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15 Jahre Assistenzeinsatz zur Grenzraumüberwachung

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs stellte die nun unbewehrte Grenze für viele Menschen eine Einladung in den goldenen Westen dar. Bald schon konnten die Kräfte des Bundesministeriums für Inneres allein dem Ansturm nicht mehr Herr werden. Auf Anforderung ging das Bundesheer damals in einen für zehn Wochen befristeten Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze, der bis heute andauert.

1989 fiel der Eiserne Vorhang. Die damit gleichsam offene Grenze zu den Ländern Ost- und Südosteuropas führte im Frühjahr und Sommer 1990 zu einem dramatischen Ansteigen illegaler Übertritte an der österreichischen Ostgrenze. Die Zollwache und die Gendarmerie konnten den massiven Ansturm, bei dem rund 1 000 Flüchtlinge pro Woche illegal die Grenze überschritten, nicht mehr bewältigen. Neben der immer größer werdenden Zahl von Immigranten war es vor allem die stark anwachsende grenzüberschreitende Kriminalität, welche die Bundesregierung bewog, rasch Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Der Einsatz an der Grenze kam auch dem Bundesheer nicht ganz ungelegen. Nach dem Wegfall der so genannten Bedrohung aus dem Osten gab es Bestrebungen in der Politik und in den Medien, das Bundesheer in der bisherigen Struktur und Organisation aufzulösen. Der Ruf nach einem "Bundesheer light" versprach der Politik offensichtlich mehr Wähler und den Medien größeres Interesse. Dazu kam die Kampagne gegen die Beschaffung und die Stationierung der "Draken", die das Bundesheer - und vor allem der damalige Verteidigungsminister Dr. Robert Lichal - zu bestehen hatten. Der Schutz der Grenze war dabei sicherlich auch eine willkommene Gelegenheit, das Ansehen des Bundesheeres wieder zu verbessern.

Beginn und Entwicklung des Einsatzes

Die ersten konkreten Planungen über einen möglichen Einsatz fanden bereits ab dem 31. August 1990 statt. Das Armeekommando beauftragte das Militärkommando Burgenland - vorbehaltlich eines Ministerratsbeschlusses - den Einsatz an der Grenze zu planen. Den Planungen lag folgende Absicht des damaligen Armeekommandos zugrunde: "Führung eines mehrwöchigen Assistenzeinsatzes an der Staatsgrenze in Form der Grenzraumüberwachung zunächst zwischen Deutsch Jahrndorf und Lockenhaus mit zwei Assistenzbataillonen - mit rund 2 000 Soldaten - und Bereithalten einer bataillonsstarken Reserve im Südabschnitt, um illegale Grenzübertritte in diesem Raum zu verhindern".

Am 4. September 1990 erfolgte der einstimmige Beschluss des Ministerrates zur Überwachung der Staatsgrenze abseits der offiziellen Grenzübergänge zwischen Deutsch Jahrndorf und Lockenhaus für eine Dauer von maximal zehn Wochen durch das Bundesheer. In Umsetzung dieses Ministerratsbeschlusses erhielt das Militärkommando Burgenland vom damaligen Armeekommando - basierend auf den bisherigen Planungen - den Auftrag: "MilKdoB führt Assistenzeinsatz im engen Zusammenwirken mit der Gendarmerie und der Zollwache mit zugeführten Kräften in den zugewiesenen Grenzabschnitten und verhindert illegale Grenzübertritte." Zur Unterstützung der Bodentruppen wurde vom Armeekommando der Einsatz von leichten Fliegerkräften befohlen. Es kam besonders darauf an, durch den raschen Aufbau einer ersten Präsenz an der Staatsgrenze die schnelle Reaktionsfähigkeit des Bundesheeres zu dokumentieren und in weiterer Folge durch eine möglichst lückenlose Überwachung des zugewiesenen Grenzabschnittes einen spürbaren Rückgang der illegalen Grenzübertritte zu erreichen.

Bereits am 4. September, unmittelbar nach der Auftragserteilung, fand die erste Befehlsausgabe an die drei Bataillonskommandanten Mjr Albel "Nord", Mjr Berktold "Mitte" und Obstlt Halder "Süd" durch das Militärkommando Burgenland statt. Am 5. September um 1900 Uhr meldeten die Assistenzbataillone "Nord" (Bezirk Neusiedl) und "Mitte" (Bezirke Eisenstadt Umgebung, Mattersburg und Oberpullendorf) die Einsatzbereitschaft an der Grenze. Das Assistenzbataillon "Süd" hielt sich im Verfügungsraum in den Kasernen im Südburgenland bereit und betrieb Ausbildung. Nachdem aber sehr bald Kompanien und Züge zur Verstärkung im Norden eingesetzt werden mussten, war das Bataillonskommando "Süd" am 11. September aufzulösen.

Die Grenzraumüberwachung zeigte rasch Erfolge. An dem vom Bundesheer überwachten Grenzabschnitt gingen die illegalen Grenzübertritte stark zurück. Die illegalen Grenzgänger wichen aber offensichtlich nach Norden aus. Deshalb weitete der Ministerrat den Einsatzraum ab 17. September im Norden bis zur Donau auf niederösterreichisches Gebiet und damit auch bis an die Grenze mit der Slowakei aus. Knapp sechs Wochen später war klar, dass dieses Ausmaß der illegalen Grenzübertritte mit einem nur für zehn Wochen geplanten Assistenzeinsatz nicht zu bewältigen war. Die Bundesregierung ordnete daher die Weiterführung des Assistenzeinsatzes an.

Bis Ende 1990 griffen die Soldaten des Bundesheeres in nur vier Monaten über 1 500 illegale Grenzgänger auf und leisteten damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit in der Grenzregion.

Seit 1991 wird der Assistenzeinsatz Jahr für Jahr verlängert. Die Kontingente wurden ursprünglich jeweils nach vier Wochen abgelöst und von den Truppen aller Waffengattungen aus ganz Österreich gestellt.

Im Oktober 1991 stiegen die illegalen Grenzübertritte im bisher durch das Bundesheer nicht überwachten Grenzabschnitt im Süden. Als Reaktion darauf setzte die Heeresführung zwischen Lockenhaus und Mogersdorf-Weichselbaum ein Assistenzbataillon "Süd" ein.

8 000 Aufgriffe illegaler Grenzgänger wies die Statistik am Ende des Jahres 1991 auf. In den folgenden Jahren sank allerdings diese Anzahl, und mit April 1994 konnte das Assistenzkommando "Mitte" daher aufgelöst werden. Die zwei verbleibenden Assistenzkommanden führten nun jeweils drei Assistenzkompanien. Abermals steigende illegale Grenzübertritte führten dazu, dass das Bundesheer im Februar 1997 die Überwachung der grünen Grenze zu Ungarn durch den Einsatz von zusätzlichen 400 Mann verstärkte. Das entsprach einem Beschluss der Bundesregierung sowie einem Ersuchen des Bundesministeriums für Inneres und erhöhte die Personalstärke auf fast 2 000 Mann. Die verstärkte Überwachung der grünen Grenze durch Kräfte des Bundesheeres sollte auch die Erfüllung der Normen des Schengener Abkommens ermöglichen.

Nicht zuletzt wegen dieser verstärkten Überwachung wichen die Schlepperorganisationen an die Süd- und Nordgrenzen Österreichs aus. Trotz des Vollausbaues der Grenzgendarmerie in Niederösterreich nahmen die illegalen Übertritte - besonders an der March - ständig zu. Politiker aus Niederösterreich, insbesondere der Landeshauptmann, forderten nachdrücklich einen Grenzeinsatz des Heeres auch in Niederösterreich. Dem wurde entsprochen, und am 21. Dezember 1999 erfolgte die Ausdehnung der Grenzüberwachung bis in den Raum Hohenau - unter Einsatz einer weiteren rund 200 Mann starken Kompanie. Seit diesem Zeitpunkt stehen etwa 2 200 Soldaten im Einsatz. Um die notwendige Zahl an Soldaten trotz sinkender Rekrutenzahlen zu gewährleisten und um zu vermeiden, dass Verbände während eines Einrückungstermins zweimal an der Grenze eingesetzt werden, erhöhte man die Einsatzdauer eines Turnus ab Mitte des Jahres 2000 auf sechs Wochen.

Aus einem anfänglichen Provisorium entwickelte sich im Laufe der Zeit eine nicht mehr wegzudenkende Maßnahme Österreichs zur Sicherung der EU-Schengen-Außengrenze.

Bevölkerung und Assistenzsoldaten

Das Verhältnis der Bevölkerung zu den Assistenzsoldaten war von Beginn an sehr gut. Anfänglich war die Begeisterung für diesen Einsatz besonders groß. Die Soldaten konnten spürbar Sicherheit vermitteln und die Grenzbevölkerung war dafür dankbar. Auch nach 15 Jahren Einsatz sind die Soldaten nach wie vor gerne gesehen. Ihre Anwesenheit bietet zusätzlichen Schutz vor Kleinkriminalität - wie Diebstählen und Einbrüchen - und wird vor allem dann sehr vermisst, wenn einmal in einer Ortschaft ein Zugsgefechtsstand für einen Turnus nicht besetzt wird.

Aufgaben

Auftrag und Kompetenzverteilung

Im Einsatzraum leistet das Österreichische Bundesheer einen Assistenzeinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Wehrgesetzes. Das Bundesministerium für Inneres (BMI) fordert als Behörde diese Assistenz vom BMLV an. Das BMI bedient sich zur Konkretisierung seiner Aufträge der Sicherheitsdirektionen der Länder Burgenland und Niederösterreich sowie der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaften. Die Zielvorgabe für den Assistenzeinsatz erfolgt über die Behörde, die Planung des Einsatzes zur Erreichung des Zieles und alle Maßnahmen zur Durchführung obliegen den militärischen Kommandanten. Exekutive und Bundesheer sind im Rahmen der Grenzraumüberwachung gleichberechtigte Partner, deren Aufgabenbereiche klar umrissen und getrennt sind. Die Gendarmerie - ab 1. Juli 2005 die Polizei - (die Zollwache bis 30. April 2004) kontrolliert an den Grenzübergängen (Grenzkontrollstellen) die Ein- und Ausreise und nimmt Aufgaben in der Tiefe des Staatsgebietes wahr. Das Bundesheer überwacht die grüne und blaue (Wasser) Grenze abseits der Grenzkontrollstellen. Die Koordinierung erfolgt unter der Leitung der jeweiligen Bezirkshauptmannschaften mit den Kommandanten beider Organisationen vor Ort.

Aufgaben im Assistenzeinsatz

Die Assistenzkräfte haben insgesamt eine Grenzlänge von 470 km (113 km zur Slowakei und 357 km zu Ungarn) zu überwachen.

Ziele des Einsatzes sind:

- die präventive Abhaltung illegaler Grenzgänger zu gewährleisten; - illegale Grenzgänger, welche bereits die Grenze überschritten haben, möglichst grenznah aufzugreifen, den Sicherheitsbehörden zu übergeben und so zu verhindern, dass sich illegale Grenzgänger unkontrolliert auf österreichischem Staatsgebiet bewegen; - durch den Einsatz zu einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung in Grenznähe beizutragen.

Befugnisse im Assistenzeinsatz

Jeder Soldat der Assistenztruppe hat in Ausübung seines Dienstes im Rahmen der Grenzraumüberwachung jene Rechte und Pflichten, die bei Verrichtung eines gleichwertigen Dienstes den Sicherheitsorganen der Exekutive zukommen.

Dies sind insbesondere - das Recht, Personen anzuhalten, - das Recht zur Identitätsfeststellung, - das Recht zum Durchsuchen von Personen, Sachen und Kraftfahrzeugen sowie - das Festnahmerecht.

Der Schusswaffengebrauch ist nur zur Notwehr und Nothilfe vorgesehen.

Eine detaillierte Regelung der Rechte und Pflichten der Soldaten wurde in einem Merkblatt des Bundesministeriums für Inneres festgelegt.

Führungsstruktur und Gliederung im Assistenzeinsatz

Bis zum Jahr 2002 erfolgte die Führung der im Assistenzeinsatz stehenden Kräfte unmittelbar durch das Bundesministerium für Landesverteidigung. Die Operationsabteilung koordinierte innerhalb des BMLV und war auch in der Zusammenarbeit mit dem Innen- und dem Finanzministerium (Zollwache) federführend. Seit seiner Aufstellung regelt das Kommando Landstreitkräfte (KdoLaSK) die Routineangelegenheiten der Planung und Führung; es plant und ordnet auch die Kräfteabstellungen an. Die anderen Kommanden und Dienststellen des Bundesheeres sind diesbezüglich dem KdoLaSK auf Zusammenarbeit angewiesen.

Das Militärkommando Burgenland ist dem KdoLaSK für die unmittelbare Führung im Einsatzraum nachgeordnet und verantwortlich. Dort erfolgt die Koordination mit den Sicherheitsdirektionen und den Landesgendarmeriekommanden - ab 1. Juli 2005 Landespolizeikommanden. Zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit hat das Militärkommando einen Einsatzstab mit durchgehendem Schichtdienst eingerichtet.

Die eingesetzten Kräfte sind zur Zeit wie folgt gegliedert:

- Assistenzbataillon "Nord" in Neusiedl mit vier Assistenzkompanien; - Assistenzbataillon "Süd" am Geschriebenstein mit fünf Assistenzkompanien.

Die Assistenzbataillone werden als Assistenzkommanden bezeichnet. Die Stärke der Assistenzkompanien ist unterschiedlich und wurde aufgrund der räumlichen Gegebenheiten und des zu überwachenden Geländes festgelegt.

Genormt ist der Assistenzzug: Er besteht aus einem Zugtrupp und vier Assistenzgruppen mit 42 Mann.

Insgesamt stehen 39 Assistenzzüge an der österreichischen Ost-Grenze im Einsatz.

Dienst an der Grenze - Einsatzführung

Dienstzeit und Einsatzdauer

Die Einsatzdauer der zugeführten Kräfte beträgt sechs Wochen. Der Dienst im Assistenzeinsatz erfolgt grundsätzlich in einem viertägigen Rhythmus, der als unmittelbarer Grenzdienst, als Bereitschaftsdienst im Bereich der Unterkunft und als Zeit ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme im Ausmaß von 24 Stunden erfolgt.

Bewaffnung, Ausrüstung und Adjustierung

Die Assistenzsoldaten sind mit dem StG77 und einem Magazin mit 30 Patronen ausgerüstet und tragen den Feldanzug 75 mit Traggerüst, Magazintaschen, Feldflasche und Feldsack. Helm und ABC-Schutzmaske sind nicht am Mann. Aufgrund der Besonderheit des Einsatzes sind die Soldaten zusätzlich mit Wärmebildgeräten, Nachtsichtferngläsern, Nachtsichtbrillen und speziellen Taschenlampen ausgestattet. Die Kennzeichnung als Assistenzsoldaten erfolgt durch eine rot-weiß-rote Armschleife am linken Oberarm.

Versorgung und Unterkunft

Wichtig ist die Kampfkrafterhaltung. Dazu zählt auch die Unterbringung der Soldaten. Diese erfolgt in adaptierten Privatunterkünften, in durch das Bundesheer errichteten Containercamps und in Kasernen. Neben einer annehmbaren Unterkunft ist zur Aufrechterhaltung der guten Moral die Truppenbetreuung sehr bedeutend. Die Soldaten können am jeweils vierten Tag ein Freizeitprogramm nützen und sich regenerieren. Angeboten werden der kostenlose Besuch von Bädern und Kinos sowie die Nutzung von zahlreichen Sport- und Freizeitbetrieben.

Der Dienst an der Grenze erfordert nicht zuletzt auch wegen der Konfrontation mit Not und Elend dieser illegalen Grenzgänger alle soldatischen Tugenden. Eine hohe Bedeutung hat dabei auch die laufende Betreuung durch Militärseelsorger.

Durchführung der Grenzraumüberwachung

Der Hauptträger der Grenzraumüberwachung ist der Assistenzzug. Diesem ist ein Verantwortungsbereich zugeordnet, der vom Aufkommen illegaler Grenzgänger (Schwergewicht) und den Möglichkeiten zur Überwachung des zugewiesenen Geländes abhängt. Die Assistenzzüge stellen Zwei-Mann-Trupps als stehende Spähtrupps, als Verbindungsspähtrupps zu Fuß und als Fahrradstreifen. Die stehenden Spähtrupps stützen sich zum Teil auf feste Postenstände ab, die einen bedingten Witterungsschutz bieten. Die meisten illegalen Grenzübertritte fallen in die Nachtstunden, daher sind in der Nacht grundsätzlich je Zug zwei Gruppen und am Tag je Zug eine Gruppe eingesetzt. Im gesamten Grenzabschnitt sind damit am Tag bis zu 150 Trupps und in der Nacht bis zu 310 Trupps verfügbar. Darüber hinaus wird die Überwachung durch Kräfte aus den Kompaniekommanden und den Stabskompanien in Schwergewichtsräumen zusätzlich verdichtet.

Besonderheiten sind die Bootsstreifen an der March und der Einsatz der Tragtierstaffeln des Bundesheeres als Reiteraufklärungszug. Die Bootsstreifen klären Übertrittsstellen über den Fluss auf, um so geeignete Gegenmaßnahmen auf der eigenen Seite einzuleiten. Amtshandlungen am Wasser, wie Anhaltung oder Abweisung, sind dagegen nicht vorgesehen. Der Einsatz des Reitaufklärungszuges zur Grenzraumüberwachung erfolgt überwiegend am Tag. Die Vorteile der Pferde, ihre hohe Beweglichkeit im Gelände und die bessere Beobachtungsmöglichkeit hoch zu Ross werden dabei ausgenützt.

Einsatzverfahren und Gefechtstechnik

Die Einsatzverfahren bei der Grenzraumüberwachung wurden ständig der Lage angepasst und änderten sich dadurch im Laufe der Jahre. Der Anwendung der optimalen Gefechtstechnik und Taktik für die Grenzraumüberwachung lag immer ein militärisches Führungsverfahren zu Grunde. Entscheidende Rahmenbedingungen sind dabei die Vorgaben der Behörde, das aktuelle Verhalten der illegalen Grenzgänger sowie der Schlepperorganisationen, die Umfeldbedingungen (Jahreszeit, Infrastruktur), die eigenen Möglichkeiten (Stärke der eingesetzten Kräfte, technische Hilfsmittel zur Überwachung wie Nachtsichtgeräte und Wärmebildgeräte) sowie die Zusammenarbeit mit der Exekutive und den slowakischen und ungarischen Grenzwachbehörden.

Zu Beginn des Assistenzeinsatzes betraten die illegalen Grenzgänger unorganisiert österreichisches Staatsgebiet und landeten häufig direkt in den Armen der Posten und Streifen; sie passten sich aber rasch der neuen Lage an. In kurzer Zeit wurden durch die Organisierte Kriminalität Schlepperorganisationen aufgebaut, welche immer professioneller - also erfolgsorientierter - agierten. Sie klärten Heereskräfte mit modernen technischen Geräten auf, hörten den Funksprechverkehr und die Mobiltelefone ab, überwachten die Zugsgefechtsstände und versuchten die Assistenzsoldaten auszuhorchen. Dies ist Handswerkszeug und gehört zur Tagesordnung, es ist die Basis für die jeweils am meisten Erfolg versprechende Wahl des illegalen Grenzübertrittortes.

Diesem Verhalten wird mit einem höchstmöglich flexiblen Einsatz entgegengewirkt. Je nach Lage werden die Kräfte demonstrativ offen oder gefechtsmäßig zur Verschleierung und Täuschung eingesetzt. Modernes Gerät, wie Wärmebildkameras und abhörsichere Funkgeräte sind erforderlich. Der gezielte Einsatz von Wärmebildgeräten und die - seit 2002 - intensive Zusammenarbeit mit der ungarischen Grenzwache und der slowakischen Fremden- und Grenzpolizei ermöglichten erst, die Hauptaufgabe des Assistenzeinsatzes, "die präventive Abhaltung illegaler Grenzübertritte", wirkungsvoll umzusetzen. Dabei wird ein Grenzübertritt dadurch verhindert, dass die Annäherung von Personen an die Staatsgrenze frühzeitig durch den Einsatz von Wärmebildgeräten erkannt und an die slowakischen oder ungarischen Grenzorgane weitergeleitet wird. Diese werden dann auf ihrem Staatsgebiet tätig und verhindern den Grenzübertritt oder nehmen die an der Grenze angehaltenen Personen fest. Dieses Verfahren wird als Abweisung bezeichnet. Seit der Zuweisung der Wärmebildgeräte im Sommer 2002 konnte die Zahl der Abweisungen auf über 2 500 pro Jahr gesteigert werden.

Ausbildung

Ausbildungsvoraussetzung

Der Einsatz an der Grenze ist kein bloßer Wachdienst, sondern setzt eine umfassende militärische Ausbildung voraus. Die gründliche Vorbereitung der Soldaten ist nicht zuletzt deswegen wichtig, weil die meisten der Grundwehrdiener den Dienst an der Grenze selbständig und eigenverantwortlich zu versehen haben. Diese Anforderungen an die Assistenzeinsatzkräfte erfordern eine besondere gefechtstechnische Ausbildung der Soldaten sowie eine taktische Schulung der Kommandanten für die Grenzraumüberwachung.

Die gefechtstechnische Ausbildung aller Soldaten liegt in der Verantwortung der Verbände. Die Soldaten werden möglichst einsatznah bei Tag und Nacht in verschiedenen Standardsituationen trainiert. Diese umfassen das Stellen von illegalen Grenzgängern, den Selbstschutz der Soldaten, das Ausbildungsziel Nahkampf sowie die Selbst- und Kameradenhilfe, das Abriegeln und das Durchkämmen von Geländeteilen und den Abtransport von illegalen Grenzgängern. Eine Ausbildung im gewöhnlichen Sicherungsdienst mit Personen- und Kfz-Kontrollen alleine reicht hier nicht aus. Neben diesen Ausbildungszielen im Gefechtsdienst sind die Waffenausbildung und der Fernmeldedienst aller Truppen von größter Bedeutung. Die letzte taktische Schulung der Kommandanten erfolgt nach dem Eintreffen im Einsatzraum durch das Militärkommando Burgenland.

Gewinn oder Verlust an Ausbildungszeit

In den ersten Jahren wurde immer wieder beklagt, dass durch den Assistenzeinsatz wertvolle Ausbildungszeit verloren gehe. Sogar ein Rechnungshofbericht kritisierte, dass schwere Ausbildungsdefizite entstünden, welche zu einer nicht verantwortbaren Schwächung der Verteidigungsbereitschaft des Heeres führten. Die interne und externe Kritik war und ist zum Teil berechtigt. Natürlich bedeuten die sechs Wochen Assistenzeinsatz für einen Soldaten einen Ausbildungsverlust in gewissen Bereichen. Auf der anderen Seite fordert der Assistenzeinsatz nicht nur eine gediegene Ausbildung aller Führungsebenen, er ist auch die Anwendungsstufe vieler bereits gelernter Ausbildungsthemen. Im Assistenzeinsatz werden über einen längeren Zeitraum Tätigkeiten und Aufgaben durchgeführt und damit Fertigkeiten vermittelt, die in Einsätzen höherer Intensität genauso gefordert sind. Beobachten und Melden, Funksprechdienst, Verhalten als Spähtrupp, täglicher Umgang mit der halbgeladenen Waffe sowie regelmäßiger Waffendrill usw. führen zu einer deutlichen Verbesserung dieses allgemeinen militärischen Könnens. Einen ganz großen Nutzen aus dem Assistenzeinsatz ziehen die Kommandanten und Stäbe: Über einen Zeitraum von sechs Wochen ist ununterbrochen das militärische Führungsverfahren anzuwenden. Wo sonst lässt sich die Geschäftsordnung der Verbände besser auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen, als bei einem durchgehenden Einsatz dieser Dauer? Bei keiner Übung ist es für die Kommandanten möglich, über einen so langen Zeitraum ihr persönliches Führungsverhalten unter einsatzmäßigen Bedingungen zu erproben und zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die positive Rückmeldung der eingesetzten Soldaten. Die überwiegende Mehrheit empfindet den Einsatz als belastend, aber sinnvoll. Die Kameradschaft wird gefördert und das Erlernte kann umgesetzt werden.

Zusammenfassung

Seit Beginn des Assistenzeinsatzes standen rund 300 000 Soldaten aus ganz Österreich an der slowakischen und der ungarischen Staatsgrenze im Einsatz. Sie haben bis heute mehr als 82 000 illegale Grenzgänger aus 110 Staaten der Erde gestellt und den Sicherheitsbehörden übergeben sowie mehr als 10 000 Personen abgewiesen.

Der Assistenzeinsatz ist derzeit die wichtigste Aufgabe des Bundesheeres im Inland. Diesen Einsatz durchliefen die Berufssoldaten, Offiziere und Unteroffiziere in den verschiedensten Funktionen, vom Grenzsoldaten bis zum Kommandogruppenkommandanten, vom Zugskommandanten bis zum Bataillonskommandanten. Und dieser Einsatz hat sie auch geprägt. Die Erfahrungen, welche beim Assistenzeinsatz gesammelt wurden, flossen erfolgreich in andere Einsätze des Bundesheeres im Ausland mit ein. Als Beispiel sei hier der von höchsten KFOR-Stellen anerkannte Einsatz österreichischer Kompanien im südlichen Kosovo bei Dragas im Jahr 2001 zur Überwachung der Grenze zu Mazedonien erwähnt.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Major Wolfgang Gröbming, MSD, Jahrgang 1964. Nach der Ausbildung zum Infanterieoffizier ab 1988 Zugskommandant und Ausbildungsoffizier bei den Landwehrstammregimentern 55 und 12. Ab 1994 Kompaniekommandant der Aufklärungskompanie des Stabsregimentes1 in Oggau, ab 2002 Presseoffizier beim Militärkommando Burgenland; Auslandseinsätze: Zugskommandant in Zypern 1993/94, Kompaniekommandant in Bosnien 1998, S2 im Stab der Multinational Brigade South im Kosovo 2001; im Assistenzeinsatz Verwendungen als Zugskommandant, Kompaniekommandant, Stabsoffizier in einem Assistenzkommando und im Einsatzstab.

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