; seit 2002 im Kommando Internationale Einsätze; derzeit Leiter der Stabsabteilung 5.

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