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Die Partnerschaft für den Frieden und das Österreichische Bundesheer (IV)

NATO-Operationsplanung und Partnerteilnahme an NATO-geführten Operationen

Für die Teilnahme des Österreichischen Bundesheeres an NATO-geführten Operationen gelten grundsätzlich dieselben Kriterien wie für die Teilnahme an anderen internationalen Einsätzen. Bevor es zur Entsendung von Truppen oder Einzelpersonen zu einem derartigen Einsatz kommen kann, muss eine politische Entscheidung zur Teilnahme vorliegen.

Bei einer so genannten NATO-geführten Operation mit Partnerbeteiligung lädt die NATO Partnerstaaten zu einem von ihr geführten militärischen Einsatz ein. Im NATO-Sprachgebrauch gilt eine derartige Operation selbst dann als NATO-led PfP-Operation, wenn daran neben Mitgliedern der Partnerschaft für den Frieden auch Nichtmitglieder teilnehmen. So stellen z. B. Argentinien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Marokko Truppen bei KFOR.

Österreich beteiligt sich derzeit (Stand Mitte 2005) an zwei NATO-geführten Operationen, der Kosovo Force (KFOR) im Kosovo und der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan. Österreichs Beitrag zu KFOR umfasst insgesamt ca. 550 Soldaten im Rahmen der Multinational Brigade Southwest (MNB SW) sowie im KFOR-Hauptquartier. Bei ISAF versehen derzeit vier Offiziere Dienst im ISAF-Hauptquartier bzw. auf dem Kabul International Airport.

NATO-geführte Operationen mit Partnerbeteiligung

Bosnien und Herzegowina

Im Dezember 1995 erfolgte durch den ersten Einsatz von NATO-Bodentruppen außerhalb des NATO-Bündnisgebietes (Out of Area) in Bosnien und Herzegowina mit IFOR (Implementation Force) auch die erste NATO-geführte Operation mit Partnerbeteiligung. Sie dauerte vom 20. Dezember 1995 bis 20. Dezember 1996 und wurde als Operation "JOINT ENDEAVOUR" bezeichnet. IFOR war eine, zunächst aus 60 000 Soldaten und zivilem Personal bestehende, multinationale Truppe. Die Soldaten wurden von allen 16 damaligen NATO-Staaten sowie von 16 weiteren Nicht-NATO-Staaten gestellt, darunter auch Österreich.

Am 20. Dezember 1996 erfolgte die Umbenennung der multinationalen Truppe in SFOR (Stabilization Force) sowie des Einsatzes in Operation "JOINT GUARD" (ab 20. Juni 1998 "JOINT FORGE"). Gleichzeitig wurde die Truppenstärke auf ungefähr 35 000 Soldaten und Zivilpersonen reduziert.

Am 2. Dezember 2004 endete der Einsatz von SFOR als NATO-geführte Operation. Seitdem führt die Europäische Union den Einsatz als Operation "ALTHEA" mit einer Truppenstärke von ca. 7 000 Soldaten und Zivilpersonen zur weiteren Stabilisierung des Friedensprozesses in Bosnien und Herzegowina weiter. Österreich stellte Truppen bei IFOR und SFOR (Kontingentsstärke bis zu 300 Soldaten) und beteiligt sich nunmehr auch an der EU-geführten Operation "ALTHEA".

Albanien

Die Kosovo-Krise im Frühjahr 1999 und die Vertreibung von Kosovo-Albanern durch serbische Einheiten führten zum ersten humanitären Einsatz der NATO in Albanien. Dieser Einsatz, die Operation "ALLIED HARBOUR", dauerte vom 16. April bis zum 30. August 1999. Die eingesetzte multinationale Truppe AFOR (Albania Force) umfasste insgesamt ungefähr 8 000 Soldaten. Österreich beteiligte sich an dieser humanitären Hilfsaktion für Vertriebene und Flüchtlinge aus dem Kosovo mit einem Kontingent von ca. 450 Mann (ATHUM/ALBA) und errichtete ein Flüchtlingslager sowie ein Feldspital.

Kosovo

Noch während des im Zusammenhang mit der Kosovo-Krise stehenden humanitären NATO-Einsatzes in Albanien (Operation "ALLIED HARBOUR") und der NATO-Luftoperation gegen Jugoslawien (Operation "ALLIED FORCE") plante die NATO bereits den Einsatz von Bodentruppen im Kosovo. Am 12. Juni 1999 begann der NATO-geführte Einsatz (Operation "JOINT GUARDIAN") der KFOR mit dem Auftrag, im Kosovo ein multiethnisches, friedliches, rechtsstaatliches und demokratisches Umfeld mit autonomer Verwaltung aufzubauen und dies militärisch abzusichern. Die ursprüngliche Stärke von KFOR betrug ca. 50 000 Soldaten aus über 40 Staaten.

Derzeit versehen bei KFOR ca. 17 000 Soldaten aus 23 NATO- sowie 12 Nicht-NATO-Staaten ihren Dienst. Der Anteil der Kräfte der Nicht-NATO-Staaten, darunter auch Österreich, beträgt ca. 2 750 Soldaten.

Afghanistan

Am 11. August 2003 übernahm die NATO das Kommando über die seit Ende 2001 in Afghanistan laufende Operation der ISAF, die auf Basis eines UN-Mandates die afghanische Regierung bei der Herstellung und Wahrung der inneren Stabilität und der Menschenrechte unterstützt. Darüber hinaus sorgt die ISAF für die Auslieferung humanitärer Hilfsgüter sowie für die geregelte Rückkehr von Flüchtlingen und leistet im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit Wiederaufbauhilfe. Das ursprünglich auf das Gebiet um Kabul beschränkte Mandat wurde im Oktober 2003 durch einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (UNSCR 1510) auf ganz Afghanistan ausgeweitet. Die NATO ist seitdem bemüht, ihre Präsenz durch den Einsatz so genannter Provincial Reconstruction Teams (PRTs) auf den Rest des Landes auszudehnen. Diese Erweiterung soll in vier Phasen ablaufen; davon sind die ersten beiden - im Norden und Westen Afghanistans - bereits abgeschlossen.

Österreich war vor der Kommandoübernahme durch die NATO mit ungefähr 70 Soldaten an der ISAF beteiligt. Derzeit (Mitte 2005) versehen im Rahmen dieser NATO-geführten Operation mit einer Gesamtstärke von ca. 8 500 Soldaten vier österreichische Offiziere Dienst im Hauptquartier der ISAF bzw. am internationalen Flughafen von Kabul.

Mittelmeer

Am 16. März 2004 lud die NATO ihre Partner im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (20 Staaten) sowie des Mittelmeerdialogs (7 Staaten) ein, sich an der seit Oktober 2001 laufenden Operation "ACTIVE ENDEAVOUR" - damals eine reine NATO-Marineoperation im Mittelmeer - zu beteiligen bzw. diese zu unterstützen. Mit dieser Operation, konzipiert als Beitrag der NATO zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, sollen die Schifffahrtsrouten im Mittelmeer überwacht und gleichzeitig Präsenz gezeigt werden. Bis dato haben Russland und die Ukraine Interesse an der Teilnahme bekundet.

NATO-Operationsplanung

Die Operationsplanung der NATO basiert auf dem vom Nordatlantikrat im Sommer 2000 genehmigten NATO-Operationsplanungssystem (NATO’s Operational Planning System) sowie auf den im Jänner 2001 durch die beiden strategischen Kommanden der NATO erstellten Richtlinien für die Operationsplanung (Guidelines for Operational Planning). Die entsprechenden Grundlagen wurden auch den Partnern übermittelt.

Die folgenden grundsätzlichen Planungsschritte kommen üblicherweise bei der Einsatzplanung für NATO-geführte PfP-Operationen zur Anwendung:

Einleitungsweisung (Initiating Directive)

Als Antwort auf eine entstehende oder aktuelle Krise bzw. auf Ersuchen der Internationalen Gemeinschaft oder der betroffenen Konfliktparteien kann die NATO mit Überlegungen zur Durchführung einer militärischen Operation beginnen. Dabei erfolgt normalerweise zuerst eine politisch-militärische Einschätzung der Lage (Political-Military Estimate) durch den Nordatlantikrat und den NATO-Militärausschuss. Sollte dabei eine militärische Operation unter NATO-Kommando als wahrscheinlich beurteilt werden, erteilt der Nordatlantikrat über den NATO-Militärausschuss dem Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), also dem strategischen Kommandanten für alle NATO-Operationen, eine Einleitungsweisung zum Beginn militärischer Planungen. Je nach Art und Umfang der beabsichtigten militärischen Operation kann diese Planungsarbeit durch den SACEUR auch an eines der drei nachgeordneten Kommanden auf operativer Ebene delegiert werden, - das Allied Joint Force Command Brunssum (Niederlande), - das Allied Joint Force Command Naples (Italien) oder - das Allied Joint Headquarters Lisbon (Portugal).

Operationskonzept (Concept of Operations)

Auf Grundlage der Einleitungsweisung erarbeitet das beauftragte Kommando ein Concept of Operations (CONOPS), das normalerweise folgende Punkte umfasst:

- einen Lageüberblick; - den Auftrag; - einen Entwurf zum Plan der Durchführung einschließlich der Absicht des Kommandanten, der benötigten Streitkräfte und deren erforderlicher Fähigkeiten; - einen Entwurf für die Einsatzunterstützung sowie für die Haupteinrichtungen zur Operationsführung.

Das ausgearbeitete Operationskonzept legt SACEUR über den NATO-Militärausschuss dem Nordatlantikrat zur Genehmigung vor.

Operationsplan (Operation Plan) Üblicherweise erhält nach der Genehmigung des CONOPS der SACEUR durch den Nordatlantikrat - wieder über den NATO-Militärausschuss - den Auftrag zur Erstellung des Operation Plans (OPLAN). In Ausnahmefällen, zum Beispiel unter Zeitdruck, kann dies auch ohne Vorliegen eines CONOPS erfolgen. Der OPLAN ist ein umfassender, detaillierter Plan, nach dem die vorgesehene Operation ablaufen soll. Er enthält alle Bedingungen, die der militärische Befehlshaber zur Durchführung der anstehenden Operation braucht, unter anderem - die erforderlichen Kräfte zur Auftragserfüllung, - den genauen Einsatzraum (Area of Operations), - die Verhaltensregeln für die Durchführung des Einsatzes (Rules of Engagement) und - das mit dieser Operation zu erreichende Ziel (Endstate).

Der fertiggestellte OPLAN wird dann - analog zum CONOPS - vom SACEUR über den NATO-Militärausschuss dem Nordatlantikrat (North Atlantic Council - NAC) zur Genehmigung vorgelegt.

Streitkräfteaktivierungsweisung (Force Activation Directive)

Frühestens nach der Genehmigung des CONOPS, in Ausnahmefällen aber auch erst nach der Genehmigung des OPLAN, erhält der SACEUR vom Nordatlantikrat die Weisung zur Aktivierung der Streitkräfte für die anstehende Operation. Gegebenenfalls soll diese auch einen Hinweis auf die Teilnahmemöglichkeit von Non-NATO Troop Contributing Nations (NNTCNs), also von Nicht-NATO-Staaten als Truppensteller, enthalten. Der SACEUR spricht dann auf Grundlage eines Combined Joint Statement of Requirements (CJSOR) - dem für die Operation benötigten Kräftekatalog - die Einladung an die Staaten zur Teilnahme an der Truppenstellerkonferenz (Force Generation Conference) aus. Parallel dazu kann auch bereits die Einladung zu einer so genannten Manning Conference erfolgen. Bei dieser werden auf Basis eines Crisis Establishment (CE) - grob vergleichbar mit einem Organisationsplan (OrgPlan) - die Dienstposten im Hauptquartier der geplanten Operation auf die einzelnen Truppensteller aufgeteilt. (Die Kästen auf dieser Seite zeigen als Beispiele dafür Auszüge aus einem allgemeinen CJSOR und einem allgemeinen CE.) Truppenstellerkonferenz (Force Generation Conference)

Auf der Basis der von den Staaten zuvor eingebrachten informellen Truppenangebote (Informal Force Offers) erfolgt bei der Truppenstellerkonferenz unter der Leitung des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) die endgültige Zuordnung der Truppenangebote zu den einzelnen Elementen des Combined Joint Statement of Requirements bzw. des Crisis Establishments. Weiters sollen dabei die Details für die Verlegung in den Einsatzraum zur Erstellung eines Aufmarschplanes (Multinational Detailed Deployment Plans) mit den betreffenden Staaten abgesprochen werden. Danach legen die Truppen stellenden Staaten auf Basis des Konferenzergebnisses ihre formalen Truppenangebote (Force Preparation Messages) an SHAPE vor. Mit diesen verpflichten sie sich, ihre Truppen gemäß CJSOR für die in Frage kommende Operation abzustellen.

Durchführungsweisung (Execution Directive)

Nach der Genehmigung des Operationsplanes und einem positiven Ergebnis der Truppenstellerkonferenz kann der Nordatlantikrat nach der von ihm getroffenen politischen Entscheidung die Weisung zum Beginn der entsprechenden militärischen Operation erteilen. Diese Execution Directive wird durch einen Aktivierungsbefehl (Activation Order) des strategischen Kommandanten (SACEUR) umgesetzt. Erst aufgrund dieses Befehls beginnt der Aufmarsch der Truppen gemäß dem Multinational Detailed Deployment Plan (MNDDP). Mit dem Eintreffen der Streitkräfte im Einsatzraum übergibt das entsprechende nationale Kommando die Kommandogewalt an den strategischen Kommandanten der Operation (Transfer of Authority). Abgeschlossen ist der Aufmarsch erst mit dem Erreichen der vollen Einsatzbereitschaft (Full Operational Capability) aller eingesetzten Streitkräfte.

Periodische Überprüfung der Mission (Periodic Mission Review)

Jede laufende NATO-geführte Operation wird regelmäßig überprüft. Derzeit finden zweimal pro Jahr (im Frühjahr und im Herbst) derartige Überprüfungen statt. Diese Periodic Mission Reviews (PMRs) sind eine Art Folgebeurteilung der Lage und können im Anlassfall zu einer Änderung des Operationsplanes bzw. von Elementen daraus führen (etwa der Rules of Engagement oder des Combined Joint Statement of Requirements). Beim PMR werden - ebenso wie bei etwaigen Änderungen bestehender Pläne - dieselben Verfahren angewendet wie bei der Erstellung des Operation Plan. Das bedeutet, dass die entsprechenden Dokumente im Zuge der militärischen Befehlskette über den NATO-Militärausschuss dem Nordatlantikrat zur Entscheidung vorgelegt werden müssen.

Grundlage für die Teilnahme

Als Grundlage für die Partnerteilnahme an NATO-geführten Operationen entstand 1999 ein politisch-militärischer Rahmen für NATO-geführte PfP-Operationen (Political-Military Framework for NATO-led PfP-Operations - PMF), nicht zuletzt, um die Partnerstaaten besser in den NATO-Entscheidungsprozess für derartige Operationen einzubinden. Vorgesehen ist die Einbeziehung der Partnerstaaten in - politische Konsultationen, - die Operationsplanung und - in Kommandostrukturen für Einsätze unter NATO-Führung.

Die letzte Entscheidungshoheit verbleibt jedoch nach wie vor bei der NATO und zwar beim Nordatlantikrat, dem wichtigsten und höchsten NATO-Entscheidungsgremium.

Das PMF regelt auch die Art und Weise der Partnereinbindung in NATO-geführte PfP-Operationen. Unterschieden werden dabei grundsätzlich - die Einbindung durch nationale Repräsentanten und - die Einbindung durch Partnervertreter in internationalen Funktionen, in erster Linie durch Partneroffiziere im Rahmen der Partnerschaftselemente (Partnership Staff Elements) innerhalb der NATO-Kommandostruktur.

Bei politischen Konsultationen und der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung erfolgt die Einbindung des jeweiligen Partners fast ausschließlich durch dessen Repräsentanten in den verschiedenen NATO-Ausschüssen und Arbeitsgruppen, also durch seine nationale Mission bei der NATO (Mission to NATO). Die Einbindung in die politischen Gremien erfolgt durch die jeweilige politische Abteilung (Political Division). Bei der Austrian Mission to NATO besteht diese aus Angehörigen des Außenministeriums.

Für die Einbindung in die militärischen Gremien ist die jeweilige Militärvertretung (Military Representation) zuständig, für Österreich ist das die Militärvertretung Brüssel, bestehend aus Angehörigen des Verteidigungsministeriums.

Die Einbindung der Partner bei der konkreten Einsatzplanung (z. B. bei der Ausarbeitung des entsprechenden Operationsplanes) erfolgt primär durch die Partnervertreter in internationalen Funktionen bei jenem NATO-Kommando, das mit der konkreten Einsatzplanung beauftragt ist. Die jeweiligen nationalen Repräsentanten sind erst in zweiter Linie eingebunden, vor allem bei der Genehmigung der Pläne bzw. der Erstellung allgemeiner Richtlinien für die Einsatzführung.

Neben der routinemäßigen (Non-Crisis Phase) Partnereinbindung unterscheidet man ab einem Krisenbeginn - im Hinblick auf eine konkrete NATO-geführte Operation - drei Phasen der Partnereinbindung:

- Konsultationsphase (Consultation Phase); - Planungs- und Konsultationsphase (Planning and Consultation Phase); - Durchführungsphase (Execution Phase).

Während der einzelnen Phasen ist es in bestimmten Bereichen erforderlich, zwischen - Partnern im Allgemeinen (Partners in General), - Partnern mit möglicher Beitragsleistung (Potentially Contributing Partners) und - Partnern mit Beitragsleistung (Contributing Partners) zu unterscheiden. Der Status Potentially Contributing Partner bzw. Contributing Partner - im Anlassfall durch einen Beschluss des Nordatlantikrates zuerkannt - stellt jedoch keine endgültige Verpflichtung zur Teilnahme an der entsprechenden NATO-Operation dar. Allerdings wird mit der Zuerkennung dem jeweiligen Partner der Zugang zu den einsatzrelevanten Informationen möglich.

Konsultationsphase

Zu Beginn dieser Phase erfolgt die Partnereinbindung in erster Linie durch Informationsaustausch über die aktuelle Krise. Ist nach entsprechenden Beurteilungen eine NATO-geführte Operation wahrscheinlich, ersucht die NATO beitragswillige Partnerstaaten, ihre Absicht zur Teilnahme an dieser mitzuteilen, und zwar in Form eines Anfangsangebotes (Initial Offer). Aufgrund dieser Angebote kann der Nordatlantikrat die Zuerkennungen des Status Potentially Contributing Partner beschließen und somit die Übermittlung einsatzrelevanter Informationen an die entsprechenden Partnerstaaten genehmigen. Die Konsultationsphase endet mit der Entscheidung des Nordatlantikrates, die militärischen Planungen für eine mögliche Operation (Initiating Directive) einzuleiten.

Planungs- und Konsultationsphase

Während dieser Phase wird der allgemeine Informationsaustausch mit allen Partnern fortgesetzt. Die Potentially Contributing Partners sind jedoch bereits in alle Planungsaspekte eingebunden. Sie können z. B. auch zu den NATO plus Potentially Contributing Partners-Sitzungen eingeladen werden. Dort ist es ihnen möglich, Stellungnahmen zu den entsprechenden NATO-Planungen (wie CONOPS oder OPLAN) abzugeben. Diese Form der Partnereinbindung wird Entscheidungsmitgestaltung (Decision-shaping) genannt, die Entscheidungshoheit (Decision-making) verbleibt jedoch bei den NATO-Gremien.

Idealerweise sollte während dieser Phase auch der Truppenstellungsprozess mit der Force Generation Conference abgeschlossen werden. Vor der endgültigen Annahme eines Partnertruppenangebotes erfolgen jedoch durch die NATO (durch einen NATO-Staat oder ein NATO-Kommando) eine Überprüfung sowie eine Zertifizierung der angebotenen Truppen. Ohne diese Nachweise der NATO-Standards gibt es keine Partnerbeteiligung an NATO-geführten Operationen. Erst nach erfolgreicher Zertifizierung durch die NATO und der Unterzeichnung von Beteiligungs- und Finanzübereinkommen (Participation and Financial Agreements) kann durch den Nordatlantikrat der Status Contributing Partner zuerkannt werden.

Durchführungsphase

Diese Phase beginnt mit der Entscheidung des Nordatlantikrates zur Durchführung einer konkreten Operation (Execution Directive). Der allgemeine Informationsaustausch mit allen Partnern wird fortgesetzt, Truppen stellende Partnerstaaten werden jedoch konkret in den NATO-Entscheidungsprozess eingebunden. Dabei gelten dieselben Kriterien wie bei der Planungs- und Konsultationsphase, nämlich Decision-shaping durch Contributing Partners und Decision-making durch die NATO. Zum Tragen kommt dies vor allem bei etwaigen Änderungen der Operationspläne bzw. der Rules of Engagement, bei den Periodic Mission Reviews sowie bei der Vorbereitung der Ausstiegsstrategie (Exit Strategy). Grundsätzlich erfolgt auch einmal pro Jahr bei SHAPE eine so genannte Global Force Generation Conference (GFGC) für alle NATO-geführten Operationen. Dabei werden etwaige Änderungen der jeweiligen Combined Joint Statements of Requirements (CJSOR) bzw. Änderungen bei den Truppenangeboten der jeweiligen Truppensteller behandelt. Über die Besetzungsangebote der Arbeitsplätze in den jeweiligen Hauptquartieren der NATO-geführten Operationen wird zweimal jährlich bei so genannten Manpower Coordination Conferences verhandelt.

Bei der Operation selbst erfolgt die Partnereinbindung in erster Linie durch die Truppenstellung und in zweiter Linie durch die Einbindung von Angehörigen der Streitkräfte der Truppen stellenden Staaten in die Kommandostruktur der NATO-geführten Operation. Bei der Einbindung in die Kommandostruktur kommt üblicherweise das Vertical Slice-Modell zur Anwendung. Dabei entspricht die Repräsentanz im Hauptquartier der jeweiligen "Force" der prozentuellen Partnerbeteiligung an den Gesamttruppen. Das PMF eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, entsprechende Repräsentanten der Partner auch auf operativer und strategischer Ebene in die NATO-Kommandostruktur einzubinden.

Die Durchführungsphase einer NATO-geführten PfP-Operation endet mit der Übergabe der Kommandoführung an eine andere Organisation (wie z. B. mit der Übergabe von SFOR an die Europäische Union im Dezember 2004) oder mit der Beendigung der Operation selbst.

Am Beispiel AUCON/KFOR

Am Beispiel von AUCON/KFOR soll nun die konkrete Teilnahme Österreichs als Partner einer NATO-geführten Operation dargestellt werden.

Maßnahmen vor Einsatzbeginn

Am 25. Juni 1999 beschloss die österreichische Bundesregierung den Einsatz eines Infanteriekontingentes (AUCON/KFOR) mit Mannschaftstransportpanzern "Pandur" im Rahmen der deutschen Brigade im Kosovo. Am 1. Juli 1999 erfolgte die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates. Daraufhin setzte Österreich die erforderlichen Maßnahmen gemäß dem Political-Military Framework for NATO-led PfP-Operations (PMF) zur Beteiligung an KFOR, einer NATO-geführten Operation. Im Oktober 1999 endete dieser Vorgang mit der Übergabe der einsatzbezogenen Führungsverantwortung (Transfer of Authority) über AUCON/KFOR an die NATO. Österreich war somit offiziell ein Contributing Partner dieser NATO-geführten PfP-Operation.

Folgende Maßnahmen erfolgten gemäß PMF und sonstiger Richtlinien bis zum Einsatzbeginn des österreichischen KFOR-Kontingentes gegenüber der NATO:

- ein Initial Offer über grundsätzliche österreichische Überlegungen zur Teilnahme an dieser NATO-geführten Operation; - die Übermittlung eines informellen österreichischen Truppenangebotes (Informal Force Offer) und die Teilnahme an der Truppenstellerkonferenz (Force Generation Conference); - die Vorbereitung des österreichischen Kontingentes für die Zertifizierung (Feststellung der Einsatzbereitschaft) durch die NATO; - der Abschluss eines Beteiligungs- und Finanzübereinkommens (Participation and Financial Agreement); - die Übermittlung des offiziellen österreichischen Truppenangebotes (Formal Force Offer) nach erfolgreich absolvierter Zertifizierung; - die Übergabe der operationellen Führungsverantwortung (Transfer of Authority) mit dem Eintreffen von AUCON/KFOR im Einsatzraum.

Neben den hier dargestellten, gegenüber der NATO durchgeführten Schritten waren noch zahlreiche nationale und bilaterale Maßnahmen notwendig, um die volle Einsatzbereitschaft von AUCON1/KFOR im Oktober 1999 sicherzustellen. Unter anderem mussten der Lageraufbau in Suva Reka, der gesamte Aufmarsch, sämtliche Absprachen mit der deutschen Brigadeführung, die Eingliederung der Schweizer und der Slowaken in das österreichische Kontingent, die Versorgungsführung und vieles andere mehr geregelt werden.

Mitwirkung bei KFOR

Als ein vom Nordatlantikrat anerkannter Contributing Partner bei KFOR kann Österreich im Rahmen des Political-Military Framework for NATO-led PfP-Operations (PMF) an der laufenden Operation von KFOR mitwirken. Dies geschieht in erster Linie durch AUCON/KFOR im Einsatzraum selbst: einerseits durch die bataillonsstarke Task Force "DULJE" und andererseits durch die beim Kommando der Multinational Brigade Southwest sowie im KFOR-Hauptquartier eingesetzten österreichischen Stabsangehörigen. (Die Tätigkeit des AUCON/KFOR wurde in anderen TRUPPENDIENST-Beiträgen bereits ausführlich beschrieben.) Ohne diese Truppenstellung hätte der Nordatlantikrat Österreich nicht als Contributing Partner anerkannt. Somit wäre auch eine österreichische Mitwirkung auf militärpolitischer und politischer Ebene an der NATO-geführten Operation im Kosovo unmöglich gewesen.

Militärische/Miltärpolitische Mitwirkungsmöglichkeiten

Bei allen Maßnahmen, die gemäß dem NATO-Operationsplanungssystem durch den NATO-Militärausschuss bzw. durch militärische Gremien im NATO-Hauptquartier erfolgen, kann Österreich als Non-NATO Troop Contributing Nation (NNTCN) im Rahmen der Entscheidungsmitgestaltung (Decision-shaping) aktiv mitwirken. Grundsätzlich stellt sich eine derartige Mitwirkung wie folgt dar:

Durch das strategisch führende Kommando Allied Command Operations (ACO) wird auf Basis eines Auftrages aus dem NATO-Hauptquartier ein Grundsatzdokument (z. B. OPLAN, Periodic Mission Review oder Rules of Engagement) als Entwurf erstellt bzw. geändert. Üblicherweise erhalten diesen Entwurf gleichzeitig mit der Vorlage an das NATO-Hauptquartier auch die nationalen Vertreter der Truppen stellenden Staaten bei der Partnerschaftskoordinierungszelle (PKZ) zur Information. Das gibt den Partnerstaaten die Möglichkeit, erste Überlegungen zum Einbringen etwaiger Stellungnahmen bzw. Änderungsvorschläge anzustellen. Der österreichische Vertreter bei der PKZ leitet derartige Entwürfe unverzüglich an das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) weiter.

Im NATO-Hauptquartier werden dann diese Entwürfe von ACO im Rahmen der militärischen Arbeitsgruppe für Operationen (Military Working Group for Operations) zuerst mit den NATO-Staaten diskutiert und danach vorläufig genehmigt oder abgeändert. Die vorläufige Genehmigung bzw. die abgeänderte oder ergänzte Version des Grundsatzdokumentes erhält dann die jeweilige Vertretung des Truppen stellenden Staates im NATO-Hauptquartier mit dem Ersuchen zur Abgabe von Stellungnahmen bzw. Änderungsvorschlägen. Die NATO-Abteilung der Militärvertretung Brüssel (MVB/NATO) legt diese Entwürfe dem BMLV vor, koordiniert daraufhin etwaige Stellungnahmen, bringt die österreichische Stellungnahme im NATO-Hauptquartier ein und nimmt mit einem Vertreter an der Sitzung der Arbeitsgruppe mit den Truppen stellenden Staaten teil. Bei dieser Sitzung werden die Stellungnahmen/Änderungsvorschläge der Partner diskutiert und gegebenenfalls in die Version des entsprechenden Dokumentes aufgenommen. Die Entscheidungshoheit (Decision-making) darüber verbleibt jedoch bei der NATO. Nach Zustimmung durch die Military Working Group for Operations wird dann dieses Dokument über den NATO-Militärausschuss als Ratschlag der NATO-Militärbehörden (NATO Military Authorities Advice) an den Nordatlantikrat zur endgültigen Genehmigung vorgelegt.

Neben dieser konkreten Mitwirkungsmöglichkeit bei der Erstellung von Grundsatzdokumenten findet ein laufender Informationsaustausch über die aktuelle Lage bei KFOR durch wöchentliche Vorträge im NATO-Hauptquartier und bei der PKZ statt. Fallweise werden auch Vorträge hochrangiger Vertreter (z. B. COMKFOR - Commander KFOR) aus dem Einsatzgebiet angeboten. Darüber hinaus erhalten alle Truppensteller die Wochenberichte von SHAPE.

Auf militärischer Ebene werden die Verhandlungen zum Besetzen der Arbeitsplätze im Hauptquartier bzw. über die konkreten Truppenangebote bei den entsprechenden Truppenstellerkonferenzen geführt. Grundsätzlich nimmt daran der österreichische Vertreter aus der PKZ teil, der - auf Basis einer Weisung - dabei die Interessen des BMLV vertritt.

Politische Mitwirkungsmöglichkeiten

Die Möglichkeiten der Mitwirkung auf politischer Ebene im NATO-Hauptquartier ähneln denen auf militärischer/militärpolitischer Ebene. Sie werden durch Vertreter des Außenministeriums aus der Österreichischen Vertretung bei der NATO wahrgenommen. Die jeweiligen Positionen zu den entsprechenden Dokumenten müssen daher zwischen dem Verteidigungs- und dem Außenministerium abgestimmt sein.

Ähnlich der militärischen Ebene gibt es auf der politischen Ebene zuerst eine Policy Coordination Group. Das ist eine Gruppe, die zuerst mit den NATO-Staaten und dann mit allen Truppenstellern die entsprechenden Dokumente erstellt und diese dann dem Nordatlantikrat zur Entscheidung vorlegt. Auch hier erfolgt die Einbindung der Partner nach dem Prinzip der Entscheidungsmitgestaltung (Decision-shaping). Auf dieser Ebene existiert ebenfalls ein laufender Informationsaustausch mit allen Truppenstellern bei den wöchentlichen Sitzungen dieser Policy Coordination Group und den fallweisen Sitzungen des Nordatlantikrates.

Auf einen Blick

Die Teilnahme eines Partners an einer NATO-geführten Operation folgt bestimmten Grundsätzen und läuft nach vorgegebenen Regeln ab. Als oberster Grundsatz gilt: An einer NATO-geführten Operation können nur Streitkräfte teilnehmen, die den Qualitätskriterien für NATO-geführte Operationen entsprechen. Vor der Anerkennung als Contributing Nation überprüft die NATO daher, ob die angebotenen Streitkräfte des Partners den Qualitätskriterien und somit dem international üblichen Standard entsprechen. Diese Überprüfung erfolgt üblicherweise durch einen NATO-Staat oder ein NATO-Kommando. Nach der positiven Überprüfung werden die Truppen zertifiziert; damit wird ihnen die Einsatztauglichkeit für NATO-geführte Operationen bescheinigt. Eine derartige Zertifizierung von Truppen kann durch ein vorher von der NATO durchgeführtes Assessment im Rahmen des Operational Capabilities Concept (OCC) verkürzt werden. Bei den von Österreich angebotenen Truppen gab es bisher bei der entsprechenden Zertifizierung bzw. beim OCC-Assessment durch die NATO kaum Probleme.

Die Einbindung der Partner in die Entscheidungsprozesse bei laufenden NATO-Operationen erfolgt auf zwei Ebenen: der politischen und der militärischen/militärpolitischen. Die Mitwirkung erfolgt über das Prinzip der Entscheidungsmitgestaltung (Decision-shaping), die Entscheidungshoheit (Decision-making) verbleibt jedoch bei der NATO. Die Angelegenheiten der Partnereinbindung auf der politischen Ebene nimmt das Außenministerium über die Österreichische Vertretung bei der NATO wahr. Auf der militärischen/militärpolitischen Ebene ist dafür die Militärvertretung Brüssel zuständig.

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Einige häufig verwendete Fachbegriffe

Activation Order - Aktivierungsbefehl; Area of Operations - Einsatzraum; Combined Joint Statement of Requirements - für die Operation benötigter Kräftekatalog; Concept of Operations - Operationskonzept; Consultation Phase - Konsultationsphase; Contributing Partners - Partner mit Beitragsleistung; Crisis Establishment - (vergleichbar mit einem) Organisationsplan (OrgPlan); Decision-making - Entscheidungshoheit; Decision-shaping - Entscheidungsmitgestaltung; Endstate - das mit der Operation zu erreichende Ziel; Execution Directive - Durchführungsweisung; Execution Phase - Durchführungsphase; Exit Strategy - Ausstiegsstrategie; Force Activation Directive - Streitkräfteaktivierungsweisung; Force Generation Conference - Truppenstellerkonferenz; Force Preparation Message - formales Truppenangebot; Formal Force Offer - offizielles Truppenangebot; Full Operational Capability - volle Einsatzbereitschaft; Guidelines for Operational Planning - Richtlinien für die Operationsplanung; Informal Force Offer - informelles Truppenangebot; Initial Offer - Anfangsangebot; Initiating Directive- Einleitungsweisung; Manpower Coordination Conference - Konferenz über die Besetzung von Stäben; Military Representation - Militärvertretung; Military Working Group for Operations - militärische Arbeitsgruppe für Operationen; Mission to NATO - nationale Missionen bei der NATO; Multinational Detailed Deployment Plans - Aufmarschplan; NATO Military Authorities Advice - Ratschlag der NATO-Militärbehörden; NATO’s Operational Planning System - NATO-Operationsplanungssystem; NATO-led PfP-Operation - NATO-geführte Operation mit Partnerbeteiligung; Non-Crisis Phase - Phase ohne Krise; Non-NATO Troop Contributing Nation - Nicht-NATO-Staat als Truppensteller; Operation Plan - Operationsplan; Out of Area - außerhalb des NATO-Bündnisgebietes; Participation and Financial Agreements - Beteiligungs- und Finanzübereinkommen; Partners in General - Partner im Allgemeinen; Partnership Staff Elements - Partnerschaftselemente; Periodic Mission Review - periodische Überprüfung der Mission; Planning and Consultation Phase - Planungs- und Konsultationsphase; Political Division - politische Abteilung; Political-Military Estimate - politisch-militärische Einschätzung der Lage; Political-Military Framework - politisch-militärischer Rahmen; Potentially Contributing Partners - Partner mit möglicher Beitragsleistung; Rules of Engagement - Verhaltensregeln für die Durchführung des Einsatzes; Transfer of Authority - Übergabe der (einsatzbezogenen) Führungsverantwortung.

___________________________________ ___________________________________ Der Beitrag wurde vom Autorenteam der österreichischen Militärvertretung Brüssel verfasst. Selbst eine umfassende Beitragsserie wie diese kann aber nicht alle Fragen beantworten. Für Anfragen oder weitere Auskünfte über die NATO-PfP steht Ihnen daher Oberst Ernst Eder (Tel. 0032 2707 2483) in Brüssel gerne zur Verfügung.

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