Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Nachschub und Logistik in der Operation "IRAQI FREEDOM"

Auch die großen Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika hatten im Irak-Krieg Schwierigkeiten mit ihrer Logistik. Einerseits waren Versorgungsgüter nicht, zu spät oder nur in unzureichender Menge verfügbar, andererseits machten Wetterkapriolen die Versorgung zeitweilig unmöglich. Trotzdem vollbrachten die Versorgungsverantwortlichen während der Operation im Irak außergewöhnliche Leistungen.

Am Erfolg der Operation "IRAQI FREEDOM" (OIF) hatte das neue Logistik- und Nachschubsystem der US-Streitkräfte maßgeblichen Anteil, weil derart große Distanzen, wie sie die Kampftruppen beim Angriff auf den Irak zurücklegten, logistisch seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zu überbrücken waren. Den US-Versorgungstruppen gebührt großes Lob dafür, dass kein einziger Panzer ohne Kraftstoff liegen geblieben ist, auch wenn in anderen Sparten des Nachschubs nicht immer alles reibungslos abgelaufen ist.

Das schnelle Vorgehen der Kampfdivisionen, die weiten Entfernungen und die extremen Umgebungsbedingungen im Irak stellten an die Logistiker Herausforderungen, die ihnen bisher nicht vertraut waren. Die Kampfhandlungen in der Operation "IRAQI FREEDOM" waren räumlich weit voneinander getrennt, und sie fanden am Ende von langen, manchmal ungesicherten Nachschubrouten statt. Die Truppen kämpften gegen einen Feind unbekannter Stärke, der durch schnelles Vorgehen vernichtet werden sollte, bevor er seine Verteidigung organisieren konnte. Es gab kaum organisierte Verteidigungslinien, und der Unterschied zwischen Freund und Feind war nicht immer leicht zu erkennen.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, mussten im Bereich der Logistik drei wichtige Grundsätze berücksichtigt werden:

- Die Truppe musste ihren notwendigen Bedarf rechtzeitig erkennen und rasch an die Versorgungsführenden melden.

- Die zentralen Verteilungsstellen mussten in der Lage sein, den Bedarf innerhalb kürzester Zeit zu decken.

- Eine zentrale Logistikinfrastruktur in einer relativ sicheren Umgebung, in diesem Fall in Kuwait, war zu errichten.

Combat Service Support

Die Angehörigen des so genannten Army Combat Service Support-(CSS-) Systems leisteten während der Operation "IRAQI FREEDOM" erstklassige Arbeit. Auch unter schwierigsten Umständen wurden wichtige Nachschubgüter zeitgerecht an die vorstürmenden Truppenteile geliefert.

Viele der Erfahrungen aus dem Unternehmen "DESERT STORM" 1991 wurden beim Aufbau des Logistiksystems CSS verarbeitet. Einige weiterhin bestehende Mängel in verschiedenen Versorgungsabläufen sind darauf zurückzuführen, dass in den letzten zwölf Jahren seit "DESERT STORM" die Lehren nicht genügend beachtet und keine Lösungen entwickelt wurden, um diese bereits erkannten Fehler zu verhindern.

Einige Daten sollen den logistischen Aufwand illustrieren:

- Die Versorgung der ca. 120 000 "Kämpfer" im Einsatz wurde durch nicht weniger als 50 000 Logistiksoldaten sichergestellt. Darunter befanden sich 5 000 Mann Kampftruppen, die hauptsächlich, von AH-64 "Apache"-Kampfhubschraubern unterstützt, zur Sicherung der Transportwege eingesetzt waren.

- 10 000 Lastkraftwagen des CSS sowie Flotten von Transporthubschraubern lieferten im Dauereinsatz neben anderem Material insgesamt 15 Millionen Gallonen (56,7 Mio. Liter) Kraftstoffe für Kfz, Panzer und Kampfhubschrauber bis zu den vordersten Einheiten.

- Die lebenswichtige Wasserversorgung der Truppe erfolgte weitgehend in Flaschen, wobei täglich mehr als 400 000 Gallonen (1,52 Mio. Liter) Wasser transportiert wurden.

Die Fahrt von Kuwait bis zur Front im Irak sollte gemäß Plan etwa 18 Stunden dauern, jedoch wurden in den ersten Tagen bereits über 24 Stunden benötigt, hervorgerufen durch den Verkehrsstau auf den Wüstenpisten. Später stieg die Fahrzeit aus einem anderen Grund weiter erheblich an, und zwar wegen der feindlichen Angriffe auf die Transportkolonnen.

Deshalb wurden so rasch wie möglich gesicherte vorgeschobene Versorgungspunkte eingerichtet. Als besonders wichtig stellten sich die irakischen Fliegerhorste in Tallil und An Nassiriyah heraus, die bereits kurz nach deren Einnahme von der Logistikvorhut zu Umschlagpunkten für Versorgungsgüter ausgebaut worden waren.

Logistikprobleme im Einsatz

Ein gravierender Mangel in den Logistikabläufen während der Operation "IRAQI FREEDOM" war sowohl bei der Truppe als auch innerhalb der vordersten Kommandostrukturen die oft fehlende Übersicht, welche Versorgungsgüter dringend benötigt wurden. Aus diesem Grund konnten die Versorgungsverantwortlichen die Bedarfsdeckung nicht zeitgerecht und auch nicht in der entsprechenden Menge durchführen.

Viele Bestandsübersichten wurden nicht genutzt, weil die Truppe damit nicht umgehen konnte. Auch dadurch kam es häufig zu Engpässen in der Versorgung.

Die schwierigen Rahmenbedingungen blieben bis zum Ende der Operation im Wesentlichen unverändert. Endlose Nachschubkolonnen fuhren Hunderte Kilometer auf zum Teil ungesicherten Straßen und gerieten dadurch immer öfter in Hinterhalte. Erschwerend kamen plötzliche Wetterumschwünge mit schweren Sandstürmen dazu, welche die Sicht fast auf Null senkten, die Verbindung innerhalb der Marschkolonnen beinahe unmöglich machten und die Versorgung der verstreuten Truppenteile wesentlich erschwerten. In solchen Fällen half die moderne Technik wie das Global Positioning System (GPS) und andere elektronische Ortungsgeräte.

Oftmals waren genügend Versorgungsgüter vorhanden, die jedoch auf dem Weg zu den Angriffspitzen irgendwo liegen blieben. In anderen Fällen wurden Güter geliefert, von denen die Kommandanten nicht wussten, wer sie angefordert hatte.

Als alle diese Probleme mit der Zeit kritische Ausmaße annahmen, wurde versucht, durch geänderte Abläufe, mehr Flexibilität und modifizierte Befehls- und Meldewege die Logistik besser zu steuern.

Einige Verbrauchsdaten …

Die Gasturbine des Kampfpanzers M-1A1 "Abrams" ist zwar ein älteres, aber bewährtes Modell. Erst nach den Kämpfen kamen die M-1A2SEP-(System Enhancement Package-)Panzer der 4th Infantry Division (mech) zum Einsatz. Diese verfügen bereits über die neue LV-100-Turbine, die 23 Prozent weniger Kraftstoff verbraucht als die Turbine AGT-1500 des M-1A1.

Der M-1A1 verbraucht im Durchschnitt zirka 1 135 Liter Kraftstoff im Acht-Stunden-Betrieb, natürlich abhängig vom Gelände, dem Auftrag und von den Witterungsbedingungen. Der Kraftstoffbehälter fasst 1 885 Liter, was eine Reichweite von etwa 335 Kilometern ermöglicht. Der M-1A2SEP verfügt über einen größeren Kraftstoffbehälter, der seine Reichweite auf rund 420 Kilometer vergrößert. Die digitale Kraftstoffsteuerung pendelt den Verbrauch bei etwa "one mile per gallon" (1,5 km pro 3,8 Liter) ein.

Für das Auftanken werden pro Panzer etwa zehn Minuten berechnet, ein Panzerzug ist nach einer halben Stunde wieder voll versorgt.

Kein schneller Panzerstoß ohne Kraftstoff Eine der größten logistischen Leistungen des amerikanischen Nachschubsystems während der Operation "IRAQI FEEEDOM" war die Kraftstoffversorgung der Panzertruppen.

Das unter dem Namen Class III-(bzw. Bulk Fuel-)System laufende Verfahren wurde noch vor der Operation in den USA erprobt und einige Mängel ausgebessert. Die 49th Quartermaster Group (Leitspruch: "Fuelling the Force") wurde während der Operation im Irak der allein verantwortliche Verband für diesen Bereich der Versorgung. Die Group errichtete sofort nach ihrer Ankunft in Kuwait eine Planungsstelle, die in das Coalition Forces Land Component Command (CFLCC) integriert wurde. Diese Stelle organisierte und überwachte die gesamte Versorgung mit Kraftstoff und Wasser, ohne weitere - störende - zwischengeschaltete Entscheidungsträger. Die Umsetzung eines so genannten Inland Petroleum Distribution Systems ermöglichte es, bereits am ersten Tag der Offensive einen vorgeschobenen Verteilungspunkt einzurichten, in dem 750 000 Liter Kraftstoff bereitgestellt wurden.

Als positiv für die Kraftstoffversorgung der Panzerkräfte hat sich der Wechsel vom bisher üblichen Jet Fuel JP4 zum Kraftstoff JP8 herausgestellt. Der JP8 hat einen höheren Flammpunkt (37° C) als JP4 (0° C); dadurch wird die Gefahr von Kraftstoffbränden nach Treffern bei den Panzern reduziert, und auch der Transport mit Tankfahrzeugen wird etwas sicherer.

Das Hose Reel System

Einen bemerkenswerten Fortschritt in der Kraftstoffversorgung stellt das neu eingeführte Hose Reel System (HRS) dar. Diese System benützt Schlauchrollen, um die "fuel bladders" (Sack-Tanks aus Gummi oder Kunststoff) innerhalb eines Kraftstofflagers zu verbinden.

In Simulationen wurden etwa 17 Kilometer Pipelines als Durchschnittsentfernung für den Kraftstofftransport berechnet, im Irak jedoch erreichte die Truppe eine Länge von fast 150 Kilometern von der Ausgangstelle Breach Point West in Kuwait bis zum vorgeschobenen Sammellager bei Jalliba im Irak! Das System funktionierte einwandfrei, auch während der schlimmsten Sandstürme.

Mit Hilfe des Hose Reel Systems wurden in Summe über 8 Millionen Gallonen (30,2 Mio. Liter) Kraftstoff nach vorne transportiert. Die dadurch freien Kapazitäten an Tankfahrzeugen konnten für den Transport zu den Endverbrauchern genutzt werden.

Ressourcen Management und Vertriebsüberwachung

Das US Department of Defense förderte in den letzten Jahren die Entwicklung neuer Technologien, die Funk mit modernen Computersystemen kombinieren. Eines dieser Produkte sind die "Radio Frequency Identification Devices" (RFID), welche eine bisher nicht gekannte Klarheit des Logistikablaufes bieten. Das RFID-System, welches auf die technischen Ressourcen des Internet zurückgreift, ermöglicht ein lückenloses Verfolgen von Gütern ab der Fabrik, über Umschlaghäfen zum Zielort und letztlich sogar bis zum Verbraucher. Dieses Logistiksystem, auch unter der offiziellen Bezeichnung Total Asset Visibility (TAV) bekannt, hat sich zumindest teilweise bei der Operation "IRAQI FREEDOM" bewährt, auch wenn es dort - wegen des Zeitmangels für eine gediegene Ausbildung der Truppe - noch nicht voll genutzt werden konnte. Im Laufe der Operation wurden mit Hilfe von RFID 270 000 Frachtcontainer, von 40 Verladestellen aus sowie auf 400 Lagerplätzen, laufend überwacht. Die Identifikation der Lieferungen erfolgt über spezielle Markierungs-Mikrochips. Diese können mit Hilfe von Scannern und speziellen Computerprogrammen ausgewertet werden.

Zu den Lehren aus dem Irak-Krieg zählt, dass RFID zwar erheblich zur Übersichtlichkeit des Versorgungsablaufes beigetragen hat, jedoch noch wesentliche Mängel, besonders im taktischen Bereich, erkannt wurden. Die US-Streitkräfte werden deshalb in Zukunft das RFID-Netzwerk, mit dem so genannten Automatic Identification Technology(AIT)- System kombinieren, um die Versorgungskette auch im taktischen Bereich reibungsfrei zu betreuen. Dazu sollen Verteilungszentralen errichtet werden, die mit dem RFID/AIT-System ausgerüstet sind, um von dort die Versorgungskette bis hin zur Truppe zu überwachen.

Was im Großen funktionierte, bereitete im Detail noch Sorgen. Es fehlte vor allem an Möglichkeiten, die vielen Nachschubkolonnen auf deren Fahrten per Funk zu steuern und zu überwachen. Zwar wurde an einem Movement Tracking System (MTS) gearbeitet, aber es standen nicht genügend Endgeräte zum Einbau in die Fahrzeuge zur Verfügung. Dadurch bekamen die Verteilungszentralen nur unzureichende Informationen über den Standort der Transporte, weshalb die Truppe oft nicht zeitgerecht benachrichtigt werden konnte.

In einem Nachkriegsreport kommt dieser Nachteil klar zum Ausdruck: "Our inability to ‘see’ supplies as they moved through the distribution system added to the difficulty of getting materiel to the right unit at the right time. Finally, moving supplies forward was delayed, and backlogs at distribution points throughout the theater increased because supplies were not packaged in a way that facilitated rapid throughput to the Soldier." Die Zukunft soll ein spezielles Satellitenkommunikationssystem (SATCOM) bringen, über welches die Logistikverantwortlichen aller Ebenen genaue und aktuelle Daten über den Versorgungsstand und den Bedarf erhalten können. Der Bodenfunkverkehr arbeitet über ein Netz von Knotenpunkten die mit Non-line-of-sight-(NLOS-)Geräten verbunden sind, welche zeitverzugslos aktuelle Informationen bereitstellen.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Lieutenant Colonel David Eshel (retd) (Israel) wurde 1928 in Dresden geboren und emigrierte 1939 nach Palästina. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er 1948 einer der Begründer des israelischen Panzerkorps und diente 26 Jahre bei den israelischen Streitkräften. Nach seiner militärischen Ausbildung in Saumur (Frankreich) war er in verschiedensten Kommando- und Stabsfunktionen tätig, kämpfte in allen Arabisch-Israelischen Kriegen bis 1967 und war zuletzt Taktiklehrer im "Command and Staff College". Er studierte Geschichte an der Universität in Tel Aviv und war zwölf Jahre lang Herausgeber einer israelisch-deutschen Zeitschrift. Er arbeitet derzeit als freier Journalist und Analytiker in Sicherheitsfragen für mehrere europäische und amerikanische Militärpublikationen.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle