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Militärpsychologie: Psychologie des Einsatzes - Die NATO-Arbeitsgruppe

Der militärische Kommandant jeder Ebene hat im Einsatz nicht nur mit Belastungen zu Recht zu kommen, die ihn selbst betreffen, sondern er hat dafür Sorge zu tragen, dass auch die Einsatzfähigkeit seiner untergebenen Soldaten hergestellt wird und erhalten bleibt.

Um die Kommandanten zur Erfüllung dieser Aufgaben bestmöglichst auszubilden und vorzubereiten, hat die Schulung dieses Personenkreises in vielen Armeen Europas, insbesondere in der NATO, Einzug gehalten. Themen wie Einsatzvorbereitung, Motivation, psychologische Fitness, Gruppenkohäsion, Traumatisierung, Body-Handling etc. zählen international zum Standardrepertoire. Dabei wird auf Erkenntnisse der Soziologie, der Psychiatrie und besonders der Psychologie zurückgegriffen, um den Kommandanten im Handeln die entsprechende wissenschaftlich fundierte Basis zur Verfügung zu stellen.

Soldaten sind generell für ein breites Spektrum des Einsatzes vorgesehen, wodurch sie sehr unterschiedlichen und fallweise sehr ausgeprägten Stressoren und Belastungen ausgesetzt sind. So müssen Kommandanten über die Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, um mit ihrer Truppe dem Einsatzspektrum eines Katastropheneinsatzes genauso begegnen zu können, wie einem Peace-Keeping oder einem Peace-Enforcement-Szenario.

Um genau diese Aufgaben zu analysieren und entsprechende Erfahrungswerte auszutauschen, wurde seitens der NATO im Rahmen der Human Factors and Medicine Panel of the Research & Technology Group die Task-Group HFM 081/RTG implementiert. Diese hatte den Auftrag, sich dem Thema "Stress and psychological support in modern military operations" näher zu widmen und allgemeine Empfehlungen für Kommandanten zu veröffentlichen.

Österreich war im Zeitraum von 2002 bis 2006, also für die gesamte Funktionsperiode in dieser Task-Group mit einem Militärpsychologen vertreten, und konnte damit wesentlich zum Output der Arbeitgruppe beitragen.

Nahmen anfänglich lediglich zehn bis zwölf Vertreter unterschiedlicher Länder an den Treffen teil, so wurde der Kreis der Interessenten und auch Teilnehmer über die Jahre hinweg immer größer, und es konnten zuletzt im Jahr 2006 mehr als 30 Vertreter aus 20 NATO und PfP-Ländern, so z. B. aus den USA, Kanada, Türkei, Schweden, Kroatien, Belgien, Frankreich, gezählt werden. Dieser Personenkreis, der aus sich aus Spezialisten unterschiedlichster Disziplinen wie Psychiater, Soziologen, Sozialarbeiter, Psychologen usw. rekrutierte, versuchte Richtlinien zu erstellen, die über alle Nationen hinweg als gemeinsamer Nenner zu bewerten sind.

Diese Richtlinien, welche sowohl von nationalen Fachexperten als auch von militärischen Führungskräften ausgearbeitet wurden, umfassen jene Themenkreise, die von insgesamt 172 Kommandanten aus 16 NATO und PfP-Staaten bei einer Befragung als sehr einsatzrelevant beurteilt wurden. Zu dieser Befragung konnten auch österreichische Offiziere ihren Beitrag leisten. Dabei wurde weiters versucht, den Bogen von friedenserhaltenden Einsätzen bis hin zu Gefechtseinsätzen zu spannen, mit all den jeweils spezifischen Stressoren.

In der Arbeitsgruppe wurde festgestellt, dass in Bezug auf einige Themenkomplexe keine oder nur spärliche wissenschaftlich fundierte Literatur vorhanden war. Deshalb wurde der sogenannte "best practice"Ansatz gewählt , d. h. die Erfahrungswerte der verschiedenen Nationen-Vertreter wurden zusammengetragen, erfasst, analysiert und letztendlich als gemeinsamer Nenner verschriftlicht.

Nach der Übersetzung dieses sogenannten "NATO-Leader`s Guide to Psychological Support" wurde übereinstimmend mit der Redaktion TRUPPENDIENST die Ansicht vertreten, dass die jeweils einzelnen Kapitel mit den bearbeiteten Themenkreisen noch einmal für das Österreichische Bundesheer überarbeitet werden müssen, um einen Transfer in den militärischen Alltag unserer Kommandanten zu ermöglichen.

Aufgrund des Umfanges der verschiedenen Themen wurde weiters beschlossen, dass nach meiner Einführung zu diesem Thema in weiteren Ausgaben von TRUPPENDIENST sieben Beiträge erscheinen werden. Diese werden nach dem letzten Beitrag zu einem Sammelband zusammengefasst, um damit den Kommandanten ein Kompendium als Nachschlagwerk zur Verfügung zu stellen.

Die ausgearbeiteten Themen werden von den Erwartungshaltungen der Kommandanten und Soldaten, über die individuelle psychologische Fitness, die Bedeutung der Familienangehörigen, über die Möglichkeiten der psychologischen Behandlungen nach Ereignissen bis hin zum Ablauf der psychologischen Versorgung im jeweiligen Anlassfall etc. reichen. Dabei sollen nicht nur theoretische Inhalte behandelt werden. Anhand von Fallbeispielen wird versucht, eine größtmögliche Anschaulichkeit zu bieten und mit der Darstellung von Tipps und Anleitungen eine Handlungssicherheit für Kommandanten zu schaffen.

Als mögliche Zielgruppe werden die Kommandanten der Ebenen Zug bis Bataillon gesehen, da viele Themenkreise auf den unterschiedlichen Führungsebenen ihre Bedeutung haben und entsprechendes Hintergrundwissen für alle Soldaten Sicherheit und Vertrauen hervorruft.

Ich darf Sie alle als Leser der Zeitschrift TRUPPENDIENST einladen, die psychologischen Beiträge in den nächsten Ausgaben aufmerksam zu studieren und ich hoffe, dass die behandelten Themen Ihr Interesse finden werden. Über Rückmeldungen jeglicher Art, würde ich mich sehr freuen.

Autor:Oberst dhmfD Mag. Christian Langer

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